Katechese – Ein Vorhaben

Sie sind Christen, aber sie haben das Vertrauen in die herkömmlichen Vermittler religiöser Bildung... 

voll­stän­dig ver­lo­ren – zum einen in die Kirch­ge­mein­de, zum ande­ren in die Schule.

Sie erle­ben, was wir fast tag­täg­lich in der einen oder ande­ren Form erfah­ren: wie Reli­gi­on im All­ge­mei­nen, spe­zi­ell die reli­giö­se Bil­dung der Kin­der, poli­tisch instru­men­ta­li­siert wird.

Sie haben nun beschlos­sen, das nicht mehr hin­zu­neh­men und sich mit der Bit­te um eine biblisch fun­dier­te Kate­che­se an mich gewandt. Zwar sind sie Katho­li­ken und ich bin Luthe­ra­ner, aber der­lei Unter­schie­de ver­lie­ren an Bedeu­tung, je umfas­sen­der Kir­chen­lei­tun­gen ihr Des­in­ter­es­se für das ihnen anver­trau­te Volk bekun­den und die Trans­sub­stan­tia­ti­on des christ­li­chen Glau­bens zum poli­tisch-mora­li­schen Gesin­nungs­ka­ta­log vorantreiben.

Im Gespräch mit­ein­an­der stie­ßen wir not­wen­di­ger­wei­se auf die Fra­ge, ob man das Ange­bot nicht auch für wei­te­re poten­ti­ell Inter­es­sier­te öff­nen soll­te – was wir für rich­tig befan­den und was hier­mit geschieht.

Geplant ist ein Glau­bens­un­ter­richt in regel­mä­ßi­gen Abstän­den, nicht öfter als monat­lich, nicht sel­te­ner als vier­tel­jähr­lich, für Kin­der von der ers­ten bis zur ach­ten Klas­se. Er wird über­kon­fes­sio­nell und kirch­lich unab­hän­gig sein. Er wird an Wochen­end­ter­mi­nen statt­fin­den und im nächs­ten Jahr beginnen.

Da ich vor mei­ner Zeit im Pfarr­amt als Reli­gi­ons- und Gemein­de­päd­ago­ge tätig war, kann ich eine ordent­li­che reli­giö­se Bil­dung ver­spre­chen. Dafür erwar­te ich ein Min­dest­maß an orga­ni­sa­to­ri­scher Mit­ar­beit der Eltern.

Wei­te­re tech­ni­sche Details wer­den ent­schie­den, wenn Klar­heit über die Teil­neh­mer­zahl besteht. Wer mit­ma­chen möch­te, schrei­be mir bit­te bis zum 1. Advent eine Mail: wawerka[at]sezession.de.

Ein Hin­weis zum Schluß: Es kann nicht dar­um gehen, einen auf links gebürs­te­ten Glau­ben durch einen auf rechts gebürs­te­ten Glau­ben zu erset­zen – es geht viel­mehr um das „Iden­ti­tä­re“ am Glau­ben, sei­ne Befrei­ung von poli­ti­scher Ver­ein­nah­mung. Der Schwer­punkt wird also in der Ver­mitt­lung bibli­scher Inhal­te bestehen und durch wei­ter­füh­ren­de The­men ergänzt.

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Kommentare (44)

Lotta Vorbeck

16. November 2017 11:31

Ein hervorragender, höchst begrüßenswerter Ansatz!

@Pastor Thomas Wawerka:

"... Ein Hinweis zum Schluß: Es kann nicht darum gehen, einen auf links gebürsteten Glauben durch einen auf rechts gebürsteten Glauben zu ersetzen – es geht vielmehr um das „Identitäre“ am Glauben, seine Befreiung von politischer Vereinnahmung. Der Schwerpunkt wird also in der Vermittlung biblischer Inhalte bestehen und durch weiterführende Themen ergänzt."

Wenn Sie Ihren künftigen Religionsschülern das Identitäre am christlichen Glauben vermitteln, ergibt sich alles andere daraus von selbst.

Gustav Grambauer

16. November 2017 12:50

Sehr zu begrüßen.

War neulich etwas früher als geplant zu einem Zahnarztbesuch in der Altstadt von Horgen und hatte also Zeit, mich dort ausgiebig umzuschauen. Vor der reformierten Kirche ein virtueller "Speakers Corner":

https://www.zsz.ch/horgen/thesen-aus-der-bevoelkerung-leuchten-ueber-kircheneingang/story/22205936

Habe ihnen später daheim u. a. geschrieben, daß sie mit dieser Entäußerung von "Kirche für alle" (sic!, Säuglingssprache - "alle-alle"!) noch nicht einmal das Niveau von Walter Ulbrichts "Arbeite mit - Plane mit - Regiere mit" erreicht haben, wozu man auch noch sagen muß, daß es sich sowieso nur um reine Masturbation der Chefetage handelt, denn selbstverständlich, - wer hätte das jetzt erwartet -, behalten sich die Politkommissare hierzulande vor, "eine Auswahl zu treffen".

Habe mir die unzensierten Wortmeldungen "aus der Bevölkerung" etwa eine Viertelstunde lang durchgelesen. Es müssen bisher hunderte wenn nicht tausende eingegangen sein. Die Intention ist bis auf wenige zumeist pfiffig gemeinte Ausnahmen wie z. B. "Liturgie statt Lethargie" und einige von Oberschlaumeiern, die nur ihr Latinum und ihre theologische Finesse unter Beweis stellen mußten, nahezu einhellig, Fazit:

Die Masse will offenbar einen Neuaufgruß der Befreiungstheologie der 80er. Die Dritte Welt und der "soziale Fortschritt" interessieren sie mehr als eine Gottesbeziehung oder eine Verwurzelung bzw. Wiedereinwurzelung im Geiste und in der Erde. In Horgen, einer vor Reichtum strotzendsten Gemeinden der Welt, in der jeder Zweite Millionär sein dürfte, wird in vielen Beiträgen direkt oder indirekt wieder beklagt, daß "die Armen so arm sind, weil die Reichen so reich sind". Nicht nur zeugt dies von einem kameralistischen, undynamischen Verständnis der Weltökonomie und der Weltressourcen (gegen welches vielleicht dieselben Leute gern mit dem Schaum vor dem Mund angehen, wenn bei "Geflüchteten" jemand mit dem "Anteil am Kuchen" argumentiert), nicht nur offenbart sich in solchen Aussagen also eine haarsträubende Selbstwidersprüchlichkeit auf Basis einer kaum faßbaren Dimension an neurotisch-psychotischer Projektion, es zeigt sich auch ein unglaubliches Hamsterrad des Selbsthasses. Die Selbstaussagen, - und das sind sie -, sind dabei angesichts des eigenen Weltverbesserungsanspruchs folgerichtig so no-future-resignativ, daß man fast das Heulen bekommt. Diese Leute müssen todunglücklich sein.

Großteils bewegen sich die Verlautbarungen strikt in den vorschablonisierten, offenbar von der Nomeklatura vorpawlowierten Bahnen des Workshop- / Flipchart- / Stuhlkreis-Geschwätzes. Eine ganz bestimmte Struktur zog sich sogar durch viele Wortmeldungen: "Ich weiß .... (es folgt eine ideologisch-linientreue bzw. politisch-korrekte Aussage) - das hilft mir". (Mag aber sein, daß die nicht repräsentativ sind, weil sie vielleicht alle von einunddemselben Verfasser, womöglich sogar von einem Kirchen-Ideologen, stammen.)

Zentrale Topoi sind "heutige Zeit", "heutige Bedürfnisse", "moderne Welt", "Zeitgeist". Davor haben die allermeisten Verfasser komplett kapituliert. Sie kommen gar nicht auf die Idee, daß sie sich ja über den Zeitgeist auch erheben könnten. (Dies ist für den Beobachter erneut bizarr-grotesk, denn es steht im krassen Widerspruch zu dem Apotheose-Anspruch, den sie ja zugleich nahezu durchgängig geltend machen.)

Die sitzen wirklich tief drin in einem geistigen Kerker. Immerhin hat einer geschrieben "Frei werden - aber wie nur?".

Jeder hat pro Salve (sic!) 160 Schuß, aber man kann unendlich oft nachladen, Feuer frei, Ihr Sezessionisten:

https://refhorgen.ch/thesen

- G. G.

Maiordomus

16. November 2017 13:02

Ein sehr guter Vorschlag von Thomas Wawerka, den ich schon jetzt zu den massgeblichen Christen in Deutschland rechne; ein Lebemeister, nicht nur ein Lesemeister. Es war schon immer falsch, die Prälaten und Funktionäre zu überschätzen, auf diese kommt es in der Regel nicht an oder wenigstens nicht wesentlich. Beispielsweise waren, trotz einiger politischer Fehleinschätzungen, Reinhold Schneider und Edzard Schaper, aber auch Theologen wie Romano Guardini und Erich Przywara vor 80 Jahren  die bedeutendsten Christen ihrer Epoche, in Frankreich aber zum Beispiel Paul Claudel und George Bernanos. Mit solchen Leuten wird sich Wawerka nicht vergleichen wollen, es genügt aber, dass er hinsteht, wobei auf seinem Niveau Berufsverbot nun wirklich eine hohe Auszeichnung sein sollte. Als eine Möglichkeit, die durchaus nicht zu unterschätzenden Unterschiede zwischen Katholiken und Lutheranern zu kompensieren, sehe ich übrigens die Auseinandersetzung mit der deutschen Mystik, zum Beispiel Johannes Tauler, ohne den ein tieferes Verständnis von Luthers "Katholizität" schwerlich möglich erscheint. Mutmasslich hat Wawerka zwar wohl noch nicht das politisch-theologische Niveau etwa "unserer" Monika Leiser, ist aber dafür noch um Jahrzehnte jünger und hat eine bedeutende Zukunft noch vor sich, wenn er nicht resigniert und auch auf dem Feld der Theologie noch weitere Fortschritte macht. Ich erachte Wawerkas Vorschlag ehrlich gesagt für viel bedeutender und mehr in die Tiefe gehend als vordergründige Aktionen von nun mal geistig noch nicht voll ausgereiften "Identitären", wiewohl ich auch hier Hoffnungen auf einen Reifungsprozess setze und eine noch vertiefte Auseinandersetzung mit geistesgeschichtlichen und sogar theologischen Fragen, welche man in der Tat zwar nicht überschätzen, aber noch weniger unterschätzen sollte. 

@Lotta Verbeck. Ich kann Ihren Hinweis nur unterschreiben, wobei jedoch wohl "das Identitäre am christlichen Glauben" nicht mit politischer Theologie verwechselt werden sollte, ein Begriff übrigens, der von Carl Schmitt stammt, vgl. dessen diesbezügliches Standardwerk von 1922, über das Hermann Lübbe 50 Jahre spöter in Zürich ein Seminar veranstaltete.

Maiordomus

16. November 2017 14:04

 @Gustav Grambauer. Die Pointe Ihrer verlinkten Geschichte betr. die Thesen im Millionärsdorf Hergen liegt wohl darin, dass diese Thesen grafisch vergrössert werden müssen, weil fast niemand so nahe an die Kirchentür rangeht, um das Kleingedruckte zu lesen. Dass nun mal das nie zu unterschätzende Kleingedruckte des Christentums und der Bibel gelesen wird, das könnte zur Substanz der von Thomas Wawerka angebotenen Kurse gehören. Noch wichtig scheint mir, dass, ohne dass man das Kind mit dem Bade ausschütten wollte, jenseits von krudem Fundamentalismus auf die rein historisch-kritische Mode nicht eingegangen wird, und wenn schon, dann mindestens auf dem Niveau des vor ziemlich genau 13 Jahren verstorbenen bedeutenden Forschers Carsten Peter Thiede, dessen Publikationen zur Bibelforschung auf archäologischer und papyrologischer Grundlage immer noch sehr lesenwert sind, übrigens auch von Josef Ratzinger alias Papst Benedikt XVI. ernst genommen wurden. Wie auch immer: das Projekt Wawerka verdient Unterstützung. Ein Problem liegt darin, dass man in Sachen Alltag des Religionsunterrichts eigentlich auf jemanden angewiesen wäre, der einigermassen in der Nähe lebt und wohnt.

Maiordomus

16. November 2017 14:31

Korr. Das Schweizer Millionärsdorf am Zürichsee heisst natürlich "Horgen" und nicht "Hergen", es ist auch bekannt als Schauplatz einer Seeschlacht im Alten Zürichkrieg von 1440 und Station der Autofähre nach Meilen, dem früheren Wohnort von Christoph Blocher, der notabene über einen für einen Politiker überdurchschnittlichen theologischen Horizont verfügt, als Sohn und Enkel bedeutender reformierter Pfarrer aus der Umgebung des Rheinfalls. Zu den wichtigsten Gegnern einer politischen Vereinnahmung des Evangeliusm gehörte übrigens - trotz seines politischen Engagements als Kritiker des Nationalsozialismus - der moderne protestantische Kirchenvater Karl Barth (1886 - 1968). Auf denselben pflegt sich Blocher nicht selten zu berufen. 

Noch ein kleiner Hinweis für theologisch Interessierte: Ein emeritierter Evangelischer Pfarrer schreibt seit etwa einem halben Jahr eine vergleichsweise gehaltvolle Kolumne, meist zu Bibelfragen,  Woche für Woche in der "Weltwoche". Schade, dass eine vergleichbare Mitarbeit eines katholischen Geistlichen in der "Jungen Freiheit" schon vor bald zehn Jahren durch einen Bischof abgewürgt wurde.

Der_Jürgen

16. November 2017 15:30

Ich freue mich immer, wenn sich Thomas Wawerka zu Wort meldet. Sein Vorschlag ist zu begrüssen.

Als (wenn auch in etlichen Punkten häretischer) Christ empfinde ich grosse  Empörung über die Amtskirchen und ihren tagtäglichen Verrat an ihrem Glauben und ihren Völkern. Der katholische französische Dissident Vincent Reynouard formuliert es so: "Sie spucken Christus täglich ins Gesicht." 

@Maiordomus

Warum denn diese ewigen kleinlichen Seitenhiebe gegen die Identitären?  Martin Sellner weiss doch auf dem Gebiet der Geschichte und Philosophie sicher mehr als 99,9% der Menschen seines Alters. Dass er Ihnen an Wissen noch nicht ebenbürtig ist, werden Sie im Hinblick auf sein Alter sicher entschuldigen, zumal er eben nicht nur liest, sondern auch handelt. Seine Mitstreiter mögen nicht sein Wissen besitzen, aber neben Intellektuellen wie Ihnen braucht es eben auch Männer (und Frauen) der Tat. 

Wenn ein Mädchen von einem Kulturbereicherer überfallen wird, ist ihm ein muskulöser Kavallier ohne besondere philosophische Bildung sicher von grösserem Nutzen als ein feiner Rechtsintellektueller, der Spengler und Evola auswendig kennt, aber beim ersten Windstoss umfliegt. Ihm wäre vermutlich auch ein muskelbepackter Skinhead, für den schon die Lektüre eines Landserheftes eine herkulische geistige Leistung darstellt, in dieser Situation wesentlich lieber. 

Monika L.

16. November 2017 19:17

zunächst @ Maiordomus 

bringen Sie mich nicht in die Bredouille ! Und Herrn Wawerka auch nicht. Und sich  selbst noch weniger.

"In Demut schätze einer den anderen höher ein als sich selbst" ( Phil 2,3)

1. Allen, die am jetzigen Zustand der Kirche verzweifeln, empfehle ich das Buch des katholischen Priesters Thomas Frings " Aus, Amen, Ende ?" , der sein Amt als Pfarrer niederlegte  und erstmal in ein Kloster ging. In seinem Buch beschreibt er anschaulich, warum wir " immer weniger Volkskirche sind" und deshalb " zur Kirche im Volk " werden müssen.

2. Katechese ist nicht nur für Kinder wichtig, sondern auch für Erwachsene. In jeder deutschen Diözese gibt es die Cursillo-Bewegung, d.s. kleine Glaubenskurse, an denen jeder teilnehmen kann. https://cursillo.de/cursillo-der-glaubenskurs/

3. Unsere Pfarrkirche wurde vor sieben Jahren profaniert und in Eigentumswohnungen umgewandelt. Hier galt leider nicht Ezra Pounds Satz:

"the temple is holy because it is not for sale"

diese Aktion hat unsere Gemeinde ziemlich hart getroffen, aber nicht zerstört. Es werden jetzt andere Wege gegangen. Ich bin z.B. aus der Kirche ausgetreten, betreue aber immer noch etwas die übriggebliebenen alten Damen ( 80 bis 93 Jahre alt) Gesprächskreise, Vorträge. Nachdem  jetzt auch der katholische Pfarrer der Nachbargemeinde nicht mehr kommt, gibt es die monatlichen Eucharistierfeiern im kleinen Kreis in einem kleinen Raum nicht mehr. Dafür halten wir jetzt  eine Andacht mit Gebet, Singen, Erzählen, Kaffee und Kuchen.

Der Geist weht, wo er will. Und ich schätze die alten Damen sehr.

 

 

donna_alta

16. November 2017 20:44

Sehr geehrter Herr Wawerka, 

wie schade, dass ich viel zu weit entfernt lebe und aus dem Religionsschüleralter lange heraus bin. Ich wäre sonst dabei, befinde ich mich doch ebenso in einer seelischen, inneren Notlage. 

Eine wunderbare Initiative, der ich gutes Gelingen wünsche! 

 

Selbstdenker

16. November 2017 22:48

Sehr geehrter Herr Wawerka, 

welche eine grandiose Idee, leider wohne ich zu weit weg. Hoffe aber sehr, dass sich viele Leute melden. Würde es begrüssen, wenn Sie öfters hier einen Artikel schreiben. Diese Kirchenfürsten haben uns schon lange verraten und verkauft. Wünsche Ihnen nur das beste.

Zadok Allen

16. November 2017 22:57

 Sehr geehrter Herr Pastor Wawerka,

eine geistliche Notlage etwas anderen Zuschnitts bedrängt mich und sicher viele andere: ich bin nach langem Ringen aus meiner Landeskirche ausgetreten, weil ich es mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren konnte mitanzusehen, wie dort mit Glauben und Lehre Schindluder getrieben wird.

Können Sie bestimmte Freikirchen empfehlen, in die einzutreten sich lohnte? Was halten Sie beispielsweise von der EFK Riedlingen unter Pfarrer Tscharntke (bekannt für seine Predigten zur "Flüchtlings"-Frage)? Wie ist die SELK einzuordnen? Hier bedürfte ich der seelsorgerischen Wegweisung, da ich gemeindlichen Anschluß dringend suche.

Lotta Vorbeck

17. November 2017 01:21

@Maiordomus - 16. November 2017 - 12:02 PM

@Lotta Verbeck. Ich kann Ihren Hinweis nur unterschreiben, wobei jedoch wohl "das Identitäre am christlichen Glauben" nicht mit politischer Theologie verwechselt werden sollte ...

 

___________________________________

 

Keine Sorge, so war's auch gar nicht gemeint gewesen.

Das Identitäre am christlichen Glauben, wollte ich selbstverständlich nicht als poltische Agitation vertsanden wissen.

Matthäus Kapitel 22:21"Da spricht er zu ihnen: So gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist!"

Mit Grausen erinnere ich mich der späten 1970er Jahre, als man in der katholischen Kirche meiner Heimatregion Figuren wie Frère Roger Schutz oder Ernesto Cardenal huldigte.

Monika L.

17. November 2017 10:48

@Vadomar Tuonava

Genau  dieses Problem der Ortlosigkeit des Glaubens ist nicht durch ein Netzformat zu lösen. Hier ist jeder aufgerufen, das ihm Mögliche zu tun. Frau Kositza ist ein Vorbild, wie man gegen alle Widrigkeiten auch die öffentliche Seite des Glaubens  lebt.  Durch Sonntagsruhe ( kein SiN), Teilnahme am Gottes-Dienst auch dann ,  wenn das Bodenpersonal Mist erzählt. Da kann man als Gemeindemitglied zur Not auch mal eingreifen und seine Meinung äußern. Man kann sich auch mit dem Bischof anlegen. Meine Erfahrung ist, dass die meisten Pfarrer und  Laientheologen gar nicht gewohnt sind, dass man ihnen widerspricht. Sie gelten immer noch als Autoritäten. Eine kleine widerständige Gruppe kann da einiges bewegen. Als letzten Schritt kann man immer noch in die "Kirche" von außen gehen. Und von dort aus den heiligen Zorn kultivieren. Gewaltfrei natürlich. 

Die Moslems sind viel selbstbewußter, was ihren Glauben betrifft. Sie beten etwa öffentlich in Paris Clichy. Dagegen zogen Ratsmitglieder mit Schärpen in den Farben der Tricolore und die Marseillaise singend durch die Straßen, um die Korangläubigen an der öffentlichen Anbetung Allahs zu hindern.

Die Videos, die es dazu gibt, sollte man sich mal in Ruhe ansehen. Das wirkt irgendwie komisch. Ich stelle  mir vor, die Identitären, jetzt wirklich glöubig geworden, ziehen mit Kirchenfahnen und fromme Lieder singend durch die Moslemviertel , die identitären Jungfrauen loben die Heilige Jungfrau Maria und sagen: " Jesus ist der einzige Mann , dem ich folge" . Für ihr treues Glaubensbekenntnis wurde Linda Sarsour ( "Mohamed ist der einzige Mann, dem ich folge) gerade zur " Frau des Jahres" gekürt) . Mein Vater erzählte mir  von den Fronleichnamsprozessionen im dritten Reich. Das hat mich als Kind schwer beeindruckt. Es geht gerade auch darum, öffentlich den Glauben zu de-monstrieren.

Ich erinnere mich noch gut an die Zeiten der sog.  "Hinterhofmoscheen" , als Muslime ihren Glauben  heimlich in der Fremde lebten. Es wird vermutlich  die Zeit der " Hinterhofkirchen" kommen. Und dann der Weg in die Öffentlichkeit. Der Laizismus scheint mir jedenfalls nicht die Antwort auf den Islam zu sein. Houellebecq äußerte in seinem letzten Spiegelinterview ähnliche Gedanken. 

 

H. M. Richter

17. November 2017 11:20

@Vadomar Tuonawa

"[...] kommt als Organisationsform wohl nur das Netzformat in Betracht"

Man kann sich ja auch an einem Ort von Zeit zu Zeit treffen ...

Zu Zeiten des wirklich harten Kirchenkampfes in der DDR sind wir als junge Leute beispielsweise Sommer für Sommer für vierzehn Tage zu einer Rüstzeit aufs Land gefahren. Die SED-Genossen an den Schulen tuschelten dann: "Jetzt sind die wieder im Trainingslager". Ganz so falsch lagen sie damit nicht einmal. Frisch gestärkt - und vor allem mit Argumenten versorgt - kamen wir zurück, und das Schuljahr konnte beginnen.

Ich wünsche dem Katechese-Vorhaben viel Erfolg und Gottes Segen.

Unabhängig davon sollte darauf geachtet werden, daß die Anbindung der Beteiligten an ihre jeweiligen Ortsgemeinden nicht vernachlässigt wird. Auch und gerade dann, wenn dies einmal schwer fallen sollte. Denn gerade dort werden sie gebraucht, nicht zuletzt zur Ermutigung und Stärkung ihrer dortigen Schwestern und Brüder.

Neander vom Thal

17. November 2017 12:58

Sehr geehrte Monika L.

Punkt 3. und der vorletzte Absatz sind schon starker Tobak.

Ich bin als Atheist erzogen. Nun kann ich nicht mehr anders.

Trotz dieser Voraussetzung nehme ich Anteil an solchen Zeilen. 

- das Kirchen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden ist wohl eine letzte Konsequenz des entleerten Westens

- das der Herr Pfarrer aus Nachbars Dorf nicht mehr kommt... naja, wird wohl nicht wegen Überlastung sein

- und die letzten Getreuen des Glaubens müssen sich zurückziehen in einen kleinen Raum im Irgendwo

Vor meinen Augen sah ich das Bild von ein paar alten Damen, versammelt um einen Tisch, gedeckt mit einer Spitzendecke. Kaffe und Kuchen stehen bereit. Die alten Damen (wo sind die Männer?) sitzen mit gesenkten Häuptern ins Gebet vertieft. So manche denkt an ihr Kind. Es wohnt in einer fernen Großstadt, seit Monaten schon nicht gesehen...

Mir stach es im Bauch und ich dachte: “Geht hier wieder etwas zu Ende. Aus und vorbei?“.

Ja klar, ist wohl ein wenig zuviel pathetische Phantasie. Aber irgendwie ein Bild von Abschied und Untergang.

Und dann sind da noch die Menschen, die trotzdem weiter machen. 

Meinen Respekt.

 

Lotta Vorbeck

17. November 2017 16:05

@Neander vom Thal - 17. November 2017 - 11:58 AM

"...

- daß der Herr Pfarrer aus Nachbars Dorf nicht mehr kommt... naja, wird wohl nicht wegen Überlastung sein

- und die letzten Getreuen des Glaubens müssen sich zurückziehen in einen kleinen Raum im Irgendwo

Vor meinen Augen sah ich das Bild von ein paar alten Damen, versammelt um einen Tisch, gedeckt mit einer Spitzendecke. Kaffe und Kuchen stehen bereit. Die alten Damen (wo sind die Männer?) sitzen mit gesenkten Häuptern ins Gebet vertieft. So manche denkt an ihr Kind. Es wohnt in einer fernen Großstadt, seit Monaten schon nicht gesehen...

Mir stach es im Bauch und ich dachte: “Geht hier wieder etwas zu Ende. Aus und vorbei?“.

Ja klar, ist wohl ein wenig zuviel pathetische Phantasie. Aber irgendwie ein Bild von Abschied und Untergang..."

______________________________

Sie sagen es! - Ja, dies ist ein Bild von Abschied und Untergang.

Ähnlich wie von Monika beschrieben, sah es in der katholischen Diaspora in der DDR aus. Der Versammlungsraum der mitunter tatsächlich nur zwei oder drei verbliebenen Gemeindemitglieder (häufig die Letzten eines Häufleins Heimatvertriebener) war oftmals von der evangelischen Kirche gestellt, manchmal handelte es sich auch um das örtliche, evangelische Kirchlein als solches.

Tja, wo könnten die Männer wohl sein?

In den allermeisten Fällen vor ihren Frauen verstorben. Männer üben nachgewiesernermaßen die gefährlicheren Berufe aus und verfügen darüberhinaus über eine geringere statistische Lebenserwartung als die Frauen der jeweiligen Alterskohorte.

Adam

17. November 2017 19:19

 

 

 @ Zadok Allen

"Können Sie bestimmte Freikirchen empfehlen, in die einzutreten sich lohnte? Was halten Sie beispielsweise von der EFK Riedlingen unter Pfarrer Tscharntke (bekannt für seine Predigten zur "Flüchtlings"-Frage)? Wie ist die SELK einzuordnen?"

Obwohl Sie Pastor Wawerka gefragt haben, erlaube ich mir Ihnen zu raten, denn die theologischen  Innereien von Kirchen und Freikirchen sind mir ein wenig bekannt. 

Die SELK kann ich ehrlichen Herzens nicht empfehlen, insbesondere nicht in Anbetracht ihrer mittel- und langfristig zu erwartenden Entwicklung, da entsprechende Weichenstellungen in der theologischen Ausbildung schon erfolgt sind ("Der Fisch stinkt zuerst vom Kopf her").

Pfarrer Jacob Tscharntke kann ich dagegen wärmsten empfehlen. Die Themen seiner  Predigten sind sehr vielfältig und ausnahmslos hörenswert.                             

 

 

Monika L.

17. November 2017 19:48

@Lotta Vorbeck @Neander vom Thal

Ja, es ist ein Abschied. Und die Männer sind alle gestorben. Und der Polnische Pater der Nachbargemeinde hat wirklich alles getan für die paar Frauen. Zur allgemeinen Erheiterung begrüßte er die Runde immer mit " Na, meine lustigen Witwen" . Es sind heitere Stunden. Und es wird auch erzählt von Krieg und Vertreibung. 

Wer noch ein Weihnachtsgeschenk für seine alte Mutter oder Oma sucht, dem empfehle ich von Erich Kästner " Als ich ein kleiner Junge war". 

"Ja, ein halbes Jahrhundert ist eine lange Zeit. Aber manchmal denk ich: Es war gestern. Was gab es seitdem nicht alles ! Kriege und elektrisches Licht, Revolutionen und Inflationen, lenkbare Luftschiffe und den Völkerbund, die Entzifferung der Keilschrift und Flugzeuge, die schneller sind als der Schall. Doch die Jahreszeiten und die Schularbeiten, die gab es immer schon.....Fast alles hat sich geändert, und fast alles ist sich gleichgeblieben. " Köstner)

Es gibt kaum noch Generationenkontuität und auch keine Hausfrauen mehr, die das Gemeindeleben tragen. Dafür gibt es Mehrgenerationenhäuser .

Zurück zum Thema: Die Sendung der Kirche besteht aus drei Grundvollzügen:

1. Liturgie

2. Katechese

3. Caritas

Die Liturgie findet immer weniger statt, durch Priestermangel und Gläubigenmangel. Die Caritas wurde durch Wohlfahrtsverbände, die aus Bundesmitteln finanziert werden übernommen ( etwa auch die ca. 500 Mehrgenerationenhäuser in Deutschland) . Deren Programm kann man ergooglen, oder besser  nicht, sehr bunt) 

Im Bereich der Katechese lässt sich m. E. noch am meisten bewirken. 

Franz Bettinger

18. November 2017 00:39

@ Gustav Grambauer: "Jesus würde (heute) AfD wählen. Und Euer Papst würde ihn dafür (wieder) ans Kreuz nageln lassen."

Das ist These, die ich an die Horgener Reform-Kirche angeschlagen habe. Mir ist klar, dass die Lutheraner keinen Papst haben. Sie werden die These dennoch verstehen. Hoffe ich.

Franz Bettinger

18. November 2017 00:43

@ Wawerka: Wäre die örtliche Distanz nicht so groß, wäre ich dabei. Viel Erfolg!

@Jürgen, @ Monika, @ Selbstdenker und @ Zadok: Ich sehe das mit den Amtskirchen wie Sie. Deshalb die ketzerische Frage: Wäre nicht ein neues Schisma fällig? Etwa die Abspaltung einer "Identitären Kirche" (die viele Freikirchen, evangelische wie katholische, einen könnte) von der "Römisch Globalistischen Kirche"? Müsste sich nicht ein Teil der Katholiken von diesem Papst und den Seinen abgestoßen fühlen und ihn deshalb abstoßen? Für Protestanten mag ähnliches gelten hinsichtlich ihrer unsäglichen Anführer. Wäre also nicht eine "Alternative für Gläubige" nötig? Klar ist das provokant, aber wo bin ich hier? Ich hoffe unter furchtlosen Denkern. "Der Geist weht, wo er will"? Echt? Danke übrigens @Jürgen für Ihr Eintreten für Martin Sellner. Ich habe bei Ihren Ausführen herzlich lachen müssen.

Landpastor

18. November 2017 09:45

Die Lage ist traurig, aber nicht hoffnungslos. Die Idee einer Separation, um neben der offiziellen Kirche etwas mit Predigt und  Katechese aufzuziehen, hat es in der Kirchengeschichte immer schon gegeben. Mit mehr oder weniger Erfolg. Ich kämpfe für eine Erneuerung der Kirche von innen heraus. Warum wollen wir uns die durch Jahrhunderte gewachsene Kircheninstitution durch die linken Ideologen wegnehmen lassen? Seit gut zwei Jahrzehnten versuche ich meine Gemeinde als Pfarrer biblisch gebunden, lutherisch konservativ und mit Humor durch trübe Zeiten zu leiten. Das geht ganz gut und ich habe Rückhalt bei den Dörflern hier. Vor nichts hat die Kirchenleitung so sehr Angst, als dass das Kirchenvolk gegen die gängige Politik rebelliert. So wird mit großer medialer Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld der Kirchenvorstandswahlen 2018 in Hannover der Umgang mit "rechtspopulistischen" Strömungen vorgegeben. Ein AfD-Wähler etwa im Kirchenvorstand?-  horribile dictu! Gerade hat die EKD-Synode die Mittel für das kritisch-konservative Nachrichtenportal Idea gestrichen, das abseits vom kirchlichen Mainstream berichtet. Solange es "rechte (sic! – das wird die Synode bestimmt auch noch aus der Lutherbibel streichen) Hirten" (Ez. 34) ist die Lage wie gesagt traurig, aber noch nicht ganz hoffnungslos.

Gustav Grambauer

18. November 2017 22:44

Franz Bettinger

"Jesus würde (heute) AfD wählen."

Glaube ich zwar nicht, Joh. 18 / 36, aber hypothetischerweise: wo würde sich Jesus denn innerhalb der AfD positionieren?

... Denn seit Spätsommer geht der christlich-fundamentalistische Flügel / US-Bible-Belt-Flügel / reaktionäre Flügel / ultramontane Flügel / Adelslobby-Flügel / Zionisten-Flügel / Antisemitenriecher-Flügel wie ein Pitbull auf den deutsch-identitären Flügel / nationalrevolutionären Flügel / volkswohl-orientierten Flügel los. Die Herzogin von Oldenburg war zwischenzeitlich die erbittertste Kämpferin für den Ausschluß Höckes aus der Partei, jetzt erwägt sie eine Kampfkandidatur gegen ihn, da die Kräfte hinter ihr seinen Aufstieg nicht verhindern konnten.

Es würde mich auch bei vielen, die sich hier als Christen zu erkennen geben, interessieren, wie sie sich hierzu positionieren. Hoffentlich nicht auf dem Niveau, auf dem Myriaden von Christen jahrzehntelang wegen des "C" für die CDU / CSU eingetreten sind.

- G. G.

Stauffacher

18. November 2017 22:50

Ich leite als katholischer Priester eine Pfarrei in der Diözese Chur (Schweiz). Auch hier steht es um die Katechese schlecht.

Die Katechetinnen bringen in der Regel wenig Glaubenssubstanz mit; im Unterricht lehren sie, was sie in ihrer Ausbildung vorgesetzt bekommen haben. Und hier liegt der Hund begraben: Die Ausbildung der Katechetinnen liegt bei uns ganz in den Händen der staatskirchenrechtlichen Institutionen; der Bischof hat da keinen Einfluss; entsprechend ist das Resultat.

Setzt man den finanziellen Aufwand der Katechese (der in der Schweiz enorm ist) in Bezug zum Glaubenswissen der Schüler, so kann das Urteil nicht anders  als vernichtend ausfallen. Ähnliches hat Joseph Ratzinger in einem Interviewband mit Peter Seewald vor zirka zwanzig Jahren auch für Deutschland festgestellt.

Franz Bettinger

19. November 2017 10:30

@ Gustav Grambauer:

Jesus würde sich gewiss nicht das Klima wegnehmen lassen - welch Blasphemie - oder das Gerede von der Energie-Knappheit dulden. "Wenn ich auf der Erde, ja im ganzen Kosmos, eins im Überfluss geschaffen habe, dann ist es Energie, Dummköpfe!" würde er uns auslachen. "Und ich habe Geschlechter, Rassen und etliche Unterschiede geschaffen - aus gutem Grund," würde er sagen. "Was nörgelt ihr herum an der Schöpfung! Was wagt ihr, diese verbessern zu wollen!" Und angesichts der Unterwerfung von immer mehr Menschen unter die Steinzeit des Islam würde er keine 2. Bergpredigt intonieren, sondern ausrufen: "Ergreift das Schwert!" Und spätestens hier würden ihm und mir die Rede abgeschnitten werden. Lieber Herr Grambauer, ich meine das nur zur Hälfte im Spaß. Jesus war mutig, kein Gesund-Prediger. Ich halte die Flügel-Spannweite der AfD für kleiner als die aller anderen Parteien. Ich sehe kein Problem. Jesus würde die Arme ausbreiten und alle darin umfassen. Am nächsten stände ihm vielleicht einer namens Höcke.

Monika L.

19. November 2017 11:25

"Das Gegenteil von Verzweiflung ist Glauben. Gott ist das einzige Wesen, das unsere Hoffnung vollkommen erfüllt" ( Kierkegaard) 

Liebe SiN Gemeinde, 

es ist doch wunderbar, daß sich hier Christen, Agnostiker, Heiden, Atheisten, Landpastoren und Schweizer Priester versammeln. Vielleicht könnte man neben dem " Sonntagshelden" auch ein Wort zum Sonntag ( durch verschiedene Personen s.o.) als Kolumne etablieren ?

Natürlich hätte Jesus nicht die AfD gewählt. Er hätte überhaupt keine Partei gewählt. Wie er mit " rechtsradikalen" Christen und Christinnen umgegangen wäre ? Sicher nicht so wie diese künftigen Seelsorger und Exorzisten:

https://www.compact-online.de/uni-tuebingen-bereitet-theologiestudenten-auf-seelsorge-fuer-rechtsextreme-christen-vor/

 

Adam

19. November 2017 12:20

@ Gustav Grambauer: "Es würde mich auch bei vielen, die sich hier als Christen zu erkennen geben, interessieren, wie sie sich hierzu positionieren."

Vom biblischen Befund her sind Völker von Gott geschaffen/gewollt. Jeder, der dies rückgängig zu machen versucht (Umvolkung/Völkervermischung), also letztlich den Turmbau zu Babel fortsetzen will, dient dem Teufel. Pastor Jakob Tscharntke geht auf diese und viele andere heute sehr wichtige Fragen in seinen exegetischen Predigten ein.

In der  Christenheit/christlichen Gemeinden laufen wegen dieser Fragen zur Zeit Spaltungsprozesse ab und es bilden sich ganz neue Allianzen (Christen-Atheisten), die noch vor wenigen Jahren unvorstellbar waren. Ich erlebe dies unmittelbar vor Ort.

Es gibt eine gewisse Korrelation zwischen der Theologie und den Antworten auf diese Fragen. 

Ich bin (streng) reformatorischer Christ und lehne von daher auch die Evolutionslehre ab, was ich aber - ich denke auf nicht niedrigem Niveau - auch wissenschaftlich gut begründen kann. Innerhalb der AFD steht mir ganz klar Björn Höcke am nächsten.    

Gustav Grambauer

19. November 2017 13:05

Gustav, mein Namensvetter

Köstlich, der Sonntag beginnt gut. Aber man muß als Rechter gar nicht die Verschrobenheit der Lingu-Kybernetik mitvollziehen, um das von Ihnen beschriebene Phänomen zu durchdringen, es geht auch mit einem ganz einfachen Ansatz, dem Schopenhauerschen Tad Tvam Asi.

Wir kommen hier in ganz heiße Bereiche, deren Aufschluß z. B. auch eine milliardenschwere Industrie wie die Pharma-Industrie in ihrer Existenz bedrohen würde, denn es gibt ein großes und zugleich ganz simples Geheimnis hinter dem Placebo-Effekt, das weit über die Placebos im engeren Sinne hinausführt - im Prinzip ist jede Arznei ein Placebo. Im Prinzip spiegelt dir jede Arznei nur dich selbst. Genauso erfüllt sich, da psychische Energie eine Erhaltungsgröße ist, jede Prophezeihung selbst, die Frage ist nur, in welchem Bezugsrahmen, in welcher Form und zu welcher Zeit.

Joiii, da kriegt auch der hier oft bemühte Topos "Echokammer" eine ganz neue Bedeutung!

Im rechten Diskurs hat sich Jünger gern auf T. T. A. bezogen, und Schmitt hat seine Formel "Der Feind ist immer nur deine eigene Frage in Gestalt" aus diesem Axiom heraus entwickelt.

Die Konstruktions-Denke, die auf ihre Art auch ein granum salis von diesem Wissen enthält,- ich sage keineswegs, daß ich sie insgesamt für wahr halte -, konnte nur gedeihen, weil die Masse in ihrer Kinderwelt bleiben will und den jetzt fälligen Schritt in die Gnosis hinein, der bei aller Geborgenheit in Gott auch die völlige Selbstverantwortung und gerade die Freiheit von psychischer Abspaltung bzw. Projektion zur Konsequenz hätte, verweigert.

Dies gilt auf allen Ebenen, z. B. wer sich weigert, ein Vollmensch zu werden, der kriegt eben hintenrum als dessen perverse Verzerrung ebenso den Transhumanismus reingeknallt, und wer wenigstens ein bißchen schlau ist, der nimmt ihn immerhin als Gegenstand der Reibung.

Crashkurs Zivilisationsgeschichte! Zivilisationsgeschichte als Geschichte der sprituellen Bequemlichkeit und Verweigerung dessen, was jeweils in einer bestimmten Kulturepoche eschatologisch "dran" ist! 

Zu Ihrer Frage "Müßten sie sich ... dümmer fühlen ...?", die über Ihre herrliche Polemik hinaus selbstverständlich einen erkenntnistheoretischen Kern hat:

Es hängt immer davon ab, ob ein Signal angenommen wird oder nicht, ob die Affen im Affenkäfig jeden Ball, der ihnen von außen vom Versuchsleiter reingeworfen wird, aufnehmen und sich drum balgen oder nicht. Wenn diese Konzepte nicht so inkohärent bzw. gemeinhin im Modus der Abspaltung aufgefaßt würden und damit so mißverständlich wären, könnte man "Affenkäfig" höflicher mit "Kartesianisches Theater" und "Affe" wiederum etwas weniger höflich mit "Homunkulus" übersetzen.

- G. G.

Herr K.

19. November 2017 13:11

Meinen uneingeschränkten Respekt! Ich wünsche rege Teilnehmer und lebendige Stunden!

Lotta Vorbeck

19. November 2017 21:06
@Gustav Grambauer - 18. November 2017 - 09:44 PM

"... Es würde mich auch bei vielen, die sich hier als Christen zu erkennen geben, interessieren, wie sie sich hierzu positionieren. Hoffentlich nicht auf dem Niveau, auf dem Myriaden von Christen jahrzehntelang wegen des "C" für die CDU / CSU eingetreten sind."

 

________________________________

 

Die Ost-CDU welche unter ihrem langjährigen Vorsitzenden Gerald Götting immer hübsch mit der SED im Bett lag war mir von jeher in höchstem Maße suspekt. Daran änderte sich auch nichts, als deren Vorsitz von Gerald Götting auf den "IM Czerni" aka Lothar de Maizière überging.

Was die Kohl-Merkel-Kauder-Schäuble-Organisation angeht, könnte man glattweg auf die Idee kommen, dessen "C" im Firmennamen als Halbmond zu interpretieren.

Gustav Grambauer

20. November 2017 09:53

Oh, man soll nicht schreiben, wenn man vom übermütigen Kind abgelenkt ist. Den obigen Beitrag "Köstlich, der Sonntag beginnt gut. ..." habe ich irrtümlich hier abgesetzt, er gehört eigentlich zur inzwischen geschlossenen Debatte um den "zähen Theorieschleim poststrukturalistischer Provenienz" bei Frau Sommerfeld. Tut mir leid bei allfällig angerichteter Verwirrung. Bittre um Entschuldigung.

- G. G.

 

 

Maiordomus

20. November 2017 12:03

@Grambauer. Ihre Debattenbeiträge sind stets anregend. Was wäre, wenn ich Sie als in der Schweiz Wohnhaften morgen Dienstag, den 21. Nov 18.15 Uhr im Hörsaal 5 der Universität Luzern treffen dürfte, wo eine Tagung über den bedeutenden Schweizer Staatsphilosophen und Politiker Philipp Anton von Segesser stattfindet. Sie können die Sache auch googeln. Segesser gehört zu den bedeutendsten Staatsdenkern der deutschen historischen Rechtsschule, etwa Savigny, von der man dies und jenes lernen könnte, auch mit Hinweisen aus modernen Sackgassen. Und nicht zu unterschätzen auch für die heutige Situation, da sind wir wieder beim Hauptthema auch von Wawerka, ist die gewaltige Fernwirkung des deutschen Kulturkampfes im 19. Jahrhundert nicht zuletzt für noch heute geführte Debatten. Und noch etwas: dass Lindner nun endlich hat Jamaica platzen lassen, war bis anhin die Leistung seines Lebens, nicht zuletzt sein sinngemäss formulierter Satz, dass es sich nicht lohne, für eine falsche Politik in eine Regierung einzutreten. Dass 1+1=2 gilt, muss nun mal vorher sichergestellt werden, mögen die primitivsten Erkenntnisse nun mal Banalitäten sein.

Gustav Grambauer

20. November 2017 12:22

Lotta Vorbeck

Es gab mal bei einem hochkarätigen erzlibartären (!) Portal eine schon ohne diesen Umstand ungewöhnlich differenzierte und verständige Würdigung Gerald Göttings, der ich mich anschließe:

https://lepenseur-lepenseur.blogspot.ch/2013/06/der-funktionar.html

Der "Kirche im Sozialismus" hat Rolf Henrich in seinem Buch "Der vormundschaftliche Staat"

https://www.zvab.com/servlet/SearchResults?an=henrich&bi=0&cm_sp=SearchF-_-Advtab1-_-Results&ds=30&exactsearch=off&recentlyadded=all&sortby=20&sts=t&tn=vormundschaftliche

ein Kapitel gewidmet. Dieses Kapitel ist für mich die eigentliche weithin unverkannte Stärke dieses Buches. Habe weder davor noch danach eine aus geistig so unabhängiger Position verfaßte und damit so tiefe und schonungslose Analyse der von Grund auf gegebenen - abgekarteten - Arbeitsteilung zwischen Staat und Kirche bei der Seelenbewirtschaftung gelesen. Kann ja Reinhard Mey schon mit seinem Habitus nicht ausstehen, klar ist es ein wohl insgesamt antichristliches SJW-Agit-Prop-Lied, aber der Reim

"Der Minister nimmt flüsternd den Bischof beim Arm /

Halt du sie dumm, ich halt sie arm"

https://www.youtube.com/watch?v=CnZR32sVZ9c

ist schon ein Treffer. In der DDR hätte es heißen müssen

"Wir spielen dem Volk vor wir würden uns hassen /

es wird sich gut getrennt von uns führen lassen" (oder so ähnlich ...)

- G. G. 

Maiordomus

20. November 2017 12:33

@Der Jahrhundertsatz von Lindner, eine Banalität in der Art von Gorbatschows "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben", lautet: "Besser nicht regieren als falsch regieren." Der Satz allein löst freilich keine Probleme, zeigt aber das Hauptproblem der deutschen Politik in den letzten mindestens 5 Jahren.

Maiordomus

20. November 2017 12:46

@Stauffacher. Der durchschnittliche Wissens-Stqndard auch der Schweizer Gymnasiasten katholischer Herkunft, evangelisch desgleichen, muss als religiöser Analphabetismus charakterisiert werden. So gut wie niemand kennt den Katechismus, niemand kann die Heilige Messe erklären oder kennt das Dogma der Transubstantiation. Und noch an einem Maturagespräch konnte es passieren, dass die Zehn Gebote mit den 5 Säulen des Islam verwechselt wurden. Religionsunterricht, zum Teil von philologischen Analphabeten erteilt, heisst heute "Religionswissenschaft", d.h. man weiss alles über nichts, wobei die Muslime in ihrem separaten Religionsunterricht immerhin noch Koran-Arabisch lernen. Auch das Vaterunser ist katholischen Schülern, selbst in einem entsprechenden Internet, nicht mehr auswendig im Gedächtnis. Schön wär's, wäre diese Einschätzung zu pessimistisch.

Maiordomus

20. November 2017 14:14

PS. Klar, kennt man das Vaterunser nötigenfalls aus dem Internet, gemeint war aber oben ein katholisches Internat, wo es Schüler gab, bei denen das Vaterunser "nicht sitzt". Es war übrigens der einzige religiöse Text, welcher den Christen in Deutschland im Jahre 800 geläufig war, wiewohl es fraglich bleibt, ob Sätze wie "vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern" usw. auch wirklich verstanden wurden. Auch bleibt es dabei, dass das Dogma der Hieligen Dreifaltigkeit der Masse der Gläubigen wohl meistenteils verschlossen blieb, immerhin würde ich die religiöse Segenswirkung der Bekreuzigung "Im Namen des Vaters und des Sohne und des Heiligen Geistes Amen" nicht unterschätzen. Wie in der Philosophie muss wohl auch in der Religion jede Generation wieder von vorne anfangen oder anders gesagt, wie es Reinhold Schneider 1938 postulierte: "dorthin zurück, wo man vom rechten Wege abgekommen ist".

Heinrich Brück

20. November 2017 14:29

Lindner meint: Besser nicht regieren als Prozentpunkte für die eigene Partei einbüßen. Imagepflege. Politisch herrscht seit Jahrzehnten Kontinuität. Daran wird sich auch in den nächsten vier Jahren nichts ändern. Was in diesen nächsten Jahren ablaufen wird, darüber entscheidet nicht Berlin.

Nemo Obligatur

20. November 2017 17:56

"Geplant ist ein Glaubensunterricht in regelmäßigen Abständen, nicht öfter als monatlich, nicht seltener als vierteljährlich, für Kinder von der ersten bis zur achten Klasse. Er wird überkonfessionell und kirchlich unabhängig sein. Er wird an Wochenendterminen stattfinden und im nächsten Jahr beginnen."

Die armen Kinder. Eine Art Blockunterricht mit weiter Anreise am Samstag oder Sonntag, das sind die wenigen Tage, an denen Eltern und Kinder im Zeitalter der Ganztagsschule noch zusammen etwas unternehmen können. Ehrlich gesagt halte ich die religiöse Unterweisung im Kindesalter nicht für vordringlich, vielleicht sogar für kontraproduktiv, noch dazu in dieser Altersspanne. Ein paar Impule aus dem Elternhaus sollten genügen. Wer wirklich religiöses Empfinden hat, der wird sich ohnehin sein Leben lang mit diesen Themen beschäftigen. Der staatliche Religionsunterricht dürfte umgekehrt auch keine größeren Verwüstungen in den Köpfen hinterlassen als z.B. der Deutschunterricht. Also nichts, was eine gesunde elterliche Erziehung zur Mündigkeit und zum selbständigen Denken nicht wieder hinbekommen könnte. Ein jeder mag auch für seine Kinder ein Beispiel geben.

Lotta Vorbeck

20. November 2017 18:15
@Gustav Grambauer - 20. November 2017 - 11:22 AM

 
DANKE für die beiden von Ihnen geposteten Verweise!
 
Was historisches Wissen zum Themenkomplex "TäTäRä" anbelangt, sind Sie kaum zu übertreffen.

Gustav Grambauer

20. November 2017 22:54

Lieber Maiordomus,

allerbesten Dank für Ihre Einladung, ich weiss die Ehre zu schätzen und würde auch sehr gern geistig und körperlich morgen abend der Sonderbundsschweiz einen Besuch abstatten. Es ist mir nur etwas kurzfristig, wir haben gerade Gäste aus Ungarn, die ich morgen an ihrem letzten Abend bei uns als Gastgeber nicht allein lassen möchte.

Von v. Segesser kannte ich offen gesagt bis zu Ihrem Hinweis gerade mal den Namen und auch den nur vage, das muss ich zu meiner Schande eingestehen. Zumal wäre es für mich, nun in der Schweiz lebend, hochinteressant, das Ringen um die Begründung des Rechts im 19. Jahrhundert, das ich mir bisher nur von Preussen aus angeschaut habe, einmal aus hiesiger Perspektive zu sehen.

Den Namen Savigny kennen viele Berliner nur vom dortigen Savignyplatz her, den der unsägliche Ben Wargin wohl nicht zufällig ausgewählt hat, um ihn mit seiner "Aktionskunst" zu beschmutzen:

https://wandbilder-berlin.de/78

Mir ist der Name Savigny erstmals bei Christa Wolf in ihrem Kleist-Roman "Kein Ort. Nirgends" begegnet, der bei uns Schulstoff war. Es war ja in Ostberlin bei den Kulturmarxisten, später gipfelnd in Christoph Heins "Ritter der Tafelrunde", Mode, historische Persönlichkeiten für ihren alles dominierenden Krieg gegen die Stalinisten in Stellvertreterposition zu mißbrauchen, und so kam es bei Frau Wolf zu der bizarren Quasi-Konstellation

- Savigny: königstreu, Ideologe, Höfling, geschliffener Stil und verfeinerte Manieren (= "aalglatt"), Arroganz der Macht - ergo = Strohpuppe "Stalinist"

- Kleist: Bobo, edler Wilder, leidend an struktureller Gewalt, gebrochen, tragisch, Opfer der "Betonköpfe" - ergo Strohpuppe "Kulturmarxist".

Angeregt durch meinen Juristen-Vater und immer interessiert daran, zu erfahren, wie eigentlich Systeme ihre Herrschaft letztgültig zu legitimieren gedenken hat mich bei Savigny aber durch diese Nebelkerze hindurch viel mehr dessen Lebenswerk als Rechtsphilosoph, die Romantische Rechtschule, interessiert, und dabei seine Auseinandersetzung mit den Naturrechtlern bzw. insgesamt die Auseinandersetzung der Präskriptivisten mit den Rechtspositivisten.

Ich hatte Ihnen in Aarau schon gesagt, dass ich eine gewaltige Welle der Naturrechts-Renaissance auf die westliche Welt zurollen sehe. Der Neotribalismus wird seine Herrschaft auf Basis des Naturrechts geltend machen. Ein Jack Donovan ist im Kern Naturrechtler. In Deutschland sind die sogenannten "Reichsbürger" Vorboten dieser Welle, auch wenn kein einziger von denen je eine Zeile Thomas v. Aquin, Hugo Grotius oder Samuel Pufendorf je gelesen hat. Sie sind es aus ihrer instinktiv empfundenen - eben: - übergesetzlichen Notstandsposition in ihrer Abwehrposition gegen den Leviathan heraus, der sich früher oder später auch formal auch am besten auf das Naturrecht beziehen lassen wird. Folgerichtig argumentiert bereits heute ein großer Teil der GEZ-Verweigerer naturrechtlich, und auch Alexander Wagandt mit seinen Tagesenergien, der ja für eine ganze Szene steht, von der wir noch viel hören werden, verficht konsequent das Naturrecht.

Die Romantische Rechtsschule hingegen ist mausetot. Sie wissen, ich bin Anthroposoph. Es wird jemanden, der sich nicht tiefer mit Steiner auseinandergesetzt hat, vielleicht überraschen, daß dieser weder als "Naturfreund" Naturrechtler noch in seinem Geltendmachen von Volksseelen und Volksgeistern Anhänger der Romantischen Rechtsschule war: Steiner wollte ganz im Sinne seiner Philosophie der Freiheit keinerlei Prädetermination des Rechts, sondern hat sich für eine Rechtsordnung freier Vereinbarungen freier und souveräner Rechtssubjekte ausgesprochen.

Ich nehme gern wieder Kleist, um mich Ihrem Hinweis auf das Fortdauern des Kulturkampfes zu nähern. Wurde vom Elternhaus her im engeren Sinne oder zumindest im weiteren Sinne bismarckianisch erzogen, aber muss sagen, dass ich da heute zwischen den Stühlen sitze. Habe es mal einem Bekannten gegenüber so ausgedrückt: Mir ist es eigentlich egal, ob ich von der Kirche oder von einem auf Napoleon Bonaparte zurückgehenden Zivilkult versklavt werde.

Hier ein - allerdings in dieser Hinsicht parteiischer - Streifen zu diesem Sklaverei-Hintergrund, den ich, glaube ich, schon mal hier verknüpft habe:

https://www.youtube.com/watch?v=2RI5dvXPWeY

- G. G.

Lotta Vorbeck

20. November 2017 23:52
@Nemo Obligatur - 20. November 2017 - 04:56 PM
 
# "... Ehrlich gesagt halte ich die religiöse Unterweisung im Kindesalter nicht für vordringlich, vielleicht sogar für kontraproduktiv, noch dazu in dieser Altersspanne. ..."
 
Was Hänschen nicht lernt ...
 
 
#"Ein jeder mag auch für seine Kinder ein Beispiel geben."
 
Nur so kann es gelingen, nämlich indem die Eltern ihren Kindern ein glaubwürdiges Vorbild geben.
 
 
 

Gustav Grambauer

21. November 2017 00:04

Nachtrag

Habe gerade einen Freund und ehemaligen Klassenkameraden angerufen. "Kein Ort. Nirgends" wurde nur im Unterricht besprochen, aber nicht zur Lektüre gemacht, war also nicht Schulstoff im landläufigen Verständnis.

- G. G.

Monika L.

21. November 2017 10:32

 

Da befinden sich Eltern in einer seelischen Notlage und machen sich Sorgen um die religiöse Sozialisation ihrer Kinder.

"Sie erleben, was wir fast tagtäglich in der einen oder anderen Form erfahren: wie Religion im Allgemeinen, speziell die religiöse Bildung der Kinder, politisch instrumentalisiert wird."

Das ist schon schlimm genug. Und wir Älteren sollten ernsthaft überlegen, was wir unseren  Kindern und Enkeln eigentlich hinterlassen. Und was überhaupt noch Bestand hat. 

Die Kirchen sind leer. Die Moscheen sind voll. Da schaut keiner so genau, was dort gepredigt wird. Und wie die religiöse Bildung der Kinder und Jugendlichen politisch instrumentalisert wird. Wacht auf, es ist höchste Zeit:

https://www.stern.de/panorama/gesellschaft/constantin-schreiber-in-deutschen-moscheen--vieles--was-er-hoerte--entsetzte-ihn-7391238.html

Dagegen sind die Identitären  Waisenknaben.

Maiordomus

21. November 2017 12:22

@Grambauer. Bei mir als Gymnasiallehrer in der Schweiz war "Kein Ort. Nirgends", der aus meiner Sicht künstlerisch stärkste Text der Wolf, auf Anregung einer Schülerin bereits 1984 Klassenlektüre. Savigny ist freilich eine ganz andere Liga als die Stalinisten, letztlich ein Lehrer einer in Verwurzelung fundierten Freiheit. Segesser sah übrigens in Bismarck einen demokratischen Monarchismus ähnlich wie bei Napoleon III., was jedoch die Übertragung des Absolutismus und potentiellen Zentralismus auf die Demokratie bedeutete . Für ihn galt noch: Ohne Luzern ist mir die Eidgenossenschaft die innere und äussere Tartarei, eine Aussage zwar, die noch aus der Zeit des Sonderbundskrieges stammte und später so nicht mehr aufrechterhalten wurde. Es blieb jedoch dabei, dass der Gesamtstaat für die kleinere Organisation, die Gemeinde und den Einzelnen, auch die freien Gemeinschaften, da ist und nicht umgekehrt. Segesser hat jede Art Nationalismus in diesem Sinn zugunsten der Kleinstaaterei, die allein optimale Freiheit verwirkliche, abgelehnt. Die Gesetzgebungskompetenz ist in diesem Sinn nach Möglichkeit nach unten zu velegen, wie das teilweise noch im alten Kaiserreich der Fall war, so bei den freien Reichsstädten. Noch interessant ist, dass Segesser beim Neuenburger Handel 1857 als einziger Schweizer Politiker Verständnis für die Neuenburger Royalisten hatte und für Friedrich Wilhelm IV, und dass er als Student in Heidelberg und Bonn die Neuenburger Gazette lieber las als die radikale Neue Zürcher Zeitung, weil er fand, in Neuenburg gebe es mehr geistige Freiheit. Er hätte sich also einen Schweizer Kanton vorstellen können, der den preussischen König als Staatsoberhaupt anerkennt, weil er fand, jeder Kanton müsse auf seine Fasson selig werden und Neuenburg war im 18. Jahrhundert, zur Zeit des Grossen Fritz, tatsächlich der freiheitlichste Schweizer Ort, der einzige, wo Rousseau und Micheli du Crest Exil finden konnten und wo sogar auch trotz Protestantismus schon im 18. Jahrhundert katholische Gottesdienste und katholische Schulen erlaubt waren.  

Thomas Wawerka

21. November 2017 16:10

Werte Mitforisten, geschätzte Kommentatoren,

ich danke sehr herzlich für die angeregte und anregende Diskussion und möchte noch ein bisschen Senf dazugeben.

1. Für diejenigen, die eine innere, seelische Notlage erkennen lassen haben: Ich bin kein ordinierter Pfarrer mehr, aber ich verstehe mich immer noch als Seelsorger. Ich bin da. 

2. Zur Frage, wie ich die SELK oder andere Kirchen/Freikirchen einschätze: Das ist vorderhand unwichtig. Ich stelle gerade unter Rechten einen ausgeprägten Drang zur Rekonfessionalisierung fest. Man schließt sich gern in seiner konfessionellen Wagenburg ein und schmeißt Steine auf alles und jeden ... Das erlebe ich sowohl bei Lutheranern als auch Katholiken als auch Orthodoxen. Ich kann es schon verstehen, dieses menschliche Bedürfnis nach metaphysischer Sicherheit. Aber der christliche Glaube ist ein persönliches Wagnis und muss es bleiben. Glaube ist in erster Hinsicht das Vertrauen auf Gott, und daraus kann certitudio resultieren ([Heils-]Gewissheit), aber nicht securitas (Absicherung). Auch die Konfession halte ich für eine gute Sache: ein überindividuelles Bekenntnis, mit dem die Gemeinschaft der Glaubenden aus ihrer Heils-Gewissheit heraus auf Fragen und Herausforderungen reagiert, die sich zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten kulturell-politischen Rahmen stellen. Aber aus meiner Sicht ist jetzt nicht die Zeit, sich allzusehr mit konfessionellen Spitzfindigkeiten zu befassen. Das Versagen der Amts- und Freikirchen scheint mir vielmehr zu einer überkonfessionellen und unabhängigen Sammlung zu nötigen, in der wir mit aller bruchstückhaften Erkenntnis einander dennoch wahrhaft Brüder und Schwestern sind. Es ist aus meiner Sicht aktuell nachrangig, welcher Konfession man sich anschließt - ich halte es für wichtiger, dass es die richtigen Personen, um die man sich sammelt, denen man folgt. Die Zeit des wohlorganisierten und wohlreglementierten kirchlichen Betriebs scheint mir fürs Erste vorbei zu sein, die Zeit der Apostel und Propheten wieder aufzukommen. In diesem Zusammenhang fiel der Name von Jakob Tscharntke: Ich kenne ihn nicht persönlich. Ich weiß, dass er biblizistisch orientiert ist, wie auch Olaf Latzel. Letzterer hat wohl ausschließlich volksmissionarische Absichten und keine politische Interessen. Von Tscharntke hab ich gehört, dass er eine weitgehend apokalyptische Einstellung vertrete. Das sind nicht meine Positionen, aber nicht daran soll man einen Prediger messen, sondern daran, ob er der christlichen Wahrheit zur Klarheit verhilft. Über theologische Schlussfolgerungen kann man ja durchaus streiten; das war in der Geschichte der Christenheit nie anders und gehört dazu. - - Die Herausforderung, vor der ich uns stehen sehe, ist die Reevangelisierung unseres Landes, nicht die Rekonfessionalisierung. Letztere steht der ersten nicht selten im Weg. 

3. Dies ganz speziell an den verehrten Schweizer Haushofmeister: Ich hatte die persönliche Freude und Genugtuung, zur Buchmesse Monika endlich von Angesicht zu Angesicht zu begegnen. Sie ist von anderem Naturell als ich, auch im Denken. Ihnen ist sie vielleicht ähnlicher im Aufspüren unterirdischer Wasseradern des Geistes. Aber so bin ich nicht, und so werde ich auch nicht. Sehen Sie, ich hab mich im Gestrüpp der Welt verfangen, halb suche ich einen Weg, halb bahne ich ihn für andere. Ich kann nicht dauernd nur lesen und sinnieren. Ich versuche, aufzunehmen und zu verwenden, was mir vor die Füße bzw. in die Hände fällt. Die Instrumente, die ich brauche, lerne ich der Situation ab. Für Sie mögen es eher grob behauene Faustkeile als Präzisionsinstrumente, aber meist reicht es aus, um ein paar Schritte weiterzukommen. Ich werd nicht dahin kommen, wo Monika ist, weil ich es gar nicht versuche - meine Praktik ist eine andere, und von daher auch meine Art und Weise des Denkens.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit! Vielen Dank an Martin für die technische Unterstützung! Gott befohlen!

Maiordomus

22. November 2017 14:14

@Wawerka. Ich schätze Sie zu jenen Persönlichkeiten, die jenseits von Ermunterung eine solche nicht nötig haben. Indes dürfte  klar sein: Die Gnadengaben des Heiligen Geistes sind höchst unterschiedlich und betreffen die mannigfaltigsten Typologien; niemand, auch ich nicht, erachte irgendjemand aus dieser Bloggemeinde als jeweiliges Vorbild oder Massstab für den jeweils anderen, zumal nicht für jemanden wie Sie. Gehen Sie den Weg, zu dem Sie berufen sind, wobei das Wort "Berufung" zwar irgendwie noch einen pathetischen Beigeschmack haben könnte, besonders wenn nicht eine amtliche Stelle, sondern sagen wir mal Gott einen berufen haben könnte. Wo steht der Satz: "Viele sind berufen, wenige aber auserwählt." ?

Auch ohne das Bewusstsein von Auserwählung leiste jeder an seinem Ort das, was er kann. Von den Proportionen her aber scheint mir Ihr Ort, Herr Wawerka, einer der wesentlichsten zu sein. Das hat weder mit Eifer noch mit Übereifer noch gar mit Fanatismus zu tun, der Ihnen gemäss allen Ihren Äusserungen hier naturgemäss fremd ist. Auf solche Personen und Persönlichkeiten kommt es meines Erachtens sehr an.

PS. Am 29./30. November gibt es an der Universität Freiburg im Uechtland eine Tagung mit dem Autor Uwe Wolff über den grossartigen theologischen Schriftsteller christlicher Existenz, Walter Nigg (1903 - 1987) sowie die grosse katholische Denkerin Ida Friederike Görres, notabene die Schwester von Paneuropa-Gründer Graf Richard Coudenhove-Kalergi. Görres war zur Kriegszeit noch Mitarbeiterin der monarchistischen "Weissen Blätter" von Karl Ludwig von und zu Guttenberg, notabene noch ein ganz anderes Kaliber als der Guttenberg, der heute wieder in die Politik zurückkehren möchte und angeblich die CSU modernisieren. @Gustav Grambauer. Bei der gestrigen Tagung über Philipp Anton von Segesser, dem bedeutendsten katholisch-konservativen Denker der Schweiz im 19. Jahrhundert, musste vom vorgesehenen Vorlesungssaal wegen zu gutem Besuch auf das Auditorium Maximum ausgewichen werden. Es scheint, auch in der Schweiz, ein neues Bedürfnis nach Konservativismus zu geben.

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