Gleichzeitig gießt Online-Kolumnistin Sibylle Berg Kerosin ins Feuer.
Klingt also nicht ganz ausgewogen, aber immerhin: Man kann eine Sache so oder so sehen! Nur: So ist es nicht, es ist wie immer.
Uwe Krüger, ein echt professioneller und unabhängiger Medienspezialist, hatte in seiner vielbeachteten Studie Mainstream, warum wir den Medien nicht mehr trauen (2016) herausgearbeitet, inwiefern „abweichende“ Meinungen (als Ausnahme, die die Regel bestätigt) systemstabilisierend wirken.
Man könnte sich die Mühe machen, mal sämtliche Nachrichten und Kommentare des Spiegel-Universums hinsichtlich des Themenfeldes AfD/Konservative/Neue Rechte zu untersuchen. Und zwar dahingehend, ob sie von einer wohlmeinenden, einer neutralen oder einer abwertenden Warte aus verfaßt wurden. (Wer mir ein glaubhaftes Ergebnis präsentiert, das signifikant von meiner Schätzung 1:1:8 abweicht, erhält ein Exemplar Mit Linken leben gratis!)
Zunächst zu Jan „Stabilisator“ Fleischhauer: Ja, er wendet sich gegen die linken Kreischfanfaren von der Buchmesse. Sie erinnern ihn „an Nonnen, die sich vor Kinos aufstellen, in denen unzüchtige Filme gezeigt werden.“ Kein ganz schlechtes Bild; es macht den Reinheits- und Sterilitätsfimmel der Linken deutlich, ihre Dogmengläubigkeit und ihren Ausmerzungsanspruch. Nur hält sich Fleischhauer selbst hübsch sauber.
Denn die Proteste richteten sich gegen einen „Kleinstverlag aus Sachsen-Anhalt“ (geht´s eigentlich noch herablassender? Wir haben acht Festangestellte, insofern wäre die Frankfurter Buchmesse eine Veranstaltung, die vornehmlich „Kleinstverlage“ präsentiert), der sich auf „rechte Erweckungsliteratur“ spezialisiert habe.
Fleischhauer gibt sich nicht ab mit unserem Recht, grundgesetzkonforme Bücher auszustellen. Er lästert nur über die spaßbefreite Protestformen gegen uns. Das müßte besser laufen, wünscht er sich. „Es wird wirklich Zeit, daß wieder der Geist von Fritz Teufel in die Linke fährt.“ Also mit Wasserpistolen und so – sooo cool.
Insofern ist Sibylle Bergs Spiegel-online-Beitrag nicht gerade ein Kontra, sondern eine Verschärfung. Ich habe mich schon mehrfach in der Jungen Freiheit und in der Sezession darüber ausgelassen, daß ich Berg für eine schizophrene Gestalt halte.
Ich habe alle ihre Romane gelesen und (mal mehr, mal weniger) genossen; mir scheint, wir teilen einen gewissen Weltekel. Ich schrieb:
Der Mensch ist bei Berg eine lächerliche, nichtswürdige Kreatur, aus der unablässig etwas rinnt, Tränen, Schweiß, Sperma. Er hechelt nach Liebe, durchaus in echter Sehnsucht, er verfehlt sie zuverlässig. Aus allen Bergwerken spricht eine schier unerschütterliche Menschenfeindschaft, oder freundlich gesagt, eine spröde Melancholie, die nach einem Hoffnungsflämmchen schielt, das vielleicht noch glüht, aber meist nur eine matte Illusion ist. Man liest diese Bücher nicht zur Erbauung. Man tut es mit einem bösen Vergnügen, ja, mit einer gewissen Genugtuung. In Bergs Romanen leidet genau jener Menschenschlag, als dessen Personifizierung man sich beispielsweise die linke SpOn-Kolumnistin Sibylle Berg vorstellen mag. Kinderlose, bittere Halbalte, deren verknöchertes, mediokres Dasein ein Warten auf den Tod ist.
Die Lektüre von Sibylle Bergs Spiegel-online-Kolumnen, humorlos und einfältig, verkneife ich mir seit Jahren. Es ist immer dasselbe: Gezeter gegen angeblich frauenfeindliche Männer und gegen „Neonazis“. Nun ätzt sie also gegen „uns“. Das ist im Wortsinne phantastisch, und zwar solcher Art, daß man sich wunderte, würde hier nicht der Verfassungsschutz tätig.
Es geht vordergründig gegen jene Leute, die sich mit der Charta 2017 gegen den offiziösen Umgang mit „andersdenkenden Verlagen“ einsetzten. Frau Berg höhnt:
Es braucht Zonen der Ruhe, damit Rechte sich entfalten können und Feuerchen vor Heimen legen und Juden angreifen, dafür müssen wir unbedingt und dringend eintreten, wir müssen den Dialog suchen, die andere Wange hinhalten, denen demokratische Grundrechte zusichernd, die die Demokratie verachten, Trutzburgen schaffen für Hetze, die sich blumengleich entfalten darf und muss. Wir müssen Lichterketten für Verlage mit klar intellektueller rechtsextremistischer Ausrichtung bilden, beten für deren Autoren, die bekennende Faschisten sind.
Sibylle Berg meint im Ernst: uns. Wir seien die, die „Feuerchen legen“, „Juden angreifen“ und Autoren führen, die „bekennende Faschisten“ seien. Das Schlagwort „Lügenpresse“ scheint mir hier etwas harmlos. Wenn dies nicht Volksverhetzung ist, was dann?
Frau Berg will es nicht bei bloßen Gedanken belassen. Sie ruft zu Taten auf, zumal hinter den sieben Bergen, jedenfalls tief in den Schlünden und Schluchten des Bergwerks und damit unsichtbar für jeden anderen bereits „Fahnen gehißt“ und „Schaufenster beschmiert“ werden:
Vielleicht ist der Schwarze Block, die jungen Menschen der Antifa, die Faschisten mit dem einzigen Argument begegnen, das Rechte verstehen, die einzige Bewegung neben einem digital organisierten Widerstand, die eine Wirkung hat. Es wird nichts mehr von alleine gut. Die Regierung wird uns nicht retten. Allein eine Neudefinition des Begriffs linker Aktivismus kann den Schwachsinn des Hasses und der Menschenverachtung stoppen. Während die guten Linken immer noch sitzen und über eine gelungene Gesprächsführung mit Schlägern, Brüllern und Menschenhassern nachdenken, spielt draußen das gute alte Liedgut, die ersten Schaufenster werden beschmiert und Fahnen gehisst. Die Zeit des Redens ist vorbei. Es geht um die Rettung der Menschlichkeit.
Letzteres, liebe Frau Berg: d´accord. Über die Mittel und Wege aber – ist das Ihr Ernst? Meine Medititationsaufgabe an Sie: Wo genau sitzen der „Schwachsinn des Hasses“ und die „Menschenverachtung“? Bitte mal ganz tief Luft holen!
Und an die professionellen Bergbetreuer vom Spiegel: Geht‘s eigentlich noch? Wenn Ihr Autorin beschwört, daß die „Zeit des Redens vorbei“ sei? Was also dann? Es hört sich nicht so an, als sei der „Ausweg Trillerpfeife“ gemeint. Was also dann?
Dürfen wir Morddrohungen etc. an Ihre Redaktion weiterleiten? Auch die mit genauer Ortsangabe, wo alsbald „Kubitscheks aufgespießter Kopf“ zu besichtigen sei?
S. J.
Was auch immer Sybille Berg antreibt, sich wie auf dem berühmten Gemälde von Delacroix zu stilisieren, werden wir so schnell nicht erfahren; eines jedoch wissen wir schon jetzt: Sie nimmt es inhaltlich nicht so genau und sie ist sich auch nicht im Klaren ob dessen, was sie da eigentlich in juristischer Hinsicht geschrieben hat. Mich wundert es nicht, wenn jemand in schreibstubiger Entrückung abstruse Visionen hat. Eigentlich sind die Redaktionen gehalten, schriftliche Marodeure einzufangen. Wie dem auch sei, wenn Sybille Berg nicht schriftlich marodiert, tun es 50 andere. Sie können jetzt Anzeige erstatten (vermutlich mit Erfolg) und müssten noch weitere 50 hinterherschicken, oder Sie lassen den Unsinn so stehen und für sich sprechen.