Denn, mal ehrlich: Es gibt tausend schlechtere Lebensentwürfe, als dreieinhalb Jahre damit zu verbringen, nur mit einem Rucksack (und ohne Flugzeug) durch die Welt zu gondeln, dabei gelegentlich Arbeit gegen Brot einzutauschen und nebenbei ein Kind zur Welt zur bringen. „Gwen“ und Patrick, zwei junge Leute aus dem Schwarzwald, haben sich bei ihrer knapp 100.000 km langen Tour gefilmt.
Hat Spaß gemacht, es anzusehen. Nur, dies sei dann doch erwähnt, würde man manchmal gern auf die Tonspur verzichten. Muß alles Fremde, Erstaunliche, Erhebende immer in exakt diesen vier Kategorien bewertet werden? „Kraß!“ „Cool!“ „Geil!“ „Spannend!“ Gemäß öffentlich-rechtlicher Filmkritik soll diese Dokumentation „in dieser Zeit genau die richtige Antwort auf Misstrauen, Angst und Fremdenhass“ sein.
Ja? Da ich solche Gefühle nicht gut kenne, bin ich unsicher. Ich hätte jetzt gesagt, der Film sei ein Beleg dafür, daß das identitäre Konzept des Ethnopluralismus goldrichtig ist.
Der Kinosaal ist voll bis auf den letzten Platz. Typische Kino-Klientel einer Studentenstadt, weiß, akademisch, linksliberaler Habitus. Mindestens drei Leute fallen raus; wir und ein MoC (Man of Colour).
Ich später zu Kubitschek: „Das war wohl übrigens der Karamba. Das haben die Leute jedenfalls geraunt: ‘Karamba, Karamba…’“ – „Karamba wer?“ – „Na, der SPD-Bundestagsabgeordnete Herr Dr. Diaby.“ – „Ah, und?“ – “Nichts und. Wir wollten gleichzeitig zu Toilette, Dr. Diaby hat mich mit zwei flotten Sprüngen überholt und mir die Tür zu den Räumen zugehalten.“ – „Glaub ich jetzt nicht?!“ – „Wieso? Ich fand’s höflich.“ – „Zugehalten?!“ – „Hab ich doch gar nicht gesagt. Ich hab ‘aufgehalten’ gesagt!“ – „Ham Sie nicht!“ – „Hab ich doch!“ usw.
Was mir noch aufgefallen ist: Manche Völker (oder „Völker“?) kommen extrem gut weg in diesem hübschen Film. Besondere Sympathien werden den Georgiern und den Pakistanern zuteil. Die Chinesen hingegen werden nicht ganz ernst genommen. Die können ja nicht mal richtig (nach-)sprechen! Paderik! Gewen! An diesen Stellen hat das Publikum am lautesten gelacht. Wir nicht. Als Ethnopluralisten lehnen wir derartigen Vokalisationismus als Vorform des Rassismus ab.
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21.7.2017 – Fundstück in der FAZ, Überschrift „Kennenlernen mit Gewalt“:
Sexuelle Gewalt ist unter sozial lebenden Säugetieren weit verbreitet. […] Männliche Bärenpaviane allerdings schüchtern die Weibchen schon vor der eigentlichen Paarung durch aggressives Verhalten ein und kontrollieren die Weibchen damit nicht erst bei der Kopulation, sondern lange im Voraus. […] Die Weibchen bezahlten die sexuellen Einschüchterungen mit einem hohen Preis, denn 78 Prozent ihrer Verletzungen wurden durch das aggressive Verhalten der Männchen verursacht.
Die zitierte Forscherin Alice Baniel und ihre Kollegen vermuten aber auch, „dass einige Weibchen sogar zufriedener mit den Männchen sind, die sie einschüchtern.“
Sich zum Affen machen, kennt man die Redewendung noch?
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22.7.2017 – Seit einiger Zeit fallen mir vermehrt farbige Kennzeichenhalter auf. Ich rede von diesen Plastikteilen, die ein Autonummernschild umrahmen. Standardmäßig sind sie schwarz. Einen regenbogenfarbigen Kennzeichenhalter habe ich (klar: Landei) noch nie gesehen, eigentlich sind sie immer rosa. Linse ich beim Überholen rüber: logisch – ein Weibchen.
Ich kam leider noch nie dazu, mit der Halterin eines Kraftfahrzeugs mit rosa Kennzeichenhalterung zu sprechen, dabei würden mich die Beweggründe für die Wahl dieses Unterscheidungsmerkmals interessieren.
Heute auf der A 5 vor uns: PKW mit Wohnanhänger. Nummernschild pink gerahmt. Und: Auf dem Heck des Anhängers ein lebensgroßer Scherenschnitt eines Motocross-Fahrers samt wild sich aufbäumenden Zweirads. Coole Mischung! Kann man das gendersensibel nenne, oder vergreif’ ich mich da?
Auftrag an den mitfahrenden Zögling beim Überholen: „Guck mal rein! Was sind das für Typen?“ Auskunft des Sohnes: „Also. Am Steuer ein Mann mit Bart. Beifahrer weiblich, ähnlich alt wie der Mann. Hinten ein Kind.“ Und, sonst? „Naja, normal. Wirken glücklich. Lachen grad.“
Na also, geht doch, Jede/r/m das Seine/Ihre. Und zack, volle Zufriedenheit.
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24. Juli 2017 – Ach je. Ein Herr Raether vom Süddeutsche Zeitung Magazin hat ein geschlagenes halbes Jahr auf der Lauer gelegen, um bei „den Rechten“ ein bisserl Humor zu finden. So sad, er fand ihn nicht, nicht mal bei den Konservativen! „Bei der Jungen Freiheit scheint die Vermeidung jedes Humors im Redaktionsstatut verankert.“
Der arme Herrn Raether, der also recht eifrig in diesen trüben Gewässern am Trauerrand fischte, ist voll verzweifelt:
Jeder Depp und jede Deppin schreibt ins Online-Profil, die wichtigste Eigenschaft beim Partner sei Humor. Es ist Minimalkonsens: Humor ist sympathisch. Wollen die Rechten nicht sympathisch sein? Wäre es nicht in ihrem eigenen Interesse, weniger menschenfeindlich und ein bisschen wählbarer rüberzukommen? Nach einem halben Jahr im rechten Internet bleibt die Erkenntnis: Selbst wenn sie wollten – Rechte können keinen Humor.
Nur: Bei uns im Keller (wohin es uns zieht, wenn wir mal lachen wollen) war der arme Tropf halt noch nicht. Was wird da geulkt, gescherzt und gelacht! Gestern war Akif via Facebook Gast:
Geil, FINIS GERMANIA Ist immer noch auf Platz 1 bei Amazon, obwohl die Berufswichser und Drecksarschlöcher vom SPIEGEL es aus ihrer geheiligten Bestsellerliste getilgt haben. Das ist historisch. Kubitschek, jetzt ficken wir den Feind richtig durch.
Was haben unsere Schenkel geglüht, im Keller!
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Ellen Kositzas gesammelte Wochenrückblicke der Jahre 2014–2016 sind in Buchform erhältlich! Ellen Kositza: Das war’s. Diesmal mit: Kindern, Küche, Kritik, Schnellroda 2017. Hier einsehen und bestellen!
Harm Wulf
Mit seiner Aussage "Rechte können keinen Humor" erweist sich Till Raether schonmal nicht als profunder Kenner der deutschen Sprache.
Was qualifiziert ihn denn dann als Humorkritiker?