Durch ferne Lande tuckern, diverse Sonnenuntergänge und Impressionen aus dem Businnern „posten“ und verhashtaggen – soll Millionen Klicks einbringen.
Was soll ich sagen, Kubitschek hat gerade in Serbien beigebracht bekommen, wie er sein iPhone als Photoapparat nutzen kann. (Er hat es auch schon wieder vergessen.) Also, keine Photos von Tagen & Nächten an der Theiß, der Save oder der Donau.
Nur dies: Wir haben tolle Leser, überall. Tollstens: Der vor langem nach Ungarn ausgewanderte Leser, der uns mit einem Zentner besten Biogetreides, Tomaten, Bohnen, Mangold begabte! (12 kg Tomaten übrigens, mehr dazu unten.)
Kubitschek hielt zwei Vorträge zu Carl Schmitt in Novi Sad und Belgrad. Ach, Carl Schmitt. Ich führe dieses Beispiel immer an, wenn ich zu „Genderthemen“ befragt werde: Keiner hindert Frauen, Carl-Schmitt-Forscherin zu werden. Und? Es gibt jährlich weltweit über 100 akademische Einlassungen zu CS. Wieviel Frauen sind darunter? Wenn ich richtig gezählt habe unter den Paartausenden der letzten Jahrzehnte: eine, zwei? Chantal Mouffe, wer sonst noch?
Als Frau bin ich also entschuldigt, wenn ich nicht viel über Freund-Feind-Theorien und Ernstfälle reden kann. Nur dies: „Der Serbe“ an sich kann wenig mit Touristen, noch weniger mit Deutschen anfangen. Ich habe mir das kyrillische Alphabet beigebracht und einige Phrasen, es verhalf mir zu keinem besseren Standing. Unsere persönlichen Führer durch’s Land immerhin waren nicht nur nett, sondern herausragend. So sehr, daß Kubitschek daß Land in die Kandidatenliste unserer ultimativen Exit-Pläne aufnahm.
Heute Rückfahrt: Eine Stunde verbringen wir mit Warten an der Grenze. Es ist die EU-Außengrenze. Es gibt acht Durchlässe, nur drei sind besetzt. Warum eigentlich? Haben die hier Fachkräftemangel? Mit uns, vor uns, hinter uns, neben uns: zu 80% Kraftfahrzeuge mit deutschen Kennzeichen. Es ist die EU-Außengrenze, ich will’s nochmal sagen.
Ich hatte während dieser Zeit Gelegenheit zum Einblick in etwa sechzig Autos mit deutschen Kennzeichen. Ich habe ausschließlich (!) Fahrer mit schwarzen Haaren und Bärten gesehen. Meist waren die Mitinsassen sehr jung oder, falls älter, verschleiert. Ich habe in meinen sehr jungen Jahren viel Zeit an der DDR-Grenze verbracht. Ich kenne die Nervosität und, ja, Unterwürfigkeit, die dort in den wartenden Autos herrschte. Hier hingegen herrscht Selbstbewußtsein. Es wird sinnlos dauergehupt, der Reisemüll wird tonnenweise aus dem Fenster entsorgt.
Klar, daß aber ausgerechnet WIR so richtig gefilzt werden. Die Matratze muß von allen vier Ecken hochgehoben werden. Wir sind ja auch irgendwie die verdächtigen Outsider in diesem Troß aus „Deutschen“.
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5.8.2017 – Ganz kurz, Mitte Juli, war der „Sieferle-Skandal“ mal abgeebbt, und in unseren Verlag war so etwas wie Normalität eingekehrt, beinahe. Nach dem Bestenlistenskandal kam nun bekanntermaßen der Bestsellerlistenskandal und damit ein weiterer Bestellungsschwung.
Meine „kreative Freizeit“ zwischen Neun und Mitternacht verbringe ich seit Wochen, Osteuropareise ausgespart, mit dem Erstellen von Rechnungen. Ich liebe es, ernsthaft. Mal nicht auf Kinderwünsche eingehen, mal nicht kreativ sein, sondern einfach nur tippen und sich an Namen, Straßen und Orten erfreuen.
Das bißchen Kinder- und Studentenarbeit tagsüber reichte nicht mehr aus. In den letzten Tagen saßen hier nicht mehr drei zusätzliche Jobber zum Rechnungenschreiben und Eintüten, sondern sechs oder sieben. Oma, Opa, Nachbarin, Identitäre. Zudem wurde ein siebter Mitarbeiter fest eingestellt. Der braucht nun Platz.
Verrückt: Als wir das Rittergut kauften, hatten wir vordem etwa 100 andere Objekte angeschaut, teils Häuser mit fünf Zimmern. Das erschien uns Asketen damals, mit knapp vier Kindern, eigentlich okay. Nun haben wir (damals eher eine zufällige, gewagte Entscheidung) 16 Zimmer (4 davon belegt eine süße, alte Mieterin, die wir mitübernommen hatten), und jetzt es wird eng!
Also wird abermals umgezogen. Es gibt wenige Zimmer, die uns in all den Jahren bislang noch nicht als Schlafzimmer gedient haben. Fast jedes Kind ist in einem anderen Raum zur Welt gekommen. Kleiderschrank runter, anderer Schrank treppauf. Bürotische aufbauen, Stühle schleppen. Fegen, wischen, sortieren. 78 Kleidungsteile werden ausgemistet. Hochsommerputz.
Danach hat Kubitschek einen furchtbaren Ausschlag. Ist es der Streß? „Fipronil!!!“ ächzt der Sohn alarmistisch. Quatsch, Kubitschek ist der einzige Eierverächter der Familie, und unsere Hühner sind, nebenbei, nie in Kontakt mit irgendwelchen Giften gekommen.
Kubitschek, leicht wehleidig nach einem Sonnabend ohne Ruhepause: „So ein Mist, wie das juckt! Überall! Der ganze Rücken!“
„Na… jetzt aber nicht jammern, ja?“
„Doch! Wohl! Ich kann mit Krätze nichts anfangen, konnte ich noch nie, Black-Box-Krankheitsbild, da wäre mir eine saubere Schußwunde lieber, stattdessen.“
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6.8.2017 – Nicht ausgedacht! In der Sonntagsmesse singen sie (mangels Organist werden stets die Gassenhauer gewählt) „Was uns die Erde Gutes spendet“. Kennt jeder, alte Melodie, junger Text, anno 1971. Es heißt: „…wir legen unsre Gaben nieder“
K. singt, laut und unverdrossen: „.. wir legen unsre Arbeit nieder…“. Die Kinderköpfe wenden sich schelmisch zum Vater in der hinteren Kirchenbank. K. ist von der Art, die niemals errötet. War das der aufatmende freudsche Versprecher, Kirche ohne Sieferle sozusagen? Jedenfalls wird das der Sonntagswitz.
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8.8.2017 – Die Apfelbäume sind relativ leer dieses Jahr – wie man hört, nicht nur bei uns. Zum Tomatenfluch, der auf unserem Haus lastet, hab ich mich schon in den vergangenen Jahren ausgeheult. Nur kurz dies, eingedenk aller Leser, die mir (danke!!) Sämereien oder gar Pflänzchen geschickt haben:
Ungefähr 50 Pflanzen standen Ende Mai da. Alles „hundertprozentig funktionierende Spezialsorten“. Gepflanzt wurden sie überall, im Gewächshaus, in Riesenkübeln, im Freiland. Sie werden geliebt und gepflegt, ja, alle Tricks. Viel gießen, wenig gießen, ausgeizen, nicht ausgeizen, liegenlassen, hochbinden. Extremdünger, gar kein Dünger.
Ungefähr zehn Pflanzen davon tragen überhaupt. Ja, wir haben recht viele Bienen. Ein paar Früchte sind bislang rötlich. Drei Minitomaten haben wir heute verspeist, sehr gut. Alle anderen haben von hellrot auf braun gewechselt. Sisyphos läßt grüßen, nächstes Jahr auf ein Neues!
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Ellen Kositzas gesammelte Wochenrückblicke der Jahre 2014–2016 sind in Buchform erhältlich! Ellen Kositza: Das war’s. Diesmal mit: Kindern, Küche, Kritik, Schnellroda 2017. Hier einsehen und bestellen!
BORIQUA
Also wenn Sie Platz haben, dann sollten Sie es vielleicht mal mit Aquaponics bei den Tomaten versuchen. Bei Ihrem Breitengrad geht es ja leider nur im Sommer. Vielleicht helfen Ihnen die folgenden Seiten sich mit der Thematik anzufreunden. Die Fische kann man ja zum Herbst hin in die Pfanne hauen. Sollten aber brauchbare Wirtschaftsgebäude vorhanden sein, dann klappt das auch ganzjährig. Also Indoor-Anbau mit LED-Lampen und Tilapia im Fischtank, dazu noch einen Biomeiler, der bis zu zwei Jahre lang 60 bis 70 Grad warmes Wasser für die Anlage liefert.
Aquaponics auf Wikipedia
Eine Seite aus Hawaii über Aquaponics
Biomeiler aus Österreich
Biomeiler von native power