Es geht nicht um Gesinnung und schon gar nicht um die Unterschrift unter eine Handvoll Programmpunkte, sondern um das Vertrauen in die Zuverlässigkeit eines bestimmten Menschenschlages. Wenn Sie schreiben: „Wir auf der Rechten schätzen die Tugenden eines Menschen höher als seine Meinung. Es geht uns nicht so sehr darum, ob jemand die „richtige Meinung“ vertritt, sondern aus was für einem Holz er ist.“, dann treffen Sie damit genau den Grund, aus dem Ihre von Frau Sommerfeld veröffentlichten moralischen Bedenken einige bissige Reaktionen hervorgerufen haben.
Denn niemand stört sich aus Gesinnungsethik oder „Political Correctness von Rechts“ an dieser oder jener Ihrer Ansichten. Über die internen Streitigkeiten der AfD kann ich mich mangels Mitgliedschaft in diesem Verein nur begrenzt äußern, meinem Wissensstand als Außenseiter zufolge jedoch hat der Flügel, oder zumindest die Person Björn Höckes, niemals den Ausschluß andere Teile aus der Partei gefordert. Allerdings haben sie durch das bloße Beharren auf ihren Positionen erreicht, daß sich eine ganze Reihe der liberaleren Gestalten selbst aus der Partei ausgeschlossen hat. Im Falle Petry/Pretzell mag dies vor allem mit gescheiterten persönlichen Ambitionen zu tun haben, dem Abgang von Lucke und Henkel habe ich seinen ethischen Imperativ jedoch immer abgenommen. Die kamen aus dem Protest gegen den Euro und konnten die Mitgliedschaft in einer Partei, die sich auch der nationalen Problematik annimmt, nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren.
Das ist der Punkt. Sehen Sie, mit Opportunisten kann man sich arrangieren, solange sie in untergeordneter Postion verbleiben und nicht den Kurs bestimmen wollen. Gewissensträger der Art wie Lucke und Henkel sie sind, nicht notwendig Personen mit den selben Ansichten, sondern solche, die aus dem selben Holz geschnitzt sind, sind hingegen gefährlich. Jene, die vor den Konsequenzen zurückscheuen, sobald diesen unausweichlich begegnet werden muß.
Wir durchleben das gleichzeitige Aufbrechen einer Vielzahl über Jahrzehnte immer drängender bohrender Fragen: Die globale Bevölkerungsfrage, die Frage der Position und Verfassung Europas in einer Welt, in der andere Größenordnungen zählen, als die des abendländischen Nationalstaates, Fragen der Verfaßtheit der Weltwirtschaft, das Überlaufen manchen Irrsinns, der seit Jahrzehnten in poststrukturalistischen Akademikerkreisen herumschwimmt, in die alltägliche Lebenswelt, die Frage der Geschlechterrollen in einer Zeit fast nicht vorhandener Kindersterblichkeit und damit weitgehender Überflüssigkeit der traditionellen Weiblichkeit und manches mehr. In diesem Sturm sitzt die Rechte mit der Linken und dem ganzen Establishment in einem Boot, wir versuchen nur, ihnen das Steuerruder zu entreißen.
In einem haben Sie dabei vollkommen recht: Die allermeisten Linken meinen es aufrichtig gut. Die die es nicht gut mit uns meinen gibt es zwar auch und sollten nicht unterschätzt werden – vor allem dann nicht, wenn sie in der Lage sind Einflußgruppen, gleich wo und gleich welcher Art, zu bilden – dennoch ist die Masse links eingestellter Menschen aufrichtig moralisch und diese Moral, der sie anhängen, beinhaltet keineswegs die Vernichtung der abendländischen Völker als eigenständigen Imperativ, wohl aber die Verpflichtung, sich gegenüber dem Leid uns ferner stehender Menschen nicht zu verschließen, sondern dieses möglichst neutral gegenüber unseren eigenen Rechten und Interessen abzuwägen.
An dieser Stelle muß jedoch über die bloße Anerkennung der feindlichen Ethik hinausgegangen werden. Der Globalismus, der den Menschenrechtuniversalismus beinhaltet, darüber hinaus aber auch noch aus einer ganzen Reihe praktischer Ordnungsvorstellungen besteht, ist ein ernstgemeinter, wenn auch in den Grundlagen fehlerhafter Versuch, den oben angerissenen Problemen zu begegnen. Das ist ohne Kollateralschäden nicht möglich, der Grund, aus dem wir den Globalismus bekämpfen ist, daß wir der eingerechnete Kollateralschaden sind.
Uns zum Kollateralschaden zu machen ist bisher der Weg des geringsten moralischen Widerstandes gewesen, weil man den Weißen eingeredet hat – und sie sich zum Teil auch selbst eingeredet haben – daß sie die Friktionen eines im Umbruch befindlichen Weltsystems zu tragen haben. Wenn auch die Opfer über Multikulti jubeln, gibt es dann überhaupt Opfer? Objektiv ja, aber sie lassen sich leichter ausblenden und das ist bei der praktischen Bearbeitung eines moralischen Dilemmas ungemein hilfreich.
Ich selbst denke, aus Gründen, die hier zu weit führten, nicht, daß die globalistische Rechnung auch nur noch mittelfristig aufgehen kann. Doch schon die bloße Bereinigung der Fehler wird Opfer kosten und damit wäre noch keines der ursprünglichen Probleme ernsthaft angepackt.
Das wird Männer erfordern, die das aushalten. Sobald wir selbst verantwortlich sind und unser Handeln Konsequenzen hat, reicht es nämlich nicht mehr, in der Ethikphilosophie unser Volk an die Stelle zu setzen, an der bei den Linken die Menschheit steht, um aufrecht zu bleiben. Dann ist man entweder abgestumpft, oder es prallt einen das durch das eigene Handeln verursachte Leid selbst an. Gerade weil er die Befleckung durch die Politik, sprich die Wirklichkeit fürchtet, wird der„ursprüngliche“ (d. h. reine) moralische Impuls an dieser Stelle immer fahnenflüchtig werden.
Deshalb, erst hier kommt die Gesinnung ins Spiel, trifft man den reinen moralischen Impuls auf der Linken so viel häufiger, als auf der Rechten. Die Linke macht ihm das bessere Angebot der Selbsttäuschung. Sie tut sich leichter darin, die Opfer der eigenen Politik verschwinden zu lassen.
Wenn es eine spezifisch rechte Tugend gibt, dann der Wirklichkeit ins Auge zu sehen und zu kämpfen. Sollten wir das Steuerruder in die Hand bekommen, werden wir auch den Sturm erben. Dann werden wir Kurs halten müssen. Der Steuermann darf nicht das Ruder verlassen und sich über die Reling beugen, nur weil er gerade seekrank wird.
Der_Jürgen
Poensgens Argumentation weist in dieselbe Richtung wie die - allerdings deutlicher und radikaler formulierte - Wortmeldung des geschätzten @Raskolnikow im letzten Strang. Ohne mich mit diesen beiden Grössen auf eine Stufe stellen zu wollen, darf ich zitieren, was ich anlässlich der Debatte zwischen Sommerfeld und Wawerka (5. Dezember) geschrieben habe:
"... Die Situation ist aufgrund der wahnsinnigen Politik der Linken und Liberalen dermassen abgrundtief katastrophal, dass es ener sehr, sehr bitteren Medizin bedürfen wird, um den Kranken noch in letzter Stunde zu heilen. Wer dann Macht ausüben will, wird sich schuldig machen müssen."
Was tun? fragt Raskolnikow in besagtem Kommentar und wiederholt damit die Frage Lenins. Er erteilt die Antwort nicht selbst, sondern deutet sie nur an, aber sie läuft natürlich darauf heraus, dass die zur Rettung Deutschlands und Europas notwendige Wende nicht ohne Gewaltanwendung, um es einmal schonend auszudrücken, möglich sein wird und dass wir uns - physisch, wer das kann, geistig, wer es nicht oder nicht mehr kann - darauf vorbereiten müssen.
Dass die nationale Rechte jetzt einen bewaffneten Untergrundkrieg beginnen soll, wird auch Raskolnikow nicht verlangen - nicht, weil es moralisch grundsätzlich falsch wäre (immer vorausgesetzt, die Gewalt richtet sich gegen die Schuldigen am schleichenden Volkstod und nicht z. B. gegen wahllos herausgegriffene Ausländer), sondern weil es kontraproduktiv, also der nationalen Sache abträglich wäre. Das Regime bekäme dann den ersehnten Vorwand, um die gesamte patriotische Opposition hospzunehmen. Aber die Lage wird - das kann man, ohne mit prophetischen Gaben gesegnet zu sein, ruhig voraussagen - so gewaltig eskalieren, dass Blutvergiessen grossen Ausmasses irgendwann nicht mehr zu vermeiden sein wird.
Lieber Pastor Wawerka, SIe beurteilen, was man Ihnen als Pastor ja wirklich nicht vorwerfen kann, die Aktionsmöglichkeiten der Rechten aus moralischer Sicht. Nun ist Moral aber oft, oder meist, eine Definitionsfrage. Als die Türken Wien belagerten, gossen die Verteidiger heisses Pech auf die Angreifer, obgleich sie sich zweifellos darüber im Klaren waren, dass sie den Betroffenen damit entsetzliche Schmerzen zufügten. Sie hatten keine moralischen Skrupel, dies zu tun, und es wäre ihnen nicht im Traum eingefallen, im Stil eines heutigen Pazifisten zu sagen: "Vielleicht ist der Türke, der da eben die Leiter bestiegen hat und die Stadmauer erklimmen will, insgeheim ein Feind des Sultans und des osmanischen Imperialismus. Er ist im Grunde nur ein unschuldiges Opfer, vielleicht sogar mein objektiver Bundesgenosse, und wenn ich ihn mit heissem Pech übergiesse, werde ich schuldig."
Man wusste damals, in einer gesunden christlichen Gesellschaft, genau, wer Freund und wer Feind war, und besass den gesunden Instinkt, in kollektiven Kategorien zu denken. Dieser Instinkt ist heute - natürlich aufgrund der Umerziehung und der liberalen Gehirnwäsche - allzu vielen abhanden gekommen.
Ich kenne die Vorbehalte gegen den Spruch von Ignatius, wonach der Zweck die Mittel heilige, und billige ihn auch selbst nicht in jedem Fall, aber manchmal muss man, Gott sei's geklagt, nach dem Rezept dieses Basken handeln. Die Alternative ist nämlich zu furchtbar, als dass man sie auch nur in Erwägung ziehen möchte. Und wenn Europa islamisiert ist, werden die Pazifisten und Moralisten sowieso um einen Kopf kürzer gemacht. Es sei denn, sie werfen Pazifismus und Moral über Bord und schreien, um ihr nacktes Leben zu retten, Allahu akbar.