Nation aus Nationen

pdf der Druckfassung aus Sezession 13/April 2006

sez_nr_13vom Institut für Staatspolitik

Es überrascht angesichts der amerikakritischen, wenn nicht amerikafeindlichen Stimmung in großen Teilen der europäischen Intelligenz, daß sie trotzdem die USA als eines der normativen „Beispiele multikultureller Gesellschaften“ (Jürgen Habermas) begreift. Das erklärt sich nicht nur aus ihrer Funktion als Bezugspunkt aller Modernität, sondern auch aus der Tatsache, daß die Vereinigten Staaten das erste Beispiel für eine aus verschiedenen Ethnien zusammengesetzte Gesellschaft unter europäischer Dominanz außerhalb der Kolonialgebiete Afrikas, Asiens und Australiens waren. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert konnte ein deutscher Autor noch mit Genugtuung feststellen, nur Europa erfreue sich unter allen Kontinenten „des abnormen Glückes, von einer einheitlichen, homogenen Rasse bewohnt zu sein“ (Albert Haas).


Daß ihnen sol­che Homo­ge­ni­tät fehl­te war den Nord­ame­ri­ka­nern immer bewußt. Seit dem Unab­hän­gig­keits­krieg gab es vor allem Aus­ein­an­der­set­zun­gen über die Stel­lung der India­ner einer­seits, der Schwar­zen ande­rer­seits, und dann über die Fol­gen der Zuwan­de­rung. Aber die bei­den ers­ten Pro­ble­me schie­nen durch die Besei­ti­gung der Skla­ve­rei und dann den pro­zen­tua­len Rück­gang des schwar­zen wie des india­ni­schen Bevöl­ke­rungs­an­teils weit­ge­hend besei­tigt, das drit­te erreg­te nur in unre­gel­mä­ßi­gen Abstän­den öffent­li­ches Inter­es­se. Zwar hat­te es schon 1790 die ers­ten Ali­en and Sedi­ti­on Acts gege­ben, die den Zustrom wei­te­rer Men­schen in die jun­ge Repu­blik beschrän­ken soll­ten, aber wäh­rend des 19. Jahr­hun­derts sah man die Vor­herr­schaft der WASP – der White Ang­lo Saxon Pro­tes­tants – kaum in Gefahr. Die übli­che Hal­tung war bestimmt von Des­in­ter­es­se oder wirt­schaft­li­chem Kal­kül. Schär­fe­re Abwehr­re­ak­tio­nen gab es nur im Fall eines uner­war­te­ten und sprung­haf­ten Anstiegs der Ein­wan­der­er­zah­len oder infol­ge poli­ti­scher Kri­sen. So ent­stand die „nati­vis­ti­sche Bewe­gung“ in den 1840er und 1850er Jah­ren als Fol­ge des mas­si­ven Zustroms poli­ti­scher Flücht­lin­ge aus Zentraleuropa.
Obwohl es auch hef­ti­ge Aus­brü­che von Anti­se­mi­tis­mus, Polen- und Ita­lie­ner­feind­lich­keit gab, wur­de der Ver­such, die Ein­wan­de­rung bestimm­ter Grup­pen ganz unmög­lich zu machen, auf Asia­ten beschränkt. Zwi­schen 1882 und 1902 erließ der Kon­greß fünf Chi­ne­se Exclu­si­on Acts, die chi­ne­si­schen Arbei­tern (die lan­ge Zeit für den Eisen­bahn­bau unver­zicht­bar gewe­sen waren) den Zuzug ver­bot. Bereits im Land befind­li­chen wur­de die Staats­bür­ger­schaft ver­wei­gert. Aus­wir­kun­gen hat­te die­se Gesetz­ge­bung auch auf die Behand­lung von Japa­nern, denen ab 1908 der Zuzug ver­sagt wur­de; soweit sie sich schon in den USA auf­hiel­ten und natu­ra­li­siert waren, schloß man sie von der Wahr­neh­mung bestimm­ter Rech­te aus, Kin­der japa­ni­scher Her­kunft durf­ten zum Bei­spiel in Kali­for­ni­en nicht am all­ge­mei­nen Schul­un­ter­richt teilnehmen.
Die gan­ze bis zur Quo­ten­re­ge­lung von 1924 erlas­se­ne Ein­wan­de­rungs­ge­setz­ge­bung ging aus­drück­lich oder unein­ge­stan­den von dem Prin­zip aus, daß nur das Hin­zu­tre­ten bestimm­ter eth­ni­scher Grup­pen im Hin­blick auf die künf­ti­ge Zusam­men­set­zung der nord­ame­ri­ka­ni­schen Bevöl­ke­rung wün­schens­wert sei. Im Hin­ter­grund stand eine mas­si­ve „ras­sen­hy­gie­ni­sche“ Pro­pa­gan­da. Aber popu­lär im eigent­li­chen Sinn war die­se Strö­mung nicht, obwohl die ihrem Geist ver­pflich­te­ten Beschrän­kun­gen zum Teil bis in die vier­zi­ger Jah­re in Kraft blieben.

Jeder stren­ge Nati­vis­mus hat­te von vorn­her­ein mit dem Pro­blem zu kämp­fen, daß er das ame­ri­ka­ni­sche Selbst­ver­ständ­nis in einem ent­schei­den­den Punkt in Fra­ge stell­te. Soweit die USA sich als „Nati­on aus Natio­nen“ begrif­fen und ihr Sen­dungs­be­wußt­sein aus dem demo­kra­ti­schen Pathos speis­ten, muß­te jede Abschot­tung in Span­nung zur Idee uni­ver­sa­ler Gleich­heit tre­ten. Die­ser laten­te Vor­be­halt war auch fest­stell­bar im Hin­blick auf jene Strö­mung, die dem Nati­vis­mus in man­chem ver­wandt, aber von ihm an ande­rer Stel­le doch deut­lich ver­schie­den war: der „Ame­ri­ka­ni­sie­rungs­be­we­gung“. Wie unter den Ein­wan­de­rungs­geg­nern gab es auch unter den Ver­fech­tern der ame­ri­ca­niza­ti­on vie­le, die sich Sor­gen um die Pro­por­tio­nen der eth­ni­schen Antei­le in der Bevöl­ke­rung mach­ten, aber ihr Opti­mis­mus war groß, daß die Assi­mi­la­ti­on gelin­gen wür­de, so wie sie in der Ver­gan­gen­heit immer gelun­gen war.
Dem ent­sprach die Vor­stel­lung von den USA als mel­ting pot – „Schmelz­tie­gel“, in dem die ein­zel­nen Natio­nen und Kul­tu­ren auf­gin­gen. Der Begriff ist wahr­schein­lich auf ein Thea­ter­stück des eng­li­schen Autors Isra­el Zang­will zurück­zu­füh­ren, das 1908 in Washing­ton urauf­ge­führt wurde.
Sei­ne Aktua­li­tät gewann er dadurch, daß das kul­tu­rel­le Selbst­ver­ständ­nis, das die Ein­wan­de­rer mit­brach­ten, immer deut­li­cher von der kul­tu­rel­len Norm – die nach wie vor von Wei­ßen angel­säch­si­scher Her­kunft, pro­tes­tan­ti­scher Kon­fes­si­on bestimmt wur­de – abwich und man die Ghet­to­bil­dung bestimm­ter Grup­pen, nicht nur der ver­fem­ten Asia­ten, son­dern auch der Ita­lie­ner, Polen und Juden, deut­li­cher als Pro­blem zu sehen lernte.
Es lag in der Logik die­ser Ent­wick­lung, daß die Ame­ri­ka­ni­sie­rungs­be­we­gung mit dem Kriegs­ein­tritt der Ver­ei­nig­ten Staa­ten 1917 einen mas­si­ven Auf­schwung erleb­te. Der konn­te sich in Pogro­men gegen deut­sche Ein­wan­de­rer, dem radi­ka­len Druck auf fremd­spra­chi­ge Zei­tun­gen oder dem Ver­bot mut­ter­sprach­li­chen Unter­richts in den Schu­len äußern. Ganz offen­sicht­lich gin­gen die hoch­ge­spann­ten Erwar­tun­gen der Ame­ri­ka­ni­sie­rungs­be­für­wor­ter nicht in Erfül­lung. Weder hat­ten sich die Migran­ten in kür­zes­ter Zeit den ame­ri­ka­ni­schen Ver­hält­nis­sen ange­paßt, noch war ihnen zu garan­tie­ren, daß das Erler­nen der eng­li­schen Spra­che einen raschen sozia­len Auf­stieg verhieß.
In die­ser Situa­ti­on ver­lang­ten eini­ge radi­ka­le Grup­pen die zwangs­wei­se Ame­ri­ka­ni­sie­rung, wäh­rend sich gleich­zei­tig eine Umwer­tung der For­de­rung nach ame­ri­ca­niza­tion ins Nega­ti­ve bemerk­bar mach­te. Eine wach­sen­de Zahl von Intel­lek­tu­el­len ver­lang­te die stär­ke­re Berück­sich­ti­gung des kul­tu­rel­len Erbes der ver­schie­de­nen Migrantengruppen.

Seit den 1920er Jah­ren hat­ten sich damit in bezug auf die Ein­wan­de­rungs­fra­ge drei „Par­tei­en“ gebildet:

1. Die Nati­vis­ten, die ent­we­der gar kei­ne oder nur eine äußerst restrik­tiv gehand­hab­te Migra­ti­on dul­den woll­ten. Sie hiel­ten eine erfolg­rei­che Ein­glie­de­rung der­je­ni­gen für aus­ge­schlos­sen, die ei nen beson­ders hohen Grad an Fremd­heit dem „Ame­ri­ka­ner­tum“ gegen­über auf­wie­sen. Sie berie­fen sich ent­we­der auf die ras­si­sche oder die kul­tu­rel­le Über­le­gen­heit der WASP; häu­fig war eine Kom­bi­na­ti­on aus bei­den Begründungen.

2. Die Ame­ri­ka­ni­sie­rer, die Ein­wan­de­rung grund­sätz­lich bejah­ten, aber eine – mehr oder weni­ger voll­stän­di­ge – Anpas­sung an das gel­ten­de ame­ri­ka­ni­sche Nor­men­sys­tem ver­lang­ten. Eine der­ar­ti­ge Posi­ti­on konn­te, muß­te aber nicht mit dem Ver­lan­gen nach Aus­schluß bestimm­ter Eth­ni­en einhergehen.

3. Die Mul­ti­kul­tu­ra­lis­ten (ein Begriff, der hier avant la lett­re ver­wen­det wird, da er erst nach dem Zwei­ten Welt­krieg und zwar in Euro­pa ent­stand), die die Auf­fas­sung ver­tra­ten, daß das kul­tu­rel­le Erbe der Migran­ten dem der Ame­ri­ka­ner grund­sätz­lich gleich­wer­tig sei. Assi­mi­la­ti­on wur­de – etwa im Hin­blick auf die Spra­che – nur aus prag­ma­ti­schen Grün­den gefordert.

Die Grup­pe der Nati­vis­ten hat seit dem Ende des Zwei­ten Welt­kriegs fast jeden Ein­fluß auf die ame­ri­ka­ni­sche Poli­tik ver­lo­ren. Das zeig­te sich nicht nur an der Auf­he­bung der Zuwan­de­rungs­quo­ten nach eth­ni­schen Gesichts­punk­ten, son­dern wirk­te sich auch auf die Behand­lung der „Ras­sen­fra­ge“ im Inne­ren des Lan­des aus. Nach­dem weder der schwar­ze noch der india­ni­sche Bevöl­ke­rungs­an­teil aus­ge­stor­ben oder voll­stän­dig auf­ge­so­gen wor­den war, son­dern deut­li­chen Zuwachs zu ver­zeich­nen hat­te, und die zum Teil bis in die sech­zi­ger Jah­re gel­ten­de Gesetz­ge­bung gegen Misch­ehen und für die Segre­ga­ti­on die Zustim­mung der Öffent­lich­keit ver­lor, setz­te mit den fried­li­chen und gewalt­sa­men Pro­tes­ten der Bür­ger­rechts­be­we­gung das Bemü­hen ein, vor allem die Schwar­zen stär­ker in das Gesell­schafts­le­ben zu inte­grie­ren und sie inso­fern zu amerikanisieren.
Ein Vor­gang, der von Tei­len der schwar­zen US-Bür­ger aber zurück­ge­wie­sen wur­de, die dar­in einen neu­en, wenn­gleich getarn­ten Ver­such der Unter­drü­ckung sahen. Sie orga­ni­sier­ten sich in mili­tan­ten Bewe­gun­gen wie der Black Pan­ther Par­ty oder der Nati­on of Islam, die sehr früh ein Recht auf voll­stän­di­ge poli­ti­sche und kul­tu­rel­le Selbst­be­stim­mung bis hin zur Sepa­ra­ti­on in einem „schwar­zen Staat“ erhoben.

Wäh­rend der­ar­ti­ge Pro­jek­te immer nur von einer Min­der­heit unter­stützt wur­den, gab es doch gleich­zei­tig sehr wir­kungs­vol­le Ver­su­che, das ursprüng­li­che Anlie­gen des Civil Rights Move­ment – Gleich­be­rech­ti­gung – in die For­de­rung nach Son­der­rech­ten für ras­si­sche Teil­grup­pen zu über­füh­ren. Seit dem Ende der sech­zi­ger Jah­re wur­de von der Bun­des­re­gie­rung ein unter der Bezeich­nung affir­ma­ti­ve action bekannt gewor­de­nes Pro­gramm ein­ge­führt, das zuerst nur Schwar­zen, spä­ter aber auch ande­ren eth­ni­schen Grup­pen sowie gesell­schaft­li­chen „Min­der­hei­ten“ (Frau­en, Homo­se­xu­el­len, Behin­der­ten etc.) eine bevor­zug­te Behand­lung bei der Ver­ga­be von Arbeits- und Stu­di­en­plät­zen, Beför­de­run­gen, Fir­men­auf­trä­gen, Sozi­al­woh­nun­gen etc. einräumte.
Par­al­lel zu die­sem Ver­än­de­rungs­pro­zeß setz­ten sich die Mul­ti­kul­tu­ra­lis­ten als domi­nie­ren­de Rich­tung durch. Sie eta­blier­ten im Namen des „Plu­ra­lis­mus“ eine Viel­zahl von alter­na­ti­ven Ori­en­tie­rungs­mus­tern und stell­ten jede For­de­rung nach Inte­gra­ti­on unter den Ver­dacht des „Ras­sis­mus“. Die­se Ent­wick­lung hat aber in den acht­zi­ger Jah­ren ihre gan­ze Pro­ble­ma­tik ent­hüllt. Dabei gerie­ten vor allem drei Ten­den­zen in die Kritik:

1. Die zuneh­men­de kul­tu­rel­le Frag­men­tie­rung durch die for­ma­le Gleich­be­rech­ti­gung aller mög­li­chen kul­tu­rel­len Spiel­ar­ten neben der bis dahin als ver­bind­lich betrach­te­ten „west­li­chen“, also europäischen.

2. Die zuneh­men­de eth­ni­sche Frag­men­tie­rung, bedingt durch die Ein­wan­de­rung immer neu­er, immer weni­ger assi­mi­la­ti­ons­be­rei­ter Grup­pen, deren Gebur­ten­ra­ten zum Teil außer­or­dent­lich hoch sind; in dem Zusam­men­hang spiel­te und spielt die ille­ga­le Ein­wan­de­rung aus Mexi­ko eine wich­ti­ge Rol­le, die fak­tisch zur (Re-)Hispanisierung des Südens der USA geführt hat.

3. Die zuneh­men­de poli­ti­sche Frag­men­tie­rung nicht nur durch die Son­der­rech­te für eth­ni­sche Min­der­hei­ten, son­dern auch durch den beson­de­ren Cha­rak­ter der Kon­flik­te, in die die Ver­ei­nig­ten Staa­ten seit dem Ende des Kal­ten Krie­ges ver­wi­ckelt wur­den; der von Samu­el Hun­ting­ton beschwo­re­ne clash of civi­li­sa­ti­ons hat Fol­gen für den Innen- wie den Außenbereich.

Die Vor­stel­lung, daß die Ver­ei­nig­ten Staa­ten von einem dis­uni­ting bedroht sei­en, faß­te seit­dem auch im libe­ra­len Milieu Fuß. Hin­zu kam die Viru­lenz des seit dem Beginn der new immi­gra­ti­on bestehen­den Sprach­pro­blems, vor allem im Hin­blick auf den außer­or­dent­lich star­ken Zustrom von lega­len und ille­ga­len mexi­ka­ni­schen Ein­wan­de­rern. In den ver­gan­ge­nen vier­zig Jah­ren ist der Anteil der aus Latein­ame­ri­ka stam­men­den Migran­ten von etwa zwan­zig auf fünf­zig Pro­zent der Ein­wan­de­rer über­haupt ange­stie­gen. In eini­gen Bun­des­staa­ten wie Texas und Kali­for­ni­en haben bereits gan­ze Regio­nen eine spa­nisch­spre­chen­de Mehr­heit. Ver­su­che, die­sen Zustrom zu brem­sen oder wenigs­tens zu kana­li­sie­ren, sind aus­nahms­los geschei­tert. Zu attrak­tiv ist die Beschäf­ti­gung der His­pa­nics in ein­fa­chen Arbeitsverhältnissen.

Die Pro­ble­ma­tik der sozia­len Lage die­ser Grup­pe ist bloß mit der der Schwar­zen zu ver­glei­chen, die aller­dings in vie­lem noch bedroh­li­cher erscheint. Zwar hat affir­ma­ti­ve action zur Ent­ste­hung einer sehr schma­len schwar­zen Ober- und einer etwas brei­te­ren Mit­tel­schicht geführt, aber die gro­ße Mas­se der Schwar­zen – sie stellt etwa 13 Pro­zent der Bevöl­ke­rung – lebt nach wie vor in erbärm­li­chen Ver­hält­nis­sen. Das Ein­kom­men einer schwar­zen Fami­lie lag im Jahr 2003 durch­schnitt­lich bei 33.525 US-Dol­lar, das einer wei­ßen bei 54.633. Die Wahr­schein­lich­keit von Arbeits­lo­sig­keit ist für Schwar­ze ungleich höher als für Wei­ße, ihr Anteil an Bil­dungs­ab­schlüs­sen ungleich gerin­ger. Hin­zu kom­men alle Anzei­chen sozia­ler Zer­rüt­tung: die Wahr­schein­lich­keit einer Abtrei­bung liegt bei einer schwar­zen Frau dop­pelt so hoch wie bei einer wei­ßen, zwei Drit­tel aller schwar­zen Kin­der wer­den unehe­lich gebo­ren, fast die Hälf­te der Jugend­li­chen wächst ohne Vater auf. Die Kin­der­sterb­lich­keit ist bei­na­he dop­pelt so hoch wie in wei­ßen Fami­li­en. Bei einem Bevöl­ke­rungs­an­teil von 13 Pro­zent stel­len die Schwar­zen mehr als 40 Pro­zent aller Häft­lin­ge, 45,7 Pro­zent der im Jahr 2001 wegen Mor­des Ein­sit­zen­den waren schwarz, 9,8 Pro­zent weiß.
Die Son­der­stel­lung der Schwar­zen im eth­ni­schen Auf­bau der Ver­ei­nig­ten Staa­ten erklärt auch, war­um die frü­her selbst­ver­ständ­lich geüb­te Soli­da­ri­tät – etwa im Rah­men der die Demo­kra­ti­sche Par­tei unter­stüt­zen­den „Regen­bo­gen­ko­ali­ti­on“ – längst zer­stört ist. Dazu hat nicht zuletzt die aggres­si­ve Wen­dung der Schwar­zen gegen ande­re Mino­ri­tä­ten bei­getra­gen. Schon früh rich­te­te sich ein auch, aber nicht nur mit dem Ein­fluß der Black Mus­lims in Ver­bin­dung ste­hen­der Affekt gegen die jüdi­sche Gemein­de. Eine wich­ti­ge­re Rol­le spielt außer­dem die Feind­se­lig­keit gegen­über den asia­ti­schen Ein­wan­de­rern. Deren Ver­hal­ten ent­spricht in kei­ner Wei­se der Vor­stel­lung, die man sich von einer unter­pri­vi­le­gier­ten und am Auf­stieg gehin­der­ten Min­der­heit macht. Ähn­lich der kol­lek­ti­ven Kar­rie­re des ame­ri­ka­ni­schen Juden­tums ist seit den sech­zi­ger Jah­ren ein Pro­zeß zu beob­ach­ten, bei dem vor allem die aus Japan, Chi­na, Viet­nam, Korea und Indi­en stam­men­den Migran­ten den sozia­len Abstand zu den Wei­ßen nicht nur auf­ho­len, son­dern in vie­len Fäl­len – etwa beim Anteil der Col­lege­ab­sol­ven­ten – sogar überbieten.
Ange­sichts die­ser Ent­wick­lun­gen in den USA gerät ein Fak­tum immer stär­ker aus dem Blick: die Tat­sa­che, daß die Wei­ßen mit­tel­fris­tig eine Mino­ri­tät sein wer­den. In Kali­for­ni­en ist ihr Anteil an der Bevöl­ke­rung schon 1999 unter die Fünf­zig­pro­zent­mar­ke gefal­len, bis zum Jahr 2010 soll er sich auf vier­zig Pro­zent ver­rin­gern, bis zur Mit­te des Jahr­hun­derts wird die­ser Stand in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten all­ge­mein erreicht sein.

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