Wahr:
Jan Assmann: Totale Religion. Ursprünge und Formen puritanischer Verschärfung, 180 S., gebunden, 20 €
Gegen den Anschein eines islamischen Monopols auf religiös motivierten Massenmord ruft der renommierte Religionshistoriker in Erinnerung, daß dem Absolutheitsanspruch aller monotheistischen Religionen militante und totalitäre Kräfte innewohnen. Unter welchen Bedingungen aber eine Theologie der Gewalt auch in die politische Tat umgesetzt wird, und inwiefern solche derzeit weder beim Judentum noch beim Christentum, wohl aber beim Islam gegeben sind – das sind die von Assmann in diesem klugen Essay aufgeworfenen Fragen, bei deren Beantwortung auch Carl Schmitt ein Wörtchen mitreden darf.
Schön:
Christa Bürger: Exzeß und Entsagung. Lebensgebärden von Caroline Schlegel-Schelling bis Simone de Beauvoir, 191 S., gebunden, 19.95 €
Fernab von allem offiziösen Feminismus bietet die als Spezialistin für die schreibenden Frauen der Goethezeit ausgewiesene Literaturwissenschaftlerin in ihrem neuen Buch philosophisch dichte und essayistisch geschliffene Portraits auch erotisch abgründigerer Schriftstellerinnen aus späterer Zeit wie Lou Andreas-Salomé, Claire Goll und Colette Peignot, die nicht zuletzt ihre eigenen Lebens- und Liebesschicksale literarisch zu gestalten wußten. Nach der faszinierenden Lektüre möchte man direkt mit den opera der portraitierten Damen fortfahren.
Gut:
Magnus Klaue: Die Antiquiertheit des Sexus. Kindheit – Sprache – Geschlecht, broschiert, 152 S., 14 €
Indem die »antirassistische« Linke und der »weißheitskritische« Feminismus einen »neuen Puritanismus« zu Ehren brachten, bereiteten sie zugleich ihre »Kollaboration« mit dem von alters her puritanischen Islam vor, welcher im Zeichen von »Respekt« und »Toleranz« seinerseits Sprechverbote und Sittenkontrollen fordert. Wie es zu dieser fatalen Allianz aus »progressiven« westlichen und »reaktionären« antiwestlichen Kräften kommen konnte, und was ihr alles zum Opfer zu fallen droht, verrät der als dezidierter Gender- und Islamkritiker vereinsamte Rechtsabweichler der antideutschen Linken in seinem beinahe übergescheiten Buch.
Der Gehenkte
Jan Assmann ist ein hochinteressanter Denker, seltsamerweise wenig bekannt. Vermutlich steht die hier empfohlene Arbeit in der Tradition der "Mosaischen Unterscheidung" und "Moses der Ägypter". Es ist sicher kein Zufall, daß Assman neben Heiner Mühlmann und Gunnar Heinsohn zu den Dauerreferenten Sloterdijks gehört, auf die er regelmäßig - wenn es um Religion geht - zurückgreift. Offensichtlich hat Assmann mit diesem Buch all jenen etwas zu sagen, die insbesondere die Islam-Frage gern etwas vereinfachen möchten - weltbildkonform. Ein hilfreicher Tip!