Wer hätte das gedacht? Das Spiegel-Magazin präsentiert uns einen Sonntagshelden; es geschehen noch Zeichen und Wunder:
Auf der Kommandobrücke sitzt Kapitän Abujella Abdul-Bari, 49, stämmig, mit vier goldenen Streifen am Ärmel der Uniform, ein Mann des Meeres aus einer alten Fischerfamilie, seit rund 30 Jahren bei der Marine.
Bevor ich mit der eigentlichen Sonntagsheldenprozedur fortfahre, sei der Vollständigkeit halber auf den Artikel und die entsprechende Dokumentation verwiesen, wobei ich besonders letztere wärmstens empfehle: Vom manischen Gutmenschenkapitän über desillusionierte Glücksritter bis hin zu korrupten Polizisten ist alles dabei. Unter diesen ganzen auf die eine oder andere Weise unangenehmen und zwielichtigen Personen sticht allein Abdul-Bari hervor. Der Mann ist ein Souverän, einer, für den der Ausnahmezustand Alltag geworden ist.
Ich bin sicher nicht der einzige, den der Kapitän der “Kifah” (“Kampf”) an Raspails Oberst Dragasès aus dem Heerlager der Heiligen erinnerte. Man merkt ihm an, daß er einiges hinter sich hat; wer das letzte seetüchtige Schiff der libyschen Kriegsmarine steuert, ist kein Kind von Traurigkeit. Einer seiner Söhne wurde von Schleppern gekidnappt und in die Beine geschossen:
Abujella Abdul-Bari sitzt an Bord und schaut aufs Wasser. Er hat sechs Töchter und zwei Söhne, er weiß um die Gefahr. Aber er hat auch seine Befehle. “Ich werde weitermachen”, sagt er.
Entsprechend rauhbeinig ist sein Umgang mit denjenigen, die ihn an der Ausführung seiner Befehle hindern. Die europäischen NGOs bezeichnet er treffend als “Taxiservice für Flüchtlinge”, Migranten, die sich weigern, ihren Motor auszuschalten, sehen sich einer durchgeladenen Pistole gegenüber – der Finger am Abzug läßt keinen Zweifel daran, daß Abdul-Bari auch bereit ist, abzudrücken.
Wir haben diesem Mann viel zu verdanken. Selbst wenn man auf Hochrechnungen dazu verzichtet, wieviele potentielle Terroristen oder Vergewaltiger dem Kapitän ins Netz gegangen sind: Im Kampf gegen den Großen Austausch ist jeder kleine Sieg kostbar. Um so unangenehmer, daß der Spiegel mit einer Feststellung rechthat:
Und deshalb ist Abujella Abdul-Bari Europas Mann an Afrikas Ufer. Er macht die schmutzige Arbeit für die Europäer.
Doch es besteht Hoffnung: Inmitten der europäischen Handlungshygiene bereiten sich Aktivisten darauf vor, Helden wie Abujella Abdul-Bari beizustehen. Wer sich ebenfalls die Hände schmutzig machen möchte, kann das hier tun.
Odol
Bounty funded!
Abdul-Bari ist hoffentlich bald nicht mehr allein. Ahoi Captains!