Sonntagsheld (33) – Une réponse sociale

Englische Überschriften kann ja jeder...

„Hil­fe unter kri­ti­scher Beob­ach­tung – Umstrit­te­ner Dresd­ner Ver­ein eröff­net Begeg­nungs­stät­te für Obdach­lo­se“, titel­ten vor zwei Tagen die höchst­wahr­schein­lich nicht über­re­gio­nal bekann­ten Dresd­ner Neu­es­ten Nach­rich­ten. So neu ist die Nach­richt zwar nicht, daß es in Dres­den eine neue Initia­ti­ve für Obdach­lo­sen­hil­fe gibt, die angeb­lich irgend­was mit PEGIDA zu tun hat und auch sonst unge­mein ver­däch­tig ist, aber in der Tat scheint die Arbeit des Ver­eins inner­halb der ver­gan­ge­nen Mona­te Früch­te getra­gen zu haben.

Inzwi­schen hat die Grup­pe mit dem Namen „Dresd­ner Bür­ger hel­fen Dresd­ner Obdach­lo­sen und Bedürf­ti­gen e.V.“ genug Infra­struk­tur auf­ge­baut, um eine eige­ne Begeg­nungs­stät­te für Obdach­lo­se Dresd­ner zu schaf­fen: An drei Tagen in der Woche steht eine gan­ze Eta­ge einer Dresd­ner Vil­la den Hilfs­be­dürf­ti­gen zur Verfügung.

Skan­da­lö­ses fin­det sich an der Grup­pe um Ingolf Knaj­der bei nähe­rer Betrach­tung nicht viel. Eini­ge Mit­glie­der des Ver­eins sol­len Kon­takt zu PEGIDA haben, ande­re distan­zie­ren sich von den Mon­tags­de­mons­tra­tio­nen, man­che ler­nen schmerz­lich, daß ein Min­dest­maß an Kom­mu­ni­ka­ti­ons­hy­gie­ne im Welt­netz unab­ding­bar ist, ande­re arbei­ten still im Hintergrund.

Die Fak­ten aber spre­chen in jedem Fall für sich: Inner­halb kur­zer Zeit hat es eine Grup­pe enga­gier­ter Dresd­ner geschafft, ein erfolg­rei­ches sozia­les Pro­jekt aus der Tau­fe zu heben und mit Leben zu fül­len. Dabei sind orga­ni­sche Struk­tu­ren ent­stan­den, ohne den sau­ren Bei­geschmack eines Pro­pa­gan­da­pro­jek­tes und vor allem: ohne staat­li­che Zuschüs­se und Abhängigkeiten.

Die­se Unab­hän­gig­keit ist es, die es dem selbst­be­wuß­ten Ver­eins­vor­stand ermög­licht, an Asyl­be­wer­ber in Abgren­zung zur Dresd­ner Tafel kei­ne Hilfs­leis­tun­gen aus­zu­ge­ben. In sei­ner Ziel­set­zung wen­de man sich dezi­diert den Dresd­ner Obdach­lo­sen zu; Asyl­be­wer­ber, deren Ver­sor­gung durch den Staat geson­dert fest­ge­legt sei, fie­len nicht darunter.

Sonn­tags­held Knaj­der und sei­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen beleuch­ten mit ihrem Pro­jekt eine Sei­te des (im wei­tes­ten Sin­ne) iden­ti­tä­ren Akti­vis­mus, die zwi­schen Medi­en­kam­pa­gnen, Hoch­see­aben­teu­ern und Leucht­turm­pro­jek­ten häu­fig in den Hin­ter­grund rückt: Das drei­stu­fi­ge Iden­ti­täts­mo­dell, dem wir uns ver­schrie­ben haben, schließt nicht nur Nati­on und Euro­pa ein, es beginnt in der Regi­on, der unmit­tel­ba­ren Lebens- und Wir­kungs­sphä­re des ein­zel­nen und der Gemein­schaft sei­ner Nächsten.

Unser durch die Post­mo­der­ne nach­hal­tig geschä­dig­tes Iden­ti­täts­be­wußt­sein kann nur dort wie­der zur Ruhe kom­men, wo es eine Hei­mat vor­fin­det. Die­se Hei­mat aber besteht nicht nur aus einem Ort in einem Koor­di­na­ten­sys­tem, sie setzt auch eine orga­ni­sche Gemein­schaft voraus.

Genau an die­sem Punkt setzt die Dresd­ner Initia­ti­ve an: Ihre Unter­stüt­zung ist nicht ein­bü­ro­kra­ti­siert in ein Sozi­alsys­tem, geht nicht nach Quo­ten und kann es sich auf­grund der regio­na­len Ein­gren­zung leis­ten, auf büro­kra­ti­sches Geha­be zu ver­zich­ten. Sie ver­wirk­licht dabei das alte Ide­al des Sub­si­dia­ri­täts­prin­zips und hilft, eine Lücke zu fül­len, die im Fahr­was­ser der Will­kom­mens­kul­tur fast unbe­merkt immer wei­ter aufklaffte.

Ich wün­sche dem Pro­jekt alles Gute und drü­cke die Dau­men vor allem dafür, daß der Spen­den­hut der Sozi­al­tech­no­kra­tie noch eini­ge Run­den an der Wie­ner Stra­ße 73 vor­bei­geht, wo man weiß, daß ein Scheck das Vier­au­gen­ge­spräch bei einer hei­ßen Tas­se Kaf­fee nicht erset­zen kann.

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Kommentare (2)

Hartwig aus LG8

16. Oktober 2017 15:30

Deutsche für Deutsche, solidarisch mit- und füreinander; außerhalb des staatlichen Sozialsystems. Das setzt dort an, wo Benedikt Kaiser mit seinen Beiträgen vorbereitet hat. Sozial, aber immer auch National. Wer will, kann sich an dieser Wortkombination hochziehen. Entscheidend ist die Tat der Dresdner, die den Rahmen des deutschen Sozialstaates des Jahres 2017 partiell verlassen haben. Dennoch: Mit Sozialabgaben die Fremden füttern und mit privaten Mitteln die Solidarität unter Landsleuten üben - das ist natürlich total verkehrte Welt. Gruppenbezogen sind die Deutschen wohl die einzigen, denen der Sozialstaat netto mehr nimmt als er gibt. Phantasie ist gefragt, sich dem zu entziehen.

Coriolan

16. Oktober 2017 18:50

*Unser durch die Postmoderne nachhaltig geschädigtes Identitätsbewußtsein kann nur dort wieder zur Ruhe kommen, wo es eine Heimat vorfindet.*

Ein Satz, dem nur Idioten widersprechen könnten. Für mich der schönste, und die wichtigste Feststellung bisher bei Sezession im Netz von Till-Lucas Wessels.

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