Wahr:
Die Psalmen. Deutsch. 280 S., gebunden und geprägt, 27 €
Nicht nur auf Weihnachten zu »wahr« oder etwas »fürs Gemüt«: Ich stieß vor einiger Zeit auf diesen Buchhäger Psalter aus dem deutsch-orthodoxen Dreifaltigkeitskloster Buchhagen. Er zeichnet sich durch das hohe Sprachvermögen seiner Übersetzer aus, die an jedem Vers feilten und im Wortsinn Wort-Schätze des Deutschen entbergen. Handlich, gestochen scharf gedruckt, wertvoll ausgestattet – ein ideales, immer wahres Weihnachtsgeschenk.
Gut:
Rolf Peter Sieferle: Epochenwechsel. Die Deutschen an der Schwelle zum 21. Jahrhundert. 500 S., gebunden, 34 €
Neulich sprachen Benedikt Kaiser und ich darüber, ob es für uns Rechte ein Buch gäbe, das in seiner Bedeutung dem gleichkäme, was Das Kapital von Marx für die Linken sei. Arnold Gehlens Der Mensch? Heideggers Sein und Zeit? Ich vermute, es gibt dieses eine Buch nicht, nannte aber auch Sieferles Epochenwechsel, lese ihn nun nach 20 Jahren erneut und in der just bei Landt erschienenen Werkausgabe: Sieferle sortiert unseren deutschen Kopf, buchstäblich, und wir dürfen hinter dieses Niveau der Lagefeststellung nicht zurückfallen. Das Wort »Pflichtlektüre« ist hier angebracht.
Schön:
Thomas Rietzschel: Die Handschrift des Legionärs Franz Eckstein. Spurensuche eines Jahrhunderts. 208 Seiten, gebunden, 22 €
Ein Buch lesen und eine Landkarte danebenlegen – immerhin habe ich Geographie studiert und saß als Kind neben meiner Oma, die mit dem Finger durch den Atlas sehr langsam dorthin reiste, wo sie nie hinkam (eine wohl ausgestorbene Weise der Welterschließung). Franz Eckstein aus Dresden bricht 1867 heimlich auf und meldet sich zur Fremdenlegion. Ernüchtert, aber reich an Bildern und Erfahrung kehrt er 1872 in ein politisch völlig verändertes Europa und Deutsches Kaiserreich zurück. Rietzschel erzählt dieses Leben eingebettet in die Geschichte anhand der Aufzeichnungen Ecksteins nach. Die Algerienkarte lag zwei Wochen lang auf meinem Schreibtisch …
Maiordomus
Als auf den für mich bedeutsamsten Vermittler der Psalmen in deutscher Gegenwartssprache, eine absolut eigenständige poetische Leistung, möchte ich auf den Hebel- und Bodenseeliteraturpreisträger Arnold Stadler hinweisen, einer der grossen deutschen Autoren der Gegenwart notabene, die nicht mit den Wölfen heulen. Ich glaube, das Büchlein ist bei dtv erschienen. Kubitscheks Buchtipp scheint mir auch deswegen wegleitend, weil es ohne Überlieferung von mindestens 3000 Jahren keine diesen Namen verdienende Bildung gibt und weil man sich über biblische Texte, das machte sich schon Ernst Jünger klar, über die Beschränktheiten des Zeitgeistes mehr als nur hinwegtrösten kann. Zu den bedeutendsten Aufzeichnungen betreffend die Fremdenlegion gehören die Romane und Erzählungen des Schweizer Autors Friedrich Glauser, der wie wenige in den letzten Jahrzehnten wiederentdeckt wurde. Im übrigen hat noch im 19. Jahrhundert der Schweizer Staatsphilosoph und Rechthistoriker und Doyen der damaligen Konservativen das Legionärswesen im Allgemeinen und den Soldaten beruf als anständigen Beruf im Besonderen in Opposition zum damaligen Radikalliberalismus leidenschaftlich verteidigt.