Einen Ausblick auf die Art der anstehenden Veränderungen geben die Auswirkungen der Zuwanderung kurdisch-libanesischer Großfamilien, bei denen viele der problematischen Folgen von Migration aus dem Nahen Osten in konzentrierter Form auftreten. Diese Großfamilien gehören der Volksgruppe der Mhallami (auch Mhallamiye genannt) an, bei denen es sich um arabischsprachige sunnitische Muslime handelt, die vorwiegend im Südosten der Türkei sowie im Libanon ansässig sind. Angehörige dieser Gruppe reisten vorwiegend zwischen 1975 und 1990 nach Deutschland ein und siedelten sich mit Schwerpunkt in Berlin, Bremen und dem Ruhrgebiet an. Ihre zahlenmäßige Stärke wird aktuell auf rund 30000 Personen geschätzt.
Was die Bewertung der Folgen der Zuwanderung dieser Familien angeht, so ist das Urteil von Experten fast einhellig negativ. Laut Staatsanwaltschaft Berlin etwa sind mafiöse Strukturen in diesem Bereich »eindeutig vorhanden«. Die verstorbene Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig warf den auffälligen Familien die »hemmungslose Schädigung der Gesellschaft« vor, während der Sozialwissenschaftler Ralph Ghadban in ihrem Verhalten eine »Bedrohung für den sozialen Frieden« sieht. Roman Reusch, ein ehemaliger Leiter der Intensivtäter-Abteilung der Staatsanwaltschaft Berlin, warnte in diesem Zusammenhang vor künftigen »bürgerkriegsähnlichen Zuständen«. Ein Bericht einer Kommission des Bundeskriminalamts stellte außerdem fest, daß jegliche Integrationsversuche bei dieser Gruppe gescheitert seien und die Unterbindung der von ihr ausgehenden organisierten Kriminalität auch im günstigsten Fall »nur noch in Teilbereichen« möglich sein werde.
Gegenwärtig gehören unter anderem Drogenhandel, Prostitution, Raubüberfälle, Schutzgelderpressung und Menschenhandel zu den Feldern, auf denen die Familien aktiv sind. Der frühere Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky, sagte dazu, daß sie aufgrund ihrer Gewaltbereitschaft und ihres besonderen ethnisch-familiären Zusammenhalts mittlerweile eine unangefochtene Führungsrolle in diesem Bereich in der Stadt einnehmen würden. Die Großfamilien unterscheiden sich dabei zunächst allgemein wenig von anderen Strukturen der Organisierten Kriminalität, die ebenfalls nach dem Abstammungsprinzip organisiert sind. Kulturelle Faktoren tragen jedoch dazu bei, daß MhallamiClans in einigen Fällen auf besonders problematische Weise in Erscheinung treten.
Laut Bremer Polizei sind gut integrierte Libanesen in den auffälligen Familien »absolute Ausnahmen«, und laut Ralph Ghadban ist die jüngere Generation hier noch schlechter integriert als die ältere. Bis zu 90 Prozent der Angehörigen dieser Gruppe leben gegenwärtig von Transferleistungen. Die heiratsfähigen Töchter werden im Rahmen arrangierter Ehen oft an Verwandte oder an Mitglieder befreundeter Familien verheiratet, wobei die Kinderzahlen pro Frau Zahlen im Bereich von einem Dutzend und mehr erreichen können. Die Familien sind hierarchisch und patriarchisch organisiert. Sie werden von Familienoberhäuptern angeführt, denen die anderen männlichen Familienmitglieder in der Regel bedingungslosen Gehorsam leisten. In der Hierarchie folgen die Söhne, wobei die älteren über den jüngeren stehen. Der Grad der entsprechenden Unterordnung wird etwa dadurch erkennbar, daß die Familien zum Teil von jüngeren Mitgliedern verlangen, sich vor Gericht zu belasten, um ältere Mitglieder zu schützen.
Es ist allerdings auch Personen außerhalb dieser Verwandtschaftsverhältnisse möglich, wichtige Rollen in den von den Familien geschaffenen Strukturen einzunehmen. Die Integration erfolgt hier auf Grundlage eines Ehrenkodex, der im Austausch für Unterstützung durch die Familie bedingungslose Loyalität einfordert. Auf Verstöße wird mit Repressalien reagiert, weshalb es nur in Ausnahmefällen Aussteiger oder Kooperationsbereitschaft gegenüber Behörden gibt. Ein orientalisches Ehrverständnis, das auf Einschüchterung und Ausübung von Gewalt beruht, ist dabei prägend für die Kultur vieler Familien. Eine Ermahnung in der Schule oder Kritik eines Nachbarn gilt als Angriff auf die kollektive Ehre, auf den man gewaltsam zu reagieren bereit ist. Einzelne Angehörige einer Großfamilie können dabei mit der Unterstützung zahlreicher männlicher Verwandter rechnen.
Ghadban zufolge werden alle außerhalb der eigenen Sippe stehenden Menschen als Feinde betrachtet, auf deren Kosten man den eigenen Wohlstand ohne Rücksichtnahme auf moralische Grenzen mehren kann. Kriminalbeamte berichten in diesem Zusammenhang, daß die Angehörigen der Clans Deutschland als »Beutegesellschaft« und Deutsche als »geborene Opfer und Verlierer« betrachteten. Ein interner Bericht der Berliner Polizei gab zudem an, daß deutsche Jugendliche gezielt angegriffen würden, weil sie wegen ihrer Schwäche besonders verachtet würden.
Laut Roman Reusch findet in einigen der Familien eine »konsequente Erziehung zur professionellen Kriminalitätsausübung« statt. Gewalttätige Kriminelle, etwa die Mitglieder bestimmter Motorradbanden, würden unter den Kindern und Jugendlichen dieser Gruppe allgemein als Vorbilder betrachtet. Männliche Familienmitglieder begännen zum Teil schon im Grundschulalter damit, Straftaten zu verüben, und Haftstrafen würden in manchen der Familien als Initiationsritus verstanden.
Vorliegende Zahlen untermauern dies. Von den rund 2600 Familienmitgliedern etwa in Bremen sind laut Bremer Landeskriminalamt mehr als 1000 als Tatverdächtige registriert. Daraus ergibt sich, daß der Großteil der männlichen Erwachsenen aus dieser Gruppe in Bremen schon einmal strafrechtlich auffällig war. In Berlin werden Jugendliche mit entsprechendem Hintergrund etwa bei schwerem Diebstahl rund 16mal häufiger auffällig, und die Inhaftierungsrate ist rund 14mal höher als im Durchschnitt der gleichaltrigen männlichen Bevölkerung. Viele Straftaten werden aufgrund des gewaltorientierten Auftretens der Familien nicht mehr angezeigt, und auch Behörden scheuen die Konfrontation mit ihnen zunehmend, weil Mitarbeiter bedroht werden. Auch die Berliner Jugendrichterin Kirsten Heisig erklärte kurz vor ihrem Selbstmord, sie sei von einer Großfamilie bedroht worden, nachdem sie einige ihrer Mitglieder zu Freiheitsstrafen verurteilt hatte. Zahlreiche Straftäter aus dieser Gruppe erhalten zudem auffallend milde Strafen, genießen – falls sie zu einer Haftstrafe verurteilt werden – in Gefängnissen Privilegien und können illegale Aktivitäten auch aus der Haft heraus fortsetzen, während Freisprüche wie Siege über den deutschen Staat gefeiert werden.
Untereinander konkurrieren die Familien häufg miteinander, wobei es regelmäßig zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt. Gegenüber Dritten, etwa dem deutschen Staat oder anderen ethnischen Kriminalitäts- und Gewaltstrukturen, arbeiten die Familien jedoch zusammen und schlichten ihre Konflikte außerhalb des Justizsystems.
Der Erfolg der Familien stößt auch bei anderen Migranten auf Interesse. Gegenwärtig rekrutieren einige der Familien zudem gezielt Asylanten zur Verübung von Straftaten. Auch bereits länger ansässige, in der Regel muslimische Migranten suchen die Nähe zu den Familien, weil ein entsprechender Ruf bei Straftaten wie Schutzgelderpressung und Drogenhandel Vorteile mit sich bringt. Die Zugehörigkeit zu einer der Familien oder deren Umfeld bringt zudem das Gefühl mit sich, ohne Furcht vor Konsequenzen Straftaten verüben oder gegen andere Menschen übergriffig werden zu können. Behördenmitarbeitern zufolge verhalten sich Angehörige der Großfamilien verbreitet gewalttätig und respektlos gegenüber anderen und reagieren bei Kritik mit Gewalt und Drohungen. Die Kinder aus diesen Familien würden zunehmend erkennen, daß vor allem Deutsche nicht dazu in der Lage seien, ihnen Grenzen zu setzen. Die bloße Erwähnung ihres Familiennamens reiche aus, um die Herausgabe von Eigentum zu erzwingen.
Daß die Polizei etwa in Bremen Opfern von Vergewaltigung durch Mitglieder dieser Gruppe geraten haben soll, zur Vermeidung weiterer Probleme auf Anzeigen zu verzichten, unterstreicht, daß die Wahrnehmung deutscher Schwäche seitens der Großfamilien nicht unbegründet ist.
In der jüngeren Vergangenheit fielen die Familien zudem durch zunehmend erfolgreiche Versuche auf, die Kontrolle von Stadtvierteln zu beanspruchen und diese gegen den deutschen Staat zu behaupten. Die Polizei steht bei Einsätzen in den beanspruchten Räumen häufig aggressiven Gruppen von Männern gegenüber, die dort rasch mobilisiert werden können. Selbst Verkehrskontrollen gegen Mitglieder dieser Familien sind aufgrund des zu erwartenden Widerstands mit den vorhandenen Mitteln kaum noch durchsetzbar. In Teilen des Ruhrgebiets ist in diesem Zusammenhang laut Polizeiangaben die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung akut gefährdet.
Flankiert werden gewaltsame Ansätze zur Kontrolle von Räumen durch politische Anstrengungen. In Gelsenkirchen etwa hat das Oberhaupt einer der Großfamilien der Polizei angeboten, in Problemvierteln für Sicherheit zu sorgen, wenn die Polizei im Gegenzug auf die Verfolgung von Straftaten der Familienmitglieder verzichtete. Einige Familien haben zudem Organisationen gegründet, die mit öffentlichen Stellen zusammenarbeiten und sich vorgeblich für Integration einsetzen. Solche Organisationen treten nach Angaben aus Polizeikreisen jedoch auch dadurch in Erscheinung, daß sie im Falle der Festnahme von Familienmitgliedern politischen Druck aufzubauen versuchen und etwa drohten, daß die Polizei »einen Krieg mit den Libanesen nicht gewinnen« werde. Andere Großfamilien gingen zunehmend dazu über, Einnahmen aus kriminellen Geschäften in legale Geschäfte zu investieren, etwa in Immobilien. Wieder andere suchen die demonstrative Nähe zu Politikern (etwa einem Bundestagsabgeordneten der CDU) oder treten direkt auf kommunaler Ebene politisch in Erscheinung, etwa bei den Grünen. Es ist davon auszugehen, daß sie entsprechenden Einfluß auch zur Förderung ihrer sonstigen Aktivitäten nutzen. Mittelfristig dürften die entsprechenden Strukturen noch stärker dazu übergehen, ihre Aktivitäten durch eine Mischung aus Einschüchterung und Korrumpierung von Politik und Verwaltung zu flankieren, während der Staat Tendenzen erkennen läßt, sich mit den Strukturen zu arrangieren.
Wo Justiz und Behörden noch versuchen, gegen die Familien vorzugehen, stehen sie meist auf verlorenem Posten. Der ehemalige Berliner Oberstaatsanwalt Roman Reusch etwa wurde auf Weisung der Justizsenatorin versetzt, nachdem er öffentlich ein entschlosseneres Vorgehen gefordert hatte. Sein Nachfolger betonte, er lehne Härte gegenüber den Straftätern ab. Auch die vor allem für öffentlich-rechtliche Medien tätige Journalistin Güner Balcı, die kritisch über die Familien berichtet hatte, verlor ihre Anstellung. Anstatt die von den Familien ausgehende Kriminalität und ihre Ursachen zu bekämpfen, reagieren die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung überwiegend mit Anstrengungen, die darauf setzen, daß positive Rollenvorbilder in den Großfamilien auftauchen. Diese sollen andere Familienmitglieder davon überzeugen, daß man auch auf legalem Wege erfolgreich sein könne. Da sich jedoch auf illegalem Wege stets größere Gewinne realisieren lassen, das Wertesystem der Familien Schaden für Außenstehende häufg als akzeptabel erachtet und vorhandene Sanktionsmöglichkeiten des Staates als wenig abschreckend wahrgenommen werden, werden diese Ansätze erfolglos bleiben.
Auch darüber hinaus kann die aus allen Richtungen unter Druck stehende Polizei kaum mit Unterstützung rechnen. Die Polizeibeamtin Tania Kambouri etwa gab an, daß seitens übergeordneter Stellen Druck aufgebaut werde, bestimmte Probleme nicht anzusprechen. Auch die Sozialbranche und Migrationsaktivisten leugnen entweder die Probleme oder machen die deutsche Gesellschaft für sie verantwortlich und sprechen bei Hinweisen auf die beschriebenen Erscheinungen durch die Polizei von »Kriminalisierung von Minderheiten« und »institutionellem Rassismus«. Eine Berliner Integrationssenatorin rief Jugendliche aus den Problemgruppen sogar dazu auf, sie sollten in »ihren Gangs« für den Eintritt in den Polizeidienst werben. Solche Forderungen stehen im Kontext von Bestrebungen zu mehr ethnischer Vielfalt in der Polizei, wovon man sich eine größere Akzeptanz in den Problemgruppen erhofft. Eine Kommission des Bundeskriminalamts kritisierte zudem die verbreitete Nachsichtigkeit der Justiz gegenüber den Familien und die »Schwachstellen des bundesdeutschen Ausländer- und Asylrechts«, die jene ausnutzten und die nicht geschlossen würden. Für Lösungsansätze, die auf Rückführung beruhen, wäre es davon abgesehen mittlerweile zu spät, da viele der Familienmitglieder zwischenzeitlich die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben.
Tragfähige Lösungsansätze sind vorerst nicht in Sicht. Dabei werden die Maßnahmen, die zur wirksamen Ansprache des Problems erforderlich wären, mit verstreichender Zeit immer aufwendiger. Zudem stellen Großfamilien nur eine – zahlenmäßig vergleichsweise schwache – von vielen Komponenten einer sich herausbildenden ethnischen Konfliktlandschaft in Deutschland dar, die bei ungebrochener Tendenz mittelfristig die Fähigkeiten des Staates zur Bewältigung der damit verbundenen Konsequenzen nicht nur in einzelnen Stadtteilen überfordern wird.
Das staatliche Unvermögen, ein gut abzugrenzendes Problem der angesprochenen Art zu lösen, weist dabei über die erwähnten organisatorischen Fragestellungen hinaus auf tiefergehende, geistige Schwächen Deutschlands hin. Das Problem der erwähnten Großfamilien macht deutlich, daß die verbreitete Neigung, eine Unterscheidung zwischen wünschenswerter und nicht wünschenswerter Migration und Präsenz bestimmter Gruppen von Fremden als illegitime Diskriminierung zu betrachten, den Bedingungen einer ethnisch zunehmend heterogenen Gesellschaft nicht gerecht wird. Auch die Annahme, daß alle Kulturen gleichermaßen in europäische Gesellschaften integrierbar seien, trifft angesichts der beschriebenen Zustände offensichtlich nicht zu. Zu den potentiell positiven Folgen der Präsenz bestimmter Problemgruppen in Deutschland könnte eines Tages immerhin die Überwindung dieser Konzepte als Konsequenz ihrer praktischen Widerlegung gehören.