derzeit, weil wir am Freitag auf belastbarere Strukturen umsatteln. Bis dahin noch etwas zu drei Dingen:
1. CSU-Mann Alexander Dobrindt hat in einem Beitrag für die Welt von einer “bürgerlich-konservative Wende” geschrieben und sogar eine “konservative Revolution der Bürger” gefordert. Er hat dafür zurecht Prügel bezogen – man kann einen so sehr mit dem antiliberalen Affekt Armin Mohlers verknüpften, verzweifelt von Links bekämpften und inhaltlich schillernden Begriff nicht einfach neu aufladen und für ein CSU-Programm in Dienst stellen.
Dobrindt meint vielleicht eine Rückkehr der Wirklichkeitsbeschreibung dorthin, wo normale Leute normal leben und vom großen Firlefanz und Abgesang nicht allzuviel mitbekommen – derlei gibt es in Bayern wohl noch. Er meinte aber sicherlich nicht das, was wir vor ein paar Jahren in unserem Themenheft “Konservative Revolution” aufgeblättert haben. Man kann es hier in Gänze einsehen.
Und weil man mich persönlich in der Presse als einen der geistigen Erben Mohlers nannte, mithin der positiven KR-Anknüpfung zieh und mit Dobrindts forschem Vorstoß in Verbindung brachte, empfehle ich aus besagter 44. Sezession meinen eigenen Text über die “Strahlkraft der Konservativen Revolution” der Lektüre. Man weiß danach besser, wo es nicht herkommt.
– – –
2. In der taz von gestern geht es um den schmalen, nicht uninteressanten Erstlingsroman des Sohnes von Botho Strauß, der seit Sommer vorliegt. Diese Sieben Nächte seien ein “mannhaftes Geraune”, es komme irgendwie an, treffe auf eine Leerstelle, ein Vakuum, schreibt die taz, und als mir Kositza das Buch im Auto auf einer Fahrt nach Serbien vorlas, dachten wir uns: Ziemlich zahm, hört meist dort auf, wo’s anfängt, aber für’s deutsche Feuilleton wird’s reichen.
In der Tat: Man liest dort, wo die Not der Notlosigkeit herrscht, Sieben Nächte als „leidenschaftliches, angstfreies, traditionstrunkenes, zukunftsgieriges Kampfbuch gegen die Abgeklärtheit“ und als „ein Manifest für mehr Mut zum Pathos, für Sinnlichkeit, Offenheit, Begeisterung, Gegnerschaft, Streit und Tränen“.
Der taz-Schreiber wartet nun mit einer Praline auf: Simon Strauß war in Berlin über Jahre Teil eines “Jungen Salons”, den er mit anderen jungen Publizisten, Künstlern, Verlegern, Unternehmern und Dandys führte – und es stimmt: Kositza und ich waren dort einmal zu Gast, waren eingeladen, um unsere Sicht auf die Dinge vorzutragen.
Ich habe darüber dann ausführlich geschrieben, und das nahmen mir die Betreiber des “Jungen Salons” so übel, damals, daß der Kontakt beinahe ganz abgebrochen ist. Ich war aber so konsterniert und zugleich so aufgeladen von Leif Rants just erschienenen Roman Planet Magnon, daß ich “Postpragmatismus oder: im Jungen Salon” quasi noch auf der Rückfahrt skizzierte. Hier kann man den Text nachlesen, und ebenso wie der über “Die Strahlkraft der KR” ist er in meinem Buch Die Spurbreite des schmalen Grats abgedruckt.
– – –
3. Die in Ungarn für Ende Januar anberaumte Konferenz “Die Zukunft Europas” ist tatsächlich in den Mai verschoben worden. Zu intensiv waren die oppositionellen und ausländischen Interventionen gegen unter anderem meinen Vortrag über “Das Migrationsproblem. Fragestellung, Epochenwechsel, Chance – 10 Thesen”. Die Konferenz ist für den Mai neu angesetzt. Wie so oft ist nun das “Ob überhaupt” beinahe interessanter als die Inhalte, die dann hoffentlich zu Gehör gebracht werden können. An solchen Säumen zeigt sich die Intoleranz der Toleranten, wird die Meinungsäußerungsmöglichkeit vermessen. Wir – auf Messers Schneide unterwegs, um Normalität herzustellen: So mußte es kommen.
Maiordomus
"Näheres zu wissen", was man Kubitschek nicht leicht absprechen kann, müsste bei Sezession, wo offenbar wieder eine Reorganisationsphase in Sachen online fällig ist, auch in Zukunft das Motto sein. Die geistige Situation wird nicht einfacher werden. Soeben habe ich vernommen, dass in Leipzig rechte Verlage zu "Tätern" erklärt werden. Das scheint mir in der Tat, wiewohl ich mit Nazivergleichen meine liebe Mühe habe, Goebbels-Niveau nahe zu kommen und in dieser Wortwahl auch die ideologische Basis der Unterdrückung der Geistesfreiheit im Kommunismus. Im Allgemeinen herrscht, bis hinauf an die Hochschulen und selbst in einem angeblichen Weltblatt wie der Neuen Zürcher Zeitung Analphabeten-Niveau, wenn es um die Analyse der deutschen Rechten geht, siehe den Hetz-Artikel des mehr als unbedarften Benedict Neff in der Neuen Zürcher Zeitung dieser Tage gegen Björn Höcke. Das Schlimme ist aus meiner Sicht unter anderem, dass mit läppischem und ignorantem Nazi-Geschrei die durchaus nötige wirkliche Auseinandersetzung, auch die kritische, verfehlt wird. Die pauschalen Hetzer haben in der Regel keine Ahnung von den Verwerfungen und Perspektiven in der zurecht nicht unumstrittenen Tradition der Konservativen Revolution und kennen Sieferles Bücher etwa so "gut" wie weiland Herwig Münkler, letzterer stehen geblieben im 30jährigen Krieg, zu schweigen von den einstigen Heften von "Criticon" und den heutigen von "Sezession". Warum nicht auch mal zugeben, dass es auf der Rechten, leider alles andere als flächendeckend, wirkliche Intelligenz gibt und auf der insbesondere angepassten Mainstream-Linken die Dummheit derjenigen, die aus dummem Machtbewusstsein heraus schlicht und einfach die Diskurshoheit diktieren? Dabei müssten doch auch bei Rechten politische und intellektuelle Kinderkrankheiten angemahnt werden, nicht zuletzt ein verbohrtes rechthaberisches Verlieren der Proportionalität bis hin zur politischen Verzweiflung. Auch hat nicht jeder, der sich als Denker gebärdet, das Zeug zum Polit-Strategen, eher, wenn schon, zum Chefideologen, wonach jedoch kein Bedarf besteht. Noch sinnvoll, zumindest theoretisch, finde ich die Debatte über den Gesichtspunkt "Gewerkschaft" in Abgrenzung zu Partei, weil man sich tatsächlich stärker mit den Nettozahlern und Ausgebeuteten des globalistischen Systems beschäftigen sollte, wiewohl es eine Illusion sein dürfte, AfD-nahe Betriebsräte zu installieren. Bei der geistigen Auseinandersetzung um die Nöte der Zeit bleibt nicht das häufige Zitieren von Carl Schmitt und Ernst Jünger vorrangig, eher schon das Aufzeigen des Unterschiedes zwischen der Betonung von Souveränität in Sachen Grenzen, Zuwanderungsbeschränkung usw. im Vergleich zu rein nationalistischen Ideologemen, in die man sich verrennen kann. Über politische Prinzipien wie auch über das real Machbare jenseits von Illusionen wie es wäre, wenn "wir" die Macht hätten, müsste im Sinne einer Selbstkritik der Demokratie noch eine besser qualifizierte Orientierung gewonnen werden. Krass fehlt bei vielen deutschen Rechten die praktische politische Erfahrung, nicht zu unterschätzen beim Problemlösen auf kommunaler und gesellschaftlicher Ebene. Kubitscheks "Mein geduld hat ursach" scheint mir derzeit ein noch angemesseneres Motto zu sein als die gelegentlich auch beim Pazifisten Reinhold Schneider zitierte Losung der katholischen Mystikerin Franziska von Chantal aus dem Umfeld des heiligen Franz von Sales "Et si omnes ego non".