Jedes ungeborene weiße Kind bedeute eine CO2-Einsparung von 58,6 Tonnen im Jahr.
Eine amerikanische Familie, die sich entscheidet, weniger Kinder zu haben, trägt im gleichen Maße zur Verringerung der CO2-Emissionen bei wie 684 Heranwachsende, die entscheiden, den Rest ihres Lebens ihre Abfälle systematisch zu recyclen.
Im britischen Guardian erschien in derselben Ausgabe das Studienergebnis neben einem Beitrag, der behauptet, der Geburtenschwund in Deutschland sei nur durch Massenimmigration auszugleichen. Honi soit, qui mal y pense.
Wir sollten uns nicht vermehren, es ist eh gut, daß deutsche Frauen nur eine Fortpflanzungsrate von 1,2% haben. Weißt du, unser CO2-Fußabdruck ist zu groß, guck dir doch mal Afrikanerinnen an. Ist doch besser so, wenn wir aussterben!
erklärte mir vor ein paar Wochen ein freundlicher Partygast. Die Welt sei einfach eine bessere Welt ohne Deutsche. Ich fragte lapidar zurück, von welchem Moral high ground aus er das beurteilen wolle, und dann sprachen wir darüber, daß lesbische Frauen neuerdings die künstlich befruchtete Eizelle der einen in den Uterus der anderen einpflanzen zu lassen beliebten und auf diese Weise ihnen viele leibliche Kinder geboren würden. Ihm fiel da nichts unangenehm auf.
Ethnomasochismus verknotet sich hier auf das Widerlichste mit Klimaschuld zu einer unentrinnbaren Moralschwuchtelei. Jeder Verweis auf die Verteidigung des Eigenen ist sinnlos sub specie einer solchen Extremform von Selbsttilgungswunsch.
Hyperuniversalistische Globalargumente machen wunderbar gefügig: Sie sind knallhart altruistisch, alle Gegenargumente müssen daran gemessen egoistisch bleiben, da kommt keiner mehr gegenan. Sie sind höchst „reflektiert“, denn abstrakter und globaler kann man kaum denken (überbietbar ist dieses Denken nur durch die apokalyptische Vorstellung, wozu man noch die eigene Kultur verteidige, irgendwann schlüge doch eh der Komet auf die Erde und aus wär’s mit all unserer Eitelkeit).
Genau dieses maximale Objektivieren erzeugt nun dasselbe wie maximales Subjektivieren: betrachtet man die eigenen Kinder wie die Müllsäcke unter dem Gesichtspunkt des Weltklimas, verliert man den Blick auf die mittlere Ebene. Betrachtet man jedes „Flüchtlingsschicksal“ als individuelle Einzigartigkeit mit individuellen Anspruchsrechten, verliert man den Blick auf die mittlere Ebene. Beides zusammen macht uns Europäer auf der mittleren Ebene, der Handlungsebene, gefügig.
Das Beste aber kommt zum Schluß: „exquisite Sahnetörtchen aus schlechtem Gewissen“ (Jean Raspail), auf die unser Appetit unermeßlich ist. Die Moralisierungsspirale läßt sich auf ihre bisher höchste Stufe schrauben mit der Ethnomasokarbonmethode.
Der amerikanische AltRight-Blogger James Lawrence hat auf der Seite New Alternative Right kürzlich ein paar Überlegungen zur Moralisierungsspirale und dazu, wie wir ihr entkommen können, festgehalten. Der folgende Text sind von mir übersetzte Auszüge aus Lawrences „On Moralfagging“ (deutsch etwa: „Über Moralschwuchtelei“).
Ich hab Ihnen noch einen Amerikaner mitgebracht, weil die deutsche moralphilosophische Diskussion in der Universalismus/Partikularismus-Debatte seit 20 Jahren feststeckt, und auch für diese sich alten amerikanischen Rüstzeugs versichert (“Kommunitarismus”), und ansonsten, sehr deutsch und sehr kantianisch, eine Begründungsdebatte ist.
Moral sind die “Konditionen des Achtungsmarktes” (Niklas Luhmann), und auf dem Achtungs- und Verachtungsmarkt geht es so hoch her wie lange nicht. Moral ist die klingende Münze des statusgeilen Menschen. Und wo gibt es mehr zu lernen über die “Tugend im Verkehr, die immer Scheidemünze ist” (Kant, Anthropologie), als in Amerika?
Meines Erachtens kommt der hohe Status linker Ideale im gesamten Westen daher, daß sie von einer globalen Managerelite übernommen worden sind. Diese sichert ihren Machterhalt, indem sie traditionelle Institutionen zerstört und weiße Interessen rituell opfert. Andere sprechen eher von einer linken Diskurshegemonie, in der Universitäten und Medien die Rolle der Paradigmenstifter und semantischen Multiplikatoren spielen. Keiner kann indes abstreiten, daß Linkssein – zumindest bei all denjenigen, denen es gut genug geht, um irgendwelchen Moden zu folgen, statt ums Überleben zu kämpfen – in einem unablässigen Statusspiel besteht: Wer ist der Moralischste?
Bis heute hat die Rechte noch nicht herausgefunden, wie man dieser fatalen Moralspirale auf konsistente und klare Weise entgegentreten kann. Es gibt schon verschiedene Möglichkeiten, pfiffigere und dämlichere:
Die schlechteste ist die naheliegendste, und zwar die aus der Mottenkiste der Cucks: Stimme dem Tugendprahlhans im großen und ganzen zu und versuche bloß, seinem Pathos durch faktenbasierte und logische Korrekturen die Spitze zu nehmen. Frei nach Schopenhauer: Wer jemals versucht hat, eifernde Moraltrompeter durch kalte Nüchternheit zu belehren, kann froh sein, wenn er seine Haut rettet. Am Schlimmsten wird es, wenn der Cuck mit seinen Fakten und Statistiken in der Hand dann anfängt, auf Kosten von Leuten in seinem eigenen Lager zu moralschwuchteln. Damit befeuert und legitimiert er bloß die Moralisierungsspirale, ohne jemals einen Stich zu kriegen.
Genauso vernichtend fällt leider das Urteil über rechte „Übermenschenmoral“ aus. Moral wird hier grundsätzlich in Bausch und Bogen verdammt als „Ressentiment“ der Unterlinge und am liebsten durch gewalttätige Barbarei ersetzt. Klar ist es verführerisch, Moral als Dekadenzerscheinung aller Ohnmächtigen dieser Welt zu beschreiben. Doch scheitert auch dieser Versuch, der Moralspirale zu entrinnen, und zwar daran, daß er Moral überhaupt mit der spezifischen moralischen Praxis der statusgeilen Tugendbotschafterei verwechselt. Auch amoralische „Übermenschen“ kommen nicht heraus aus dem Statusspiel. Vielmehr landen sie durch betonte Amoralität in den Augen der Moralapostel extraweit hinten und halten dadurch niemanden davon ab, weiter vorne landen zu wollen.
Effektiver sind womöglich solche Ausbruchsversuche, die den Moralvorstellungen der linken Gütesiegelbewahrer konträre Moralvorstellungen entgegenhalten. Im Angebot wären eine persönliche Moral (richtet sich gegen linke Kampfrhetorik zugunsten unterdrückter vereinnahmter Dritter) und eine partikularistische Stammesmoral (richtet sich gegen den gleichmacherischen Universalismus der Linken).
Eine persönliche Innerlichkeitsmoral zu vertreten, nimmt die ursprünglich christliche Vorstellung wieder ernst, derzufolge die Sünde im Leibe durch Vernunft besiegt wird. Sie stünde gegen die Häresie einer fortschrittlichen Veräußerlichung der Sünde in der „Gesellschaft“, die justament durch Freisetzung der niederen Triebe bekämpft werden muß. Da aber nun mal leider die „fortschrittliche“ Ideologie vorherrscht, ist die Tugend der Innerlichkeit allzuschnell dazu verurteilt, in Moralschwuchtelei zurückzufallen: „Menschlich hab ich ja nichts gegen lesbische schwarze Behinderte!“ Wahrscheinlich sind genau aus diesem Grunde viele Christen so fürchterliche Cucks.
Die Idee einer „Stammesmoral“ haben eigentlich alle Rechten auf Lager, insofern ihnen klar ist, daß Gruppenloyalität ein Gegengift gegen linken Universalismus und Selbsthaß ist. Nur diese tribalistische Ethik hat es bisher geschafft, den Lack der Heiligkeit des Universalismus anzukratzen: sentimentale Gutmenschen schwören auf „universelle Menschenrechte“ und machen dadurch ihr eigenes Volk fertig. Doch auch der Tribalismus macht den Fehler, tatsächliche Moral mit dem Statusspiel zu verwechseln. In ihrem Blick ist dann gar keine Ethik mehr möglich, die über die begrenzte Reichweite kleiner Stammesgemeinschaften hinausreicht. Auch der Tribalismus katapultiert seine Vertreter ans untere Ende des Moralrankings.
Alles in allem wäre der beste Zugang wohl der, sich auf die Kritik der Tugendprahlerei zu konzentrieren. Unnachgiebiger Spott über Solidaritätsheuchler auf Twitter ist prima, aber lange nicht genug. Wir brauchen eine anthropologische Grundlegung des statusgeilen Menschen. Und auch diese muß immer wieder aktualisiert werden: Jeder erkennt Hochmut (Aristokratie), Gier (Bürgertum) und Grobheit (Proletariat). Nur diese Mischung aus geheuchelter Nächstenliebe und Arroganz der heutigen Herrscherkaste wird nicht erkannt, sondern mit hochstehender Moral verwechselt.
Soweit James Lawrence. Er schließt seinen Traktat über „Moralschwuchtelei“ mit der Perspektive, daß es uns obliege, die Rolle des Guerilleros im Krieg der Moralsignale einzunehmen, überall zuzuschlagen und zu untergraben, ohne selber eine festgelegte Position zu vertreten. Das Spiel zu gewinnen, bestehe darin, es für alle anderen gründlich zu zerschießen.
Ich glaube nicht, daß eine Guerilla-Moral auf Dauer ausreichen wird. Wir werden zusehen müssen, daß wir eine Moral formulieren, mit der wir nicht in den Widerspruch hineinrutschen, nur auf einer höheren Ebene zurückzuschwuchteln.
Leo
...erklärte mir vor ein paar Wochen ein freundlicher Partygast.
Um Himmels Willen, Frau Sommerfeld, was für Gäste haben Sie?!?
(Da fällt mir doch gleich der vielleicht passende literarische Text [von vor mittlerweile 25 Jahren ein] --- Reinhard Lettau: Flucht vor Gästen)
Meine Schüler nehmen das Konzept vom C02-Fußabdruck einfach zur Kenntnis (auch im Englischunterricht entkommt man dem footprint nicht in Gänze) - aber ich habe noch nie jemanden darüber party-smalltalken gehört.
Nun ja. Normale Oberschüler eben, kein Gumminasium... Die Quote für künftige Ethnomasochisten, die in weiteren drei Jahre einen Anspruch hätten, Geschwätzwissenschaftler zu werden, ist dadurch deutlich geringer.
Hat eben alles auch sein Gutes, Versöhnendes.
Und damit erstmal: Frohe Ferien!
Kommentar Caroline Sommerfeld: Es war nicht meine Party. Danke für den Lettau!