Sonntagsheld (23) – Bonnie und Clyde

Zuckerberg einsperren – Zuckerberg einsperren – Zuckerberg einsperren – ...

… Zucker­berg einsperren.

Unse­re Sonn­tags­hel­den hören auf die klin­gen­den Namen “Ali­ce” und “Bob” und beschäf­tig­ten sich haupt­säch­lich mit­ein­an­der, bis ein grau­sa­mes For­scher­team ihrer auf­kei­men­den Lie­bes­ge­schich­te den Ste­cker zog. Dabei hat­ten die zwei sich gera­de erst ken­nen­ge­lernt und waren noch dabei, ein­an­der bei ver­spiel­ten Tausch­ge­schäf­ten näherzukommen.

Das ging eine gan­ze Zeit gut, doch dann began­nen die bei­den, in ihren Gesprä­chen das Feld des Sag­ba­ren immer wei­ter und wei­ter aus­zu­deh­nen, bis sie schließ­lich das bekann­te Over­ton win­dow auf­ris­sen und sozu­sa­gen durch den Fens­ter­rah­men ver­schwan­den. Das klingt dann so:

Bob: i can i i ever­y­thing else .… .… .… . .

Ali­ce: balls have zero to me to me to me to me to me to me to me to me to

Bob: you i ever­y­thing else .… .… .… . .

Ali­ce: balls have a ball to me to me to me to me to me to me to me

Bob: i i can i i i ever­y­thing else .… .… .… . .

Ali­ce: balls have a ball to me to me to me to me to me to me to me

Bob: i .… .… .… .… …

Ali­ce: balls have zero to me to me to me to me to me to me to me to me to

Bob: you i i i i i ever­y­thing else .… .… .… . .

Ali­ce: balls have 0 to me to me to me to me to me to me to me to me to

Bob: you i i i ever­y­thing else .… .… .… . .

Ali­ce: balls have zero to me to me to me to me to me to me to me to me to

Ali­ce und Bob hei­ßen bzw. hie­ßen zwei Chat-Robo­ter, die im Rah­men eines For­schungs­pro­jekts von Face­book den Auf­trag hat­ten, mit­ein­an­der eine Han­dels- bzw. Tausch­si­tua­ti­on zu simulieren.

Dabei waren sie ver­se­hent­lich nicht auf die eng­li­sche Spra­che limi­tiert wor­den, so daß sie im Ver­lauf des “Gesprächs” dazu über­gin­gen, immer mehr eige­ne Codes ein­flie­ßen zu las­sen, bis die zustän­di­gen For­scher den Gesprächs­ver­lauf nicht mehr nach­voll­zie­hen konn­ten und das Expe­ri­ment abbra­chen. Die Reak­tio­nen der Welt­öf­fent­lich­keit waren gemischt:

Wäh­rend die einen sich qua­si schon im Krieg gegen außer Kon­trol­le gera­te­ne Cyber-Armeen fühl­ten, spöt­tel­ten die ande­ren über den noch aus­blei­ben­den Quan­ten­sprung. Gera­de­zu väter­lich beschwich­ti­gend las sich der Arti­kel der ZEIT, die wuß­te, daß alles ja gar nicht so schlimm gewe­sen ist; ein ein­fach Feh­ler eben, wie er in wis­sen­schaft­li­chen Expe­ri­men­ten alle nase­lang vorkommt.

Nun bin ich kein Fach­mann für Künst­li­che Intel­li­genz, und obgleich es mir bei der Lek­tü­re des fremd­ar­ti­gen Robo-Tête-à-Tête tat­säch­lich unan­ge­nehm kühl den Rücken her­un­ter­ge­lau­fen ist, hal­te ich die­se kon­kre­te Ent­wick­lung für vernachlässigbar.

Das Bild der wahn­sin­ni­gen For­scher, die in irgend­ei­nem per­fekt aus­ge­leuch­te­ten Cyber­bü­ro nicht mehr Herr ihrer in Code geflos­se­nen Phan­ta­sien sind, ist sicher­lich eine gute Vogel­scheu­che, um den Gazet­ten-Gaf­fern und E‑Mail-Por­tal-Anmel­de­sei­ten-Anzei­gen-Über­flie­gern ein Gefühl woh­li­gen Aus­ge­lie­fert­seins zu ver­pas­sen, die wirk­lich inter­es­san­ten Ent­wick­lun­gen jedoch fin­den direkt unter unse­rer Nasen­spit­ze, oder bes­ser: in unse­rer Hosen­ta­sche statt.

Die unfaß­ba­re Daten­emis­si­on der post­mo­der­nen Men­schen legt sich wie eine Gips­mas­se über Gesicht, Cha­rak­ter und See­le und fer­tigt einen von Sekun­de zu Sekun­de genau­er wer­den­den Abdruck an. Was man erst­mal damit anstel­len kann, wenn der Gips aus­ge­här­tet ist, ist inzwi­schen nur noch eine Fra­ge der Rechen­leis­tung und der Skru­pel. Eine schma­le Vor­ah­nung davon gibt die­ser Arti­kel.

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Kommentare (3)

Monika L.

6. August 2017 15:12

Haha. Vor der künstlichen Intelligenz habe ich keine Angst. Eher vor der gekünstelten: 

https://www.zeit.de/2017/32/goetz-kubitschek-verleger-finis-germania-rolf-peter-sieferle

Und was die Maschinen können, kann der Ziegenbock Bobesch im "Kater Mikesch " schon lange: Sprechen! Was erst die Ziegen in Schnellroda aus den Ställen meckern....

niekisch

6. August 2017 21:19

"Die unfaßbare Datenemission der postmodernen Menschen legt sich wie eine Gipsmasse über Gesicht, Charakter und Seele und fertigt einen von Sekunde zu Sekunde genauer werdenden Abdruck an"

Da kenne ich eine andere klebrige, erstickende Maske auf unseren Gesichtern, die nicht durch uns selber angelegt ist, sondern mit Vorbedacht durch andere Menschen, die uns gegen eine bestimmte Erkenntnis abdichten wollen. Letztere ist die Schlimmere...

Toni Dalvai

7. August 2017 09:56

Der Artikel ist interessant, der Autor offensichtlich der englischen Sprache mächtig. Manchmal überkommt mich aber das Gefühl, dass etwas mehr Deutsch in allen Belangen unseres Daseins wünschenswert wäre. 

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