Das war’s. Diesmal mit: der Frage, warum ich Sexistin bin und warum ich einfach zuschlug

3.6.2017 -- Völlig irre: Sehe auf dem Flohmarkt in Offenbach ein tolles Sommerkleid, es ist dermaßen retro (so ein Gelb gibt´s heute gar nicht mehr), daß ich es eigentlich haben muß.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Es soll auch nur einen Euro kos­ten. Ande­rer­seits mag ich mich sogar für umsonst nicht gern mit Kram belas­ten, der mich nicht paßt oder steht. Umklei­de­ka­bi­nen gibt´s ja nicht. Die super­net­te Ver­käu­fe­rin ermun­tert mich ganz herz­lich: „Doch! Das paßt dir! Ich weiß es!“ Woher? „Na guck dich mal an, guck mich mal an. Wir sind eigent­lich Zwil­lin­ge!“ Stimmt, der Fun­ke springt auch über.

Sie sieht mir wirk­lich ziem­lich ähn­lich. Sie hat zwei dun­kel­häu­ti­ge Kin­der, und den Stand betreut sie gemein­sam mit einer schwar­zen  Frau und deren Kin­dern. (Daß die bei­den Nicht­ganz­schwar­zen die Kin­der der Blon­den sind, weiß ich, weil ich nach­ge­fragt habe.) Ich mag sie. Wirk­lich! Ich bin dabei extrem sicher, sie wür­de mich nicht mögen, wenn sie wüß­te. Soll ich’s scha­de fin­den? Hab dann zuge­schla­gen. Also, das Kleid gekauft.

5.6.2017 – Das Lamb­da der Iden­ti­tä­ren war mir seit je suspekt. Es gab da frü­her so eine (in Kos­ten­lo­szeit­schrif­ten stets wie­der­keh­ren­de) Annon­ce für ein Potenz­mit­tel, damals in den noch nicht so über­se­xua­li­sier­ten acht­zi­ger Jah­ren, die warb mit einem ver­wech­sel­ba­ren Zei­chen. Drum erschien mir das IB-Lamb­da so spe­zi­ell auf­ge­la­den, so… Daumen-hoch-mäßig.

Ich kom­me drauf, weil ich gera­de auf eine Frau auf­merk­sam gewor­den bin, deren Buch jüngst für den Lamb­da-Lite­ra­ry-Award nomi­niert wur­de. In Anspie­lung auf den Gram­my wird er von Leu­ten aus der Sze­ne auch Lam­my genannt.

Der Lamb­da-Lite­ra­ry-Award zeich­net Wer­ke bzw. deren Autoren aus, die sich affir­ma­tiv mit LGBT-The­men aus­ein­an­der­set­zen. Sie wis­sen eh, was LGBT-The­men sind? Goog­len Sie trotz­dem mal, allein wegen des Farb­feu­er­werks. Bin nicht sicher, ob Goog­le auch bei ande­ren Such­be­grif­fen so abgeht!

Es geht ers­tens um Jane Ward, die ein Buch geschrie­ben hat: Not Gay. Sex bet­ween straight white men. In der (im Herbst erschei­nen­den) deut­schen Über­set­zung wird die Weißssein­s­kis­te per Titel raus­ge­las­sen, es soll Nicht schwul. Sex unter hete­ro­se­xu­el­len Män­nern titeln.

Es geht zwei­tens um mich. Denn ich bin nun defi­ni­tiv Sexis­tin, laut Jane Ward. War­um? Sie sagt: „Frau­en sind seit Jahr­hun­der­ten dafür bekannt, daß sie eine flui­de Sexua­li­tät haben und sich sowohl Män­nern als auch Frau­en zunei­gen kön­nen. Zu behaup­ten, man sei als das eine oder ande­re gebo­ren, ist ein­fach nur sexis­tisch.“ Da ich von mir „das eine“ behaup­te, bin ich wohl sexis­tisch. Gibt viel­leicht Schlimmeres.

Ward sagt nun in einem Inter­view, die Vor­stel­lung, daß es eine klar defi­nier­te Gren­ze gebe zwi­schen Hete­ro- und Homo­se­xu­el­len, sei „wirk­lich erst ein paar Jahr­zehn­te alt“. Rela­tiv nor­mal, das führt sie als Begrün­dung an, sei inner­halb von Män­ner­grup­pen die Pra­xis des soge­nann­ten „Ele­fan­ten­spa­zier­gangs“: „Das ist ein Ritu­al, im Rah­men des­sen jun­ge Män­ner nackt auf Hän­den und Füßen im Kreis her­um­ge­hen und sich ent­we­der gegen­sei­tig an ihren Penis­sen anfas­sen oder ihren Zei­ge­fin­ger in den Anus des Vor­der­manns stecken.“

Ein sol­cher Ritus wer­de von den Betei­lig­ten nicht als sexu­el­le Pra­xis wahr­ge­nom­men. Eine sol­che „Hete­ro­fle­xi­bi­li­tät“ wer­de zwar heu­te als „Errun­gen­schaft gefei­ert“ (oh – ich muß wirk­lich eine Hin­ter­welt­le­rin sein…), sei dabei aber „abso­lut kei­ne neue Erfin­dung“. Die Heil­sam­keit von Hete­ro­fle­xi­bi­li­tät habe sich schon früh erwie­sen: Ward nennt jene Män­ner (sie spricht von den USA), die nach dem Zwei­ten Welt­krieg unter Post­trau­ma­ti­scher Belas­tungs­stö­rung lit­ten: „Sie hat­ten den Krieg über­lebt, weil sie mit ande­ren Män­nern intim gewe­sen waren.“

Ward meint also, ein biß­chen Homo-Geham­pel ver­wei­se nicht auf Homo­se­xua­li­tät. Ihre Inter­view­part­ne­rin sekun­diert ihr mit Ver­weis auf all die Hete­ro­män­ner, die heu­te auf Par­ties „lie­be­voll“ knut­schen, wäh­rend die Frau­en „ver­gnügt und wohl­wol­lend zuschauen.“

Ich fra­ge mich erneut, wer lebt in einer Son­der­welt? Sie? Ich? Bin ich ver­greist, weil ich sol­che Par­ties nicht kenne?

Ward wei­ter:

Aber es ist unwahr­schein­lich, daß jeder Mann, der jemals einem ande­ren den Fin­ger in den Po gesteckt hat, schwul ist. Nein, die­se Ritua­le sind ein­fach fes­te Bestand­tei­le der mas­ku­li­nen Insti­tu­tio­nen geblieben.

Ich habe eine paar Leu­te gefragt (zuge­ge­ben, nie­man­den aus den USA), die sich als Sol­da­ten, Bur­schen­schaf­ter oder Minis­tran­ten ein wenig mit „mas­ku­li­nen Insti­tu­tio­nen“ aus­ken­nen: Kei­ner woll­te ein­ge­ste­hen, je einen Fin­ger in den Po eines ande­ren Man­nes gesteckt zu haben.

Fra­ge: Sind deut­sche Män­ner ver­klemmt oder verlogen?

Ward behaup­tet, die männ­li­che Hete­ro­fle­xi­bi­li­tät begin­ne früh, näm­lich mit dem all­seits bekann­ten Phä­no­men, „daß klei­ne Jun­gen so tun, als wür­den sie sich gegen­sei­tig bum­sen, um sich hin­ter­her gegen­sei­tig zu ver­spot­ten“. Puh. Hier haben wir es, was mich betrifft, offen­kun­dig mit fami­li­är über­grei­fen­dem Sexis­mus zu tun. Mein Sohn hat nie so getan, als wür­de er ande­re Jungs „bum­sen“… und mein Mann? Hat es sicher nur verdrängt.

Aber wei­ter im O‑Ton:

Inter­view­en­de Jour­na­lis­tin: Sie spre­chen haupt­säch­lich von Sex zwi­schen wei­ßen Män­nern. Was ändert sich, wenn far­bi­ge Män­ner invol­viert sind?

JW: Nicht viel, außer die Art und Wei­se, wie Wis­sen­schaft­ler, Jour­na­lis­ten, die Öffent­lich­keit sich dazu äußern. Die Inter­pre­ta­ti­on ist eine ande­re, die­ser Sex wird dann aus ras­sis­ti­scher Per­spek­ti­ve betrach­tet. Wenn wei­ße Män­ner über­ra­schen­de sexu­el­le Ver­hal­tens­wei­sen an den Tag legen, fragt nie­mand, was das mit ihrem Weiß­sein zu tun hat. Es han­delt sich ledig­lich um eine inter­es­san­te Sex­prak­tik. Wenn schwar­ze Män­ner die­sel­be Sache tun, heißt es: „Oha, was stimmt denn nicht mit dem Schwarz­sein, daß die so was tun?“ Das Vor­ur­teil ist jahr­hun­der­te­alt und lau­tet: Die gefähr­li­che Sexua­li­tät haben die anderen.

Jour­na­lis­tin: Das kennt man auch in Deutsch­land vom Umgang mit Einwanderern.

Las­sen wir den bei­den Ladies auch noch das Schlußwort:

Jour­na­lis­tin:  Wie wür­de eine idea­le Welt für Sie aussehen?

JW: Mei­ner Mei­nung nach wird das Leben mit­ein­an­der bes­ser und lus­ti­ger, je mehr sexu­el­le Iden­ti­tä­ten es gibt. In einer per­fek­ten Welt wären all die­se Iden­ti­tä­ten feministisch.

Na klar. Vor allem „lus­tig“. Ein Jour­na­list hat mich gera­de gefragt, war­um die Rech­ten so humor­los sei­en. Jetzt weiß ich’s wie­der. Obwohl – eigent­lich muß ich gera­de lachen.

8.6.2017 – Nach dem fami­liä­ren Abend­ge­bet und einer stil­len Reu­em­i­nu­te gibt es bei uns immer die Run­de „Mein Schöns­tes heu­te“. Was gibt´s da zu erzäh­len? Spie­len mit den Kanin­chen­ba­bies, Zwei in Mathe, Lin­den­blü­te etc. Heu­te mein Schöns­tes, zumal in einem Land­kreis vol­ler Bar­ba­ren: In die­ser Woche wur­den all­um­fas­send Sei­ten­strei­fen gemäht. Auf der Bun­des­stra­ße, auf den Feld­we­gen. Das ist stets so sinn­voll wie scha­de. Aber heu­te: Auf der B 180 am Ran­de alles abra­siert. Jedoch: Hier war ein Poet am Werk. Die Klatsch­mohn­in­seln hat er stets aus­ge­spart. Ich heu­le nie, aber jetzt… beinahe.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (39)

Der_Jürgen

12. Juni 2017 11:23

Ich würde Ellen Kositza ja gerne die Freude machen, diesen Beitrag als "Mein Schönstes heute" zu rühmen, auch wenn der Tag noch jung ist. Leider kann ich es nicht. Wie kann man einen so tiefen Blick in die grausen Abgründe des BRD-Wahnsinns tun und dabei so heiter und gelassen bleiben wie die Ellen? Ich bin zwar deutlich älter als sie, habe diese Stufe an Abgeklärtheit aber noch nicht erreicht und werde sie vermutlich nie erreichen. 

Frieda Helbig

12. Juni 2017 11:40

Puh. Nicht für zarte halbverschlafene Gemüter am Montag Morgen. In Deutschland ist der Spruch "knastschwul zählt nicht" durchaus üblich. Meist ergänzt durch den Satz, daß nur der schwul sei, der was in den Po bekommt, jedoch nicht der, der was in den Po reintut. (ich habs mal versucht in montagmorgendlich angemessener Sprache auszudrücken)

Paßt das Kleid denn nun?

Kositza: Wie angegossen. Hat beim Waschen krass abgefärbt...

deutscheridentitärer

12. Juni 2017 11:48

"Ich habe eine paar Leute gefragt (zugegeben, niemanden aus den USA), die sich als Soldaten, Burschenschafter oder Ministranten ein wenig mit „maskulinen Institutionen“ auskennen: Keiner wollte eingestehen, je einen Finger in den Po eines anderen Mannes gesteckt zu haben."

Entsprechende Bundeswehrskandale geraten ja regelmäßig in die Schlagzeilen, aktuell (wieder mal) Pfullendorf. Ich bin da skeptisch, nachdem ich in einem Gebirgsjägerbataillon gedient habe, dessen Hochzug kurz zuvor ebenfalls erheblicher negativer Berichterstattung ausgesetzt war. In der Einheit selber habe ich aber persönlich erfahren dürfen, dass die tatsächlich existenten Aufnahmerituale keinen Demütigungsfaktor hatten und erst recht nicht sexualisiert waren. Bis heute verstehe ich deshalb nicht, wie es zu diesem angeblichen Skandal kommen konnte. In Pfullendorf scheinen die Dinge aber nun anders zu liegen, sofern die bloßen Tatsachenbehauptungen diverser Presseberichte stimmen dürften. Hier scheint es sich tatsächlich um Rituale zu handeln, wie sie in etwa denen der Jane Ward entsprechen.

Hartwig aus LG8

12. Juni 2017 12:09

Meine Kenntnis reicht nicht weit genug und ich lasse mich gern belehren. Aber der "Lustknabe" der Antike verweisst durchaus auf zum Teil sogar institutionalisierte Homo-Erotik nichthomosexueller Männer. Deren "Identitäten" waren jedoch bestimmt nicht feministisch.

Starhemberg

12. Juni 2017 12:13

In stiller Trauer und Erschütterung stehe ich vor den Trümmern meiner unperfekten und daher offensichtlich kaum lustigen Sexualität. Die wenigen Male, dass ich den klammen Finger eines Männleins in meinem Anus erfühlen durfte, wenn auch behandschuht, war bei der regelmässigen Urologen-Untersuchung sowie einmal, als junger Knabe, bei einer etwas aus dem Ruder gelaufenen Grenzkontrolle von Deutschland in die Schweiz (Drogen? Drogen!). Die Zöllner samt Hund haben aber nix gefunden, hehehehe.

Auch der Elefantenspaziergang war mir bisher gänzlich unbekannt, es scheint, die schönsten Dinge des Lebens habe ich versäumt. Ich überlege nun, mir auf einem Flohmarkt aus den Händen einer multikulturell lebenden Zukunftsfrau ein korngelbes Kleidchen wohlfeil zu erstehen. In dieses gewandet, möge vielleicht der eine oder andere goldstückige Gast es mir ordentlich in mein Popöchen besorgen. Auf dass ich fürderhin endlich eine perfekt lustige feministische Identität hätte.

Oder aber, ich trinke jetzt eine doppelte Vogelbeere, weil nach dem Gewäsch der Frau (?) Jane Ward ist mir schon ein bisserl schlecht. Im Übrigen - danke, Ellen Kositza, es ist mir immer wieder ein Vergnügen.

Ralf Kaiser

12. Juni 2017 12:40

@ Ellen Kositza

Müßten Sie sich dann nicht vom Logo der AfD erst recht an Potenzmittelwerbung erinnert fühlen?

Ein gebürtiger Hesse

12. Juni 2017 13:02

Der Spagat zwischen dem Scheußlichen, das berichtet wird, und den "Klatschmohninseln", die das Schreiben EKs darum herum immer wieder anlegt, so daß etwas Gedeihliches entsteht, übersteht, ist in diesem Beitrag ganz besonders groß. Nach dem Lesen ist man erfüllt von etwas und tritt gestärkt nach draußen. Danke!

Gustav Grambauer

12. Juni 2017 13:22

"Keiner wollte eingestehen, je einen Finger in den Po eines anderen Mannes gesteckt zu haben."

Der Staat hat da ein hochoffizielles, selbstverständlich im psychologischen Sinne rationalisiertes perverses Ritual. Jeder Untersuchungsgefangene kriegt beim Haftantritt in der UHA von einem Wärter den Finger reingesteckt, allein schon zur Demütigung, denn - wie Frieda Helbig schon gesagt hat - diese betrifft nur den passiven Partner. (Das kommt früher oder später auch für jeden Touristen, Geschäftsreisenden usw. an den Flughäfen, beim Zoll usw. und wenn nur in abgemilderter, voyeuristischer, Form per Nacktscanner.) Auch war früher in der Zelle das Notdurftbecken meist genau im Sichtbereich des Revisionsfensters, sie wollten ganz genau sehen, wie die Wurst rauskommt (heute ist zumindest das verboten.) Das alles betrifft Frauen gleichermaßen. Will jemand ernsthaft die schwul-lesbische Dimension leugnen, auch wenn der Staat grundsätzlich den aktiven (beugenden) Part bei diesen Unterwerfungsritualen einnimmt?!

Fazit sagar: der Staat ist eo ipso sodomistisch-pervers. Hier zeigt sich nur sein Wesen einmal besonders deutlich.

- G. G.

Gerrit

12. Juni 2017 13:36

Sehr geehrte Frau Kositza,

ich danke für diesen schönen Artikel. Ich denke, dass ich mir dieses interessante Buch kaufen werde. Ich werde wohl kaum bis zu deutschen Übersetzung warten können. Immer wieder freue ich mich, welche interessanten Seiten meines Volkes, meines Geschlechts, meiner Mitbürger ich entdecken darf. Offensichtlich bin ich 42 Jahre lang mit vollständig geschlossenen Augen durch meine (?) Welt gelaufen. Selbst den wohl auch in rechten Kreise allgemein bekannten Begriff  "knastschwul" kannte ich bisher tatsächlich nicht und ich war bisher offensichtlich naiv wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass Analsex unter Männern egal auf welcher Seite der Hüfte eine ausgeprägt homosexuelle Art der Freizeitbeschäftigung ist. Dank Ihrer Kurzrezension ahne ich jetzt aber auch, was früher so in Abteilungsleiterrunden abgegangen ist. Und der alte Begriff "Elefantenrunde" bekommt eine ganz andere Bedeutung. Nur: Was machen die heute? Wo sind denn bitte schön noch Männer vollständig unter sich? Zumal heterosexuelle? Oder dürfen die beförderten Damen in den Zirkeln der Macht jetzt auch bei den "Elefantenspaziergängen" mitmachen? Versucht mal DIESES schöne Bild aus dem Kopf zu bekommen.

Liebe Grüße aus dem Norden

Maiordomus

12. Juni 2017 13:49

Ellen Kositza äussert sich als deutsche Mutter und Erzieherin so unverfroren, wie es bei meiner eigenen Mutter undenkbar gewesen wäre, eher schon bei meiner Tochter, welche den selben Jahrgang hat wie Kositza. Als Polizeibeamtin mit langjährigem Schwerpunkt häusliche Gewalt und Sexualdelikte verfügt sie über einen eindrucksvollen Wortschatz, kannte auch schon als Jugendliche den schweizerischen Ausdruck "Schoggistich" für eine Praxis, welche Kositza hier als Anlass zum Leerschlucken für enige beschreibt.

@deutscheridentitärer. In der Rekrutenschule 1967 in einer Alpenfestung gab es als Ritual das Fesseln ans Bett mit darauf erfolgendem Einschmieren eines bestimmten nunmehr selbst zu Genderzeiten noch als männlich geltenden Körperteils mittels einer mit schwarzer Militärschuhwichse imprägnierten Bürste. Als man mich wider Willen zum Opfer dieses Rituals ausersah, wehrte ich mich mit einem heftigen Fusstritt in die Hodengegend des Rädelsführers, welcher dann einen Klappspaten ergriff und mir zur Bereitung eines Krankenhausenthaltes eins hinters Ohr haute, die Sache wurde dann genäht, nie jedoch militärdisziplinarisch untersucht, man wollte keinen Skandal. Dafür musste ein Dienstkollege, der einem Maior einen Schneeball angeworfen hatte, für fünf Tage ins Arrestlokal. Der Schlag auf den Kopf war indes so, dass ich, hätte ich das kommen sehen, lieber am Strand von Eriträa um politisches Asyl gebeten hätte, welches ich jedoch selber hätte finanzieren müssen. Legen Sie dieses Beispiel bitte nicht als weiteres Zeugnis meiner Eitelkeit aus. Es ist unsäglich, was für Scheisse man im Militär erleben kann, mit vielen Möglichkeiten männlicher Entmenschlichung, wobei Frauen, siehe Abu Greib, die Sau aber auch rauslassen können. Noch schlimmer als das Militär hätte ich mir nur die Besetzung bzw. Eroberung des eigenen Landes durch eine fremde Macht vorstellen können oder die Umwandlung des Landes in eine Volksrepublik, die der ehemalige Kommunist Ulrich Kägi um 1970 für das Jahr 1998 voraussagte.

Der badische Autor Reinhold Schneider schrieb indes 1958 in seinem wunderschönen Buch "Winter in Wien": "Die noch nicht eingebürgerlichte und noch nicht einmilitarisierte Jugend wagt vielleicht ein neues Denken." Es handelte sich indes, zum Beispiel 1968, ein Jahr nach der Rekrutenschule, weitestgehend um Illusionen. Das Gute an der damaligen Generation der Ossis war wohl, dass sie diesen Spuk nicht mitmachen mussten. Ich vermute ferner, dass das Ritual des Einschmierens des Penis mit Schuhwachse in der Nationalen Volksarmee, die zwar für die Verteidigung der Freiheit nicht vorgesehen war, immerhin nicht geduldet worden wäre.

Ich habe das gleichmacherische und auf Unterordnung ausgehende männerbündische Element des Militärischen immer als widerwärtig und spätestens seit der Erfindung der allgemeinen Wehrpflicht als "links" empfunden, wiewohl ich das Soldatentum als Berufung durchaus anerkenne. Mit Kubitschek gehöre ich zu den Lesern und Liebhabern des Romans "Der Vater" von Jochen Klepper.

destijl

12. Juni 2017 14:15

Lockerlustig und ein wenig ernst, klassischer Kositza. Diesmal sogar mit nem knackigen Clickbait — well done! In linken Kunsthochschul/Boheme-Kreisen gab es jene Parties, wo sich (mehr oder weniger) nicht-schwule Männer spontan geküsst haben. Ist aber auch schon ein Weilchen her, würde also Sinn machen, dass es langsam im Mainstream ankommt. Dieses Breittreten von sexuellen Praktiken in der Öffnetlichkeit ist die wahre Plage. Der spielerische, dabei diskrete Umgang mit Sexualität, so ganz ohne Theorieüberbau, Identitätspolitik, Professorenstellen, Gesetzesentwürfe, Schulunterrichtsinhalten, idiotischen Artikeln und Paraden, kurzum: die Wederkehr der Erotik — das wäre mein "Ideal für die Zukunft", wenn man mich danach fragen würde.  

Lyrurus

12. Juni 2017 14:45

@maiordomus

Warum glauben Sie, daß die NVA frei von derartigen Ritualen war? Hier https://de.m.wikipedia.org/wiki/Entlassungskandidat ein kleiner Einblick.

Gustav Grambauer

12. Juni 2017 15:14

Hausmeier

"Es ist unsäglich, was für Scheisse man im Militär erleben kann, mit vielen Möglichkeiten männlicher Entmenschlichung."

Danke. Für das mit der Schuhwichse war schon die Hitlerjugend bekannt. Meine Militärzeit und mein Stand dort waren geprägt von meinem ununstößlichen Vorsatz, mich der sogenannten EK-Bewegung

https://de.wikipedia.org/wiki/Entlassungskandidat#Schikanen

zu entziehen, was auch ich erst mit einer Provokation endgültig durchsetzen konnte, denn nur so geht`s. Sie hatten mir Kekskrümel ins Bett gestreut und ich habe sie ihnen in ihre Betten zurückgestreut weil ich mir so etwas von niemandem bieten lasse, woraufhin die Messer aufklappten. Hab ihnen gesagt: stecht doch zu wenn ihr so feige seid. Erst von da an war Ruhe. (Es hätte auch jeder andere x-beliebige Auslöser sein können, der Alltag war von A bis Z durchzogen davon: grassierende Langeweile!) Noch mehr als das halte ich mir aber zugute, daß ich meinerseits später niemanden schikaniert habe. Klar hat sich das herumgesprochen und wurde die Basis vieler vertrauensvoller Gespräche und Freundschaften durch alle Dienstränge hindurch - mit den Besseren. 

- G. G.

Gert H. Köster

12. Juni 2017 16:30

Wieder erfrischend, trotz grausligem (Dativ!) Inhalt köstlich. Aber: meinen Sie "hinterwäldlerisch" mit "hinterweltlich"? (Ich: ja, Lehrer!)

deutscheridentitärer

12. Juni 2017 16:32

Die meisten dieser Rituale, die früher recht flächendeckend verbreitet gewesen zu sein scheinen, gibt es mittlerweile nicht mehr. Ich heiße das selbstverständlich gut. Was das Militär zu einer wertvollen Erfahrung gemacht hat, war der Drill, das Einordnen in eine Gemeinschaft, und die daraus resultierende Kameradschaft. Nun ist es ein schmaler Grat zwischen Drill und Sadismus, aber dennoch einer, der von einem guten Vorgesetzten problemlos erkannt wird.

Gelegentlich wird die Meinung vertreten, die genannten abstoßenden Rituale seien seien lediglich eine andere Form, den formenden Druck auf die Rekruten auszuüben und erfüllten insofern eine militärische Funktion. Ich denke aber, es verhält sich umgekehrt so, dass solche Perversionen da auftreten, wo Langeweile und schlechte Führung die Möglichkeit dazu schafft. Insofern halte ich es grundsätzlich für eine gute Sache, dass der Vorgesetzte fragen muss, ob er einen Rekruten anfassen darf, bevor er es tut.

Im Gesamtkontext der Bundeswehr ist das zwar ein Symptom dafür, dass der Drill immer mehr verweichlicht und deshalb seine wichtige Funktion nicht mehr erfüllen kann. Es könnte aber auch eine Geste sein dafür sein, dass auch harter Drill das grundsätzliche Solidaritätsverhältnis zwischen Vorgesetztem und Untergebenem nicht in Frage stellt. Andrerseits ist es in der fanzösischen Armee üblich, regelmäßig leichte Schläge zu verteilen, auch das ist auf eine andere Art eine vertrauensbildende Maßnahme zwischen den Dienstgraden.

Maiordomus

12. Juni 2017 17:05

Lyrurus/Grambauer: Lasse mich sehr gern von Ihnen eines Schlechteren belehren, dachte im Ernst, bei der NVA seien die Leute stärker kontrolliert worden in ihrem Verhalten, der Einfluss der Hitlerjugend und zuvor noch, damit zwar nicht zu verwechseln, der von Preussen war über die Reichsgrenzen hinaus ohnehin stärker als man hinterher vermuten würde.

Maiordomus

12. Juni 2017 17:46

Ellen Kositza, auf die wir zurückkommen müssen, ist die Meisterin des nebenher Gesagten, zum Beispiel was die Kritik am Lambdazeichen der Identitären betrifft. Meine diesbezüglichen Andeutungen in früheren Blogsl lösten zum Teil feindselige Reaktionen auf. Im Hinblick auf Kositza, deren Sensibilität für das Zeichenhafte wohl niemand hier unterschätzt, auch ihre hohe Kompetenz als Kommentatorin des Zeitgeschehens, sollte diese ihre Kritik zum Nachdenken führen. @destijl. Zu Ihrem "Ideal für die Zukunft" möchte ich Ihnen gratulieren.

Gustav Grambauer

12. Juni 2017 18:01

Maiordomus, Lyrurus

Die NVA zeigte in ihrer sexuellen Polung eine ganz andere Auffälligkeit: mich betrifft es weniger, ich war bei der Grenzbrigade Küste ergo Marine, aber für die weitaus meisten derer Angehöriger war sie eine Art Hauswirtschaftsschule für Mädchen. Sie war kein Ort, um männliche Wildheit auszuleben, vielmehr ging es im "militärischen" (???) Alltag um die millimetergenaue Ausrichtung der Kopfkissenfalte am Karo, den bündigen Abschluß beim Aufbau der langen Unterhosen im Spind auf Kante links (ein Tipp: in Vorbereitung des Stubendurchgangs

https://www.youtube.com/watch?v=0-V4DccrweQ

zur Versteifung in Pappe einschlagen!), die Erringung des Wanderpokals für die höchste Einsparquote bei Diesel, die Überbietung der Norm beim Kartoffelschälen in der Küche oder das möglichst naturgetreue Einsprühen des Rasens mit grüner Farbe. Das dominierende Element des ausgiebig zelebrierten sozialistischen Wettbewerbs war das Vermeiden des Fallenlassens von Bauteilen beim Waffenputzen auf den mehrmals täglich bis zur Blendung der Augen gebohnerten

https://www.youtube.com/watch?v=ejaOKI7xu_8

Waschbeton-Fußboden!

Die damals von uns dafür gefundene Erklärung (an der ich heute angesichts ihrer Oberflächlichkeit, "it`s the economy, stupid", zweifle) war einfach: es fehlte an Geld für Treibstoff und Munition für Abenteuer, außerdem mußte die exorbitant teure Technik geschont werden. Es heißt, die Ausrüstung wurde beim Russen mit Faktoren eingekauft, der Faktor soll zuletzt 29 betragen haben, d. h. schon ein einziger BTR-80 (SPW oder in der Bundeswehr bzw. Schweizer Armee: Radpanzer) hätte 8 Millionen (!) DDR-Mark / Industriepreis gekostet.

Die andere Frage, die wir damals hin und her gewälzt haben, war die, ob die hier

https://www.youtube.com/watch?v=t69osL518uw

von der EK-Bewegung überhaupt etwas gewußt haben. Heute ist klar, daß Berichte darüber und Mord- sowie Suizid-Statistiken sehr wohl auf deren Schreibtischen angekommen sind. Dennoch: nein, auch wenn die selbst grundsätzlich ein außergewöhnlich hohes militärisches Ethos vorgelebt haben (was die beiden Interviews für mich nachträglich belegen), dahingehend haben die lieber geträumt und verdrängt oder standen dem völlig hilflos gegenüber.

Wollte erst schreiben, daß die EK-Bewegung nicht sexuell und schon gar nicht homosexuell konnotiert war. Auch da bin ich mir nach dem déjà-vu mit dem Hosenträger / Hundehalsband im obigen Streifen nicht mehr so sicher.

- G. G.

Kositza: Gustav, nur mal ausnahmeswiese freigeschaltet! Ich hasse es , mir youtubefilmchen anschauen zu müssen, aber ich will/muß gucken, ob da nichts Haarsträubendes drin läuft. Ich gebe ungern Kommentare frei, die mehr als einen link enthalten, dessen Vertrauenswürdigkeit mir nicht sofort klar ist.

Henrik Linkerhand

12. Juni 2017 18:48

Habe mir mal von einem Schwulen in seiner Wohnung Englisch Nachhilfe geben lassen. Das Schnuckelchen hatte aber anderes im Sinn und beteuerte offenherzig, daß viele Heteros seine "Dienste" in Anspruch nehmen würden. Mir war das alles neu, aber nach kurzer Überlegung doch einleuchtend. Warum sollter er mich anlügen? Heteros, die sich mal "verirrt" haben, werden darüber wohl kaum in ihren Kreisen berichten. Und mein Psychoklempner erzählte dasselbe, ergo alle Männer haben homoerotische Neigungen. Okay, als Meister der Verdrängung lass ich das mal so stehen. Außerdem bin ich extrem misstrauisch gegenüber Poltikern, Künstlern / Kreativfachkräften, Psychologen / Soziologen, Rechtanwälten und Versicherungsheinis.

Kositza: Na klar, ich bin doch Weinigerianerin, insofern rennem Sie da bei mir apropos Homoneigung offene Türen ein. "Alle" ist aber Kappes. Und vor allem das hier behauptete weitverbreitete Ausleben dieser Neigungen - Doppelkappes.

Dr. Niemann

12. Juni 2017 19:05

EK schreibt: "Ich habe eine paar Leute gefragt (zugegeben, niemanden aus den USA), die sich als Soldaten, Burschenschafter oder Ministranten ein wenig mit „maskulinen Institutionen“ auskennen: Keiner wollte eingestehen, je einen Finger in den Po eines anderen Mannes gesteckt zu haben".

Als US-Kundiger und durch Gespräche mit Mitgliedern der US-Streitkräfte: In den USA wird über die Aussage einer Frau Ward gelacht. Solche Rituale werden ggf. in den Welten von linken Sekten praktiziert, aber richtige Männer stecken keinen anderen ihre Finger oder sonstwas in den Anus. Die einzigen Phallussymbole die in US-Streitkräften vergöttert werden sind Raketen, Atombomben, Gewehre, Messer und andere tödliche Waffen. 

Frau Ward: Sind Sie wirklich sicher, daß Sie die richtigen Sujets befragt haben bzw. diese Ihnen die Wahrheit gesagt haben?

An Frau Ellen: Ich beobachte durch Ihre und meine eigenen Erlebnissen wie schnell unsere deutsche Heimat doch verroht, sich barbarisiert und, nicht gelinde gesagt, zur Hölle fährt. So viele Deutsche fällen dumme Entscheidungen, erwarten dann aber am Ende Rettung durch die große Gemeinschaft. Wie tragisch das ist, wie dumm, wie schmerzhaft für mich. Dieser Zustand ist doch nicht mehr lange durchzuhalten.

Doch Optimismus, mein Grundzustand: Jedes Ende führt zu einem Neubeginn, und "jedem Anfang wohnt ein Zauber inne".

sophia_

12. Juni 2017 19:58

Frau Kositza!

Schallendes Gelächter ertönte nicht nur hinter den sieben Bergen sondern auch in der Großstadt.

Anscheinend bewege auch ich mich nicht in den genannten Kreisen und bin dafür von Herzen dankbar.

Habe soeben auch Ihr Buch mit großem Vergnügen gelesen, die täglichen Schnippsel von Schnellroda und Umgebung.

Danke für Ihre Sicht der Welt!

Herzlichen Gruß aus Wien.

Frieda Helbig

12. Juni 2017 21:17

@Kositza: Schön, daß es paßt. Abgefärbt? Sagen Sie bloß es hat sein Gelb, was es heute so nicht mehr gibt, verloren...

Kositza: Nee, ich glaub, das rausgewaschene Gelbe war nur Nikotin... Das roch selbst mir als Gelegenheitsraucherin zu streng. Vielleicht trag ich's mal im nächsten vlog. Andererseits: Die Leute "von der Maske" wünschen nicht, daß ich im Film Ärmelloses trage, wg. meiner uralten Hautbemalungen. 

Aristoteles

12. Juni 2017 21:37

Das Lambda ist ein schöner Buchstabe.

Lambda hat den dreifaltigen Zahlenwert 30 und stellt ein nach oben zeigendes Dreieck dar (Λ).

Ähnlich verhält es sich mit der Pfeil-Rune Teiwaz (↑).

Der Mensch strebt zum Himmlischen und Göttlichen.

Doch bis dahin ist es ein weiter, dorniger Weg, der vermutlich nur Auserwählten vorbehalten ist (z.B. Johannes Saltzwedel gegen den Müllstrom).

Der (Calvarien-)Weg wird ohne Spiritualisierung nach oben, wofür das Lambda auch für die anderen (europäischen) Völker steht, nicht gegangen werden können.

Alberth

12. Juni 2017 22:52

Völlig OT, ich weiß. Aber "FINIS GERMANIA" steht bei Amazon auf Platz 1 und nicht etwa in einer Unterkategorie sondern bei "Bücher". Machen Sie sich einen Screenshot bevor die die Parameter ändern.

Zu "Das war´s": Ich bin 50, war bei der Bundeswehr und höre hier zum ersten Mal von "Ritualen" wie dem "Elefantenspaziergang". Es ist wohl doch so, daß Frau Ward & Co. auf ihrem Mond leben und wir auf der Erde - auch wenn sie uns verklickern wollen, es sei andersrum.

E.

12. Juni 2017 23:29

Eine Jane Ward kannte ich nicht und ich möchte ihr auch lieber nie begegnen....

Als bürgerlich-konservativer Schwuler, der etliche Jahre in Berlin Einiges erlebt hat, darf ich aber versichern, nie so etwas Bizarr-Absurdes erlebt zu haben, wie einen "Elefantenspaziergang", und es klingt auch nicht wirklich prickelnd... - deswegen, liebe Frau Kositza, halte ich den Begriff "Homo-Gehampel" für derlei Absurdes für "ehrabschneidend" (Smiley:).

Im Ernst: beim Bund empfand ich als junger Mann, der sich seine eigenen Gefühle noch gar nicht eingestanden hatte, eine Kissenschlacht auf der Stube natürlich als besonders (und war peinlichst darauf bedacht, mir das nicht anmerken zu lassen) - wenn ich aber heutzutage, nunmehr im fünften Lebensjahrzehnt, beobachten muss, wie schamlos-lächerlich gleichaltrige heterosexuelle Kollegen  vor dreißig Jahre jüngeren Praktikantinnen ihr Gockelgehabe an den Tag legen (sehr zur spöttischen Belustigung der jungen Damen, ohne dass die Gockel es kapieren), währenddessen ich gegenüber jedem jüngeren Kollegen professionelle und höfliche Distanz walten lasse, kann ich das Wort des "Homo-Gehampels" getrost zurückweisen.

Es gibt zum Thema "Kameradschaft" in besonderen Zusammenhängen (z. B. Miitär) übrigens viele gute Bücher. Eine innige Beziehung von Soldaten gleich welcher Orientierung untereinander - die nichts mit ausgelebter Homosexualität gemein haben musste - war eine Art gegenseitige Lebensversicherung im Kriegseinsatz. Ein "sehr weites Feld"...., über das man nicht scherzen sollte.

Der_Jürgen

12. Juni 2017 23:32

@Maiordomus

Ich habe in der Schweiz einige Jahre nach Ihnen die Rekrutenschule absolviert und anschliessend meine acht Wiederholungskurse und drei Ergänzungskurse abgeleistet. Kein einziges Mal habe ich von Ritualen wie dem von Ihnen erwähnten auch nur gehört, geschweige denn welche miterlebt. Allein die Vorstellung wäre mir völlig absurd vorgekommen.

Aber ich habe nur als Kanonier gedient. Vielleicht waren Sie bei einer Eliteeinheit, in der solche Spielchen gang und gäbe waren?

E.

12. Juni 2017 23:43

@ Alberth: Tatsächlich, Platz 1 noch vor dem BGB - wie auch immer das zustandekommt. Ich staune.

Der Feinsinnige

12. Juni 2017 23:53

Wieder ein lohnender Wochenrückblick! Der Widerwille, der sich beim Lesen der ausführlich zitierten Interviewpassagen einstellt, weicht der Erkenntnis, daß die Lektüre der Allgemeinbildung durchaus dienlich ist. Die Aussagen der Frau Ward gehören in die Kategorie, die ein in dieser Hinsicht offenbar ziemlich unbedarfter Zeitgenosse wie ich kaum für möglich hält, wenn er nicht einmal direkt damit konfrontiert wird. Das geht mir immer wieder so, wenn ich mich einmal mit dem Problem der „Gender“-Ideologie zu beschäftigen versuche. Auch die obigen Erlebnisberichte einiger Foristen machen ziemlich nachdenklich. Menschen neigten natürlich schon zu allen Zeiten zu Perversitäten; das wird sich auch nicht ändern – man sehe mir diese Binsenweisheit nach. Nur: Daß solche Äußerungen wie diejenigen der Frau Ward heutzutage im Rahmen der „Gender“-Ideologie (den Satz: „Zu behaupten, man sei als das eine oder andere geboren, ist einfach nur sexistisch“ sortiere ich jedenfalls unter „Gender“ ein) in Deutschland und anderen sich als zivilisiert sehenden Ländern staatsoffiziell unter „westlicher Wert“ eingeordnet werden dürften, bringt mich denn doch nahe an den Rand der Verzweiflung.

Wie gut, daß der Artikel so ein versöhnliches Ende hat. Ob´s hilft?

@ Gerrit:

Der Hinweis auf die „Elefantenrunde“ hat es in sich. Der wird sich wohl tatsächlich in meinem Gehirn festbrennen. Diese Runde sehe ich mir zwar schon seit Jahren nicht mehr an, hatte aber vor, dies nach Einzug der AFD in den Bundestag wieder einmal zu versuchen. Jetzt werde ich dabei wohl immer auch an diese Diskussion denken müssen...

Der Feinsinnige

13. Juni 2017 00:14

@ Alberth:

OT: Der Bestsellerplatz dürfte hiermit zusammenhängen:

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wer-setzte-rechtsextremes-finis-germania-auf-ndr-buchliste-15055693.html

Dieser Artikel ist nur einer unter vielen. Auch der DLF ist heute im Büchermarkt schon groß in die Berichterstattung eingestiegen (sicher auf der DLF-Seite nachzuhören). Ich bin schon gespannt auf die redaktionelle Reaktion in diesem Block. Meines Erachtens ein riesiger PR-Erfolg!

Frieda Helbig

13. Juni 2017 00:20

@Kositza: Also ich find Hautbemalungen cool. Aber ich werd beim nächsten Besuch auf dem Rittergut wohl lieber nicht ärmellos tragen, sonst denken die noch ich bin Millwall :-)

marodeur

13. Juni 2017 19:04

Suche nach "Elefantenspaziergang" bei Google: 2000 Einträge, überwiegend Bilder von Elefanten, die hübsch in Reihe laufen. Man kann grundsätzlich eine Sache festhalten: Es gibt rein garnichts im Umkreis Penis/Anus was nicht (auch) als "sexuelle Praktik" wahrgenommen wird. Wenn es irgend eine absonderliche Perversion dieser Art gäbe, dann würde es garantiert ein Angebot im Netz geben, dass die Praktik mit reichlich Bildern und Filmchen unterstützt. Ich habe einige Kollegen in dieser Branche. Die leben von menschlichen Abgründen und lassen kein Geschäft links liegen.

Diese Ward gehört anscheinend zu der Art "Wissenschaftler", die erst mal eine provokante These erfinden, um dann ein paar nette Geschichten ohne Beleg hinterherzuschieben - meist noch mit "bekanntlich" oder "üblich" tituliert. "Bekanntlich hat sich Goethe schon für Tütensuppen begeistert."

Maiordomus

13. Juni 2017 19:47

_derjürgen. Ich war auch nur Kanonier in der Rekrutenschule, wurde glücklicherweise später zu den Nachrichten verlegt. Aber wenn ich mir hier noch einmal melde, es würde zwar eigentlich in die Sieferle-Debatte passen: Soeben ist, wie Sie richtig vorausgesehen haben, ich übrigens auch, Horst Mahler, gemäss Pressemeldungen als "Rechtsextremist und Auschwitzleugner" von Ungarn an Deutschland überstellt worden, Mahler  erwies sich in dieser Sache als politisch völlig unberaten und schlicht naiv. Es bleibt aber dabei, bei allem Andersmeinen und auch bei aller Kritik an gewissem wirren Zeug, das er absondert: Horst Mahler ist ein authentischer und glaubwürdiger politischer Gefangener, er würde es verdienen, in der Öffentlichkeit wenigstens so ernst genommen zu werden wie sagen wir mal Daniel Cohn-Bendit, gäbe es in Deutschland einen gerechten Umgang mit der Meinungsfreiheit. Mit Sieferle aber würde ich seinen Fall weder verwechseln noch die Sache damit vermischen, darum melde ich mich hier zu diesem Thema zu Wort.

PS. In der Schweizer Armee gab es in den letzten 200 Jahren viele Schweinereien. Seien Sie froh, sind Sie nicht näher darüber informiert. Es ist mein voller Ernst, dass ich auch aus Sicherheitsgründen lieber in Eriträa selbst zu bezahlendes Asyl beantragen würde als meine Rekrutenschule noch einmal erleben.

Stil-Blüte

13. Juni 2017 20:53

@ Ellen Kositza

Das wollte ich Sie schon immer schon mal fragen: Ist von der Lili-Park-Welt in Offenbach noch ein Hauch zu spüren, gar auf Ihrem Flohmarkt? 

Über Männerpraktiken bei der Armee zur Demütigung der Schwächeren, Neuen, Jüngeren mit sexuellem Einschlag habe ich gehört. Mir sträubt sich aber die Feder, dies wiederzugeben. Haarsträubendes in der sowjetischen Armee mit etlichen Todesfällen. Bis sich die Mütter geewehrt haben. Seit Putin werden diese Zermonien bestraft. Aber Moskau ist weit... Auch über Praktiken, daß 'normale' Jungs von Homosexuellen verführt werden (tut mir leid, lieber E.) habe ich aus berufenem Munde gehört. 

Weiß jemand mehr über die angeblichen Rituale in Afghanistan, wo Jungs (Kinder) als Mädchen verkleidet werden und Männern sexuell zu dienen haben? Ausländische Soldaten sollen sich an solchen Ritualen aus Langeweile gerne beteiligen. Die Langeweile ist bei Wehrdienst/Knast ohnehin ein Riesenproblem. In der DDR sollen es im Knast/Wehrdienst potenzmindernde Getränke verabreicht worden sein. 

Maiordomus

14. Juni 2017 09:22

.@Grambauer/Aristoteles. Ihre Erfahrungen in der Volksarmee interessieren mich sehr, mit Ihnen würde vielleicht auch mal ausserhalb dieses Blogs gerne kommunizieren. Zum Lambdazeichen mit der Fahne: Es erinnert mich allzu sehr als Symbole, wie sie etwa auch bei Casa Pound verwendet werden, einer italienischen Rechtengruppe, die nachweisbar das Andenken von Ezra Pound, für mich einen der grössten Dichter des 20. Jahrhunderts schändet, was mir auch die Tochter und der Enkel von Ezra Pound, letzterer der wohl beste Südtiroler Volkskundler, bestätigt haben. Die Symbolverwendung macht so oder so keinen vertrauenserweckenden Eindruck, erinnert an Ersatzsymbole für das eigentlich auch ehrwürdige Hakenkreuz in Filmen und Comics sowie bei sonstigen politisch nicht ausgegorenen Gruppen. Die Identitären sind aus meiner Sicht noch in der Vergärungsphase, sage ich als Sieferle-Leser, das Buch "Finis Germania", mit dem etwas irritierenden, hier aber unterdessen erklärten Titel, habe ich letzte Nacht sozusagen in einem Zug gelesen. Es ist, mit  zwei anderen Werken Sieferles, via Antaiosversand endlich bei mir eingetroffen. Niemand in der Jury zur Beurteilung der monatlich jeweils besten Bücher kann den Anspruch erheben, geistig über dem tragisch verstorbenen und leider verzweifelten Siefere zu stehen. Und natürlich ist auch Sellner noch längst nicht so weit. Trotzdem hätte sich Sieferle von den Identitären ein Stück Optimismus abschneiden können. In dieser Hinsicht können wir Älteren  von diesen Jungen lernen, bin selber vom Jahrgang her zwei Jahre älter als Sieferle "selig".

Stil-Blüte

14. Juni 2017 15:37

zu Jane Ward: Ob sie weiß, daß die Initiationsriten der Knaben zu Männern bei allen Völkern, nicht nur den 'weißen' knallhart sexuell geprägt waren/sind? Darunter ist wohl auch die griechische 'Knabenliebe' einzuordnen. Buchstäblich der 'Stachel 'der Disziplinierung zum Jäger, Staatsbürger, Krieger. Der Meister, der Lehrer, der Medizinmann 'besorgt es' dem bis dahin im mütterlichen Bereich Spielenden. 

Gustav Grambauer

14. Juni 2017 17:01

Maiordomus

"Ihre Erfahrungen in der Volksarmee interessieren mich sehr, mit Ihnen würde vielleicht auch mal ausserhalb dieses Blogs gerne kommunizieren." Für meine Seite: warum nicht mal in Aarau, ich meine jetzt nicht beim Eidgenössischen Turnfest.

- G. G.

Henrik Linkerhand

14. Juni 2017 18:48

@Stil-Blüte

Es gab bei der NVA einen Tee, den nannten die Rekruten "Hängolin". Ein beliebter Initiationsritus wurde beim Übergang der Glatzen (1. Halbjahr) zum Zwischenpisser (2. Halbjahr) vollzogen. Der Podex wurde mit schwarzer Schuhcreme (Homoerotik) eingeschmiert und dann mit leichten Schlägen eines Ledergürtels vom EK (3. Halbjahr) traktiert. Das Ganze war aber eher ein Ritual und man konnte sich auch weigern; allerdings mit der Konsequenz auch im 2. Halbjahr die gleichen Reinigungsdienste abzuleisten. Nach meiner Erfahrung war der Militärdienst der DDR für normale Rekruten eine Hauswirtschaftsschule für Mädchen, langweilig und frustrierend. Die meisten EKs waren strohdoofe Bauernhampel, die nach jeder Belobigung die Brust nicht mehr einziehen konnten. Diese Vollkretins haben gleichzeitig, die per Post geschickte, selbstgemachte Leberwurst schmatzend genüßlich verzehrt, während ein anderer unter der Bettdecke Hand an sich gelegt hat. Im Nachhinein bin aber dankbar dies erlebt zu haben, denn bis dahin war mir der realexistierende Sozialismus nur theoretisch bekannt.

Caroline Sommerfeld

15. Juni 2017 00:55

Wiener Festwochen, Kulturprogramm, finanziert durch die Stadt Wien mit 32,4 Mio. Euro.

"Der Anus als körperliche Metapher für den Süden, gesellschaftlich delegitimiert und ausgegrenzt, dem normativen Norden durch Kolonialismus, Kapitalismus und Patriarchat unterworfen"

wird vom brasilianischen Künstlerkollektiv "Macaquinhos" (Affen) in einem possierlichen  "choreographierten Rosetten-Reigen" präsentiert. (Quelle: heute, Gratiszeitung)

Grüße in den normativen Norden!

Dieter Rose

15. Juni 2017 22:00

@Caroline Sommerfeld

das führt mich zu der Frage: Ist diese Gesellschaft überhaupt irgendwelcher Anstrengungen wert, gerettet zu werden? Traurig nur wegen der armen Enkelkinder.

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