Sibylle Berg: Der Tag, als meine Frau einen Mann fand.

Es gibt gute Gründe, von der Lektüre dieses Buches abzusehen. Einer der gewichtigen wäre:...

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Das Alter ego der Roman­au­to­rin. Sibyl­le Berg, Jahr­gang 1962, gebür­ti­ge Wei­mare­rin, Wahl­schwei­ze­rin, ver­öf­fent­licht seit 1997 Roma­ne von mitt­le­rer bis her­vor­ra­gen­der Qua­li­tät. Die ande­re Sibyl­le Berg publi­ziert Woche für Woche in ihrer Spie­gel-online-Kolum­ne unter der Über­schrift „Fra­gen Sie Frau Sibyl­le“ Ergüs­se, die fast durch­gän­gig haß­zer­fres­se­nes, lin­kes Geze­ter sind.

Unse­re zeit­ge­nös­si­sche Sibyl­le ähnelt inso­fern ihrer mytho­lo­gi­schen Schwes­ter: Es gibt ihrer vie­le. Die „Ur-Sibyl­le“ ist unbe­kannt, sie spricht als Ora­kel dop­pel­deu­tig und in Rätseln.

Zwei­ter Grund gegen die Lek­tü­re: kennst du einen (Berg-Roman), kennst du alle. Der Mensch ist bei Berg eine lächer­li­che, nichts­wür­di­ge Krea­tur, aus der unab­läs­sig etwas rinnt, Trä­nen, Schweiß, Sper­ma. Er hechelt nach Lie­be, durch­aus in ech­ter Sehn­sucht, er ver­fehlt sie zuver­läs­sig. Aus allen Berg­wer­ken spricht eine schier uner­schüt­ter­li­che Men­schen­feind­schaft, oder freund­lich gesagt, eine sprö­de Melan­cho­lie, die nach einem Hoff­nungs­flämm­chen schielt, das viel­leicht noch glüht, aber meist nur eine mat­te Illu­si­on ist.

Man liest die­se Bücher nicht zur Erbau­ung. Man tut es mit einem bösen Ver­gnü­gen, ja, mit einer gewis­sen Genug­tu­ung. In Bergs Roma­nen lei­det genau jener Men­schen­schlag, als des­sen Per­so­ni­fi­zie­rung man sich bei­spiels­wei­se die lin­ke spon-Kolum­nis­tin Sibyl­le Berg vor­stel­len mag. Kin­der­lo­se, bit­te­re Halbal­te, deren ver­knö­cher­tes, medio­kres Dasein ein War­ten auf den Tod ist. Das ist para­dox, es ist fast schizophren.

Ich stel­le es mir gern so vor – man hat zur Frau Berg gesagt:

„Dir muß schon klar sein, das ist ein­fach zuviel geball­ter Kul­tur­pes­si­mis­mus, zuviel Deka­denz­auf­spie­ße­rei, zuviel Men­schen­haß, zuviel Haß auf das links­li­be­ra­le Publi­kum in dei­nen Büchern. So was geht nicht gut. Nicht Buch für Buch. Du kommst damit in eine recht­fer­ti­gungs­be­dürf­te Position.“

Berg: „Hm. Ich kann halt nur böse. Die Men­schen sind so dumm.“

„Okay. Dann brau­chen wir einen Aus­gleich. Mach doch so eine wöchent­li­che Kolum­ne, wo du gehäs­sig über all das schreibst, was genau die Leu­te has­sen, die du in dei­nen Büchern blu­ten läßt. Schreib gegen die Kir­che, gegen Rech­te, gegen Homo­pho­be, gegen Glu­cken­müt­ter, so was. Kannst du das?“

„Ich kann gegen alles.“

Irgend­wie so muß es lau­fen! Licht­mesz und ich haben schon ande­rer Stel­le ver­sucht zu erklä­ren, war­um die Berg trotz ihrer bös­ar­ti­gen und bil­li­gen Aus­fäl­le so vie­le Leser in unse­rem Milieu hat.

In Bergs neu­em Roman geht es um Chloe und Ras­mus, Mitt­vier­zi­ger bei­de, seit zwei Jahr­zehn­ten ein Paar. Er ist ein einst hoff­nungs­vol­ler, nun abge­half­te­rer Thea­ter­re­gis­seur, sie macht was mit Büchern.

Mag man den Berg-Sound, so emp­fin­det man bereits an der Namens­wahl die­bi­sche Freu­de. Es sind leicht über­kan­di­del­te upper­class-Namen, die man mit dem Hin­zu­fü­gen oder Weg­las­sen ganz weni­ger Buch­sta­ben zu häß­li­chen Spott­be­zeich­nun­gen fin­gie­ren kann. Unse­re Chloe jeden­falls ist, das ehe­li­che Geschlechts­le­ben betref­fend, ste­ril wie die Wir­kung von Chlor. Dane­ben aber hat sie eine ande­re, schmut­zi­ge Sei­te – ohne e.

Bei ihrem Mann, dem dünn­bei­ni­gen, leicht spitz­bäu­chi­gen, unter Haar­ver­lust lei­den­den Ras­mus, könn­te man in zwei Vari­an­ten dem Namen zwei, drei Buch­sta­ben ein­fü­gen, und man hät­te eine vita­le und eine düs­te­re Sei­te auf­ge­deckt, die in die­ser arm­se­li­gen und höchst gewöhn­li­chen Krea­tur schlummern.

Gewöhn­lich heißt ordi­när, hier­mit wär man beim Berg­schen Code. Natür­lich gibt es wie­der eine Men­ge Por­no auch in die­sem Buch. Zur dies­be­züg­li­chen Qua­li­tät kann ich wenig sagen, mei­ne katho­li­schen Refle­xe sit­zen hier zuver­läs­sig. Ich habe die­sen inne­ren Piep­ton, der mich sol­che Pas­sa­gen flink über­blät­tern läßt.

Chloe und Ras­mus leben in gewöhn­li­cher Sym­bio­se. Sie lie­ben sich, see­lisch, aber da fun­kelt nichts. Es gibt auch geis­ti­gen Aus­tausch: die übli­chen Sti­mu­li lin­ker Intel­lek­tu­el­ler. Bei Wag­ner „die­sem ver­damm­ten juden­has­sen­den Olm“ kriegt der sonst zorn­lo­se Ras­mus „Schaum vorm Maul“. Er hört gezielt Wag­ner, um sei­ne Thea­ter­stü­cke zu kon­zi­pie­ren, ein Holo­caust­stück mit Pup­pen, etwas mit Nack­ten und Schä­fer­hun­den, es geht um deut­sche Küche, Asy­lan­ten, Neo­na­zis, stets Stü­cke, die unse­rer Gesell­schaft den Spie­gel“ vorhalten.

Doch die deut­sche Thea­ter­sze­ne mit ihren nackt seil­hüp­fen­den alten Frau­en und den schwe­ren Kör­pern, die sich über den Boden wäl­zen, schätzt Ras­mus zu wenig, obwohl er das Hüp­fen und Wäl­zen brav mit­macht. Ein Tropf! Ras­mus wäre gern „Jude oder schwul“, lei­der ist er nur Fin­ne, und auch das redet er sich eher ein.

Er sucht nun Heil in der Drit­ten Welt, „poli­tisch kor­rekt“ in einem der „Län­der mit sub­op­ti­ma­ler Ein­kom­mens­struk­tur“, wie die Berg ätzt.

Dort will er – Chloe beglei­tet ihn – ein gro­ßes Kul­tur­pro­jekt ent­zün­den: deut­sche Gedich­te mit exo­tisch-ein­hei­mi­schen Rhyth­men ver­knüp­fen. Er hat edle, vita­le Wil­de, begie­rig nach Kunst, gesucht, „lachen­de, strah­len­de jun­ge Men­schen, die jubelnd euro­päi­sche Kul­tur­gü­ter fei­ern.“ Er will sie für das ganz gro­ßen Glo­bal­thea­ter begeis­tern. Er fin­det vor: „Idio­ten“, „Hohl­köp­fe“, die nichts wis­sen wol­len von „Euro­pa im Win­ter, von Depres­si­on, von ADHS“, die nur (ohne jeden Enthu­si­as­mus) mit­ma­chen, weil es nach der Pro­be Bier gibt. Ras­mus bemüht sich, ihnen klar­zu­ma­chen, „daß wir im Kern alle gleich sind und ähn­lich am Leben lei­den.“ Aber: „Alles, was sie von uns wol­len, sind iPods.“

Ras­mus ver­zwei­felt. Chloe ver­zwei­felt an der Ver­zweif­lung ihres Man­nes. Auf dem Tief­punkt des gemein­sa­men Elends läßt sich sich, opi­um­be­rauscht, flach­le­gen. Von Ben­ny, einem Tou­ris­tin­nen­fi­cker. Auf ihn setzt Chloe nun all ihre trau­ri­gen Hoff­nun­gen, auch als das unglück­li­che deut­sche Paar (nach 142 Sei­ten) abge­reist ist, wie­der in ihrer kin­der­lo­sen „archi­tek­to­nisch inter­es­san­ten“ Woh­nung weilt und „gemein­sam mit den End­ge­rä­ten“ im Bett frühstückt.

Und Ben­ny kommt tat­säch­lich in die­ses erbärm­li­che Deutsch­land, und wie! Auf­grund mei­ner Ekel- und Anstands­bar­rie­re habe ich zahl­rei­che Sei­ten über­blät­tert, in denen es heiß her­ge­gan­gen sein muß, über­all in der Woh­nung. Ras­mus lauscht sei­ner Frau und ihrem Lieb­ha­ber. Er ver­sucht, frau­en­feind­li­che Phan­ta­sien zu ent­wi­ckeln, aber es gelingt ihm nicht. Er ima­gi­niert, wie er Ben­ny aus der Woh­nung zerrt, ihn in den Hin­tern tritt,

„er fällt die Trep­pe run­ter, die Nach­barn, gute Lin­ke, halb­jun­ge Men­schen, öff­nen die Woh­nungs­tü­ren und schau­en erstaunt, so viel Leben­dig­keit haben sie seit Jah­ren nicht mehr erfahren.“

Doch das bleibt Phan­ta­sie. Statt­des­sen schlägt Ras­mus sich den Hin­ter­kopf an der Wand blu­tig und probt ein Stück mit „einer jun­gen Frau mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, in dem Hit­ler vor­kommt und eine Rei­se von Asy­lan­ten in die Uckermark.“

Ras­mus hofft, Ben­ny möge vor­über­ge­hen wie eine Erkäl­tung. Tut er nicht, statt­des­sen bringt er neue, aus­län­disch spre­chen­de Freun­de, viel­leicht Roma wie Ben­ny selbst, mit in die Bude. Die sau­fen und kif­fen und brin­gen dem teu­ren Tep­pich unschö­ne Brand­lö­cher bei. Ras­mus schließt Frie­den mit dem Lieb­ha­ber sei­ner Frau.

„Er erscheint mir plötz­lich wie das rei­ne Leben, der Raum wird hel­ler und wär­mer durch ihn. (…) Ich lebe Offen­heit. Ich bin der Migra­ti­ons­be­auf­trag­te in mei­nem Mit­tel­klas­se­le­bens­ent­wurf. Ich bin beschwingt von mei­ner eige­nen Tole­ranz, und dafür kann ich Ben­ny nicht aus­rei­chend danken.“

Auch Ras­mus´ urfe­mi­nis­ti­sche Mut­ter fährt auf Ben­ny ab. Ras­mus beschließt, die neue Mul­ti­kul­tur in sei­nem Wohn­zim­mer herr­lich zu finden.

„Ich wer­de mal etwas kochen, ich ver­mu­te, ein Gericht mit Fleisch­kno­chen käme sehr gut an, aber wir sind die Vege­ta­ri­er, natürlich.“

Der Roman endet blu­tig und fried­lich zugleich – eine beson­de­re Poin­te, über die zu grü­beln wäre. Inter­es­sant, daß das lin­ke Feuil­le­ton die­sen erschüt­tern­den Roman (Berg selbst: wie „Hou­el­le­becq mit bes­se­ren Sex­sze­nen“) von Welt bis taz ähn­lich gelun­gen fin­det wie unsereins.
Dan­ke, Sibyl­le Berg.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (50)

Innerer Exilant

23. Februar 2015 21:14

Hm, das erinnert mich irgendwie wieder daran, warum ich selten Bücher lese, die nach den 50ern geschrieben wurden.

der demograph

24. Februar 2015 00:34

Benny mag im Roman Rom sein, im echten Leben wär er Ghanaer oder Kameruner

Alexander

24. Februar 2015 08:08

Wo bleibt Diez?

Der Gutmensch

24. Februar 2015 09:22

Ich habe vielleicht einen anderen Geschmack ... aber das hört sich alles so ausgelutscht an, dass ein wenig harter Porno das Niveau eigentlich bloß heben kann; ich meine, wenigstens ist der dann nicht so seelisch- verdruckst, sondern kommt ganz klar auf den eigentlichen Punkt (möchte man jedenfalls hoffen). Ansonsten frage ich mich immer, in welcher Eierkuchen-Welt unser Sybillchen eigentlich rumschwirrt, dass sie immer noch meint, uns noch große Geheimnisse zu verraten, wenn sie uns ins Ohr zischt: Die Menschen sind ja sooo böse auch wenn sie sooo harmlos daherkommen! Ja, ja, wir wissen das, wir leben nämlich noch! Womöglich werde ich einfach alt? Aber irgendwie finde ich es mittlerweile spannender, wenn mich die Menschen mal in die andere Richtung überraschen. Kommt so selten vor.

Luise Werner

24. Februar 2015 11:15

Wer liest wann und wo Belletristik?
Geht man im Sommer am Badestrand entlang, so sieht man auf den Decken und Liegen der Familien allermeist keine Bücher, und wenn dann noch am ehesten das Hartpappbilderbuch fürs Kleinkind. Bei Paaren oder Einzelpersonen tauchen dann Bücher auf; in der Reihenfolge die "Bücher zur Fernsehserie", die tausendseitigen Historienbestseller, die skandinavischen Krimis.
Zu Hause auf dem Nachttisch mag das anders aussehen. Da findet man bei manchem Familienvater vielleicht einen Houellebecq, während sich die Mutter in Irving vertieft.
Wer liest also Sybille Berg? Frau Kositza, ich bilde mir ein, Ihren Ausführungen entnehmen zu können, dass Frau Berg erstens für all jene schreibt, bei denen der Reproduktionsfaktor auf glatt null verharrt. Und zweitens für all die, denen es Vergnügen macht, ins Jammertal der kinderlos Alternden zu schauen. Immerhin eine zahlenmäßig beachtliche Klientel.
Mich schaudert vor der kaprizierten Lebensuntüchtigkeit beim oben genannten Franzosen, ebenso wie bei der Berg.

Simon

24. Februar 2015 11:51

„Okay. Dann brauchen wir einen Ausgleich. Mach doch so eine wöchentliche Kolumne, wo du gehässig über all das schreibst, was genau die Leute hassen, die du in deinen Büchern bluten läßt. Schreib gegen die Kirche, gegen Rechte, gegen Homophobe, gegen Gluckenmütter, so was. Kannst du das?“

Das klingt ein bischen an den Haaren herbeigezogen. Ich denke, das ist viel unkomplizierter: Die Frau ist links, hat linke Freunde, und kennt sich deshalb auch am besten mit den linken Milieu aus. Deshalb kann sie darüber überzeugend schreiben.

Das ist das Dilemma vieler Schriftsteller, dass ihnen gar nichts anderen übrig bleibt, als das eigene Milieu blos zu stellen. Wenn sie über ihre politischen Gegner negativ schreiben, wird das schnell holzschnittartig, wenn sie über das eigene Milieu positiv schreiben, wird das ganz schnell langweilig.

Czernitz

24. Februar 2015 12:37

Oft höre ich Leute von Axolotls und Feuchtgebieten reden, jetzt hier auch von Bergwerken. Aber lesen? Es gibt Wichtigeres. Wenn ich Belletristik lesen müßte, die eine Frau geschrieben hat, dann würde ich etwas von Annette von Droste-Hülshoff lesen. Oder kann mir jemand eine Autorin nennen, die die letzten 100 Jahre Literaturgeschichte überdauert hat?

antwort kubitschek:
überdauern werden werke von elisabeth langgässer, gertrud von le fort, christa wolf, herta müller, elfriede jellinek, jenny erpenbeck usf., ich wundere mich über leute, die denken, das denken müsse 100 jahre abhängen.

KW

24. Februar 2015 12:42

Eben weil bei der heutigen Belletristik das Linke durchschimmert, d.h. alles beschrieben wird, was ich im Alltag sehe und hasse, tu ich mir nicht auch noch solche Bücher an. Im Fernsehen vermeiden wir ebenfalls Sachen, die einen aufregen. Keine Sendung ohne den Quotenschwulen oder -ausländer. Gestern schrieb ich an Vox, weil ich mir die Vorabendserie diese Woche deshalb nicht ansehen kann.

Kay-Uwe Klepzig

24. Februar 2015 13:12

Höhö.
Die Kositza hat Bergwerk gesagt.
Höhöhö.

Ja, soviel Freiraum muß Mann dem Kind in sich lassen.

Alt-Badener

24. Februar 2015 13:44

Sehen wir den schrecklichen Tatsachen nur mal genau ins Auge. Eine Gesellschaft in der es möglich ist, daß diese Tussi von ihren Ergüssen auch noch leben kann, ist eh nicht mehr zu retten. Soll sie schreiben was sie will, aber wer um Himmels Willen, kauft nur solchen hanebüchenen Schwachsinn?

Kositza: Nun, es gibt in Romanen weitaus schwachsinnigere Geschichten als diese, die mir geradezu aus dem prallen Leben gegriffen scheint.

Edewolf

24. Februar 2015 14:22

Warum sollte es schizophren sein, wenn man die Geschichtsschreibung des eigenen Niedergangs nicht solchen Personen überlassen will, die sich allen Ernstes einbilden, diesen Niedergang als Unbeteiligte und von außen zu beobachten?

Der Gutmensch

24. Februar 2015 14:28

Die verkorkste Christa Wolf soll überdauern ... also, wenn das keine Dystopie ist ... vermutlich soll sie noch in hundert Jahren als Darstellerin der Verhältnisse in der DDR herhalten - wobei, Geschichtsunterricht ist ja abgeschafft ... Sybillchen, Sybillchen - Du kriegst Gesellschaft, so arg habe ich mir das nicht vorgestellt - die Menschen sind tatsächlich bös!

Stil-Blüte

24. Februar 2015 15:44

überdauern werden werke von... elfriede jelinek...

Soeben wollte ich in meinem Gehirnfach Sibylle Berg als Blaupause von Elfriede Jelinek ablegen, da geht die Tür auf und es drängeln längst zu Mumien gewordene und begrabene Ikonen der 'Emanzipation und Frauenliteratur' herein: Verena Stefan 'Häutungen', Simone de Beauvoir 'Das andere Geschlecht', Susan Sonntag, Esther Vilar, Christa Reinig. Allen voran Elfriede Jelinek.

Das hat mich mehrmals verblüfft: Warum nicht wenige Männer - außer einem Mitglied des Nobelpreiskommités, der wegen der Nominierung von Jelinek aus Protest ausgetreten ist - ihre verbale Sturzflut, um nicht zu sagen, ihren verbalen Ausfluß interessant finden.

Gewiß, gemeinsam beiden Autorinnen ist eine auffallend rege Tätigkeit im Oberstübchen, gepaart mit ausschweifenden Ausschweifungen - oh Dunnerkeil - ins Unterteil!

Mein Verstellung: Es gibt eine klassische Frauenliteratur und eine klassische Männerliteratur, die jeweils nur dem eigenen Geschlecht ohne Ressentiments zugänglich ist. Frauenliteratur: Brief-, Tagebuchkultur, märchenhafte, poetische, romantische erotische Liebes-, Familien- Reiseromane. Biografien. Männerliteratur: Science-fiction-, Abenteuer-, Kriegs-, Cowboy-, Horror- literatur. Und solche wie de Sade und Jelinek, letztere, geadelt durch den Nobelpreis, das Anrüchige wortreich in der gehobenen Literatur erstarren läßt. Hierzu noch ein 'Jelinek-Versteher': 'Ich möchte beim Lesen im Kopf angeregt, nicht im Sch... erregt werden. Das tut meine Liebste.'

Ist das ein Zeichen von 'guter' Literatur, wenn sie beides amalganisiert? Die tiefgründigsten Frauengestalten und Affinitäten zum Männlichen habe ich in Gesellschaftsromanen von Männern - Tolstoi 'Anna Karenina', Gustave Flaubert: 'Madame Bovary', Theodor Fontane 'Effi Briest', Knut Hamsun 'Victoria' - gefunden.

Mit Vergnügen und großen Erkenntnisgewinn gelesen: Paul Möbius 'Über den physiologischen Schwachsinn des Weibes'. Halle. 1912.

t.gygax

24. Februar 2015 15:55

Zu Stil-Blüte: es erfreut, wenn heute noch sich jemand an Knut Hamsuns "Victoria" erinnert. In Hamsuns Romanen gibt es unglaublich "starke" faszinierende Frauengestalten, widersprüchlich wie das Leben selbst, aber manchmal viel interessanter als die Männer. Hinweis: "Edvarda" in dem Roman "Pan", das ist schon zeitlos, einfach genial.......

frederick

24. Februar 2015 16:00

Noch einmal: das Geätze, Polemisieren und Kritisieren in einem luftleeren Raum trifft auf keine Wiederstände. Deshalb werden sie immer schriller (Bomber, do it again), maßloser (refugees welcome) und irrer (ihr habt den Krieg verloren, ihr habt, ihr habt...). Die BRD-Kultur ist blutleer, impotent und uninspiriert. Die Lumpen dort glauben an nichts, brennen für nichts, sind nicht begeisterungsfähig aber dafür gehässig. Der Nachwuchs versiegt, weil die Gedanken und Texte (z. B. von Berg) bößartig und nicht erbaulich sind. Diese Lebensentwürfe sind unattraktiv, weil einfältig: immer wollen diese Subjekte Schwachstellen suchen und diskutieren und maßregeln und ihre Verachtung kundtun (Antifa: "Euer Drecksnest kotzt uns an"). Sie vergeuden ihre Lebenszeit damit, altgewordene Vertriebene während ihren Vertriebenveranstaltungen mit Liedern wie time to say godbye seelisch verletzen zu wollen.
Der Geist, der dieses Lied auswählte und die beabsichtigte Wirkung sich erhoffte, ist der gleiche wie der, der dem Protagonisten in Bergs Buch den Namen Rasmus gibt. Das weiß ich gewiss.
Weitere Hervorbringungen dieses Geistes sind Kolumnen, Kommentare und Meinungen. Sie schieben sich gegenseitig den Ball zu - Diskurse wie der um Brüderle sind ein Selbstzweck.
Sie machen das mit einer traumwandlerischen Routine und autistischer Unbekümmertheit. Das nützt sich alles ab.
Personen wie Berg erübrigen sich von selbst. Ihre Wirkung ist sehr gering (kinderlos) und beschränkt sich auf gleichgepolte Zustimmer-Schafe oder gleichgeartete Schreiberlinge, die sich wichtigmachen oder aber auf Unerfahrene, die meinen, sich mit ihr auseinandersetzen zu sollen.
Diese Subjekte sind schon sturmreif, sie haben nichts aufzubieten. Aber sie sind Deutsche und könnten auch viel besser sein. Das hat Ihr Mann hoffentlich gemeint als er sagte, dass zwar ein Riss durch unser Volk, man aber letztlich um alle kämpfen muss.

Eisenhans

24. Februar 2015 16:04

Warum zum Teufel haben viele dieser Linksschrullen eigentlich so eine
erschreckende Physiognomie ? Zählt das vielleicht zum Arteigenem Geheim-
code ? Erinnert mich an Loriots "Maske". Evelyn Haarmann als Reporterin zu Vico von Bülow alias Victor: "Würden Sie mal Ihre Maske abnehmen!?"
Victor:"Wie,was, welche Maske ?"

Stil-Blüte

24. Februar 2015 18:31

@ Kubitschek @ Gutmensch

Ich meld' mich noch mal zu Wort: Christa Wolf. Nicht zu unterschätzen, was Christa Wolf den Ostdeutschen an altbewährter deutscher Tradition an Innerlichkeit, Pathos, Aufrichtigkeit, Beherrschung der deutschen Sprache, parallel zu Heinrich Böll im Westen, beide integere Instanzen, gegeben hat. Erweckungserlebnis: Über die Günderrode. 'Kassandra': Weiblichkeit verstanden in einem Ruck, beinahe in einem Rausch gelesen. Danach: Vorbei. Die Öffnung ins Alte und Weite kann die jahrzehntelange Dürre einer DDR-Existenz nicht wettmachen. E i n Ballon zum Fliegen gebracht, doch dann beim Wiederlesen - für mich Merkmal von Qualität - geplatzt. Eine einzige Nacht gegen das Lesen der alten Griechen, immer und immer wieder, egal wann; zeitlos, universell.

@t.gygax
Auch ich bin erfreut über Ihre Neigung für Knut Hamsun. Wäre deutsche Kultur/Literatur als die gesicherte Größe 'Dichter und Denker' je entstanden, hätten sich die Geistesgrößen nicht permanent Altes, Althergebrachtes anverwandelt?

Der Gutmensch

24. Februar 2015 19:04

Nee, liebe Stilblüte, ich glaub kaum, dass Sybillchen ein dunnerkeiliges Leben führt; also – in der Wirklichkeit. Ich glaube eher, Frauen schreiben aus blankem Frust! Oder aus innerer Verwirrung - wie diese unsägliche Brigitte Reimann zum Beispiel. Jeder findet sie toll – aber niemand liest sie, reiner Selbstschutz ... Bloß ich

Kositza: ich auch, und zwar gern! Ist Männern aber in der Tat nicht zu empfehlen.

war so blöd und bin drauf reingefallen, hab mich durchgequält und dann auch noch ein höchst peinliches Gespräch geführt – mit jemandem, der es natürlich von Anfang an besser wusste und bloß so getan hat, als habe er gelesen! Was er selbstredend nicht zugab, sondern mich lieber mit allerlei unsachlich-herablassenden Bemerkungen auf die Palme trieb. Vielleicht ist das auch der Schlüssel zur männlichen Begeisterung für die Jelinek … womöglich schafft einfach kein Mann mehr als zwei Seiten davon und improvisiert einfach irgendwelchen Stuß vor sich hin … das würde doch so einiges erklären … Da fällt mir übrigens noch eine weitere Variante ein, die Frauen an den Schreibtisch drängt: Sie wollen streben und artige Mädchen sein. Wie unsere Christa! Die mein unerfreulicher Gesprächspartner übrigens auch rotzfrech vorgab, gelesen zu haben. Aber diesmal bin ich nicht mehr drauf reingefallen (gelesen hab ich trotzdem und mich die Platze geärgert). Aber um zum Thema zurückzukommen: Ob explizite Stellen bei Männern auch unterhalb des Kopfes ankommen oder ob es dafür andere optische Reize braucht als Text, würde mich auch mal interessieren. Nur befürchte ich, dass das eine Frage ist, die man gesprächsweise einfach nicht wird klären können.

Simon

24. Februar 2015 19:07

"Warum zum Teufel haben viele dieser Linksschrullen eigentlich so eine
erschreckende Physiognomie ? Zählt das vielleicht zum Arteigenem Geheim-code"

Nein gehört es nicht. Ich war vor einiger Zeit auf einer Veranstaltung der Grünen und ich muss sagen, ich haben selten so viele hübsche junge blonde Mädchen gesehen.

Thomas Wawerka

24. Februar 2015 19:10

Eben weil bei der heutigen Belletristik das Linke durchschimmert, d.h. alles beschrieben wird, was ich im Alltag sehe und hasse, tu ich mir nicht auch noch solche Bücher an.

Hmm ... dass die "Kamera" gern und häufig auf das Hässliche, Abartige, Dunkle und Dumme gehalten wird, auf kaputte Menschen und dysfunktionale Beziehungen, ist nicht abzustreiten. Aber ob das etwas mit dem "Linken" zu tun hat, scheint mir fraglich. Sonst wird doch den Linken immer ihr Utopismus vorgeworfen, also gerade die ignorante Hoffung auf Besserung der Lage und infolge der Menschen. Darin zeichnet sich ein Grundoptimismus ab, der mit dem Prinzip des Pessimismus in annähernd allem, was moderne Kunst sein will, durchaus nicht übereinstimmt.

Sternenfrau

24. Februar 2015 19:44

@Eisenhans

Zur Physiognomie von Frau Berg erfährt man von ihr, dass sie einen Unfall hatte, bei dem ihr Gesicht entstellt wurde.
Seit jener Zeit spritzt sie anscheinend regelmässig Botox bzw. überlässt ihr Gesicht dem "Schönheitschirurgen" - deshalb so starr.

Ich habe einige ihrer Bücher gelesen und hatte immer den Eindruck, dass sich eine unendlich traurige Frau ihren Frust von der Seele schreibt. "Schreiben als Therapie" sozusagen.

Das trifft übrigens auch auf Elfriede Jelinek zu, von der ich außer der "Klavierspielerin" kein einziges Buch bis zum Ende geschafft habe, weil ich mir ihren Ekel vor der Welt, vor Sexualität, vor der Liebe etc. nicht "antun" wollte. Ich verstehe bis heute nicht, wie sie jemals den Nobelpreis kriegen konnte.

Frau Berg schreibt meiner Meinung nach etwas witziger, möchte fast sagen selbstironischer als Jelinek.

In ihrem Buch "Der Mann schläft" bekommt man den Eindruck, dass die Protagonistin stille Liebe empfindet und der Schluss gar noch etwas Hoffnung offen lässt.

Derartiges kann ich mir bei Jelinek nicht vorstellen. Die Frau scheint solche Gefühle gar nicht zu kennen.

Berg`s Kolumnen lese ich nicht. Ich mag das immer gleiche Gelaber der Linken einfach nicht mehr lesen/hören.

Kositza: Witzig!- wie ich. Von Jelinek auch nur die Klavierspielerin bis zum Ende, alles andere ganz schnell weggelegt. Bergs "Der Mann schläft" fand ich toll & liebenswürdig.

Meier Pirmin

24. Februar 2015 21:08

@Czerniz. Droste-Hülshoff wurde einmal genannt und Esther Vilar. Beide haben längere Zeit in der Schweiz gelebt, werden und wurden aber so wenig wie Berg als Schweizerinnen wahrgenommen. Beide hatten, je in ihrer Generation, mit Feminismus nichts am Hut. Die Droste war wie möglicherweise die Berg eine ältliche Kinderlose, nur als Lyrikerin eine ganz andere Liga. Bergs Gedicht "An die Schweiz" als eine Art europäisches UFO gehört nicht zu den 10 000 bemerkenswertesten Gedichten des Landes. Die Droste hat sich wie Hölderlin, sogar auf dessen Niveau, in feiner Poesie über den Berg Säntis ausgelassen. Eine Schweizer Autorin von Rang, noch mal ganz andere Liga als Berg, ist Helen Meier, ex-Ammann.Verlag, ex-Klagenfurt, mit einem Droste-Ton, echt männlich, wie derzeit niemand, der oder die in deutscher Sprache schreiben, ihr neuestes Werk über kleine Erweise der Freundschaft erschien in Zürichs Xanthippe-Verlag. Helen Meiers Lieblingsgedicht ist Drostes "Mergel-Grube". Grosse Schweizer Autorinnen waren und sind Cécile Lauber aus dem Umfeld von Nobelpreisträger Carl Spitteler, dessen grossartige Rede "Die Serben sind kein Pack" ihm vor Generationen das deutsche Publikum vorenthielt; unglaublich sprachmächtig die vor wenigen Jahren verstobene Erika Burkart, auch Hebelpreisträgerin, bei der jüngeren Generation herrlich unterhaltsam Bestsellerautorin Blanca Imboden "Wandern ist doof". Die genannten Autorinnen gehörten nie zum linkskonformen Kuchen.

Wohl klar überschätzt scheint mir aber, selbst bei Kubitschek, Herta Müller, der sprachliche Grösse abgeht und über die man sich mal bei den Banater Schwaben erkundigen sollte. Dort ärgert man sich nachhaltig über die Naivität der Rezeption dieser Dame, zu deren Hintergrund offenbar kein genügender Durchblick vorhanden ist. Bei der mehr linken Literaturszene in der Schweiz repräsentiert Ruth Schweikert, ursprünglich aus dem Raum Lörrach, eine Literatur, die sich sogar ohne den Hintergrund von Spiegel-Kolumnen echte Beachtung beim Publikum erarbeitet hat.

@Innerer Exilant. Man kann noch weiter zurück als in die 50-er Jahre und zu Droste exilieren, nämlich zu Mechthild von Magdeburg (1207 - 1282) , deren älteste Handschrift in alemannischer Uebertragung im Kloster Einsiedeln aufbewahrt wird: Literatur zum Teil "unter dem Schwanz des Teufels", da können moderne Pornomaninnen einpacken, dabei eine Autorin, die wie kaum eine in deutscher Sprache schreibende in ihren Werken an Dante anklingt, wie Dante stärker bei der Darstellung der Hölle und des Fegefeuers als des Himmels. Ein Exil im 13. Jahrhundert, älter als Meister Eckhart, kühner als Droste, vielleicht wirklich die grösste deutsche Autorin aller Zeiten. "Das fliessende Licht der Gottheit." Selbst Gertrud von le Fort vermag da kaum 50 Zeilen lang mithalten. In Sachen Prosa bleibt "Die Judenbuche" bis heute unübertroffen, nicht zuletzt in der Herbheit und "Männlichkeit" einer nüchternen, aber nie heilig-nüchternen Diktion. Die Droste konnte sich Hölderlins Wahnsinn nicht leisten.

Meier Pirmin

24. Februar 2015 21:11

--- Die grosse Schweizer Autorin Erika Burkart ist vor einigen Jahren (2010) natürlich nicht "verstoben", sondern verstorben. Ich habe auf www.portal-der-erinnerung.de auf sie einen Nachruf verfasst, wie übrigens auch noch auf Christa Wolf.

Martin

24. Februar 2015 21:27

Warum zum Teufel haben viele dieser Linksschrullen eigentlich so eine
erschreckende Physiognomie ? Zählt das vielleicht zum Arteigenem Geheim-
code ?

Gute Frage, Frau Bergs Styling bzw. Optik, unter anderem bei SPON, erinnert mich immer irgendwie an die Darstellung des Dracula in dem Film Bram Stoker´s Dracula von FF Coppola durch Gary Oldman (ich meine nicht den auf jungen Herrn mit Zylinder getrimmten Dracula, ich meine den alten, in dem roten Gewand auf der Burg in Rumänien). Nur eben ist Dracula Berg offenbar auch noch ein bisschen auf Magersucht. Aber egal, so manche Kolumne in SPON fand ich gar nicht so schlecht, da ab und an auch ein echter Ekel vor der Moderne durchkommt. Das spricht mich als Rechten natürlich schon ein bisschen an ;)

Überhaupt gehört sie, den SPON Kommentaren nach zu beurteilen, zu den Vampiren - sie saugen an der Welt und am Leben und geben nichts Reales und schon gar kein Leben zurück, nur Schein und die Fiktion, dem Tod durch ihre Eitelkeit ein bisschen von der Schippe gesprungen zu sein. Evtl. ergibt sich dadurch auch die Lust an der Darstellung von Rammeleien, die ja in dem dargestellten Kontext völlig sinn- und zweckfrei sind und scheinbar nur dazu dienen, sich irgendwie lebendig zu fühlen und um so den tatsächlichen Zustand des Scheintoten, des Zombiehaften oder gar "Untoten", um beim obigen Thema zu bleiben, zu überspielen oder vergessen zu machen. Natürlich alles nur unter dem - aus dem Zusammenhang gerissenen - Nietzsche Zitat "Alle Lust will Ewigkeit". Naphta in Thomas Manns "Zauberberg" würde dazu lediglich "rebellio carnis" sagen ...

Um mal wieder etwas ernster zu werden:
Ich gestehe, ich habe tatsächlich kaum Literatur von Frauen gelesen, nicht einmal die zu meiner Zeit als Kind/Jugendlicher noch fast obligate Enid Blyton. In echter Erinnerung sind mir nur, z.T. auch aus dem Englischunterricht, Jane Austen und die Brontë Schwestern geblieben (Wuthering Heights, Jean Eyre - Klasse!). Im übrigen quäle ich gerade mein Gedächtnis, aber mir fällt ehrlich gesagt spontan kein Roman ein, der von einer Frau geschrieben wurde, den ich gelesen habe oder zumindest haben könnte und der mir in Erinnerung geblieben ist ... Ich bin wohl ein Literatur-Macho, oder woran könnte das liegen?

Ach ja, die Berg hat schlechte Chancen, dass ich ich ein Buch von ihr kaufe. Die SPON Ergüsse langen mir und "Mann" kann auch nicht Alles lesen.

Kositza: Mir gefällt übrigens das Gesicht der Berg- unmaßgeblicher Einwand, ich mag halt auch Pferde. Über "Literatur-Machos" wie Sie hab ich schon öfters nachgedacht. Kurz gesagt: ich bin gewissermaßen "Weiningerianierin", hänge also Otto Weiningers These an, daß ein Mensch selten "100prozentiger Mann" oder "100prozentige Frau" ist. Die meisten Leute bergen doch Anteile des anderen Geschlechts in sich (Jahrzehnte vor Gender durch Weininger analysiert!). Die Hundertprozentigen, nicht nach Gesinnung, sondern nach purem Beschaffensein, sind meist die eher Uninteressanten, dies nebenbei.
Dem "Mann-Mann" gehen die poetischeren, feinsinnigeren, "gefühligeren" Anteile ab, dem Weibweib jegliche Analyse, die kühle Ratio. Drum haben alle 100prozentigen gar kein Faible für Belletristik. Die männlichen 90%ler (ich argumentiere verkürzt) sind Ingenieure, Mathematiker, Kopfmenschen, sie lesen keine Gedichte und keine von Frauen geschriebenen Romane. (Ausnahme vielleicht: Bücher von Frauen, die hohe männliche Anteile in sich bergen.) Die weiblichen 90%ler hingegen kommen über Chick-Lit nicht hinaus. Ich glaube, ähnlich simpel ist es!

Fredy

24. Februar 2015 22:45

Kositza hat recht. Das Interessante ist die Mischung, allerdings nur die, die erkennbar in der bestimmten, wesentlichen Eigenart bleibt. Hat etwas damit zu tun, wie sich der Andere mit den eigenen Empfindungen in andere Hineindenken kann, will und zugleich um die Andersartigkeit weiß. Und das in beiderlei, umgekehrter Hinsicht: Perfektion. Nur wenigen vergönnt.

Martin Lichtmesz

25. Februar 2015 03:34

Oder kann mir jemand eine Autorin nennen, die die letzten 100 Jahre Literaturgeschichte überdauert hat?

Flannery O'Connor... so ziemlich das krasseste Gegenteil von "chick lit", das man finden kann. Siehe auch hier:
https://www.sezession.de/45760/flannery-oconnor-glaube-gnade-und-literatur-fundstuecke-21.html

Der Gutmensch

25. Februar 2015 08:40

Eine Frau, die tatsächlich überdauern wird (oder ich würde mich sehr grämen): Yasmina Reza! Der Gott des Gemetzels ist definitiv auch Männern zugänglich; Roman Polanski hat ihn hervorragend in Szene gesetzt (u. a. mit einer wunderschönen Kate Winslet, die besoffen nölt: " und ich wisch mir den Arsch mit Euren Menschenrechten ... !"

Der Gutmensch.

Martin

25. Februar 2015 08:49

Sehr geehrte Frau Kositza,

ich muss mich jetzt, denke ich, schon entschuldigen, insbesondere, falls Frau Berg irgendwie einmal meinen Kommentar zu lesen bekommen sollte (Wahrscheinlichkeit geht wohl gegen 0). Auch wenn es jetzt eindeutig nicht so in meinem Beitrag rüber kam, wollte ich eigentlich keine Aussage über "gefallen" oder nicht "gefallen" von Frau Berg treffen. Ich hatte nur das Schlagwort "Physiognomie" aufgegriffen und dazu ein paar spontane Eindrücke niedergeschrieben. Ganz Grundsätzlich ist Frau Berg optisch interessant und verwirklicht eine Vorstellung von Styling. Frau Berg versucht auch eine gewisse Art von Strenge zu vermitteln, was zumindest in ihren Kolumnen ja auch manchmal zu Tage tritt. Oldmans Dracula ist aber eben auch optisch interessant, wenn auch weniger streng. Aber genug davon.

Ihre Analyse zu männlich / weiblich finde ich interessant und bestätigt mich, da ich keinen technischen Beruf habe, ein Stück weit in meiner Einschätzung, evtl. den falschen Beruf gewählt zu haben. Ich habe aber tatsächlich auch den Eindruck, ohne dass ich die feministische Karte jetzt spielen möchte, dass Frauen gerade in Deutschland in der Vergangenheit sich zum einen weniger literarisch, also durch Veröffentlichung von eigenen Werken, betätigt haben und dass zum anderen auch das Umfeld weitaus weniger bereit war, Frauen irgendwie in der Kritik und Rezeption großartig nach vorne kommen zu lassen, denn ich habe, immer schön Obrigkeitshörig, meine Lektüre durchaus von Feuilleton, Bekanntheitsgrad, Empfehlungen etc. leiten lassen und da kamen fast ausschließlich Autoren und keine Autorinnen darin vor. Von daher sind ja auch, seitdem ich Sezession lese, die dortigen Buchbesprechungen immer sehr wertvoll für mich, da sie eben auch nicht nur den Mainstream erfassen. Und jetzt fällt mir sogar doch ein Buch einer Frau wieder ein, welches ich über diese Empfehlung (Sezession) gelesen habe (Dannenberg - die scheint sich aber eher journalistisch zu sehen und weniger literarisch, also evtl. kein echtes Beispiel für eine Autorin auf literarischem Gebiet).

Kositza: Bevor Dannebergs Pseudonym gelüftet war, war ich mir übrigens vollkommen sicher, daß ein Mann dieses Buch geschrieben hat.

Nach Flannery O´Connor hatte ich nach dem Artikel von Lichtmesz auch gesucht, da konnte ich aber keine deutschen Übersetzungen finden.

Monika

25. Februar 2015 09:30

Der Tag, als eine Frau eine Frau für ihren Mann fand...

So könnte man das Buch von Pearl S. Buck " Die Frauen des Hauses Wu" auch nennen.
https://www.amazon.de/Die-Frauen-Hauses-Wu-Roman/dp/3596283876
Jeder Mensch hat wohl seine eigene Lesebiographie. Mein Zugang zu Büchern erfolgte in der katholischen Pfarrbibliothek meiner Heimatgemeinde. "Chick lit" stand unter Trivialliteratur. So was in der Art von Angelique. Noch früher Hedwig Courts-Mahler. Männer äußerten sich eher abfällig über solche Bücher.
An Bücher, in denen Frauen um ihr Ego kreisen und Sexszenarien beschreiben, kann ich mich gar nicht erinnern. Sie standen nicht in dieser Bibliothek.
Ich verschlang die Bücher von Pearl S. Buck. Auch eine Nobelpreisträgerin.
Man findet sie aber nicht in dem Buch "Leidenschaften, 99 Autorinnen der Weltliteratur" .
Die Mischung macht es wirklich. Interessante Ausführung, Frau Kositza.
Houellebecq verkörpert für meine Begriffe eine perfekte Mischung von männlich und weiblich. Bei Frauen finde ich diese Mischung selten. Spontan fällt mir Dorothy Parker ein.

Kositza:"Perfekte Mischung"- na, das wiederum liegt im Ermessen des Betrachters. Für sich selbst sehnt sich ein/eine "100%ige/r" vielleicht gar nicht nach einer innerpersönlichen Ergänzung durch einen Schuß männliche/weibl. Qualität. Als Paar hingegen, wiederum Weininger rekapitulierend: Ein 80/20- Weib wird am besten zu einem 80/20-Mann passen. Und ein "MannMann" zu einem "WeibWeib", so daß in der Summe immer 100% Mann und 100% Weib stehen. Weininger führt das in höchst komplizierten mathematischen Berechnungen aus.

Meier Pirmin

25. Februar 2015 10:08

@Yasmina Reza gehört zu den wenigen Frauen, die gelungene Komödien geschafft haben, so "Kunst", eine der wohl bedeutendsten Satiren auf den Kunstsnobismus der Moderne überhaupt. Esther Vilar schuf mit "Die amerikanische Päpstin" ein Meisterwerk, sowie auch die stärkste Widerlegung der These "Die Frau ist von Natur aus links".

Stil-Blüte

25. Februar 2015 10:30

Wäre Berg Engländerin, käme sie mit ihrer 'erschreckende Physio-gnom-ie' und ihrem Habitus als Exzentrikerin, Original, Apartheit, 'feme fatale' extra-ordinär zur Geltung. Wir aber unterziehen die 'linke Schrulle' einer neudeutschen pathogenen Leibesvisitation: magersüchtig, a-sexuell, depessiv. Geraten wir mithin in ein Fahrwasser, das wir ihr als Brake ankreiden?

Nehmen wir sie als An-Reiz, Buchstäblich über ihren Kopf hinweg habe ich hier viele geistige Anregungen erfahren. Und wie das so ist, mit Leuten, die man schätzt, deren Hinweise erobert man sich dann auch, z. B. O'Connor (danke, Lichtmesz!) oder die Schweizer 'Berge'.

Überhaupt finde ich es schön, dass wir hier zwischendurch auch mal richtig plaudern können

Thomas Wawerka

25. Februar 2015 10:31

Ist zwar auch schon etwas älter, aber jünger als Droste-Hülshoff: Else Lasker-Schüler. Ich mag ihre Gedichte.

Ganz am Rande und fast schon OT: Ich lese gerade Erich Auerbach, "Mimesis. Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur". Eine hochgelehrte und weitgespannte, dabei aber sehr anschauliche und kurzweilig zu lesende Monographie über den literarischen Realismus seit Homer. - Nur von wegen "wie weit kann man zurückgehen" ...

Eisenhans

25. Februar 2015 10:36

@ Simon
"Junge , hübsche Mädchen auf einer Grünenveranstaltung". Ja, solange sie
denn jung sind gehts ja noch. Auffallend ist jedoch der Wandel ab ca. dem
40. Lebensjahr. Ein bekanntes Beispiel ist Jutta(von) Ditfurth, die bis in die
Vierziger durchaus attraktiv war. Heute ist sie ein gräßliches, linkes
Flintenweib, unzufrieden, stets maulend, auch äußerlich durchaus abstoßend.
Liegt es bei diesen Furien vielleicht auch an ihren sog. Männern ?
Falls sie denn welche haben, sind die in der Regel aus dem gleichen Holz
geschnitzt, es sind nervige, klugscheißende Pädagogentypen. Wenn beide
zusammen in einem linksintellektuellen Lebenswahn verharren, mit entsprechendem Umfeld, kann daß ja nur zu entsprechenden Mißbildungen
von Charakter und allgemeinen Habitus führen. Im übrigen sollte man mal
die Frage klären, ob sich Rechte "Bürger" und ihre linken Pendants im
Habitus deutlich unterscheiden. Das gleiche gilt für Sprechweise und
Kleidungvorlieben. Oder sind unter dem Stich doch alle dem großen Hegemon jenseits des Atlantiks verfallen ?

Ein Fremder aus Elea

25. Februar 2015 11:20

Politische Meinungen interessieren mich in der Literatur nicht. Eine Satire kann an ein paar Stellen wahrhaftig sein, aber auf's Ganze gesehen treibt sie in andere Richtungen. Frau Berg geht hier in erster Linie ihrem Hang zur Kreation interessanter Konstellationen nach, ganz offensichtlich, und keineswegs geheimnisvoll, von einer Mischung aus Vergnügen an Einsicht und Freude an schriftstellerischer Weltenschöpfung getrieben, welche es ihr erlaubt zu verharren.

Denn das ist es gerade nicht, was sie tut, auf den Tod warten. Auf den Tod zu warten, ist etwas erfrischendes. Wie Morla in der Unendlichen Geschichte sagt: "Sterben! Das wäre doch mal was!"

Nein, der Tod wird nicht als Erfahrung gesehen, welche etwas Großartiges in ihrer Allverbindendheit hat, das letzte Kapitel eines jeden Lebens, sondern als etwas, was es es gar nicht gibt, denn, wie Schopenhauer meinte: "So lange er lebt, kann er sein Leben genießen, und wenn er tot ist, kann er es nicht mehr vermissen." (Paraphrase)

Und heute genießt es Frau Berg sich von Herrn Ulmen befragen zu lassen.

Aurora

25. Februar 2015 11:30

Herrschaften, ich glaube nicht, dass es eine Originalausgabe vom Sibylle Berg`schen Gesicht gibt. Es ist bloß künstlich. Daher muss man nix hineininterpretieren.

Wie bereits erwähnt wurde, erzählt sie freimütig in Interviews, dass sie dem Botox zugeneigt ist. Bekanntlich entstellt Botox früher oder später jedes Gesicht (anfangen sollen ja die meisten mit kleinen Korrekturen, können dann aber nicht mehr aufhören, nicht mehr aufhören, nicht mehr aufhören.....). Das gilt aber gleichermaßen für Männer (Beispiele gibt es doch genug).

Hier wirbt sie auch für Botox (so spart sie sich wahrscheinlich die Kosten für ihre Spritzen):

https://www.parkavenue.de/technik/kolumne-technik/bergtest-lifting/17639_/

Ein Fremder aus Elea

25. Februar 2015 12:00

Gutmensch,

Der Gott des Gemetzels ist definitiv auch Männern zugänglich; Roman Polanski hat ihn hervorragend in Szene gesetzt

Sagen Ihnen die Namen Sharon Tate und Charles Manson irgendetwas?

Ein Fremder aus Elea

25. Februar 2015 12:15

Zu Weininger,

ich sehe es auch so, man sucht sein Spiegelbild, allerdings teile ich Weiningers Auffassung nicht, daß es darum ginge, daß beide Partner im Laufe der Zeit möglichst männlich werden sollten. Ich halte eher die Mitten 75% und 25% männlich für Mann beziehungsweise Frau für ideal, m.a.W. sehr männliche Männer sollten weiblicher und zu weibische (ha, ha) männlicher werden, für Frauen entsprechend, und so macht es ja auch Sinn, denn das Spiegelbild kann so etwas zur gegenseitigen Idealisierung beitragen.

Allerdings, was Naturwissenschaftler angeht, das ist Unsinn, die sind allerhöchstens zu 75% männlich, denn sie müssen, wie man so schön sagt, ausgesprochen frustrationstolerant sein, und das sind männliche Männer nicht.

Man sieht es ihnen im übrigen auch an.

Martin Lichtmesz

25. Februar 2015 12:41

Nach Flannery O´Connor hatte ich nach dem Artikel von Lichtmesz auch gesucht, da konnte ich aber keine deutschen Übersetzungen finden.

Es ist das meiste von ihr übersetzt worden, aber nur mehr antiquarisch zu finden. Siehe Seiten wie booklooker.de.

Waldgänger (e.B.) aus Schwaben

25. Februar 2015 13:01

Man sollte in den Roman der Frau Berg nicht zuviel hinein-geheimnissen.
Sie schreibt für Ihresgleichen.

Steckt man so tief richtig drin in einer auswegslosen Lage, weil man mit Mitte Vierzig erkennt, dass das Leben an die falschen Ideale vergeudet wurde, eine Umkehr nicht mehr möglich ist, und jeder Trost, den die Religion bieten könnte, fehlt - was bleibt dann noch?

Der Blick auf jene, denen es noch beschissener geht. Und diesen Blick bietet Frau Berg ihren Lesern.

Was ihre Spiegel-Kolumne angeht, gebe ich Frau Kositza Recht. Die wirken als lästige Pflichtübung.
In den Textes unseres Freundes Diez schimmert gelegentlich der Fanatismus eines Politkommissars durch, der im Zweifelsfall lieber einen Konterrevolutionär samt Familie zuviel erschiessen lässt. Ein solcher Fanatismus fehlt den Berg'schen Texten auf SPON völlig.

Simon

25. Februar 2015 13:21

"Auffallend ist jedoch der Wandel ab ca. dem 40. Lebensjahr."

Ich habe schon öfter festgestellt, dass man glaubt, eine unsympathische politische Meinung müsse in der Regel auch damit einhergehen, dass jemand dumm, hässlich und unglücklich ist.

Sonia Mikich, Sarah Wagenknecht, Ines Pohl, Basche Mika - sehen doch alle für ihr Alter nicht schlecht aus.

Ich glaube auch, dass der Eindruck, dass die altlinken kinderlosen Frauen alle depressiv sind und mit ihrem Schicksal hadern, die Wirklichkeit überhaupt nicht trifft. Das ist auf jeden Fall nicht meine Erfahrung.

Ich habe eher den Eindruck, dass das die erste Generation ist, die selbst ihr Alter noch aus vollen Zügen genießt mit Eigentumswohnung, Haus in Südeuropa, Yoga, großem Freundeskreis und der unerschütterlichen Überzeugung, die beste coolste und aufgeklärteste Generation zu sein, die Deutschland je hatte und je haben wird.

Meier Pirmin

25. Februar 2015 13:31

@Wawerka. Sie meinen Lasker-Schüler als jünger denn Droste? Von ihr hiess es mal kurz vor 1933: "Die Tochter des Beduinenscheichs erhält den Kleistpreis!", war nicht gerade als Schmeichelei gemeint, möglicherweise von Gottfried Benn. Betr. jünger und älter. Die Droste war bei ihrem Tod bereits drei Jahre jünger als es Sibylle Berg im Moment ist, nur hat man beim Werk der Westfälin nie den Eindruck, sie sei je jung gewesen. Unvergleichlich ihr Gedicht "Die ächzende Kreatur", welches Schopenhauer und Kierkegaard auf einer je eigenen Linie poetisch "weiterdenkt", auch "frühgrün" als Klage über "die Schuld des Mordes an der Erde Lieblichkeit und Huld". Die Droste war mit Bettine von Arnim geb. Brentano gut bekannt sowie den Brüdern Grimm. Was hier indes allgemein über die Physiognomie ausgeführt wird, zumal der Sibylle Berg, befremdet, Lavaterkritiker Lichtenberg würde sich im Grabe umdrehen. Die späte Droste hatte in der Tat eine im Vergleich zu Sibylle Berg wohl noch viel "befremdlichere", ihrerseits maskenhafte Physiognomie, sie litt stark an einer Schilddrüsenkrankheit. Ihre Werke bleiben aber dem Anschein nach resistenter als diejenigen der Lasker-Schüler, welche in Zürich - wegen Uebernachtung im Freien - es mit der damaligen strengen protestantischen Sittenpolizei zu tun bekam. 1936 feierte das Schauspielhaus ihren 50. Geburtstag, obwohl es in Wirklichkeit der 57. war. Später reiste sie nach Jerusalem weiter.

Der Gutmensch

25. Februar 2015 15:47

Wenn man Ihnen folgt, lieber Fremder aus Elea, beweist das nur folgendes: Roman Polanski hat jedenfalls genug weibliche Anteile, um frustrationstolerant genug zu sein, dem Gemetzel noch ein Denkmal zu setzen.

gert friedrich

25. Februar 2015 16:23

Hanna Schygulla ist die einzige Promifrau,die Sinnlichkeit und Intellekt vereint.
Sie kuschte nicht vor Faßbinder.
Ach ja,Conny Froboess als hervorragende Theaterschauspielerin ist auch top.

Georg Mogel

25. Februar 2015 22:23

Sibylle Berg:
Welch eine alterierte Person; eigentlich keiner Erwähnung wert.
https://youtu.be/3baqMtQv0wQ

Czernitz

26. Februar 2015 06:26

Gestern bin ich in einen Buchladen gegangen, habe das hier beprochene Buch aus dem Regal gezogen und den Keel-Test gemacht. Daniel Keel, der inzwischen verstorbene Chef des Diogenes-Verlags, hat mal gesagt, daß er jedes Buch, das in seinem Haus einer Auflage erwogen wird, lesen würde, allerdings immer nur die erste Seite. Bei Sibylle Berg bin ich über einen Absatz nicht hinausgekommen. Und Daniel Keel hätte wohl noch viel schneller als ich erkannt, daß dieses Buch keine Literatur ist. Hätte er es dennoch verlegt? Verleger stehen im Konflikt zwischen Ideal und Kommerz. Der Leser aber steht auf Seiten des Ideals. Er will am Ende des Tages, der Woche, des Jahres ... sagen können: Ich habe wenig Zeit mit Schund vertan.

Natürlich muß Denken nicht abhängen wie ein Stück Wild. Aber jedes Denken kann allein durch die Zeit erfahren, ob es ein originelles Denken ist. Wenn Archtypen wie Don Quichote, Faust oder Gregor Samsa nach hundert Jahren noch leben, dann kann ihr Schöpfer sich mit einem Naturwissenschaftler vergleichen, der ein Naturgesetz entdeckt hat. Kamerad Achill lebt seit dreitausend Jahren an unserer Sseite.

Kositzas Artikel über Sibylle Berg habe ich, glaube ich, richtig verstanden als die Reportage über eine Schriftstellerin, die eben das macht, was sie machen muß, wenn sie die Eier ihrer Eintagsfliegen in alle nur möglichen Ritzen zu legen versucht.

Carl Sand

26. Februar 2015 08:25

Stimmungsverlauf: Zunächst schwankend, dann entschieden angekotzt.

Ich gebe zu, das Schmidt-Show Interview war witzig. Traf genau meinen Humor.

Auch spielt Politik in der Literatur für mich selten eine Rolle. Außer bei Ayn Rand. Da kommt dann doch der Ekel hoch. Den "Untertan" dagegen mag ich.

Abschließend jedoch:

Schluss mit der Differenziererei!

Warum sollte ich mich - und ich muss mich hier schon sehr über die Mitkommentatoren wundern -
meine Zeit mit einem Wesen verschwenden - Frau vermag ich es nicht zu nennen - dass mich so sehr hasst?

Das mich und Meinesgleichen ausrotten will. Darüber jubelt? Mir jederzeit ins Gesicht spucken würde?

Nicht eine Sekunde.

Meier Pirmin

26. Februar 2015 11:28

@Lasker-Schüler. Das mit der Tochter des Beduinenscheichs stammt nicht von Benn, der Lasker Schüler eine grosse Dichterin nannte, sondern vom Völkischen Beobachter 1932. Im übrigen scheint mir der Hinweis auf die Eintagsfliegen in diesem Blog wichtig. Solche beherrschten jedoch zu allen Generationen das literarische Tagesgespräch. Siehe Goethes Schwager Vulpius oder eben Feuchtgebiete usw. Berg mag immerhin auf ihre Weise für ihre Generation repräsentativ sein. Der Nobelpreis für Jelinek und Müller ist es eher nicht, da greift man lieber zurück auf Selma Lagerlöf.

Stil-Blüte

26. Februar 2015 12:40

@ Kositzka

Liebe Weiningerianerin,

mit Recht, denn er hat auch heuter noch unbewußte Empfindungen von Frauen und Männern in ein brauchbares Schema gefaßt. Es gälte, es weiterzuentwickeln. Wäre das nicht was für Sie? Was mir zum Beispiel als Ergänzung einfällt: Es gibt auch solche Affinitäten von 'ewiger' Kindfrau zu einem 'Vatertypen' oder verhätscheltes Muttersöhnchen zu reifer, zupackender Frau (auch Homosexualität), das Gegenteil 'Vatertochter' fällt mir dazu noch ein. Auch noch, wenn ein Kücken aus der Mugtterglucke hervorgegangen ist.

Einschränkung zu Weininger sehe ich in der potenzierten Neigung nicht weniger junger Menschen, 'sich in ihrem Körper nicht wohlzufühlen und auf Biegen und Brechen darauf aus sind, sich umoperieren zu lassen. Da wird das Anteilige weiblicher bzw. männlicher Hormone m. E. unheilvoll interpretiert, gilt es doch, aus diesen Anteilen das Beste zu machen und einen entsprechenden Partner zu finden, statt ein neues Leben zu erfinden. Und - a buchstäblich - zu was für einen Preis!

Daß das Androgyne, vor allem bei den weiblichen Künstlerinnen überwiegt, ist augenfällig nachweisbar. Umgekehrt muß es durchaus nicht so sein: Die alten Griechen waren zumeist auch Krieger und keine Hasenfüße. Und Rilke als Ausnahme bestätigt nur die Regel.

Georg Mogel

26. Februar 2015 14:33

".....Neigung nicht weniger junger Menschen, sich in ihrem Körper nicht wohlzufühlen und auf Biegen und Brechen darauf aus sind, sich umoperieren zu lassen."

Das ist eine zeitgemäße Ausformung von in allen Epochen feststellbaren (Adoleszenz-)Psychopathien. Heute wird das medial ungeheuer aufgeblasen. Nur das Pathologische ist es Wert, berichtet zu werden, so meint man. Die Paraphilien werden planvoll in das Zentrum der öffentlichen Wahrnehmung gerückt und benutzt, die Gesellschaft zu verändern. Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage...Tavistock et al.

Meier Pirmin

26. Februar 2015 14:57

War Weininger eigentlich derjenige, der vom "physiologischen Schwachsinn des Weibes" gefaselt hat?

M.L.: Moebius!

Kositza: Wobei mir Weininger viel lieber ist als Moebius, der seit Jahren auf entsprechendnen "Maskulisten" rumgereicht wird. Moebius ist so haßzerfressen. W. ist natürlich auch auf eine Art seelisch behindert (er hat sich ja mit 23 Jahren aus Juden- und Homohaß d.h. Selbsthaß das Leben genommen), aber er dringt m.E. weiter & schärfer vor, ist analytischer. Mit Moebius kan mann provozieren, W. regt zum Nachdenken an.

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