Das neurechte Wäldchen

Man kann es drehen und wenden wie man will: Wir befinden uns in einer Phase der Stagnation. Die neue patriotische Bewegung, die als Reaktion auf die offene Invasion entstanden ist, stagniert.

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

Das ist zunächst eine scho­nungs­lo­se Fest­stel­lung, die man kri­ti­sie­ren, aber mei­ner Ansicht nach nicht wider­le­gen kann.

Die fie­ber­haf­te Stim­mung, die 2015/2016 herrsch­te, hat sich gelegt. Zwei „deut­sche Herbs­te“ sind ohne wesent­li­che Akte des Wider­stands an uns vor­bei gezo­gen. Der Zau­ber des Auf­bruchs ist verflogen.

Die­se Sta­gna­ti­on kann, mili­tä­risch betrach­tet, auch als gute Nach­richt auf­ge­fasst wer­den: Der Raum wird gehal­ten: PEGIDA hält die Hoch­burg Dres­den, Gegen­me­di­en wie Sezes­si­on, Com­pact, PI-News und Co hal­ten und stei­gern ihren Absatz, die regel­mä­ßi­gen IB-Aktio­nen hal­ten ihr krea­ti­ves Niveau, auch die AfD bleibt, zwar unter ihrem Poten­ti­al aber doch, in der Par­tei­en­land­schaft verankert.

Der mas­si­ve Vor­stoß in die Mit­te, den die genann­ten Kräf­te der Avant­gar­de, der Samm­lungs­be­we­gung, der Par­tei und der Gegen­öf­fent­lich­keit in den letz­ten bei­den Jah­ren unter­nom­men haben, ist zum Ste­hen gelangt. Er hat sich jedoch eine Stel­lung aus­ge­baut und zeigt kei­ne Anstal­ten, den erober­ten Raum wie­der aufzugeben.

Struk­tu­ren wer­den geschaf­fen, not­wen­di­ge Rou­ti­nen gebil­det. Es ent­ste­hen Zen­tren, Büros, Pro­jek­te, bezahl­te Stel­len, und in dem täg­li­chen Betrieb: Muße und freie Potentiale.

Der „Cor­don Sani­taire“, den man um all jene, die bis­her die Fra­ge nach unse­rer Iden­ti­tät und ihren Lebens­be­din­gun­gen auf­ge­baut hat­te, ist geris­sen. Der neue Patrio­tis­mus hat es, trotzt radi­ka­ler Insis­tenz auf der einen, sowie Anbie­de­run­gen auf der ande­ren Sei­te geschafft, sein Pro­fil zu bewahren.

Damit ist die wich­tigs­te Linie des Geg­ners bereits genom­men. Der Geist der Iden­ti­tät ist aus der ideo­lo­gi­schen Fla­sche, in die man ihn sper­ren woll­te, ent­wischt. Der Geg­ner ist mit sei­nem Ver­such geschei­tert, die AfD mit der NPD und die IB mit dem Natio­na­len Wider­stand gleich­zu­set­zen. Das zeigt sich mir täg­lich. Der Zustrom an Akti­vis­ten und Unter­stüt­zern aus der Mit­te der Gesell­schaft wächst. Allen Dämo­ni­sie­rungs­ver­su­chen und ihrer eige­nen Vor­sicht zum Trotz blei­ben die­se Leu­te uns treu. Ja die Dif­fa­mie­run­gen stei­gern sogar ihre Solidarität.

Stel­len wir uns die poli­ti­sche Land­schaft geo­gra­phisch vor. Die Poli­tisch Kor­rek­ten befin­den sich, von einem „anti­deut­schen Schutz­wall“ beschirmt im Lager der Rea­li­täts­to­le­ranz. Das Straf­la­ger der Dis­si­den­ten lag bis­her, scharf bewacht und her­me­tisch abge­rie­gelt, in siche­rer Distanz. Dazwi­schen das Nie­mands­land des Grenz­strei­fens: tot, von Ein­schlags­kra­tern über­sät, mit Schein­wer­fern aus­ge­leuch­tet und von Scharf­schüt­zen überwacht.

Die­se „inner­deut­sche Tei­lung“ ist durch uns infra­ge gestellt. Da wo bis­her nur eine kar­ge Todes­zo­ne war, wächst jetzt ein neu­rech­tes Wäld­chen, das zum Ort der Begeg­nung wird. Es bie­tet „Aus­stei­gern“ aus bei­den Lagern Deckung. Auf sei­nen Lich­tun­gen fin­den die selt­sams­ten Begeg­nun­gen statt und unter sei­nem Blät­ter­dach trei­ben die selt­sams­ten Blüten.

Führ­te bis­her die „Repu­blik­flucht“ zum Schuß in den Rücken durch die Mau­er­wäch­ter, so bie­ten sich jetzt zuge­wu­cher­te Schleich­we­ge hin­aus. Vom Cice­ro über Ach­gut bis hin zur JF fin­det über vie­le Pfa­de ein reger Ideen­schmug­gel ins Zen­trum der Mei­nungs­macht statt. Die offe­nen Rene­ga­ten, von Maxi­mi­li­an Krah bis Tichy, von Imad Karim bis Mat­thi­as Matus­sek, die es wagen, mit der Ban­de des Wäld­chens zu reden, sind nicht die eigent­li­che Gefahr.

Sehn­süch­tig beob­ach­ten mehr und mehr „Emi­gran­ten im Innern“ von den Mau­ern aus unse­re Frei­heit und war­ten auf eine Mög­lich­keit der Flucht.

An eini­gen Stel­len ist die Mau­er sogar schon über­wach­sen oder ein­ge­bro­chen. Hier sei Bei­spiel­haft das Über­schwap­pen der ame­ri­ka­ni­schen Skep­ti­ker- und Anti-SJW-Sze­ne ins deut­sche You­Tube erwähnt, die 2017 die­se sozia­le Platt­form umkrem­peln wird.

Unse­re Geg­ner wis­sen, daß kei­ner mehr in ihr Lager hin­ein, vie­le aber hin­aus wol­len. Die Span­nung zwi­schen Rea­li­tät und Ideo­lo­gie steigt wie der inne­re Druck auf den löch­ri­gen Schutz­wall. Jeder Ter­ror­an­schlag, jede Ver­ge­wal­ti­gung, jede Aus­sa­ge von Käß­mann und Co. pumpt einen neu­en Schwall an Unzu­frie­de­nen hin­aus, denen es „ein­fach reicht“.

Die Reak­ti­on der Geg­ner ist Ner­vo­si­tät. Sie äußert sich in absur­den Exem­peln wie beim Eis­ho­ckey­tor­mann Tho­mas Greiss und der stän­dig stei­gen­den Über­wa­chung. Das eigent­li­che Ziel ist aber die Rodung des neu­rech­ten Wäld­chens, das als Ort der Sehn­sucht und des neu­en Ande­ren die Unru­he im eige­nen Lager stif­tet. Die Geg­ner wol­len die Wie­der­her­stel­lung des nack­ten Grenz­strei­fens zwi­schen Mul­ti­kul­ti und alter Rech­ter. Dar­auf müs­sen wir uns gefaßt machen, und die­sen Schlä­gen zu wider­ste­hen, den gewon­ne­nen Boden zu hal­ten, ist viel­leicht die Her­aus­for­de­rung der kom­men­den Monate.

Der­zeit haben wir kei­ne revo­lu­tio­nä­re Lage. Ob einem das gefällt oder nicht: es ist so. Der Teil­ver­lust des öffent­li­chen Raums durch die „Asyl­kri­se“ wird als Nor­ma­li­tät hin­ge­nom­men. „Unter die­sen Bedin­gun­gen kann die Chan­ce nur bestehen in einer Vor­be­rei­tungs­ar­beit“ ‚sag­te einst Mar­cu­se. Was bedeu­tet das?

Die schwei­gen­de Mehr­heit ist der­zeit zu gro­ßen, gemein­sa­men Unmuts­äu­ße­run­gen noch nicht bereit. Ruft man dazu auf und will ihre Mas­se zei­gen, hat der aus­blei­ben­de Erfolg eher eine wei­ter demo­bi­li­sie­ren­de Wir­kung. Quan­ti­ta­tiv schwa­che Demos wie nach dem Ter­ror­an­schlag in Ber­lin zei­gen: Der­zeit muß das Augen­merk auf die Qua­li­tät gelegt wer­den. Nadel­stich­ar­ti­ge, pro­vo­kan­te Akti­vio­nen, neue Medi­en und Aus­bau der Struk­tu­ren sind das Gebot der Stunde.

Der sym­bo­li­sche Akti­vis­mus, von sym­bo­li­schen Okku­pa­tio­nen und Ibster­blo­cka­den bis zur Kon­fron­ta­tio­nen im Mit­tel­meer, muss, eben­so wie die Unter­stüt­zung durch die Gegen­öf­fent­lich­keit, eine neue Qua­li­tät erreichen.

Es geht dar­um, eine nach­hal­ti­ge Bereit­schaft für kom­men­de Kri­sen zu kul­ti­vie­ren. Für den Fall, dass die­se nicht, oder zu spät ein­tre­ten, muss die eige­ne Kam­pa­gnen­fä­hig­keit auf­ge­baut wer­den. Wir müs­sen das Pla­teau, das wir erreicht haben, halten.

Auf kei­nen Fall dür­fen wir unse­ren Geg­nern den Gefal­len einer Radi­ka­li­sie­rung tun:

 

Kri­sen kann man nicht akti­vis­tisch her­bei­zwin­gen. Für vie­le Akti­vis­ten wird die­ses Pla­teau zur Qual. Die Lan­ge­wei­le der Struk­tur­ar­beit treibt den Idea­lis­mus als Radi­ka­li­tät nach außen. Er will Brü­cken zwi­schen Wunsch und Wirk­lich­keit schla­gen. Doch das schlägt jedes Mal fehl und öff­net im Gegen­teil die Flan­ke für die Repres­si­on. Vol­ler Sehn­sucht war­ten Pres­se und Behör­den seit Mona­ten auf einen „deut­schen Brei­vik“. Die Nar­ra­ti­ve ste­hen bereit. Die „geis­ti­gen Brand­stif­ter“, die den „Boden berei­tet haben“, die Bewe­gung, der ein sol­cher Anlass­fall zuge­rech­net wer­den kann und die ängst­li­chen Kon­ser­va­ti­ven, die sich panisch distan­zie­ren und zurück ins Lager des Main­streams flüch­ten wer­den. Das Wäld­chen soll gero­det werden.

Dass ein juris­ti­scher Schlag kom­men wird, ist jedem klar, der die Zyklen der Repres­si­on kennt. Es ist uralte Geheim­dienst­ar­beit. Man lässt eine Bewe­gung erst­mal anwach­sen. Unbe­hel­ligt darf sie offe­ne Türen ein­ren­nen und die Akteu­ren gewin­nen ein Gefühl der Unbe­sieg­bar­keit. Ermitt­lun­gen wer­den ver­zö­gern. Nach meist 2–3 Jah­ren schlägt die Repres­si­on dann urplötz­lich und mit vol­ler Här­te zu. Man schal­tet die „Köp­fe“ aus, aber lässt die Sub­kul­tur bestehen, damit sich dort, wie in einer Reu­se, neu­es Mate­ri­al sam­meln kann – und der nächs­te Zyklus beginnt. Eine lan­ge pas­si­ve Beob­ach­tungs­pha­se kann Bewe­gun­gen dazu ver­lei­ten ihre Akti­ons­for­men zu ver­schär­fen, um die Pro­vo­ka­ti­on zu stei­gern. Genau das wird die IB nicht tun.

Die Chan­ce der neu­en patrio­ti­schen Bewe­gung besteht dar­in, die­sen Zyklus zu unter­bre­chen indem sie sich gegen sei­ne Geset­ze ver­hält. Die Rodung des Wald­strei­fens durch Repres­si­on funk­tio­niert näm­lich nur, wenn die Wider­ständ­ler erst von­ein­an­der und dann von der Bevöl­ke­rung iso­liert wer­den. Das wie­der­um klappt nur voll­kom­men, wenn man mit­ma­chet, indem man sich ent­we­der von VS-Berich­ten schre­cken, oder sich, durch die Lan­ge­wei­le des Pla­teaus radi­ka­li­siert, selbst zum Schreck­ge­spenst macht.

Die ver­öf­fent­lich­te Mei­nung über uns kann zwar nicht direkt beein­flußt wer­den, wohl aber kann die Dis­kre­panz zwi­schen ihr und der Rea­li­tät so groß wie mög­lich gehal­ten und so offen wie mög­lich prä­sen­tiert wer­den. Gelingt das Hal­ten des schma­len Grats und der Schlag­zahl der Aktio­nen, bei ste­ti­gem Aus­bau der Gegen­öf­fent­lich­keit und Struk­tu­ren, könn­te sich die Repres­si­on sogar zum Desas­ter für die Mei­nungs­dik­ta­tur entwickeln.

In Öster­reich ist das Ende des  Zyklus bereits über­fäl­lig. Die IB ist seit 2013/14 am Radar ihrer poli­ti­schen Geg­ner. Und wirk­lich baut sich ein Repres­si­ons­sze­na­rio auf. Ein lin­ker Staats­an­walt labo­riert seit Mona­ten fie­ber­haft an einer Ankla­ge­schrift gegen die IB als „kri­mi­nel­le Ver­ei­ni­gung“ vor. Die Anlass­fäl­le? Ban­ner mit Paro­len wie „Isla­mi­sie­rung tötet“ und Krei­despray auf Land­stra­ßen. Beschul­digt wer­den neben mir eini­ge ande­re füh­ren­de Akti­vis­ten. Ich freue mich schon auf die­sen Prozess.

Bei der der­zei­ti­gen Lage der IBÖ dürf­te er zum Pro­pa­gan­da-Desas­ter für die Mei­nungs­dik­ta­tur wer­den. Ob die absur­de Ankla­ge, wie zu erwar­ten, in sich zusam­men­bricht oder „Mär­ty­rer der Mei­nungs­frei­heit“ geschaf­fen wer­den, die Wel­le der Soli­da­ri­tät wird das neu­rech­te Lager weit über­stei­gen. Die Iso­lie­ren­de und Ruf­schä­di­gen­de Wir­kung die ein sol­cher Pro­zess nor­ma­ler­wei­se haben soll, wird durch uns­ren gut geöl­ten Kam­pa­gnen­ap­pa­rat ein­fach umgekehrt.
Wir wer­den dar­aus ein Fanal für die Mei­nungs­frei­heit machen und die IB gestärkt aus dem Angriff her­vor­ge­hen lassen.

Die ein­zi­ge was die­se, bereits ins Rol­len gebrach­te Pos­se gefähr­lich machen könn­te wäre eine Radi­ka­li­sie­rung der IB. Ein Anschlag, „recht­zei­tig“ vor einem Pro­zess­be­ginn, könn­te die  gesell­schaft­lich iso­lie­ren. Er könn­te die Rodung des gesam­ten Wäld­chens legi­ti­mie­ren. Da die IB jedoch kon­se­quent gewalt­frei ist und die Pseu­do­mi­li­tanz vie­ler alt­rech­ter Grup­pen ent­schie­den ablehnt, könn­te der ein­zi­ge Aus­lö­ser eine Unter­wan­de­rungs­ver­su­che sein, wie sie jüngst in Graz geschah.

Mili­tan­te Pro­vo­ka­teu­re und Infil­tra­to­ren brau­chen aber ein gewis­ses Milieu, um sich ein­nis­ten zu kön­nen. Die Trans­pa­renz und Gewalt­lo­sig­keit des neu­rech­ten Lagers macht es dem genann­ten Kli­en­tel fast unmög­lich , bei uns Wur­zeln zu schlagen.

Es gibt für die gesell­schaft­li­chen Eli­ten auf Dau­er nur zwei Mög­lich­kei­ten: ent­we­der das neu­rech­te Lager wird als legi­ti­mer Teil der Gesell­schaft akzep­tiert, was die Dimen­si­on eines „zwei­ten Mau­er­fall“ hät­te, oder  sie set­zen alles auf die Zen­sur und die Repres­si­on. Wir kön­nen die­se Ent­schei­dung nicht direkt beeinflussen.

Aber wir haben es in der Hand, den zwei­ten Schritt mög­lichst schwie­rig zu machen und ihn klar so erschei­nen las­sen wie er sein muss: über­zo­gen, unge­recht und ver­zwei­felt – eine Eska­la­ti­on und ein Ver­rat des demo­kra­ti­schen Rechts­staats. Durch gewalt­lo­se Dis­zi­plin und ein kla­res neu­rech­tes Pro­fil zwin­gen wir den Geg­ner aus der Deckung. Er kann ver­su­chen, Hand an das Wäld­chen zu legen. Aber dafür muß er, vor den Augen aller, sei­ne eige­nen Grund­sät­ze brechen.

Nicht wir wer­den uns radi­ka­li­sie­ren, son­dern sie sich. Nicht uns wird ihre Repres­si­on schwä­chen, son­dern sie.

Das neu­rech­te Wäld­chen wird stand­hal­ten und in der nächs­ten, unaus­weich­li­chen Kri­se könn­te der Schutz­wall fal­len. Denn anders als Mar­cu­se und bezo­gen auf die Mei­nungs­dik­ta­tur kön­nen wir mit Fug und Recht sagen: „Wir sind in kei­ner revo­lu­tio­nä­ren, wahr­schein­lich aber doch in einer vor-revo­lu­tio­nä­ren Situation.“

Martin Sellner

Martin Sellner ist Kopf der österreichischen Identitären Bewegung.

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Kommentare (46)

Dieter

3. Juni 2017 17:38

Lieber Martin, mit diesem Artikel ist Dir ein großer Wurf gelungen. Nur wenige Menschen haben das Genie, so űber sich selbst hinauszublicken und den Mut und Geist das Gesehene auch auszusprechen. Danke.

Der Gehenkte

3. Juni 2017 18:03

 Ein typischer Sellner, voller Verve und Originalität. Zu jedem Wort möchte ich "Ja" rufen ... aber was man will und was man kann, sind zwei Paar Schuhe.

MS entwickelt sich immer mehr zu einer Lenin-Gestalt innerhalb der Szene. Das soll Anerkennung und Kritik zugleich sein. Es scheint eine analytische Schärfe und Entschlossenheit durch, die auch Lenin auszeichnete, es fehlt der Analyse aber noch die ganze Klaviatur. Hier wird auf der idelogiekritischen Ebene argumentiert, die allerdings nur die oberste, die sichtbarste Schale darstellt. Die Analyse muß in den sozio-ökonomischen und den psychologisch-anthropolgischen Bereich weitergeführt werden und dann ändern sich auch die Bilder. Von dort her wird der gesellschaftliche Wandlungsprozeß als viel träger und mühsamer erkennbar, als er hier beschrieben wird. Man muß befürchten, daß Sellner sich zu viel innerhalb der Avantgarde und im Reich der Bücher bewegt und den Kontakt zur Masse nicht ausreichend hat. So entstehen Wahrnehmungsblasen. Ohne Anbindung an das gesellschaftliche Grundbrummen bleibt das alles elitäre Kunst, die die Menschen nicht tangiert.

Daher kann ich auch keine "vor-revolutionäre Situation" ausmachen. Die Zeit der Revolutionen ist bis auf weiteres vorbei und ein Sturm auf das Winterpalais als symbolische Machteroberung ist in einer durchpazifizierten Wohlstandsgesellschaft vollkommen undenkbar. Stattdessen gibt es "Erstürmungen" des Justizministeriums und des Brandenburger Tores - starke Bilder ohne aktuelle Konsequenz.

Sellner entwirft ein starkes Gleichnis, verfällt aber ein wenig in jene Gefahr, vor der Hans Blumenberg in seiner Metaphorologie stets warnte: "Metaphern dirigieren, führen und verführen", sie "treiben die bloße Fortsetzung einer Gedankenkette an". Trotzdem scheint mir die Wäldchen-Metapher hilfreich, wenn man sie nicht überstrapaziert.

Die Schlußfolgerungen, die Sellner aus seinem Bild zieht, scheinen mir sinnvoll aber vermutlich vergeblich. Weniger dürften Schauprozesse schrecken - sie sind in der Tat eher ein Gewinn, zumindest wenn man einen Sellner auf der Bank hat -, aber es ist Wahnwitz seine Hand für alle IBler ins Feuer zu legen. Sei es die "Langeweile des Plateaus", sei es eine konzertierte Unterwanderung, sei es eine Verzweiflung oder eine direkte Reaktion auf eine Bedrohung, was auch immer, je größer die Bewegung wird, umso wahrscheinlicher wird, es daß der Präzedenzfall geliefert werden wird. Darauf muß man sich jetzt bereits vorbereiten und natürlich ihn zu verhindern versuchen.

Vor allem braucht die IB eine Tiefenentfaltung. Sie braucht mehr als nur ein charismatisches Gesicht, sie braucht theoretische Köpfe auf seinem Niveau, denn Sellner könnte, früher oder später, ausfallen. Die IB macht sich damit angreifbar.

Trotzdem, Herr Sellner: Großes, lautes: JA!

Maiordomus

3. Juni 2017 18:28

Kann Sellner nur recht geben. Die neueste Aktion der Identitären mit der Simulation eines Attentates in Hamburg kann ich, im Gegensatz noch zum Sitzstreik vor Maas, bei dem es schon gut war, dass Denker Sellner Distanz hatte, nur als gelinde gesagt "weniger glücklich" einschätzen. Es muss jetzt auf Langfristigkeit hin gearbeitet werden. In der Schweiz hat die SVP ihrerseits eine arge Bässe. Sich nun weil man die Klimaideologie nicht mitmacht, was vernünftig ist, sich auf Trump berufen und von ihm begeistert zu sein, erweist sich als doppelt kontraproduktiv, weil die Weltmeinungskampagne, gestartet in den USA, nun mal zweifelsfrei Wirkung gezeigt hat. Selbstverständlich sind die Meldungen über Trump, zumal solche ständigen über seine baldige Amtsenthebung, nicht zum Nennwert zu nehmen und bis auf weiteres als typisch Lügenpresse einzuschätzen. Wie auch immer, Sellners nüchterne Analyse, das Gegenteil von Resignation, bestätigt seine Fortschritte als womöglich bedeutendstes Talent im sogenannten Identitären Lager. Ein Studienabschluss wäre trotzdem wünschbar. Nur Linke können es sich leisten, nichts auf den Kasten zu bringen und trotzdem als Intellektuelle zu gelten.

ede

3. Juni 2017 18:38

Überzeugende Analyse, danke Herr Sellner.

Viel Glück und viel Spaß!

Tony

3. Juni 2017 19:54

Aus eignener Erfahrung kann ich sagen, daß die innere Emigration ein Prozess ist, der seine Zeit braucht um zu einer Entschlußreife zu kommen. Das kleine Wäldchen, das immer mehr sich zu einem Refugium wandelt, zu einem Rückzugsort für jene Emigranten, kann zu einem Auffangbecken werden. Ein Netz das einen auffängt, eine echte Alternative, während die Taube, nach wie vor, die Treppe heruntergeschleift wird, sich jedoch etwas regt. Ein Flüstern geht um, ein Raunen im Land. Die Katze beißt immer fester zu, doch ein Flügel klammert sich, im verzweifelten Akt, an einer Stufe fest und weigert sich, in den dunklen Keller gezerrt zu werden. Doch wie wir alle wissen, werden wir niemals fliegen können. Stufe um Stufe muss erklommen, erkämpft und gesichert werden. Dieser Weg kostet Kraft und zerrt einen auf, ehe man sich versieht. Wohl wissend, daß die Katze, fauchend und knurrend, einem hinterherjagt. Sie kann uns erwischen und doch gehen wir weiter - nach oben - einem schwachen Lichtschein entgegen. Und wenn uns die Katze erwischen sollte, so haben wir es wenigstens versucht.

Heino Bosselmann

3. Juni 2017 19:58

Es gibt im Lande ganz offenbar keine revolutionäre Situation. Der Super-Markt funktioniert, die Menschen fühlen sich in ihrem rest- oder neubürgerlichen Dasein gesichert, und sie unterhalten sich auf Discounter-Niveau über die Screens ganz passabel. Die Intellektuellen blinzeln in die Sonne des Prenzlauer Bergs und schlürfen übersüßte Kaffee-Varianten. - Für eine echte Dynamik sorgten sehr vorübergehend die frappierenden Fehlentscheidungen 2015. Die Regierung versucht daran allerlei zu revidieren und konsolidiert überhaupt einen Kurs, der die Menschen in trügerischer Sicherheit wiegt. – Was Sie sich hier wünschen, sehr geehrter Herr Sellner, das scheint eine kulturelle, eine ideelle Wendestimmung zu sein. Gab es diese je? 1968? 1989? – Im ersten Falle, von links, schien es so, obwohl alles, abgesehen von etwas Theaterdonner und dem gruseligen Irrläufer RAF, in der Behäbigkeit älterer Sozialdemokraten weiterging (Willy Brandt als Symbolgestalt.), so wie die Achtundsechziger ja im Wesen Bürgersöhnchen mit Papas Taschengeld waren, Marsriegel-, Cola- und Schweinchen-Dick-Kinder. Übrig blieb eine Art Jugendbewegung, die sich – wiederum vorm Hintergrund der von ihr geschmähten deutschen Erfolgswirtschaft – grünalternativ im Sinne einer reformierten Bullibus-Lebensart kunterbunt kostümierte. Gut, mit langfristig verheerenden Auswirkungen, insbesondere für die Bildung und Kultur und mit der fatalen Illusion, der Mensch könnte wie in Grundschul-Morgenkreisen geläutert werden. - 1989 hingegen war die Wende weltpolitisch orchestriert. Die DDR, als Kind des Kalten Krieges von der Sowjetunion erzogen, wurde zur Zwangsadoption freigegeben; die bärtigen Bürgerbewegten blieben Komparserie und strickten an ihrem kleinen Mythos, während der Rest der Mannschaft einkaufen ging.

Heute? Existiert ein Gegengewicht, das im Sinne Gramscis das Zeug zur Hegemonie in einem irgendwie revolutionären Sinne hätte? Auf die AfD scheint in paradigmatische Weise zuzutreffen, was Max Weber in „Politik und Beruf“ für Art und Weg aller Parteien so treffend beschreibt: Jagd nach Stellen und Pfründen, Hauen und Stechen um Pöstchen und etwas Geltung. Und PEGIDA? Löst die Bewegung Diskussionen aus, die innerhalb des Feuilletons oder nur im Bereich politischer Leitartikel eine Rolle spielen? Mit Esprit, intellektuellem Format, gedanklicher Schärfe, und zwar über die in Dresden gepflegte Volkstümlichkeit und die Reden der wackeren Volkstribunen hinaus? Daß von dort keine Initialzündungen erfolgen, liegt es nur an der effizient funktionierenden Verhinderung?

Sich eine ideelle, geistige oder kulturelle Wende zu wünschen, das bleibt wohl ein romantischer Gedanke. Selbst Fichte würde mit seinen „Reden an die deutsche Nation“ nichts ausgerichtet haben, wäre Napoleon nicht lädiert aus Rußland zurückgekehrt. Bewegen wird sich Entscheidendes erst, wenn aufgeschobene Krisen durchschlagen, und zwar ökonomisch und damit sozial. Aber: Sollte man sich das wünschen? Zu einem so hohen Preis? Das „System Merkel“ funktioniert hardwareseitig sehr gut. Es hat Stärken, für ale. Wollte man nicht mit krisenbedingten Umstürzen rechnen, was, konservativ gedacht, unverantwortlich wäre, braucht’s einen langen Atem und eine Emanzipation im Geistigen und Kulturellen, wie sie wohl hier in einem vergleichsweise elitären Blatt zu pflegen versucht wird, aber eben nicht durchschlägt und schon gar nicht – mit Lenin – „die Massen ergreift“. Welchen Massen denn auch? In dieser fragmentierten Gesellschaft … - Mag gar sein, es geschieht etwas, das wir im Vorzeichen weder rechts noch links nennen könnten. – Herzlichen Dank für Ihren klugen Beitrag.

Monika L.

3. Juni 2017 20:57

Wir befinden uns  in einer Phase der Stagnation-die neue Bewegung stagniert-der Zauber des Aufbruchs ist verpflogen..... das klingt sehr entmutigend in meinen Ohren und - nach dem Anfang einer Pfingstpredigt ! Nicht lachen. 

Auch die Jesusbewegung war ja ins Stocken geraten und nicht mehr in einer Aufbruchsstimmung. Dann kam der Heilige Geist auf die Jünger herab.

................

In der FAZ gibt es unter der Rubrik Familie die Reihe Wie erkläre ich's meinem Kind ?  Am 2.6.2017 erklärt eine Aylin Güler den Kindern " Was Muslime im Ramadan machen". Das interessiert mich jetzt weniger und ich würde  (muslimischen)  Kindern lieber Pfingsten erklären. 

In alten Kirchen im Elsass lese ich gerne die erbaulichen  Traktate, besonders die in "putziges" Deutsch  übersetzten. Diesmal fand ich in der Abteikirche zu Walburg im Unter-Elsass den "Armen-Seelen-Boten " ( Le Messager des Ames du Purgatoire" . Zu Pfingsten schreibt der Bote:

"Die Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Apostel machte aus dem Fischer Petrus einen Meisterprediger. Als beruflicher Fischfanger brauchte er weder Brevet noch Abitur noch Universitätsstudium. Wie stand es überhaupt mit seinem  Lesen -und Schreiben können. Bei der Verklärung Jesu stotterte er mehr oder weniger dummes Zeug: Aus menschlicher Sicht gesehen war die Aussicht auf einen zukünftigen Meisterprediger eher verdunkelt. Der Heilige Geist ließ eine regelrechte Revolution vom Stapel. Petrus glänzte durch seine Predigten, inhaltlich wie formgerecht. Deshalb auch sein Erfolg. Zur Ratlosigkeit manch eines Predigers heutiger Zeit: Weshalb eine Abkehr des Publikums für die Predigt 

Das stimmt:

https://m.youtube.com/watch?v=hGdev4zJJh4

So können wir in dieser hoffnungslosen Lage beten, dass der Heilige Geist auf Margot Kößmann und Markus Dröge herabkommt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Als gebürtige Frankfurterin ist für mich der höchste Pfingstfeiertag der Wäldchestag. Am Dienstag nach Pfingsten im Wäldchen gefeiert. Ein Hirnhund hat darüber geschrieben. Ganz sicher :Das neurechte Wäldchen wird wachsen...

Frohe Pfingsten an die " Gemeinde" 

Der_Jürgen

3. Juni 2017 21:52

@Heino Bosselmann @Tony
Danke für die hervorragenden Kommentare!

Ein echter Sellner, sprachlich gediegen und von der Analyse her blitzsauber. Kritik wäre hier dümmliche Besserwisserei, aber ein paar Dinge hinzufügen kann man ja immer.

"Auf keinen Fall dürfen wir den Gegnern den Gefallen einer Radikalisierung tun."

Mit "Radikalisierung" meint Sellner sicherlich "Gewaltanwendung". Dass solche kontraproduktiv ist, begreift jeder halbwegs Intelligente mühelos, aber kann Sellner garantieren, dass nicht einer seiner Mitstreiter eines Tages die Nerven verliert, oder dass keine Provokateure bewusst in die IB eingeschleust werden? Natürlich kann er das nicht garantieren; wie auch?

Heinrich Böll schrieb im Zusammenhang mit der RAF einmal, das System brauche nichts so dringend wie den Terror. Ob das damals stimmte, sei dahingestellt, aber heute stimmt es mit Sicherheit. Tatsache ist, dass die beispiellose Überschwemung Deutschlands mit Scheinflüchtlingen sowie die krebsartig wuchernde Kriminalität der "Kulturbereicherer" bisher keinen rechten Terror hervorgerufen haben, dem ganzen hysterischen Geschrei der Lügenpresse zum Trotz. Ein Brandanschlag auf ein Asylantenheim, mit einigen Toten, darunter Frauen und Kindern, und der Vorwand für eine Repressionswelle ist da. Dass das System einen solchen Gewaltakt notfalls selbst unter falscher Flagge inszenieren kann, bedarf keiner Erwähnung. Irgendein glatzköpfiger Trottel lässt sich als Strohmann bestimmt mühelos rekrutieren.

Im Falle eines Prozesses gegen sich und seine Mitstreiter prophezeit Sellner eine Welle der Solidarität. Leider bin ich da nicht so sicher. Der Durchschnittsdeutsche ist ein gebranntes Kind, das das Feuer scheut. Er spürt instinktiv, dass das ganze Geschwätz vom "freiesten Staat der deutschen Geschichte" Propaganda für die Dummen ist und dass nichts so tödlich für seinen Ruf und seine Karriere ist wie der Vorwurf, ein "Rechtstradikaler" oder ein "Sympathisant von Rechtsradikalen" zu sein. Er mag einen politischen Prozess gegen gewaltlose Oppositionelle privat missbilligen, wird seine Missbilligung aber kaum öffentlich bekunden.

Einen grundsätzlichen Wandel, den Übergang aus der "vorrevolutionären Situation", die Sellner heute gegeben sieht (vielleicht ist sogar das noch zu optimistisch) in eine revolutionäre Phase erwarte ich nur im Fall einer dramatischen Verschlechterung der Lage. Eine Flut wie anno 2015 wird es kaum mehr geben; das System ist zu klug, um das zuzulassen, und wird auf den langsamen Volkstod setzen (Seehofers berühmte "Obergrenze von 200.000 pro Jahr"). Im Bereich des Möglichen liegt aber ein rascher wirtschaftlicher Kollaps aufgrund äusserer, von der BRD nicht kontrollierbarer Faktoren. Wenn es dem Michel wirklich ans Eingemachte geht, wird er rebellieren. Vorher leider nicht.

Jedenfalls verdienen die Identitären höchstes Lob für ihre Aktivitäten. 

Simplicius Teutsch

3. Juni 2017 22:11

Gut erfasst, Martin Sellner!

Wenn ich hinzufügen darf: In Deutschland wird es keine REVOLUTION geben, höchstens einen Zusammenbruch oder einen Einmarsch fremder Truppen, die sich hier austoben, wie, nur ein Beispiel, 30 Jahre lang im 30jährigen Krieg. Damit ein ZUSAMMENBRUCH, der Chaos und Verderben hervorbringt, verhindert wird, wählen die Deutschen in ihrer Mehrheit brav das Merkel-System, solange es (gut) geht. Die INVASION ist andererseits in vollem Gange, von daher (!) wird sich einiges entwickeln. Wir Rechten kommen erst viel später ins Spiel. Dann ist es aber wahrscheinlich schon zu spät. Ein Wort zu Donald Trump: Warum macht er es jedem Dummkopf so leicht, ihn als vollkommenen Idioten darzustellen? – Oder was verstehe ich da nicht? Schaue und höre ich zu viel Mainstrom-Medien?

Und wenn ich „@ Maiordomus“ beipflichten darf: Lieber Martin, Sie sind so ein intelligenter, gebildeter und wertvoller Mensch, wechseln Sie für ein paar Semester in den Hörsaal, machen Sie bitte Ihren akademischen Abschluss. Sie brauchen das. Wenn aber vielleicht doch vorher die Barrikaden brennen - was ja nicht sein wird -, dann natürlich, dann müssen Sie sofort herbeieilen.

Gustav Grambauer

3. Juni 2017 22:12

Lieber Herr Bosselmann, meine herzlichen Grüße, möchte meine große Freude ausdrücken, hier wieder einmal Ihre altvertraute, gediegene Stimme zu vernehmen. Eine Anmerkung zu Ihrem Beitrag und damit zum Thema, Sie schreiben: "Wollte man nicht mit krisenbedingten Umstürzen rechnen, was, konservativ gedacht, unverantwortlich wäre, ...".

Das Gegenteil wäre unverantwortlich. Meine Einschätzung: wir loeben in einer trügerischen Ruhe vor dem Sturm, auch wenn niemand weiß, wann er losbricht und welche der vielen auf ihn wartenden Kräfte er in welcher Verteilung hochspülen wird. Aber das Ancien Régime, heute mit der BRD und Skandinavien als weltweitem Gravitationszentrum, wird diesmal nicht zu halten sein. Ein Funke am Pulverfaß genügt.

https://www.finanzen100.de/finanznachrichten/wirtschaft/interview-mit-marc-friedrich-matthias-weik-die-naechste-krise-wird-2008-wie-einen-kindergeburtstag-aussehen-lassen_H71237997_422265/?SOURCE=7000002

- G. G.

Maiordomus

3. Juni 2017 22:13

Der Begriff des "Wäldchens" erinnert an das berühmte "Wäldchen 125", eine Stellung und Kampfnische im 1. Weltkrieg als Titel einer kleineren Publikation von Ernst Jünger. Diese Situation haben wir gesellschaftlich indes nicht, wie @Heino Bosselmann in seinem klugen Beitrag ausführt, auch davor warnt, eine Krise herbeizuwünschen. Diese Krise wird es zwar geben, aber wohl nicht mehr zu Merkels Amtszeit.

Stefanie

3. Juni 2017 22:51

Den Versuch einen deutschen Breivik zu inszenieren gab es bereits in Form von Franco A. Schwer einzuschätzen inwieweit die internen Säuberungen in dem Fall greifen. Warum man sich zuerst an der Bundeswehr abarbeitet und nicht an der IB ist naheliegend: das Risiko , das vom Militär ausgeht ist nunmal größer. Allerdings ist es schon wieder recht ruhig darum geworden. (Ich neige sonst nicht zu Gustav Grambauers Einschätzungen bestimmte Geschehnisse betreffend, doch die Geschichte kommt mir recht astroturfig vor.) Möglicherweise kommen die "brisanten Beweise" ja noch kurz vor der Bundestagswahl auf den Tisch - oder man setzt ein paar NSU-Prozesstage auf den September an. 

Es mag vernünftig klingen die nächste ernsthafte Krise abzuwarten. Früher oder später wird es der gemeine Michel am Geldbeutel oder auf noch unangenehmere Art merken, was ihm da eingebrockt wurde. Das Sozialsystem wird irgendwann noch ungemütlicher umgestaltet werden und auch der Rock-am-Ring- Veranstalter Marek Liebermann scheint ja außer sich geraten zu können, wenns ums Geschäft geht. Ob er weiter großzügig "Konzerte gegen Rechts" veranstalten wird? Jedoch wissen das auch die Gegener, sie wissen es vielleicht sogar noch viel besser als wir: seit der Finanz - und Eurokrise nehmen ihre Zentralisierungs-/Überwachungs- und Migrationsprojekte rasant an Fahrt auf. Ein Zusammenbruch des Euros zum Beispiel träfe sie nicht unvorbereitet und sie würden ihre Chance genauso nutzen wollen, wie es Ihnen bei einer erneuten Invasionswelle oder ähnlichem vorschwebt. 

Leo

4. Juni 2017 00:32

Tja, die Verhältnisse - sie sind nicht so (als daß sie zum Tanzen gebracht werden wollten).

Im Herbst 2014 habe ich, die ersten Zuwächse bei PEGIDA in Dresden zunächst im Hunderterbereich beobachtend, geglaubt, daß wohl nun die nächste Wende nahe. Was beobachtet werden konnte, war ein Anwachsen bis ins vierstellige Segment, so daß Merkel zu Neujahr ihre "Haß-in-de-Augen"-Warnung aussprechen mußte. Seitdem: Hochs und Tiefs, Aufs und Abs - aber vor allem: Standhalten. Ab und an aufmunternde Aktionen wie die der IB auf dem Brandenburger Tor (das wär auch ein schönes Kalenderblatt für'n Juni gewesen!). Darauf kommt's momentan an - da hat Sellner völlig Recht. Always look at the bright side of life---

Wenn man wie ich im Osten großwurde, hat man die Sätze wie folgende ja hundertmal gehört und nie vergessen: "Der Staat ist das Machtinstrument der (jeweils) herrschenden Klasse" (Lenin?) oder "Die herrschende Meinung ist immer die Meinung der Herrschenden" (Marx?) - infolgedessen hätte man ahnen können, daß nie Räuber und Gendarm gespielt wird unter real-existierenden Machtverhältnissen. Leider stimmt auch der Satz von der (konter)revolutionären Situation immer noch: daß nämlich diese erst dann eintrete, wenn die da oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen. Vor drei Jahren war die Zahl derer, die nicht mehr wollen, größer als jetzt - so scheint es zumindest. Warum? Die da oben können immer noch.

Noch. @Heino Bosselmann: Wie erfreulich, mal wieder etwas von Ihnen zu lesen - nach so langer Zeit...!!

deutscheridentitärer

4. Juni 2017 00:56

"Lieber Herr Bosselmann, meine herzlichen Grüße, möchte meine große Freude ausdrücken, hier wieder einmal Ihre altvertraute, gediegene Stimme zu vernehmen. "

Wie äußerte sich Herr Bosselmann einst über seine Zeit als Sezessionsautor?

"Die alte wie die neue Rechte haben die Tendenz, einen deutschen Entwicklungsgang zu verklären, der keine Chance für, sondern perverser Verrat an der Nation war. So ist die Hitler-Diktatur des Dritten Reiches zwar durchaus aus dem geschichtlichen Haushalt mindestens des 19. und 20. Jahrhunderts herleitbar, und tatsächlich ist dabei eine Konstellation an Problemen und Lasten einzubeziehen, die weit über deutsche Querelen hinausging. Nur ist das, was im Dritten Reich und von ihm ausgehend im Zweiten Weltkrieg geschah, nicht zu rechtfertigen, und zwar weder in Ansätzen noch irgendwie indirekt. Und die rächende Grausamkeit der Gegner mag Deutschland zu Recht anmahnen, aber selbst die gründet kausal in deutschen Verbrechen! Dennoch versucht sich die intellektuelle Rechte fatalerweise in grundsätzlichem Revisionismus oder beklagt mindestens, dass die einstigen Opfer – und andererseits die Deutschland befreienden Sieger – deutsche Schuld bis in die Gegenwart hinein thematisieren. Weshalb aber sollte das nicht nach wie vor notwendig sein? Schuld bleibt Schuld, und deren schlimmsten Auswüchse systemischer Barbarei verjähren nun mal nicht."

"Ferner: Die rechten Vorbehalte und die ewige Quengelei gegenüber Immigranten und „Ausländern“ erscheinen latent rassistisch, mindestens geprägt von der provinziellen Angst des Spießers um seine Gartenzwerg-Kultur. Wo allerdings Gegenwehr tatsächlich angezeigt ist, gegenüber einem politisch militanten und fundamentalistischen Islamismus nämlich, stellt sich die Rechte nicht auf die einzig hilfreichen konsequent laizistischen Positionen, sondern versucht sich neuerdings in der Wiederbelebung des Christentums in möglichst vorkonziliarischer Gestalt. Davon wiederum gehen unter anderem ihre Kampagnen unangenehmer Homophobie und der bigotte „Schutz ungeborenen Lebens“ aus."

https://das-blaettchen.de/2014/08/weshalb-ich-in-rechts-intellektuellen-medien-veroeffentlichte-und-wieder-umkehrte-29798.html
 

Martin S.

4. Juni 2017 02:20

Es gilt für uns:

Lass den Zorn,  die stürmische Bewegung.
Alles Ungestüm hat keine Dauer. 
Keine Stunde wöhret ein Hagelschauer,
keinen Tag des Wirbelwinds Bewegung.
Rasch verglüht des Himmels Feuerklinge, 
und dies sind des Himmels  große Mächte.
Stille ziemt dem kleineren Geschlechte
und von selber ordnen sich die Dinge.

Denn:

Erst wenn das letzte Freibad  wegen sexueller Belästigung geschlossen, das letzte Rockkonzert wegen Terrorgefahr abgesagt, und der Sozialstaat zusammengebrochen ist, wird man begreifen,  dass Migration keine Bereicherung ist!

Nautilus

4. Juni 2017 02:29

Wieder ein kluger Text Herr Sellner

Je bedeutender die IB wird, desto heftiger werden auch die Gegenmaßnahmen der selbsternannten Eliten.Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wie schnell ist ein Trottel gefunden, der für diese machgeilen Eliten sich zur verfügung stellt. Man muss höllisch aufpassen. Sicherlich wird es in Deutschland keinen Aufstand gegen Merkel und co geben, wer sollte das auch machen? das deutsche Volk? nein, dass gibt es nicht mehr. Heute wird lieber darüber gesprochen, wer als nächster im Dschungelcamp den Affen macht. Das sind die "Sorgen" der Bevölkerung. Es gilt hier nur noch die Substanz zu erhalten, mehr ist nicht mehr drin, so traurig das auch ist.

Harding

4. Juni 2017 06:20

Mal wieder voll ins Schwarze getroffen Herr Sellner. Das der politische Gegner angefressen ist, kann man jeden Tag sehen, høren und spüren. Es gibt riesige Freiräume, die nicht mehr gehalten werden kønnen und darauf warten erobert zu werden. Das richtige Wort hier gesagt, die konkrete Frage dort gestellt. Ein jeder von uns kann an seiner Stellung täglich dem Gegner Nadelstiche zufügen und damit für weitere Unruhe sorgen. Das laute trommeln des Systems werte ich als Zeichen der Schwäche.

"Ein Baum der fällt, macht mehr Lärm, als ein Wald der wächst."

Zitat- Konfuzius

Lotta Vorbeck

4. Juni 2017 06:24

@Heino Bosselmann - 03. Juni 2017 - 05:58 PM

Sehr geehrter Herr Bosselmann,

Ihre fundierte Wortmeldung hier im Kommentarstrang sorgte, wie bereits von @Der_Jürgen vermerkt, für eine angenehme Überraschung! Seinerzeit gehörten Sie zu den Stammautoren hier auf SiN, Ihre letzten SiN-Beiträge publizierten Sie gleichzeitig auf das-blaettchen.de. Dort gab es dann auch eine - nunmehr im Archiv von Das Blättchen nicht mehr auffindbare Bosselmann-Kolume, in welcher Sie Ihre Gründe dafür darlegten, die Sie bewogen, ans andere Ufer zurückzukehren. Sollte künftig wieder mit Ihnen auf SiN zu rechnen sein?

Heino Bosselmann

4. Juni 2017 07:34

Nochmals zur realistischen Sellnerschen Wahrnehmung der Stagnation kritischer Bewegungen. Die Konservativen warnten stets vor Entgrenzung. Diese ist mittlerweile allumfassend und betrifft nicht allein die physischen Grenzen der Nationen, denn die Welt hat sich etwa in der Weise geändert, wie sich die Einkaufsläden seit den Sechzigern in Super-Märkte wandelten. Und damit hängt viel zusammen, nicht nur die Vermüllung der Meere, sondern ebenso die Forderung nach der – wiederum allumfassenden – Ausdehnung universalistisch verstandener Menschen-, also Egoistenrechte. Jedem soll die Teilhabe an allem ermöglicht werden, vorzugsweise am Konsum. Hier stimmen Linke und Liberale überein, abgesehen davon, dass die Linke dirigistisch verfahren möchte, die Liberalen aber den Markt heiligen. Das alles schleift nicht nur die Grenzen, sondern ebnet jede Eigenständigkeit, Besonderheit und Unverwechselbarkeit ein und wandelt sie in praktische, rein funktionale und mcdonaldisierte Tristesse, letztlich vermutlich gar die Sprache. Offenbar bleiben dann nur Algorithmen, mit deren effizienter Hilfe der Planet verwurstet wird. Waldgang ist also Luxus. Dort surren über den Wipfeln schon die Amazon-Lieferdrohnen. Ob Beschränkung, Begrenzung, Maßhalten demokratisch zu erreichen wäre, bezweifle ich, ist doch das Demokratische wesentlich ein ins Politische gewandelter Utilitarismus egoistisch handelnder Hedonisten, deren Freiheitsbegriffe nicht jene Kants, sondern eher diejenigen Gaucks oder eben der Power-Shopper sind. – Der Immigrant, selbst jener, der wirklich um Leib und Leben floh, sucht neben einem sicheren Ort nicht als erstes die Demokratie, um als FAZ-Abonnent gebildet daran teilzuhaben, nein, er möchte vielmehr den großen Wagen durch den Super-Markt schieben und in den Genuss der Überfrachtung mit Waren kommen. Frau Merkel hatte das Kaufhaus 2015 zu Aktionspreisen geöffnet. – Was kann versucht werden? Vielleicht gilt es, politische Neurosen zu erkennen, dergestalt, dass die lauthals verkündeten offiziellen Bekenntnisse (freudianisch angesehen) schon darauf hindeuten, was wie und wo zu leisten ist, nur eben oft in ganz anderer, quasi reziprok zu verstehender Weise, also mitunter gegenteilig zu dem, was die Verlautbarungsrhetorik vorgibt. Eine einfachere Variante: Dort, wo wir alle konkret stehen, wo wir bestehen oder versagen und wo wir, ohne Pseudonym und ohne gleich allwissend zu sein, einfach Leben und Alltag gestalten, sollten wir skeptisch weitermachen. Wie gesagt: Waldgang ist Luxus. Wir radeln täglich zur Arbeit. Albert Camus‘ Dr. Rieux wusste, dass er gegen die Pest in Oran nichts ausrichten kann, aber er blieb auf seinem Posten, mitten im Absurden. Das macht existentialistische Haltung und Verantwortung vielleicht aus. Das! Und nicht gleich die große Bewegung, das Schnätteretäng der Fanfare, der weite Wurf, die Revolution, die große Wende und Eruptionen, die stets noch in rechten oder linken Jakobinismus mündeten. Widerstand ist zunächst mal Positionierung und das Ringen um ein belastbares kritisches Urteil. Letztlich und ungern gehört: „In Deutschland ist die Kritik der Religion im wesentlichen beendigt, und die Kritik der Religion ist die Voraussetzung aller Kritik.“ So Marx 1844 in der Einleitung zur „Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“. Im ersten Satz irrte er. Leider. Im zweiten nicht. Solange man eine abrahamitische Heilserwartung mit der anderen bekämpft, erreicht man im pfäffischen Gezänk dasselbe, was die Integrierer alles Religiösen in Nachgiebigkeit besorgen: Man bleibt im Religiösen. Also im Mythos. Schwierig, so eine Welt anzusehen, die mehr ist als ein Mythos.

Brettenbacher

4. Juni 2017 11:32

Gedanken sind Ranken.

Im "Wäldchen" ranken viele. Der eine braucht den Stamm, dem andern reicht ein rostger Draht. Ohne Nicht-Ich stürzt er in sich.  Sich rankend hält er selber viel. Wie der wilde Wein die lottrigen Schopfgiebelbretter dort vor dem Fenster - doch das ist eine konservative Impression und rein privat. Wie viel es gibt: Glacis war, ist nun Geschlinge. Im bergenden Trichter wächst heilendes Moos. Die Palisade nach der Lichtung zieht neun x sich von Pfahl zu Pfahl. Die hat der Axel Matthes gesetzt, der alte Petardier. Katholiken bickeln Laufgraben um Laufgraben - wolle mehr draus werden als eine Übung für die Katakomben! ETAPPE hat keine Ruh. Zwischen Stämmen erscheinen hohe Maiden wie eisige Lohen. Und hüte dich, hertappender  Dummfuß, vor der listigen Schlange. Mit Fächern (Orchideenfächer?) fangen  drüben die feindlichen Ämter auf jeden Laut aus dem gastlich gerüsteten Wäldchen. Sie haben's nötig! Und ein alter Stadtsoldat schmaucht, ungeniert unter herrlicher Jugend, sein Pfeichen und liest "Die zarte, aber helle Differenz"(danke für die Empfehlung). Gedanken sind Ranken.

Frohe Pfingsten!

Dachs

4. Juni 2017 12:33

Chapeau! Der Text ist großes Tennis, Martin Sellner! Das Narrativ der Herrschenden und die Wirklichkeit fallen auseinander – und das mit atemberaubender Geschwindigkeit. 

Der muslimische Bürgermeister von London, Sadiq Khan, der nach dem Mordanschlag von Manchester kommentierte, terror attacks are part and parcel of living in a major city, der uns also das Wüten der Kopfabschneider für einen  selbstverständlichen Teil des Lebens in einer Großstadt verkauft, während er selbst und seine Kinder von Militär und Spezialisten des SAS bewacht werden,  hat heute Nacht seine Rechnung bekommen: 

Ein Transporter raste auf der London Bridge in eine Menschenmenge. Islam-Terroristen mit großen Messern sprangen aus dem Fahrzeug und gingen auf Fußgänger los. Sie schnitten laut „Reuters“ drei Menschen die Kehle durch und haben in einem Pub weitere Menschen geschlachtet.

Diejenigen, die im Augenblick damit beschäftigt sind, uns ihr "Weitermachen wie bisher" oder "Nicht einschüchtern lassen" in die Ohren zu blasen, anstatt uns zu beschützen, wenn wir in der U-Bahn zur Arbeit fahren, unsere Kinder in die Schule schicken oder uns einfach zum Feierabendbier mit Freunden treffen, werden Fragen beantworten müssen. 

Wie lange können die politisch korrekten Mitläufer der Meinungsdiktatur noch wegschauen, ohne dabei ihr Gesicht zu verlieren?  Der afghanische Berufschüler in Nürnberg, gegen dessen rechtmäßige Abschiebung Hunderte demonstriert haben, hat im Beisein von Polizeibeamten für den Fall seiner Abschiebung mit einem Anschlag gedroht: "In einem Monat bin ich eh' wieder hier und bringe Deutsche um."  

Die Satans-Raute und ihre Globalisten-Marionettenspieler ahnen bereits, dass ihre Rechnung fällig wird.

Rufen wir den Wirt! 

Monika L.

4. Juni 2017 12:37

Wenn ich Texte von Martin Sellner lese, greife ich immer wieder zu Václav Havels " Versuch, in der Wahrheit zu leben" . Schlage Kapitel 20 auf:

Die Besonderheit der posttotalitären Verhältnisse, in denen es keine normale Politik und keine absehbare Chance auf eine bedeutendere politische Veränderung gibt, hat einen positiven Aspekt: Sie zwingt uns, unsere Situation vor dem Hintergrund ihrer tieferen Zusammenhänge zu analysieren...Da wir immer wieder erfahren  müssen, daß die Konfrontation des Menschen mit dem System auf einer ungleich tieferen Ebene stattfindet als der der unmittelbaren Politik, wird dadurch offenbar auch die Richtung solcher Überlegungen bestimmt.

Ein Meisterprediger braucht zwar kein Universitätsstudium ( so wie ein Universitätsstudium nicht zwangsläufig einen Meisterprediger hervorbringt), trotzdem oder deswegen empfehle  ich Herrn Sellner eine Aktionismuspause, um tiefere Zusammenhänge zu analysieren. Dazu  braucht es Muße. ( Oder eine Großfamilie). In der "Vorbereitung der Erwartung" (Heidegger) muß man radikal sein. Im Sinne von " An die Wurzel gehen". Eine solche Radikalisierung kann völlig gewaltfrei sein.

Utz

4. Juni 2017 12:38

Dank für Ihre in meinen Augen sehr treffende Analyse, Herr Bosselmann.

Vielleicht gilt es, politische Neurosen zu erkennen, dergestalt, dass die lauthals verkündeten offiziellen Bekenntnisse (freudianisch angesehen) schon darauf hindeuten, was wie und wo zu leisten ist, nur eben oft in ganz anderer, quasi reziprok zu verstehender Weise, also mitunter gegenteilig zu dem, was die Verlautbarungsrhetorik vorgibt. Eine einfachere Variante: Dort, wo wir alle konkret stehen, wo wir bestehen oder versagen und wo wir, ohne Pseudonym und ohne gleich allwissend zu sein, einfach Leben und Alltag gestalten, sollten wir skeptisch weitermachen.

Vielleicht reicht das nicht und wir sollten vor allem das "skeptisch" betonen. Zum Jahrestag des Tods von Benno Ohnesorg hat KenFM ein interessantes Interview mit Uwe Soukup gemacht, das klarmachte, wie ein einzelnes Ereignis einer Bewegung eine andere Dynamik verleihen, sie fördern oder stoppen kann. Ich stimme mit Sellner überein, daß wir wachsam sein müssen, um nicht überraschend von so einem Ereignis in den Augen der Öffentlichkeit delegitimiert zu werden.

deutscheridentitärer

4. Juni 2017 14:22

"Dort gab es dann auch eine - nunmehr im Archiv von Das Blättchen nicht mehr auffindbare Bosselmann-Kolume, in welcher Sie Ihre Gründe dafür darlegten, die Sie bewogen, ans andere Ufer zurückzukehren. "

In meinem obigen Kommentar habe ich den Artikel verlinkt. "Gründe darlegen" ist derweil reichlich euphemistisch für diesen Kübel Schmutz, den er über die "Neue Rechte" ausschüttet. Es läuft darauf hinaus, dass die biederen Sezessions und JF Rechten seinem elitären, weltoffenen, unängstlichen Rechtssein nicht das Wasser halten können.

So sei es, aber dann verschone er uns doch bitte mit seinen Kommentaren (vgl. auch was er bzgl IB damals und jetzt schreibt).

Maiordomus

4. Juni 2017 14:44

@Bosselmann. Die ersten vier Fünftel Ihrer Ausführungen sind, weil Sie mehr publizistische Erfahrungen haben und als politischer Denker schon weiter sind, noch über dem als Diskussionsgrundlage fruchtbaren Artikel von Sellner mit dem trefflichen Jünger-Motiv des Wäldchens. Und mit dem Marx-Hegelschen Zitat über die Kritik der Religion begeben Sie sich auf den Hauptkriegsschauplatz der Auseinandersetzung seit Aufkommen der Gnosis in der Spätantike. Als mutmasslicher Leser Eric Voegelins wissen Sie wahrscheinlich, dass die in der Antike entwickelte christliche Theologie, nicht zu vergessen das Johannesevangelium und Paulus, aus dem Radar der Gnosis zu verstehen sind so wie sämtliche moderne Ideologien, so weit sie sich auf unserem Kontinent im Mittelalter, in der Frühneuzeit und in der Aufklärung entwickelt haben, über die Alchemie, Mystik und Esoterik, das Gedenkengut der Freimaurer, der Französischen Revolution bis hin zu Liberalismus und vor allem Marxismus, was zum Beispiel ein Ernst Bloch bestens verstanden hat. Hegel ist, was den Schlüssel zu seinem Verständnis bedeutet,  ein Kulminationspunkt der modernen Gnosis. Ich wäre gespannt, wie der Buchautor und politische Gefangene Horst Mahler zu dieser Thematik Stellung nähme. Das wäre vorrangiger als sich mit als Antisemitismus ausgelegter Polemik unmöglich zu machen. Ohnehin haben alle absoluten Überzeugungen von Menschheitsfeinden einen gnostischen Hintergrund, hier ist der Unterschied zwischen Nationalsozialismus, Kommunismus und denjenigen, die Kritiker des Multikulturalismus als Menschheitsfeinde abtun, nur marginal.

Deswegen aber, @Bosselmann, ist die Debatte über Religion längst nicht abgeschlossen. Abgesehen davon, dass es neben Linksgläubigen, politischen Katholiken usw. stets auch völlig unabhängig Denkende gegeben hat, in der Zeit der Reformation Erasmus und Paracelsus, welche den Wahnsinn aller damaligen Sektenbildungen, einschliesslich der katholischen, bereits eingesehen und kritisiert haben. Sodann gab es Denker, aus heutiger Sicht näher an den Rechten als an den Linken, welche die Religion formal gesehen haben und in ihrer politischen Funktion kritisch durchschaut, im Einzelfall aber diese Erkenntnisse als Herrschaftsinstrument benützend, etwa Machiavelli, als Kritiker der französischen Revolution Joseph de Maistre und Louis de Bonald. Und natürlich hat Carl Schmitt in seinem Buch "Politische Theologie" (1922) und noch in seinen späteren Schriften die Religion weit gründlicher durchschaut als Marx. Es gibt in diesem Zusammenhang geistige Bergwerke, die ein abgeschlossenes Studium, nicht weil es um idiotische Diplome geht, für Sellner und andere nach wie vor nützlich machen, falls sie einen Professor finden, der sie arbeiten lässt. Auf jeden Fall ist die Thematik der Religion auch hier nicht ausdiskutiert. Sowieso fehlen ohne Kenntnis von Meister Eckhart, dessen gnostische Wurzeln zwar auch zu sehen sind, die Diskussionsvoraussetzungen für das Verständnis von Religion in Deutschland. Das ist nun aber in der Tat ein weites Feld und erfordert mehrjähriges Studium. Wenn Sie praktisch wissen wollen, ohne gläubig sein zu müssen, wie man Religion einigermassen verstehen soll, lesen Sie doch das Buch "Religionsphilosophie nach der Aufklärung" von Hermann Lübbe, der kennt die Thematik natürlich zehnmal gründlicher als Marx oder irgendwelche Kirchentagsheinis und analysisiert den Nutzen und Nachteil der Religion unter dem Gesichtspunkt der Kontingenzbewältigung, so wie er andererseits wie kein zweiter nach Popper mit allen historizistischen Theorien von historischer Notwendigkeit und blossem Rechthaben des Zeitgeistes aufgeräumt hat. Dabei müssen wir uns demütig bewusst sein, dass alle grundsätzlichen Diskussionen, die wir hier führen und die auch, sofern Denken für sie von Bedeutung ist, unsere politischen Gegner führen, einen Zusammenhang mit der verhassten Theologie haben. Insofern würde ich für Sellner als nützlichen Studienabschluss eine Dissertation zum Beispiel über Politische Theologie nicht ausschliessen. Als Nietzsche-Leser, seit ich 14jährig bin, ist mir schliesslich bekannt, dass auch Pfarrerssohn Nietzsche eine Zeitlang Theologie studiert hat und einige seiner intelligentesten Interpreten, etwa Eugen Biser und Karl Rahner, Theologen waren. Auch ist es lohnend, sich mit dem Scheitern bedeutender Denker an Gott auseinanderzusetzen, etwa Fichte (wichtig für jeden Deutschnationalen), Blaise Pascal und Kierkegaard, ferner mit dem Verhältnis bedeutender Heiliger zu Gott, so Jeanne d'Arc, die Parteiheilige des Front National, deren Umgang mit Gott allerdings als fürchterliches Beispiel zu würdigen ist. Trotzdem war es gemein, obwohl nicht inkonsequent, dabei aber doch dumm, sie als Hexe zu verbrennen. Ihre Rehabilitierung richtete noch grösseren Schaden an. Die Heiligsprechung erfolgte gleich nach dem 1. Weltkrieg als spirituelle Belohnung für den Sieg Frankreichs im damaligen Krieg. Es gab aber auch noch ein paar Heilige, von denen wir geistig profitieren können. Das Motto von SiN Et si omnes Ego non ist natürlich auch der Wahlspruch von Heiligen, so weit ich weiss Franziska von Chantal, die geistliche Freundin des heiligen Franz von Sales, von dessen Schriften, etwa Philothea, man nur profitieren kann. Wäre eine Dissertation über Carl Schmitt ev. heute wegen mangelnder geistiger Freiheit an einer Uni nur schwer machbar, über Franz von Sales, den Patron der katholischen Journalisten, könnte man wohl jederzeit schreiben. Am besten könnte man sich die Themen in den Schriften des rechten Publizisten Gerd-Klaus Kaltenbrunner besorgen, bis heute dem deutschen Rechten der letzten 100 Jahre mit der wohl grössten Gelehrsamkeit und Allgemeinbildung. Er würde, Herr Bosselmann, beim Thema Religion das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, und ich garantiere wirklich, dass er einen weiteren Horizont hatte als Marx oder irgend ein heute aktiver Professor an einer deutschen geisteswissenschaftlichen Fakultät. Die Sache ist, wie Sie wissen, nicht ausdiskutiert. Wenn es übrigens ein Thema gäbe, das in Schnellroda wirklich absolut ergebnisoffen und also insofern wissenschaftlich diskutiert werden könnte, dann ist es das Verhältnis von Politik und Religion.

PS. Im übrigen bin ich der Meinung, dass das System der Verbindung von Kirche und Staat, allerdings mit einer angemessenen, unnötige praktische Schwierigkeiten vermeidenden längeren Übergangsfrist, beseitigt werden muss. Es ist übrigens keine Kleinigkeit, dass die sog. Kulturmarxisten längst von dieser Forderung  nach Beseitigung der Staatskirche abgekommen sind, weil sie sich der nützlichsten und allen nützlichen Idioten nicht entledigen wollen. Noch unglaublich bleibt, dass die sogenannte Integration des Islam in unsere Kulturgesellschaft mit öffentlich-rechtlicher Anerkennung muslimischer Religionsgemeinschaften von den Kirchen im Interesse der Erhaltung ihrer eigenen Privilegien betrieben wird. Darin manifestiert sich eine Korrumpierbarkeit, welche diejenige zur Zeit der Reformation noch übertrifft. Gegenüber den Kirchen muss immer wieder einer sagen, wie Voltaire, der kein Ungläubiger war: Ecrasez l'infâme!

Harald

4. Juni 2017 15:28

Warum wird immer die NPD verteufelt ? Sie ist die einzige volkstreue Partei die seid über 40 Jahren Ja zum Deutschen Volk, als Kultur - ,Schicksals - und Abstammungsgemeinschaft sagt . Es geht um den Fortbestand des deutschen Volkes das durch kulturfremde und zivilisationsafine Einwanderer aus arabischen und afrikanischen Ländern ersetzt werden soll. Wir brauchen alle Identitäten,patriotischen und nationalen Kräfte Deutschlands und keine Ausgrenzung .

quarz

4. Juni 2017 15:49

Die Schlüsselinstanz sind die Medien. Gegen deren geballte Macht kommt weder eine Regierung noch eine Opposition an. Und die Medien sind durchsetzt von Leuten, die empirisch erwiesenermaßen ideologisch stark vom Durchschnittsbürger abweichen und zu deren Glaubensfundamenten der Glaube an die Notwendigkeit und/oder die Glorie der Massenimmigration gehört. Und sie sind noch immer in der Lage, dem schlichten Bürger den Glauben einzupflanzen, dass er ein Rädchen im Geschehen einer großen historischen Notwendigkeit und dass es seine, des Bürgers, Pflicht sei, diesem Geschehen keinen Widerstand entgegenzusetzen. Solange dieser unheilvolle Einfluss besteht, bleibt in erster Linie die Hoffnung, dass sich beim einen oder anderen Mitspieler aus den Reihen der Meinungsmacher das Gewissen durchsetzt und ihn aus dem monolithischen Block der geronnenen Identitätsfeindichkeit herausbrechen lässt. Die Erosion dieses Blocks wird mit dem Fortschreiten der Zeit wahrscheinlicher, weil er konformen Nachwuchs nicht mehr mit derselben Selbstverständlichkeit zu rekrutieren vermag, mit der in Zeiten der ungetrübten Buntheitsfantasien Prägungen junger Leute stattfinden konnten. Aber es ist ein Wettlauf mit der demographischen Entwicklung, die selbst bei einer umfassenden Metanoia den Geläuterten den Hebel der gesellschaftlichen Umsetzung entzieht. Die ethnische Wahl wird nicht ausgerechnet hierzulande außer Kraft treten.

Der_Jürgen

4. Juni 2017 17:00

@Heino Bosselmann  @Deutscheridentiitärer

Ich habe Bosselmanns erste Wortmeldung gelobt, weil sie mir in jeder Hinsicht vorzüglich erschien und weiterhin erscheint. Was Sie, Deutschidentitärer, allerdings an Aussprüchen Heino Bosselmanns aus früheren Tagen zitieren, jagt mir kalte Schauer den Rücken herab. Dergleichen könnte wortwörtlich von jedem beliebigen Systempolitiker oder -journalisten geäussert werden. Ich begreife jetzt, warum er nicht mehr mit Sezession zusammenarbeiten wollte, oder Sezession nicht mehr mit ihm. An Bosselmanns Beitrag von 05.34 Uhr missfällt mir der Schluss übrigens aufs äusserste.

Paracelsus

4. Juni 2017 17:56

Es sind starke Bilder, die Sellner hier verwendet: von Mauer, Todesstreifen, antideutschem Schutzwall, Neue Rechte als urwüchsiger Grenzstreifen, Mauerfall usw.  Sie sprechen an und lassen aufhorchen.

„Stagnation“ ist allerdings ein Bild, welches Entwicklung nur als etwas Wachsendes versteht. An sich ist es sachgerecht, bei politischen Bewegungen von Evolutions- und Involutions-Prozessen zu sprechen, die immer vorhanden sind, von denen aber meist ein Prozess überwiegt. Stetiges Wachsen erhielte demzufolge eher die bekannte „Karzinom“-Metapher, während das Auf und Ab von Auf-, Ab- und Umbauen das lebendige Entwickeln beschreiben würde.

Und für Involution, also Selbstbesinnung, sollte immer Zeit sein!

Aus meiner Warte wäre bei der Frage nach der Besinnung auf das Geleistete vor allem daran zu denken, inwiefern es gelingt, Ausdruck der wirklichen Sorgen und Hoffnungen der Menschen zu sein. Wenn dies gelänge, dürfte auf Dauer auch die (von mir) oft beklagte mediale Verfälschung der eigenen Ziele nicht mehr erfolgreich sein. Also im Bilde: ist das neurechte Wäldchen der Ort, wo man sich wiederfindet? Oder müsste man das Bild nicht erweitern? Ist die Landschaft so gut beschrieben: dort die Politisch Korrekten, da die (alt-rechten) Dissidenten (ich gebe zu, dass ich mir darunter nicht so sehr viel vorstellen kann) und hier dazwischen der neurechts urwaldende ehemalige Grenzstreifen? Ich meine, gerade auf der scheinbaren Gegenseite gibt es die vielen wertekonservativen Typen, die Erhalter von Haus und Hof, von Bürgerschaft usw., die gewiss nicht selbstgewählte „PC“-Agitatoren sind. Die Leute, die 2016 maximal einmal aus Protest AfD wählten und sich jetzt von geschickt eingefädelten „konservativen“ Äußerungen und symbolpolitischen Entscheidungen gern wieder überzeugen lassen wollen, dass mit der CDU doch alles schon seinen sozialistischen, äh freiheitlich-demokratischen Gang geht.

Insofern volle Zustimmung zur Absage an Radikalisierung. Es ist auch sehr fraglich, ob durch eine „Revolution“ irgend etwas Positives zu gewinnen wäre.

Für eine „Therapie“ braucht es bekanntlich die richtige „Diagnose“. Zu letzterer gehört aus meiner Sicht, dass wir uns als Volk (wie auch menschheitlich) in einem eminent verwirrten Zustand befinden, dass die propagandistisch vorherrschende Denkrichtung  ständig Angebote macht, für das vorgegebene „Gute“ einzutreten, wobei dann Sätze rauskommen wie die berühmten der Käßmann neulich in Berlin, die sie selbst nicht begreifen kann. Ich bin überzeugt, dass viele der „gegen Rechts“ eingestellten Menschen Verirrte sind, die nicht wissen, was sie tun (und denken). Dagegen hilft es nicht anzukämpfen, sondern es kommt darauf an, selbst das Gute so weit wie möglich zu erkennen und es vorzuleben und vorzudenken. Dann kann es wiedererkannt werden.

„Das Gute“ hieße dabei für mich auch das, was Lichtmesz in dem kürzlich eingestellten Gespräch auch anspricht, was m.E. noch viel deutlicher und immer wieder betont werden müsste: Es geht „gegen Flüchtlinge“ nicht gegen diese Menschen, sondern für sie. Migration ist hart, führt zu anhaltender Identitätskrise, ist mit sehr viel Lebenshärte verbunden, für sich selbst, aber auch die nachfolgenden Generationen.

Die Gleichheitsideologie dagegen, d.h. die Annahme, wir wüssten, wie ein Afrikaner, der nach Europa kommt, leben will und wir möchten, dass er ein genauso angenehmes Leben hat wie wir: das ist egozentrische Scheinheiligkeit. NICHTS wissen wir von dem, was ein Mensch durchmacht, der so eine dramatische Lebenswende erlebt. Und das erfahren wir auch nicht in netten Reportagen, weil da nicht die Wirklichkeit ist.

Also: Menschenfreundlich ist es, eine Politik zu fordern – und das noch viel mehr als bisher – die ein würdiges Leben in der Heimat ermöglicht. Die EU macht, bezogen auf Afrika, die gegenteilige Politik.

Heino Bosselmann

4. Juni 2017 18:54

((@Maiordomus: Off-Topic: Was Sie mir so wohlwollend kontextuell anmerken, verlangt ein Dankeschön, wenngleich kurz, zumal ich die ergiebige Diskussion hier beileibe nicht auf ein anderes Gleis bringen wollte. Nur dies: Das meiste ist mir mindestens ungefähr bewusst, obwohl mich stets vor allem interessierte, in welcher Weise etwa der deutsche Idealismus des 19. Jahrhunderts das Religiöse direkt oder metaphysisch platzhaltend aufnahm, so dass sich diese Genetik – vermittelt über Hegel – eben umgebaut bei Marx findet, der gewissermaßen seinen Materialismus mit idealistischen Mitteln betreibt, wie überhaupt innerhalb der Linken, erweitert um die so fragwürdige Anthropologie Rousseaus, und zwar geradezu eschatologisch ausgeformt und insbesondere im Geschichtsphilosophischen teleologisch auf einen End- und quasi Erlösungszustand zulaufend. – Was Theologen betrifft, so las ich auf katholischer Seite Rahner gern, auf evangelisch-reformierter ist mir Karl Barth nah. Zu Ihren sonstigen Bezügen: Schmitt schätze ich sehr; für den Hinweis auf Herrmann Lübbe bedanke ich mich ausdrücklich, Gerd-Klaus Kaltenbrunner notierte ich mir. Entschuldigen Sie mein schlimmes Namedropping. Daher salopper Abschluss: Im Problemkreis Immigration-Integration, interessierte mich, wäre ich Entscheider, gegenüber Asylbewerbern tatsächlich beinahe ausschließlich die Gretchenfrage. Und jenen, der ohne „Bekenntnis“ auskommt, akzeptierte ich gern – im Wissen, dass derer wenige sind. - Rest ggf. mal in privater Korrespondenz, um hier den geraden Fortlauf nicht zu stören.))

Der_Jürgen

4. Juni 2017 19:14

@Harald

"Warum wird hier immer die NPD verteufelt?"

Von manchen ja, von anderen, darunter mir, durchaus nicht. Aber die Partei ist bekanntlich vom VS völlig unterwandert. Ich würde übrigens, wäre ich deutscher Staatsbürger, aus rein realpolitischen Gründen AFD wählen und nicht NPD, weil die ja doch nicht in den Bundestag kommt.

"Wir brauchen alle identitären, patriotischen und nationalen Kräfte Deutschlands und keine Ausgrenzung."

Vollkommen einverstanden. Allerdings mit Auflagen: Es darf bei Kundgebungen und anderswo nicht unnötig provoziert werden (z. B. durch das Zeigen verbotener Symbole), und es darf unter keinen Umständen Gewalt angewendet werden, es sei denn in Notwehr. NPD-Mitglieder dürfen und sollen bei Pegida u. a. mitmachen, sollten sich jedoch nicht als solche zu erkennen geben, weil die Lügenpresse dadurch Gratismunition erhält.

Utz

4. Juni 2017 19:24

Die Gleichheitsideologie dagegen, d.h. die Annahme, wir wüssten, wie ein Afrikaner, der nach Europa kommt, leben will und wir möchten, dass er ein genauso angenehmes Leben hat wie wir: das ist egozentrische Scheinheiligkeit. NICHTS wissen wir von dem, was ein Mensch durchmacht, der so eine dramatische Lebenswende erlebt. Und das erfahren wir auch nicht in netten Reportagen, weil da nicht die Wirklichkeit ist.

Wenn man selbst ein Leben führt, das unmöglich noch weitere 7 Milliarden so führen können, und man deswegen Skrupel hat, ist es doch ein schöner Gedanken, daß man wenigstens theoretisch dafür ist, daß jeder zu uns kommen kann, der das will. Dann sind alle gleichberechtigt und man muß sich keine Gedanken mehr machen.

In diesem Zusammenhang: in der neuen TUMULT ist ein netter Artikel von Dörthe Lütjohann-Guzzoni (Nicht in meinem Garten), der Parallelen von der Flüchtlingspolitik zum Hobbygärtnen zieht ("Die Haltung des "Leben-und-Leben-Lassens" erscheint hier verdächtig. Immer wieder kommt es zu Verletzungen des Luftraums über den Gärten durch Samenflug und Insekten. Aber auch Maulwürfe und Wühlmäuse begehen Grenzverletzungen durch den Bau illegaler Tunnelsysteme, in denen das grenzübergreifende Vernichtungswerk dieses lichtscheuen Gesindels unbeobachtet stattfindet.").

Manchmal denke ich, es kann doch kein Problem sein, mehr Menschen zu überzeugen. Was wir fordern ist doch bloß selbstverständlich. Dann frage ich mich, war da irgendwann, irgendwo mal ein Treffen, bei dem ich zufällig nicht dabei war, und bei dem alle anderen gehirngewaschen wurden? Warum ist vor allem im Westen, und besonders bei Künstlern und Pädagogen die Normalität verloren gegangen. War das wirklich nur der bekannte Marsch durch die Institutionen, der die Lehrer gleichgeschaltet hat und so ein bestimmtes Gedankengut in der Bevölkerung verbreitet hat? Kann das sein? Und wie haben sie das genau gemacht? Und warum sind manche immun? Vielleicht wären wir einen großen Schritt weiter, wenn wir diese Fragen beantworten könnten.

Gustav Grambauer

4. Juni 2017 20:07

Bin einigermaßen konsteniert über das, was ich da im Nachhinein von Ihnen in diesem "Blättchen" lese, Herr Bosselmann, auch menschlich. Sage mir, wie Du gehst und ich sage Dir, wer Du bist.

Was Marxens Religionskritik betrifft: dieser hat bewußt oder nichtsahnend die Drecksarbeit für Mazzini und Lord Palmerstone erledigt - nur neues (und noch viel verheerenderes!) britisches Opium über die Völker zu streuen.

https://www.solidaritaet.com/neuesol/2008/52/marx.htm

Verstehe jeden, der die Rettung vor diesem alle Ritzen und Fugen der heutigen Zivilisazion durchdringenden Opiumdunst im Bollwerk der katholischen Kirche der pöhsen "möglichst vorkonziliaren Gestalt" sieht, ob er dabei tatsächlich religiös oder im Gaulandschen Sinne Kulturchrist ist.

Fällt Ihnen auch gar nicht die Groteske auf, ausgerechnet vom "Blättchen" des "Möge-das-Gas-in-die-Spielstuben-eurer-Kinder-schleichen-mögen-sie-langsam-umsinken-die-Püppchen"-Tucholsky, eines bolschewistischen Wolfes im Pazifisten-Schafspelz, Erztotalitartist und (psychotisch-oszillierend:) Erzchauvinist, aus die "Totalitarismus-" und "Chauvinismus"-Keule gegen uns zu schwingen?!

- G. G.

Maiordomus

4. Juni 2017 21:05

@An alle, die meine Ausführungen manchmal zu ausschweifend finden. Habe in meiner Antwort zum auch von _derjürgen kritisierten Schlussabschnitt von  Bosselmann, einem anerkannt schwergewichtigen Blog-Partner hier, wegen seinen Ausführungen zur Marxschen Religionskritik etwas sehr ausführich ausgeholt, zumal die Politische Theologie betreffend, ein Begriff, der immerhin von Carl Schmitt stammt, welcher die Religion in seinem Buch "Politische Theologie" in ihrer politischen Bedeutung noch tiefer analysiert hat als Marx oder irgendein linker Theologe von heute. Werde mich nun aber in nächste Zeit wohl deutlich zurücknehmen, mich nur noch ausnahmsweise äussern. Ich ziehe mich wegen der Verfolgung anderer verpflichtender Aufgaben etwas zurück. Wer, z.B. als Schweizer Rechter, die "Schweizerzeit" abonniert hat, den mache ich gern auf meinen Vortrag im Kloster St. Katharinenthal bei Diessenhofen im Kanton Thurgau aufmerksam, Besammlung 10.15 Uhr vor der Klosterkirche. Es geht hier auch, im Zusammenhang mit Idenität, nicht zuletzt um politische Mystik.

Lotta Vorbeck

4. Juni 2017 22:14

@deutschidentitärer, 04. Juni 2017 - 12:22 PM

In meinem obigen Kommentar habe ich den Artikel verlinkt. "Gründe darlegen" ist derweil reichlich euphemistisch für diesen Kübel Schmutz, den er über die "Neue Rechte" ausschüttet. Es läuft darauf hinaus, dass die biederen Sezessions und JF Rechten seinem elitären, weltoffenen, unängstlichen Rechtssein nicht das Wasser halten können. So sei es, aber dann verschone er uns doch bitte mit seinen Kommentaren (vgl. auch was er bzgl IB damals und jetzt schreibt).

--

Danke für den Link, den ich selber nicht hatte finden können! Somit war die Bosselmann-Kolumne vom 4. August 2014 auch für mich nochmals nachzulesen. Wie gesagt, als Bosselmann noch zu den Stammautoren hier auf SiN gehörte, las ich seine Beiträge immer gern. Damals widmete er sich bevorzugt Themen wie Bildung im Allgemeinen, seiner alten Leherin, die er sterbend in der Prignitz besuchte im Besonderen, stellte seine persönlichen, in der DDR gesammelten Jugenderfahrungen dar, schrieb über die Instandhaltung seines in einem mecklenburgischen Dörfchen gelegenen, baufälligen Wohnhauses, über die von seinem Vater geerbte Uhr und das ebenfalls vom Vater übernommene Fahrrad.

Etwa ab seinem mit "Palais Lobkowitz" betiteltem, hier auf SiN publiziertem Beitrag erschien er seltsam fremd, irgendwie verändert. Möglicherweise haben Sie werter Deutschidentitärer recht und Heino Bosselmann ist damals nur zu seinen eigenen Wurzeln zurückgekehrt. Allerdings scheint er dennoch aus der Ferne zu beobachten, was sich im seitdem emporgewachsenen Sellner-Wäldchen tut.

Monika L.

4. Juni 2017 23:03

Mal  etwas praktisch gedacht:

Es gibt durchaus Möglichkeiten, kreative Gegenkulturen zu bilden:

https://kath.net/news/59702

Parallelgesellschaften, Desintegration  , um das Eigene zu retten .

Aristoteles

5. Juni 2017 09:41

@Maiordomus

"@An alle, die meine Ausführungen manchmal zu ausschweifend finden."

Ihre jüngste Replik im "Klassenfahrt mit Soros"-Strang war für Ihre Verhältnisse quantitativ recht gemäßigt, aber inhaltlich - sofern Sie, wie durch "@Aristoteles" angezeigt haben, MIR antworten wollten - leider Thema verfehlt. Setzen. 6.

Nemo Obligatur

5. Juni 2017 12:45

Die Leserdiskussion erinnert mich ein wenig an "Leben des Brian", als das Häuflein der anti-römischen Verschwörer im Hinterzimmer an einer Resolution gebastelt hat. Nichts für ungut. Auch ich habe "Rücken", eine Hypothek auf dem Haus und eine bürgerliche Existenz zu verlieren.

Dem Text von Herrn Sellner selbst ist in allen wesentlichen Punkten zuzustimmen. Die Gewaltfreiheit ist notwendige Voraussetzung des Erfolges der IB. Allerdings haben wir gelernt, dass sie nicht hinreichend ist. Wie die Sache in Österreich liegt, weiß ich nicht. Für Deutschland dürfte klar sein, dass die einzige Perspektive ist, dass die AfD möglichst stark in den Bundestag einzieht. Ideal wäre eine Konstellation mit einer großen Koalition und der AfD als stärkster Oppositionspartei. Auf diese Weise kann vielleicht eine gewisse Breitenwirkung in den Medien entfacht werden. Die schambefreite Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages, um einen Alterspräsidenten aus der AfD-Fraktion mit allen Mitteln zu verhindern, zeigt, wohin die Reise gehen wird. Man sollte meinen, dass aus diesem Anlass, der eine oder andere Neu-Dissident den Weg ins "neurechte Wäldchen" findet. Davon gehört habe ich aber nichts.

Am Ende ist sowieso die Frage, ob das nicht alle zu wenig und spät ist. Europas Problem ist nicht der islamistische Terror, denn was vermag der schon auszurichten? Das Problem ist der "molekulare Bürgerkrieg" der täglichen Kleinkriminalität, der den Alt-Bürger aus bestimmten Stadteilen und Tageszeiten verdrängt, sowie der raumgreifende schleichende Austausch der Bevölkerung. In Deutschland abzulesen an der Zusammensetzung der Schülerschaft jeder beliebigen Schule von Hamburg bis Posemuckl.

t.gygax

5. Juni 2017 14:16

@nemo obilgatur

"ob das nicht alles zu wenig und zu spät ist?"

Ein kurzer Ausflug aus den erhabenen Theoriegebilden der Kommentare hier in den banalen Alltag.

Heidelberg-Emmertsgrund, multikultureller Vorzeigestadtteil,

Interkulturelles Frauencafe, finanziert von der Stadt, d.h. mit Steuergeldern der arbeitenden Klassen.

Heute dort am Pfingstmontag ein riesiges Plakat:" das interkulturelle Frauencafe wünscht einen gesegneten Ramadan. Wir feiern demnächst das Zuckerfest".

Ich laufe mit der Giarre in der Hand vorbei, zwei Männer mit großen Mengen Bierflaschen sitzen um 11.00 Uhr  auf einer Bank da, sehen die Gitarre, einer ruft: "du spielst Gitarre? Ich auch, Kollege-was is heute für`n Feiertag? "

Ich: " Gitarrespielen macht Spass,  und  heute ist Pfingstmontag, ein christlicher

Feiertag"

 

Er: " ah, danke, is gut"

Soviel vom Alltag,

Herr K.

5. Juni 2017 15:56

Naja, jetzt heißt es auch einen langen Atem beweisen UND dennoch nicht in die Mühlen der Gewohnheit geraten. Beispiel Pegida: es kann immer noch eine Kernmasse der Rechten zur aktiven Teilnahme bewegt werde. Nur ist es vlt. sinnvoller immer wieder neue Handlungsmöglichkeiten zu erschließen, anstatt in offensichtlich nicht funktionale Rituale zu zelebrieren. Idee: wenn es schon um Qualität statt Quantität geht, so sollten doch am besten die Gross-events a la Kirchentag mit Aktivisten regulär bearbeitet werden, wäre doch schade um die mediale Präsenz. An tarnender Normalität scheint es bei den Amtskirchen nun ja wirklich nicht zu mangeln...selbst wenn nur "ich schweige nicht..." gerufen wird, so ist der Dissens wieder präsent-ein Punkt für uns, besonders wenn Kritik anschließend handfest entfernt wird...!

Monika L.

5. Juni 2017 16:12

Das neurechte Wäldchen wächst:

https://www.facebook.com/liane.bednarz/posts/10155289002154223

 Join us and be happy...

Paracelsus

5. Juni 2017 17:27

@Aristoteles: Da wird sich Maiordomus aber freuen, die 6 ist die Bestnote in der Schweiz!

Brettenbacher

5. Juni 2017 22:48

Das neurechte Wäldchen wächst:

https://www.facebook.com/liane.bednarz/posts/10155289002154223

Dank, Monika, für diesen Hinweis! Deutlicher könnte sich der Unterschied zwischen einem Fahrschülerparcour und einem "Wäldchen" nicht zeigen.

Aristoteles

6. Juni 2017 00:06

@Paracelsus

Das nenne ich aus meiner Deutschen Perspektive echt salomonisch:

Damit ist Maiordomus' Eitelkeit bekräftigt

und meine inhaltliche Einschätzung.

Monika L.

6. Juni 2017 10:59

Der " vermeintliche, tatsächliche, gefühlte Rechtsruck" im Cicero ist nurmehr befreiend ! Und absolut faktenorientiert, Frau B. 

https://mobile.twitter.com/L_Bednarz/status/871743917636583424?p=v

Ich kann das neue Juni-Heft Der Muff von 50 Jahren nur empfehlen !

( Die 68-er: Bilanz einer selbstgerechten Generation) . Interessant in dieser Ausgabe auch das Gespräch mit Armin Nassehi und Imad Karim moderiert von Christoph Schwennicke. So geht Journalismus, Frau B. 

Das ist besser als jeder Anschleimjournalismus ( Würg !)

Join us and be happy, too. 

Der Gehenkte

6. Juni 2017 15:21

Woher kommt eigentlich diese Besessenheit für Liane Bednarz. Manchmal hat man den Eindruck, als empfinden einige Foristen eine Nennung in Bednarz' Zwitschereien als "Red Badge of Honour".

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