Pustekuchen! Heute erster Fachbesuchertag. Von früh bis spät Dauerandrang. Verkrieche mich manchmal mit dem Rücken zum Publikum in die Standecke, um rasch von einem Brötchen abzubeißen. Geht kaum.
Kaue noch vor mich hin, als Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann mit Helfern geschwitzt einen Infotisch der Bildungsstätte an uns ranträgt. Ich drängel mich (schluck!) vor die vielen flankierenden Kameras. Sage, daß ich die Anne Frank in den Mund geschobene Parole „Mut, mutiger, Mund auf!“ unbedingt teile. Ich trage selbst seit Messebeginn einen Anstecker der Kampagne.
Tochter: „Gell, weil dort der Fleck auf Deinem Oberteil war, geb’s zu!“ – Ich: „Nö. Aus Überzeugung.“ Tochter: „Sieht übrigens nach AfD aus. Anne Frank hat die gleiche Farbkombi wie die AfD, komisch, ne?“
Ich lade Feldmann und seine Mannen zu Diskurs, Dialog, Gespräch etc. ein: „Wir müssen reden!“ Aber nö. Man rede nicht mit Leuten, die die „Menschenwürde“ mit Füßen treten. Wir? Inwiefern? Wo denn? Der Feldmann-Adlatus unkt: Wir seien halt rassistisch. Wäre mir neu, kann ich von mir weisen. „Aber wir können drüber reden, über Ihre Sorgen und Ängste!“ Das wollen weder Herr Feldmann noch seine Mitarbeiter. Mich macht das traurig. Sie haben nur ihre Parolen.
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12. Oktober 2017
Schlangen vor der Antaios-Schlange! Fernsehteams und andere Fachbesucher stellen Fragen. Mal konfrontativ, mal höflich, meist ernsthaft interessiert. So soll es sein. Wir stehen Rede und Antwort.
Wer nicht reden will: Der Herr Skipis, der meinem Mann gestern einen öffentlichen Dialog in Aussicht gestellt hatte. Skipis ist Geschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, der die Messe veranstaltet. Kubitschek hat Alexander Skipis heute mehrmals um ein Gespräch beten. Skipis hat keine Zeit. Beim dritten Versuch werden wir etwas ungeduldig. Skipis sagt, er wolle uns weder sehen noch mit uns reden.
Never. Wir bleiben hartnäckig. „Wir müssen im Dialog bleiben!“, rufe ich. Skipis hat keinen Bock drauf. „Nicht mir Ihnen!“ Es geht im Zickzack durch die Messegänge in Halle 3.1. „Herr Skipis! Was Sie hier praktizieren, das nenne ich gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit! Wir stehen für Austausch, Sie verweigern sich! Das ist Ausgrenzung! Diffamieren und ein offenes Wort verweigern, das sollte nicht mehr zeitgemäß sein! So bleiben Sie doch stehen, bitte!“
Skipis fällt in Laufschritt. Mittlerweile sind mehrere Kameraleute hinzugetreten; sie halten Skipis‘ strammen Marsch auf. Morgen wird eventuell auch diese Szene auf 3sat zu sehen sein.
Bei all dem Gerenne haben wir einen familiären Engpaß zu bewältigen. Die Kinderbetreuung für die Kleinen fällt krankheitsbedingt aus. Unsere Großen waren eigentlich eingeplant für die Standbetreuung, jetzt müssen sie halt auch nach den kleinen Geschwistern schauen. Ich weise die Kinder kurz ein, ein paar Antworten auf FAQ werden mitgeteilt. Alles läuft gut, der Nachwuchs hält sich mustergültig.
Die Kleinste (aus asketischem, süßigkeitsfreiem Haushalt stammend) vergreift sich dauernd an den Gummibärchen, die der Amadeu-Antonio-Stand schräg gegenüber ausgestellt hat. Ich kann nicht behaupten, daß die Standbetreuer dort unfreundlich sind, aber der Naschhahn wird bald mit entschiedenen Worten zugedreht; mir ist es recht.
Das andere Kind nimmt mein Briefing sehr ernst. Die Zahl der solidarischen Antaios-Stand-Besucher überwiegt deutlich, aber es gibt tatsächlich immer wieder solche, die im Vorübergehen böse und unanständige Worte grummeln. Sohnemann dient sich stets sehr höflich an: „Pardon bitte, ich glaube, Sie haben etwas gesagt? Vielleicht haben Sie Fragen, die ich Ihnen beantworten kann?“ Klingt rührend, aber er macht das wirklich gut und mit sehr reinem Herzen. Die meisten Grummler blieben stehen und hören zu.
Die großen Schwestern hingegen haben heute x‑fach die billige Anmache gehört: „Dich/Sie als Messehosteß haben sie wohl in einem Rassekatalog gebucht?“ Die Töchter weisen das entschieden als definitiv rassistische Zuweisung von sich. Hilfe, sie tragen hellblonde Flechtfrisuren! Getwittert wird, daß wir unsere Kinder „inszenieren“. Männerphantasien.
Noch cooler geht’s im Megabericht von der taz zu: Man könnte das Eisige beschreiben, das diesen Stand umweht, nicht „eisig“ im Sinne von „frischer Wind“, sondern eine Leichenschauhauskälte. Man könnte den inzwischen ikonischen Janker beschreiben, graue Schurwolle, Hornknöpfe, mit dem Kubitschek im aktuellen Magazin der New York Times abgebildet ist. Haha, „ikonisch“! Kleiner Fake, diese vielfach geflickte Schmuddelstrickjacke trägt K. ausschließlich im Umgang mit Ziegen.
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14. Oktober 2017 – Wenn es stimmt, daß man sich den Mund fusselig reden kann, will ich nicht wissen, wie ich heute aussehe. Es ist jedenfalls: großartig! Ich habe mich heute nur dreimal kurz vom Stand entfernt, und jedesmal mußte ich mich regelrecht durchboxen (ganz soft, klar; lauter liebe Menschen!), um zurück ins Innere unseres Standes zu kommen.
Soviel Solidarität! Soviel Kontakt zu Leuten, die man bislang allenfalls schriftlich kannte! „Haltet durch!“, „Ihr macht das ganz toll!“, „Ihr habt mir die Augen geöffnet!“ Es ist der helle Wahnsinn! Dutzende Geschichten darüber, wie in den letzten Monaten/Jahren der Riß durch Familie/Freundeskreis/Kollegenschaft sich auftat, nur weil man vorsichtig Unverständnis über die herrschende Politik/Medienberichterstattung geäußert hatte! Viele Händedrucke unter Augenzwinkern: „Bin im Grunde heimlich hier. Muß mein coming-out noch vorbereiten…“
Schönstes Erlebnis heute: Längerer Weg mit Verlagsarbeitern, Björn Höcke und vielfältiger Presse zu Halle 4.2. Wir haben fünf Autoren zu präsentieren: Caroline Sommerfeld/Martin Lichtmesz (Mit Linken leben), Akif Pirincci (Der Übergang /Umvolkung), Mario Müller (Kontrakultur) und Martin Sellner (Identitär!).
Auf der Rolltreppe vor uns plötzlich sechs- oder siebenstimmiges, unrhythmisches Geheule aus antifaschistischen Mündern: „Nationalismus- raus aus den Köpfen!“ Keine Sekunde vergeht, da tönt es von der Rolltreppe gegenüber, und viel lauter, mehrfach: „Jeder hasst die Antifa!“ Hä, wer war das? Keiner weiß es, keiner kennt die. „Aber die haben Kontrakultur-Beutel getragen“, hat unsere Buchhändlerin beobachtet.
Nach der Eskalation auf unserer Buchvorstellung (Sie haben es alle irgendwo gelesen: Antifa will Neue Rechte mundtot machen) muß ich rasch nach Schnellroda abreisen, eine Tochter hat einen Sonntagvormittagstermin. Im Auto unterhält sie sich mit mit (Fake)-News von ihrem mobilen Endgerät. Es ist eine lustige Fahrt:
Zum Beispiel erfahre ich, daß angeblich ein Frankfurter Berufspolitiker an unserem Stand von „Nazis“ zu Boden gerungen worden sei: Die Polizei bestätigte, dass es bereits vor der Podiumsdiskussion zu einer Rangelei gekommen war. Dabei ging offensichtlich der Frankfurter Stadtverordnete Nico Wehnemann (Die PARTEI) zu Boden.
Wir hatten, zugegeben, alle viel um die Ohren, aber ein solcher Zufall wäre uns wohl kaum entgangen! Mittlerweile hat die Polizei übrigens klargestellt, daß Wehnemann von einem Sicherheitsmann der Messe niedergerungen wurde, weil er die Verhaftung eines linken Krawallmachers verhindern wollte. Und ein Kumpel von Wehnemann fragt ihn, warum er lügt.
Dabei, so steht es an anderer Stelle, sei unter anderem von Anwesenden “Sieg Heil” gebrüllt worden. Ich sag’s nochmal: Männerphantasien!
Der Focus wartet mit einer lückenpressigen Überschrift auf und weiß – des Zählens offenbar unkundig – zu berichten: „Die Demonstranten wurden auch aus der Gruppe der etwa 100 Zuhörer der Lesung bedrängt. Plakate wurden zerrissen. Es kam zu heftigen verbalen Beschimpfungen.“
Ähnlich täuschend die Huffington Post: „Prügeleien und rechte Parolen: Tumulte bei Höcke-Auftritt auf der Buchmesse“. Klingt, als sei „der Höcke“ ausgerastet, oder? Fakecheck: Höcke war, wie immer, die Ruhe in Person, staatsmännisch.
Zwischendurch drehten wir kurz das Radio lauter, weil auf Deutschlandfunk Kultur die Philosophin Svenja Flaßpöhler den Hergang der Antifa-Aktion einigermaßen wahrheitsgetreu (Lichtmesz ist allenfalls Sympathisant der Identitären, nicht deren Kopf) berichtete. So geht Berichterstattung!
Weiters trägt ein Radiomann spätabendliche Gesprächsfetzen von der Buchmesse vor, darunter aus dem Munde einer „feministischen Magazinmacherin“: Ich hab gerade Götz Kubitschek gesehen, und ich hab ihn erkannt! Was uns das nun sagen soll..?
Wenn dies alles der Beginn eines zivilisierten Gesprächs sein soll: Nur zu! An uns soll und wird es nicht scheitern.
Übrigens, Sonntagabend: Exakt 2.935 verkaufte Exemplare Mit Linken leben. Sechs Tage nach Erscheinen! Morgen geht die zweite Auflage in Druck.
Biggeo
Sehr geehrte Frau Kositza, sehr geehrter Herr Kubitschek, Sie alle haben das mit Ihrem Team sehr gut gemacht, auch wenn ich bei der Lesung mit Lichtmesz und Sommerfeld nicht dabei sein konnte, denn mein Bus fuhr bereits um 17.15 Uhr zurück. Ich muss aber auch sagen, dass mir schon aufgrund meiner starken Erkältung und drei Stunden Schlaf in der Nacht auf Samstag tatsächlich nicht nach einer derartigen Eskaltion der Sinn stand. Was ich heute dazu gelesen habe, hat mir wieder gereicht, um festzustellen, diesem Land ist nicht mehr zu helfen, außer vielleicht der direkte Schmerz, leider, weil er uns allen weh tun wird. Dann kommt der Hinweis auf den US-Dokumentarfilm „Agenda Grinding America Down“ der zeigt, wie in Amerika Institutionen infiltriert und beeinflusst werden, um die Menschen aus dem Inneren heraus zu verändern. Hier ist es nach meinem Empfinden nicht anders. Sie als Verlag, als Familie, als Intellektuelle, als Team mit Ihren Leuten sind ein permanenter schmerzhafter Stachel im Fleisch des linken Establishments, denn Sie repräsentieren genau das, wogegen sich der blinde und dumme Haß dieser Leute wendet. Dieser Stachel hat mittlerweile schmerzhafte Eiterbeulen verursacht und führt zu dem blinden um sich schlagen. Demgegenüber Sie und Ihr Team: Gutaussehend für das Marketing, ökologisch, belesen , tatkräftig , moralisch, mutig, selbstbewusst, alles Eigenschaften, die von den Linken gerne bewusst kaputt gemacht werden (siehe oben den Hinweis auf Agenda Grinding America Down) Und das Beste was ich für Sie aus diesem Ereignis Buchmesse ziehe, ist dass Sie immer bekannter werden und mehr Leser bekommen. Insofern, danke, an die linken Dummköpfe und Pöbelralles.