kam nicht von ungefähr. Man mag diese Lebensäußerungen irritierend finden, sollte jedoch eines nicht übersehen: Es war ein Aufstand gegen die Zumutungen der westlichen Industriegesellschaften, deren Credo sich im „Konsumieren und Klappe halten“ zusammenfassen ließ (und auch heute noch läßt).
Was genau war daran bewahrenswert? Daß man im Namen westlicher Werte Kriege führte (und führt), in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß die Natur verwüstete und jedes einzelne menschliche Dasein darauf verpflichtete, Bestandteil dieses Systems zu werden?
Es spricht im Gegenteil für Vitalität, Mut und geistige Gesundheit, sich dagegen mit allen zu Gebote stehenden Mitteln zur Wehr zu setzen. Wenn, wie Weißmann schreibt, Jimi Hendrix die amerikanische Nationalhymne mit der Gitarre zerhackte und verzerrte und sich damit gegen alles wandte, was den Durchschnittsamerikaner jener Zeit mit Stolz erfüllte, so stimmt daran nur die Beschreibung. Grundverkehrt ist es, hierin nur die Ouvertüre eines Phantasmas sehen zu wollen und mut- oder gar böswillige Zerstörung.
Wenn Weißmann ferner schreibt, daß mit der Hippiebewegung in die Gesellschaft Werthaltungen einer Subkultur eingeschleppt wurden, die eine nachhaltig negative Wirkung entfalteten und zur “Abwertung der Tradition”, zur “Ästhetisierung des Häßlichen und Mißratenen”, zu “Disziplinlosigkeit, Libertinage, Rauschgiftkonsum” führten, so erkennt er zwar gewisse Tatsachen, verkennt aber, daß diese Zerstörung sich gegen etwas richtete, was die Zerstörung durchaus verdient hatte und auch reif dafür war.
Der Rechten zugerechnete Autoren wie Ernst Jünger (der zum Mißfallen so mancher Konservativer über Jahrzehnte regelmäßigen und ausgiebigen Gebrauch von einer Vielzahl von Drogen machte), Friedrich Georg Jünger (dessen Werk Die Perfektion der Technik schon früh die zerstörerischen Kräfte moderner Industriegesellschaften kenntlich machte), Gerhard Nebel (der in Sprung von des Tigers Rücken gar eine gewisse Sympathie für das Hippietum und seinen Verzicht auf Seife zum Ausdruck brachte) oder Erhart Kästner (der in seiner Hinwendung zur griechischen Orthodoxie und zur modernen Kunst gleichsam eine doppelte Abwendung von der bürgerlichen Zivilisation vollzog) haben weniger im Hippietum als vielmehr in der technisch-industriellen Welt das Übel erkannt.
Weder das Hippietum noch die 68er-Bewegung sind dafür zu kritisieren, daß sie eine als zerstörerisch erkannte Ordnung ihrerseits in Teilen zerstörten. Jede erfolgreiche revolutionäre Bewegung hat ihre Berechtigung insofern, als daß das von ihr Angegriffene dem Angriff nichts entgegenzusetzen hat und überständig ist – die Revolutionen in Frankreich, Rußland, China, Kuba und auch die durchaus mit revolutionärem Potential ausgestattete Woodstock-Bewegung räumten auf je ihre Weise ab, was abgeräumt zu werden verdiente.
Das Problem liegt vielmehr darin, daß die Revolutionäre, wenn sie erst einmal an der Macht sind, ihrerseits dazu neigen, Verhältnisse herbeizuführen, die denen, gegen die zu kämpfen sie einst angetreten waren, zum Verwechseln ähneln oder gar noch weitaus schlimmer sind: Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als Werte der französischen Revolution leiteten eine Phase der Unfreiheit, der Ungleichheit (außer unter der Guillotine) und der menschlichen Bestialität ein. Die angestrebte Diktatur des Proletariats wiederum führte zur Diktatur über das Proletariat. Hippietum, Woodstock und die 68er schließlich haben auf den verschlungenen Wegen durch die Institutionen die grünlinke Hypermoralität unserer Tage etabliert. Diese Hypermoralität gilt es heute zu bekämpfen.
“Macht kaputt, was euch kaputt macht”, hieß es bei “Ton, Steine, Scherben”. Das war damals konsequent und richtig – und ist es auch heute wieder. Nur daß die Kaputtmacher von einst heute diejenigen sind, die ihrerseits kaputtgemacht zu werden verdienen. Dies zum einen, weil auch sie inzwischen großes Unheil und unendliche Zerstörung über das Land gebracht haben. Und zum anderen, weil ihre Zeit gekommen ist.
Der Aufstand der Hippies hatte seine volle Berechtigung. Wenn heute zum Aufstand gegen die Herrschaft der Hippies geblasen wird, so ist auch das berechtigt. Bei der Wahl der Mittel läßt sich sogar einiges von den Hippies lernen, das sollten Konservative endlich erkennen und jede Zimperlichkeit ablegen: Von der Verachtung des Staates (dieses heutigen Staates) und seiner Symbole über die radikale Infragestellung heutiger Moralvorstellungen bis hin zur Schaffung einer eigenen Kultur und eigener Ausdrucksformen gibt es viel zu tun.
Auch vor geheiligten Reliquien muß man nicht Halt machen: Warum nicht auch die deutsche Nationalhymne musikalisch zerhacken und verzerren wie weiland Jimi Hendrix? Sie ist doch ohnehin längst zur Erkennungsmelodie einer fußballbesoffenen Konsumentendemokratie verkommen.
Es ist nur konsequent, wenn die identitäre Bewegung Anleihen macht bei der linken Kommunikationsguerilla der 1960er und 1970er Jahre – sie wendet linke Methoden gegen linke Moralherrschaft an. Und prompt verfallen die solchermaßen Angegriffenen in eine Empörungshaltung, die der der seinerzeit angegriffenen sogenannten Spießer zum Verwechseln ähnlich sieht. Höchste Zeit für rechte Hippies.
t.gygax
Naja... ich habe diese Zeit selbst erlebt. Und kenne die Texte alle noch auswendig. Ach, Herr Meyer, es ging nur um eines: Geld, Geld und nochmals Geld. Das sagte mir der Manager der deutschen band "Eulenspygel", die pseudo-sozialkritische Texte verfasste, ganz offen, 1976 in Tübingen: "Geld, geile Weiber, schicke Klamotten, darum geht es"
Und jimi hendrix war nichts weiter als eine Drogenruine, die ihre selbstzerstörerische Haltung auf andere und sich selbst projizierte. Ein Gitarrist, der seine Gitarre auf offener Bühne anzündet, um Geld zu machen, ist kein Musiker, sondern eine totale Null, hinweg damit.
Cash hatte dergleichen nicht nötig, aber der war auch in seinem Kontext ein Künstler-und wurde so von der Szene gesehen. Bob Dylan 1964: "Cash stürmte die Bühne des Newport Folk Festivals, und wir erstarrten in Ehrfurcht "( damit sind seine ebenfalls selbstzerstörerischen Eskapaden nicht gerechrtfertigt!)
Ein Schlüsselerlebnis für mich: der Film " don´t look back" von Pennebaker über Dylans Europatournee 1966. Während Dylan auf der Bühne " the times they are a-changing" singt, handelt sein jüdischer Manager knallhart die nächsten deals aus. Dass Pennebaker sich traute, diese beiden Schlüsselszenen direkt nacheinander zu bringen, ist mehr als erstaunlich. Nur eines stimmte: die Musik war zeitweilig gut, und die alten Aufnahmen von deep purple und anderen von 1966- 1968 machen richtig Spaß.....