Bann gegen Bannon

von Collin McMahon -- Steven Bannon, ex-Chefstratege im Weißen Haus, hat seinen Posten als Chefredakteur von Breitbart News räumen müssen.

„Ich bin stolz dar­auf, was das Breit­bart Team inner­halb kur­zer Zeit geschaf­fen hat, um eine welt­klas­se-Nach­rich­ten­sei­te zu bau­en“, sag­te Ban­non in einem wort­kar­gen State­ment am 9.1.2018.

Der Jour­na­list Micha­el Wolff ver­öf­fent­lich­te am 5.1.2018 sein Ent­hül­lungs­buch „Fire and Fury“, das vom Trump-Lager als Lügen­mär­chen dar­ge­stellt wur­de, und vom Anti-Trump-Lager mal wie­der als Anfang vom Ende Trumps. Kei­ne der bei­den Dar­stel­lun­gen trifft zu. In der Tat ist  „Fire and Fury“ eine recht unter­halt­sa­me, les­ba­re und aus­ge­wo­ge­ne Nach­er­zäh­lung der ers­ten Mona­te der Trump-Prä­si­dent­schaft. Wie immer sind die, die sich am meis­ten dar­über auf­re­gen, die­je­ni­gen, die das Buch gar nicht gele­sen haben.

Wenn Ste­ve Ban­non sei­nen Kum­pan Trump als „herz­li­chen Affen“ beschreibt, kann man das nun skan­da­li­sie­ren oder ein­fach wit­zig fin­den. Im Wesent­li­chen beschreibt Wolff die Trump-Regie­rung wie man sie sich vor­stellt – chao­tisch, rebel­lisch, gegen den Strich und manch­mal mit dem Kopf durch die Wand. Dass Trump nicht viel von Poli­tik ver­steht, aber sehr viel von Men­schen und vor allem vom arbei­ten­den, steu­er­zah­len­den Durch­schnitt­ts­bür­ger, kann den auf­merk­sa­men Trump-Beob­ach­ter nicht wirk­lich überraschen.

Ste­ve Ban­non hat­te Inter­net-Pio­nier Andrew Breit­bart 2004 auf der Pre­mie­re sei­ner Rea­gan-Doku „In the Face of Evil“ ken­nen­ge­lernt, in der er Par­al­le­len zwi­schen Rea­gans Kampf gegen den Kom­mu­nis­mus und den Kampf gegen isla­mi­schen Ter­ror post‑9/11 auf­zeigt. Auf der Pre­mie­re „kam so ein Bär von einem Typen auf mich zu, drück­te mich so fest dass mein Kopf zu explo­die­ren droh­te und sag­te irgend­was von wegen, ‚Wir müs­sen die Kul­tur zurück­er­obern’. Ich wuss­te über­haupt nicht wer der Kerl ist“, so Ban­non im Gespräch mit Jour­na­list Joshua Green.

Ban­non war in den 90ern als Wall-Street-Ban­ker nach Hol­ly­wood gekom­men und hat­te dort eine erfolg­rei­che Kar­rie­re, die ihm unter ande­rem die Rech­te an der Hit-Sit­com „Sein­feld“ bescher­te. Er half Breit­bart, Finan­ziers für sei­ne „kon­ser­va­ti­ve Ver­si­on der Huf­fing­ton Post“ zu fin­den, dar­un­ter Invest­ment-Genie Robert Mer­cer, der mit dem Hedge­fonds Renais­sance Tech­no­lo­gies und einem kryp­to­lo­gi­schen Ansatz im Invest­ment-Geschäft Mil­li­ar­den ver­dient hatte.

Mer­cer inves­tier­te ab 2011 min­des­tens 11 Mil­li­on $ in den Neu­start von Breit­bart News als pro­fes­sio­nel­le Web­sei­te mit eige­ner Redak­ti­on. Andrew Breit­bart selbst ver­starb mit 43 am 1.3.2012 an einem Herz­in­farkt. Ban­non über­nahm gemein­sam mit Lar­ry Solov die Chef­re­dak­ti­on von Breit­bart und heu­er­te jun­ge intel­lek­tu­el­le Quer­den­ker wie Ben Sha­pi­ro und Milo Yiann­o­pou­los an, die sich auf klu­ge, kon­ser­va­ti­ve Wei­se mit The­men wie Gamer­Ga­te oder die Alt-Right beschäf­tig­ten, über sie sonst nur lin­ke Skan­dal­ge­schich­ten geschrie­ben wur­den. Breit­bart wur­de zum erfolg­reichs­ten kon­ser­va­ti­ven Nach­rich­ten­por­tal der Welt.

Ste­ve Ban­non hat­te Trump seit Novem­ber 2015 als regel­mä­ßi­gen Talk-Gast auf sei­ner Breit­bart Radio Sen­dung ken­nen­ge­lernt. Als Trump 2016 schon meh­re­re Wahl­kampf­lei­ter ver­schlis­sen hat­te und Ex-Fox-News-Chef Roger Ailes abge­lehnt hat­te, wand­te Trump sich also an den Breit­bart-Chef­re­dak­teur, um sein Team zu führen.

Ban­non wird ger­ne als dia­bo­li­scher Strip­pen­zie­her dar­ge­stellt, der Ver­bin­dun­gen zu Neo­na­zis kul­ti­vie­re, aber das ist schlicht Unsinn. Nach dem tra­gi­schen Tod einer Gegen­de­mons­tran­tin in Char­lot­tes­ville, Vir­gi­na am 12.8.2017 nann­te Ban­non die „Eth­no­na­tio­na­lis­ten“ um Richard Spen­cer und die Alt-Right „Loser“ und „Rand­ele­men­te“.

Ban­nons Phi­lo­so­phie ist im Prin­zip eine recht ein­fa­che, die dem hemds­ärm­li­gen Sohn eines iri­schen Tele­fon­tech­ni­kers vom Navy-Mega­stütz­punkt Rich­mond, Vir­gi­nia gut zu Gesicht steht: Ban­non plä­diert für einen „wirt­schaft­li­chen Natio­na­lis­mus“, der die Inter­es­sen der ein­hei­mi­schen Arbei­ter und Steu­er­zah­ler an aller­ers­ter Stel­le setzt.

Vie­le sei­ner Posi­tio­nen wür­den auch bei der SPD Wup­per­tal gut ankom­men: Er ist gegen frem­de Krie­ge und gegen Ban­ken­ret­tung, und für eine Poli­tik, die dem eige­nen Wäh­ler dient, der sich oft heu­te abge­hängt, ver­ges­sen und aus­ge­nützt vor­kommt. Oder, wie Bill Clin­ton es 1992 aus­drück­te: „It’s the eco­no­my, stu­pid.“ Ban­non fokus­sier­te Trumps Bot­schaft laser-artig auf das Kern­the­ma des „wirt­schaft­li­chen Natio­na­lis­mus“ – der Grund war­um sei­ne Bot­schaft so über­ra­schend gut bei der arbei­ten­den Mit­tel­schicht im Rost­gür­tel von Pitts­burgh bis Detroit ankam. Eine Bot­schaft, die auch beim deut­schen Wäh­ler fruch­ten wür­de, wenn es denn mal Poli­ti­ker gäbe, die die Inter­es­sen, Steu­er­gel­der und Arbeits­plät­ze ein­hei­mi­scher Arbeit­neh­mer mal vor den­je­ni­gen ein­ge­wan­der­ter Analpha­be­ten und dem Rest der Welt stel­len würden.

Ver­mut­lich ist Ban­non gera­de des­halb so bedroh­lich für die Lin­ke: Weil er das The­ma bedient, das sie aus den Augen ver­lo­ren haben – das Wohl der Arbei­ter­klas­se. Ein rech­ter Ber­nie San­ders oder Sahra Wagen­knecht. Des­halb muss­ten sie ihn – bar bes­se­rer Argu­men­te – immer als rech­ten Nazi ver­un­glimp­fen. Das Argu­ment „unse­re Leu­te zuerst“ wird näm­lich beim Wäh­ler immer unschlag­bar bleiben.

Nach Char­lot­tes­ville muß­te Trump Ban­non am 18.8. ent­las­sen. Nach Ban­nons Dar­stel­lung lag er schon lan­ge im Clinch mit der „Sor­os-nahen Glo­ba­lis­ten-Frak­ti­on“ um Ivan­ka Trump und Jared Kush­ner im Wei­ßen Haus, die für einen gemä­ßig­te­ren Kurs plä­dier­ten. Ivan­ka ist immer­hin eine Schul­freun­din von Chel­sea Clin­ton und hat 2007 an den Wahl­kampf von Hil­la­ry Clin­ton gespendet.

Ban­non saß tags dar­auf schon wie­der am Chef­re­dak­teurs-Schreib­tisch in der „Breit­bart-Bot­schaft“, sei­nem Haus in Washing­ton D.C. Er ver­sprach, „für Trump in den Krieg zu zie­hen“. Es war jedoch nicht zu leug­nen, dass Breitbart.com nun ver­mehrt auch Arti­kel brach­te, die die Trump-Regie­rung angrif­fen, vor allem „Javan­ka“ und Sicher­heits­be­ra­ter H.R. McMas­ter, den Breit­bart „den McMeis­ter der Intri­ge“ taufte.

Im Novem­ber stell­te sich Ban­non hin­ter den ultra-kon­ser­va­ti­ven Roy Moo­re als Kan­di­da­ten für den Senats­sitz von Ala­ba­ma, gegen den „Estab­lish­ment-Kan­di­da­ten“ Luther Stran­ge, der von Trump unter­stützt wur­de. Ban­non flog sogar sei­nen Mit­strei­ter Nigel Fara­ge aus Lon­don ein, um im tiefs­ten Ala­ba­ma eine Wahl­kampf­re­de zu hal­ten: „Es gibt aber auf der kon­ser­va­ti­ven Sei­te auch Berufs­po­li­ti­ker, die wis­sen, je enger sie sich an die gro­ßen Ban­ken und mul­ti­na­tio­na­len Kon­zer­ne hef­ten, je weni­ger sie sich mit den Medi­en anle­gen, des­to bes­ser für sie,“ warn­te „Mr. Brexit“ die Südstaatler.

Ban­non schug in die glei­che popu­lis­ti­sche Ker­be: „Die­se Leu­te haben kein Inter­es­se an einer Dis­kus­si­on mit euch, kein Inter­es­se die ille­ga­le Ein­wan­de­rung auf­zu­hal­ten. Sie habe nur teu­re Fern­seh­wer­bung geschal­tet weil sie den­ken, ihr seid dum­me Hin­ter­wäld­ler. Das sind die sel­ben Leu­te die vom ers­ten Tag an ver­sucht haben, Trump zu ver­nich­ten. Aber der Tag der Abrech­nung kommt, mei­ne Herren.“

Moo­re war jedoch auch unter Kon­ser­va­ti­ven in Ala­ba­ma nicht unum­strit­ten. Vie­le tra­di­tio­nel­le Repu­bli­ka­ner lehn­ten den Hau­de­gen ab, vor allem nach­dem Vor­wür­fe laut wur­den, er habe als 30-jäh­ri­ger min­der­jäh­ri­gen Mäd­chen Avan­cen gemacht. Trump unter­stütz­te Moo­re erst am Tag der Wahl mit einer Twit­ter-Bot­schaft: „Roy Moo­re wird immer mit uns Stim­men“. Wir spra­chen mit einer repu­bli­ka­ni­schen Wäh­le­rin aus Ala­ba­ma, die sag­te „Wir wer­den Luther Stran­ge auf den Wahl­zet­tel schrei­ben, weil wir weder Moo­re noch den Demo­kra­ten wollen.“

Als der demo­kra­ti­sche Gegen­kan­di­dat Doug Jones in Ala­ba­ma gewann – der ers­te lin­ke Sena­tor aus Ala­ba­ma seit 30 Jah­ren – gab Trump Ban­non die Schuld: „Der Grund war­um ich ursprüng­lich Luther Stran­ge unter­stützt habe ist, weil ich dach­te, dass Roy Moo­re nicht gewin­nen kann. Ich hat­te Recht!“ (Die deut­schen Medi­en schaf­fen es trotz­dem irgend­wie, dar­aus eine „Nie­der­la­ge für Donald Trump“ zu fantasieren.)

Die jüngs­ten Ent­hül­lun­gen aus Wolffs Buch brach­ten für Trump wohl das Faß zum über­lau­fen. Ban­non hat­te das Tref­fen von Prä­si­den­ten­sohn Donald Trump Jr. im Wahl­kampf 2016 mit einer rus­si­schen Anwäl­tin, die vor­gab, belas­ten­des Mate­ri­al über Hil­la­ry Clin­ton zu haben, „vater­lands­ver­rä­te­risch“ und „unpa­trio­tisch“ genannt – womit er objek­tiv nicht so weit dane­ben liegt, hat Donald Jr. sich doch für das Tref­fen ent­schul­digt und den E‑Mail Ver­kehr dazu offengelegt.

Für Trump war damit aller­dings eine Gren­ze über­schrit­ten: „Als Ste­ve Ban­non sei­nen Job ver­lo­ren hat, hat er auch sei­nen Ver­stand ver­lo­ren“, sag­te Trump in einem State­ment am 3.1. Er tauf­te Ban­non, der immer einen viel läs­si­ge­ren Klei­dungs­stil pflegt als Trump mit sei­nen roten Kra­wat­ten, auf Twit­ter den „Schlam­pi­gen Ste­ve“. Es ist bekannt, dass Trump wert auf eine gepfleg­te äuße­re Erschei­nung legt, etwas das er sei­nem Män­ner­freund Ban­non wohl nach­sah. Trumps Atta­cken wur­den per­sön­lich: Ban­non habe „geheult und gefleht“ als er ihn ent­las­sen habe, twit­ter­te der Präsident.

Auch die Mer­cers, die Ban­non und Breitbart.com seit 2010 finan­ziert hat­ten, distan­zier­ten sich: „Mei­ne Fami­lie und ich haben seit Mona­ten kei­nen Kon­takt zu Ste­ve Ban­non gehabt, noch unter­stüt­zen wir sei­ne poli­ti­sche Agen­da“, sag­te Rebe­kah Mer­cer in einem State­ment. Nach den Ent­hül­lun­gen über die Zusam­men­ar­beit zwi­schen den Mer­cers und Ban­non durch den Jour­na­lis­ten Joshua Green und die lin­ke Web­sei­te Buzzfeed hat­te Robert Mer­cer sich aus der Poli­tik und der Geschäfts­füh­rung sei­nes Hedge­fonds Renais­sance zurück­zie­hen müssen.

Die deut­schen Medi­en jubel­ten hämisch. „Come­back aus­ge­schlos­sen“, titel­te die Tages­schau am 10.1. und demons­trier­ten nur, wie gründ­lich man sich irren kann, wenn man Prop­gan­da statt Jour­na­lis­mus betreibt. Denn bereits tags dar­auf schien Trump sei­nen Wut­aus­bruch schon wie­der zu bereu­en. Dem Wall Street Jour­nal sag­te Trump am 11.1., er füh­le sich von Ban­non zwar „ver­ra­ten“, aber wol­le eine Ver­söh­nung nicht aus­schlie­ßen: „Wir gucken mal, was pas­siert.“

Es ist kaum vor­stell­bar, dass der 64-jäh­ri­ge Ban­non sich nun aus der Poli­tik zurück­zieht. Die Fra­ge ist nur, wo er jetzt hin­geht. Im kon­ser­va­ti­ven Spek­trum tut sich zur Zeit ein­fach zuviel. Laut Buzzfeed will der deutsch­stäm­mi­ge Pay­pal-Begrün­der Peter Thiel (der ers­te schwu­le Red­ner auf einem repu­blka­ni­schen Par­tei­tag) mit den Mer­cers und Roger Ailes einen kon­ser­va­ti­ven TV-Sen­der star­ten. Milo Yiann­o­pou­los’ Ver­lag hat mit „Fat­wa“ von Pame­la Gel­ler sein zwei­tes Buch her­aus­ge­bracht, und könn­te – neben dem nächs­ten Best­sel­ler von Milo („Despi­ca­ble“ über die Hol­ly­wood-Skan­da­le) – sicher auch ein Ban­non-Buch stem­men. 2018 ste­hen außer­dem Kon­gress­wah­len an, bei denen Ban­non als Stra­te­ge oder sogar als Kan­di­dat vor­stell­bar wäre. Es gibt sogar Spe­ku­la­tio­nen, er könn­te 2020 für die Prä­si­dent­schaft kan­di­de­ren. Wir gucken mal, was passiert!

Col­lin McMa­hon ist Autor und Über­set­zer, schreibt u.a. für journalistenwatch.com. Er schreibt gera­de an einem Buch über Breit­bart, Ban­non und Trump, das im Mai bei Antai­os erscheint.

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Kommentare (9)

William Wall

15. Januar 2018 11:23

"Laut Buzzfeed will der deutschstämmige Paypal-Begründer Peter Thiel (der erste schwule Redner auf einem republikanischen Parteitag) mit den Mercers und Roger Ailes einen konservativen TV-Sender starten."

Zumindest Roger Ailes wird sich an diesem Plan nun nicht mehr beteiligen († 18. Mai 2017).

Und: Man hätte in einem Satz nochmal explizit festhalten können, dass Bannon nun auch sein geliebtes Breitbart verlassen hat/musste.

Anonsten guter Bericht zu einem interessanten Thema! :)

Solution

15. Januar 2018 17:09

Breitbart (die Netzseite), Bannon und Trump sind alles andere als "rechts". Sie sind auch keine echten Konservativen sie sind höchstens "Civic Nationalists" oder gar "Cuckservative". Was tun sie, um den Untergang des weißen Amerikas zu verhindern? Mir fällt da nichts ein, außer ein paar Absichtserklärungen, die höchstens auf eine Verzögerung des Niederganges hinauslaufen würden. Wer oder was wirklich hinter Breitbart und Trump steht und den großen Einfluß im Hintergrund hat, ist klar: Es sind dieselben Mächte, die schon immer entscheidend waren.

Old Linkerhand

15. Januar 2018 18:30

Letzte Woche lief spät im Staatsfernsehen eine Doku über Bannon. Dort wurde er als der mächtige Mann hinter Trump und eigentlicher Strippenzieher der Agenda -mit Darth Vader Komik- dargestellt. Als junger Mann bei der US Navy hatte er 1979 den Sturz des persischen Regime und die Gründung der islamischen Republik Iran hautnah miterlebt und damals schon den kommenden Konflikt mit dem Islam vorhergesagt. Welche zukünftige Rolle Bannon bei den amerikanischen Antiglobalisten spielen kann, ist für Kontinentaleuropäer schwer einzuschätzen. Seine Illusionslosigkeit und sein scharfer politischer Verstand lassen ihn manchmal etwas spröde und als Präsidentschaftskandidaten ungeeignet erscheinen. Er selbst dürfte sich wohl auch nicht in der ersten Reihe sehen,
aber im Gegensatz zu vielen NeuRechten, halte ich ihn dennoch für einen guten Mann.

Der_Juergen

15. Januar 2018 20:22

@Solution

Sie haben teilweise recht, aber eben nur teilweise.

Trump und Bannon würden, liesse man ihnen freie Hand, sicher etliches tun, um den Untergang des weissen Amerikas zu verhindern. Das Problem besteht darin, dass der Präsident nicht regieren kann, weil er nicht nur die Demokraten, sondern auch die Mehrheit seiner eigenen Partei und praktisch die ganzen Medien gegen sich hat.

Seine einzige Chance hätte darin bestanden, gleich zu Beginn seiner Amtszeit aufs Ganze zu gehen und den Notstand auszurufen. Der ideale Aufhänger wäre der 11. September gewesen, über den er mit absoluter Sicherheit Bescheid weiss (schon am Abend der Anschläge äusserte er, der als Bauunternehmer natürlich etwas von Architektur versteht, seine Skepsis über die offizielle Version). Er ist davor zurückgeschreckt, das Risiko einzugehen, und dass er dies jetzt noch tut wird, ist reichlich unwahrscheinlich.

Viele sind berufen, wenige auserwählt. Trump gehört offensichtlich zu den ersteren. Dennoch, der Geist ist aus der Flasche, und radikalere Kräfte werden dort weitermachen, wo Trump aufhören musste. (Sollte ich mich irren, und sollte Trump sich behaupten und zumindest einen Teil seines Programms verwirklichen können, wird sich keiner mehr über meinen Irrtum freuen als ich selbst.)

Max

17. Januar 2018 08:48

@Der_Juergen

Wenn ich mir ansehe, was 1 Jahr Trump gebracht hat, so sehe ich vor allem eins: Recht erfolgreiche Sabotage der globalistischen Weltmacht USA.

Und das ist etwas, was einerseits aus konservativer Sicht notwendig ist - als Rückkehr zum klassischen Isolationismus - andererseits eben auch trotz allen Widerstands möglich ist. Denn das Imperium ist ja eine höchst komplizierte Maschine der Macht über die Welt, die zwar auch, aber nicht nur, auf Waffen beruht, sondern auch auf einer Menge Softpower. Und diese Softpower kann er als Präsident einfach vor den Baum fahren. Dazu braucht es nicht die ganze Macht, es reicht die Macht zur Sabotage.

Mir scheint, dass er, was die Zerstörung der Macht der Globalisten betrifft, sogar mehr erreichen wird als ein wirklich überzeugter Isolationist a la Ron Paul mit voller Machtfülle (die der natürlich nie gekriegt hätte) hätte erreichen können. Denn ein Ron Paul an der Macht würde die Glaubwürdigkeit der USA nicht zerstören, und damit hätte sein Nachfolger die Möglichkeit, wieder zur imperialen Politik zurückzukehren, ohne größere Probleme. Trump tut das gerade recht erfolgreich.

Ein Ron Paul mit der Macht würde, wie ein normaler Fahrer eines Autos, die Maschine normal abstoppen und anhalten. Trump ohne die volle Macht agiert wie ein Kind auf dem Beifahrersitz, welches Papa ins Lenkrad greift, während der nicht mal auf die Bremse tritt, das Auto landet am Baum mit Totalschaden.

So unterstützt beispielsweise der CIA die Kurden im Iraq bei der Organisation ihres Referendums. Die dachten "Amerika ist mit uns", und starteten ihre Unabhängigkeit. Das Ergebnis: Trump greift ins Lenkrad, und die USA machen gar nichts als die Iraqer (genauer, die Iraner) den Kurden einfach Kirkuk wegnehmen und sich mit dem Öl in Kirkuk auch alle Träume der Kurden von Unabhängigkeit in Luft auflösen. Totalschaden für das amerikanische Kurdistan-Projekt. Die Kurden fühlen sich verraten. Ein Isolationist an der realen Macht hätte den Kurden gleich offen keine Hoffnung auf US Unterstützung gemacht, die Glaubwürdigkeit der USA bliebe unbeschädigt, sein Nachfolger könnte ohne Probleme wieder beginnen, die Kurden zu unterstützen.

Trumps Vor-den-Baum-Fahren des US Imperiums hat natürlich eigene Risiken - anstelle des Baums kann auch ein Auto auf der Gegenfahrbahn getroffen werden. Aber es kann funktionieren, und auf sehr wirksame Weise, und aktuell funktioniert es.

Auch in Europa. Anti-Trump zu sein ist für all die Politiker, die bisher gezwungenermaßen Transatlantiker sein mussten, um politisch zu überleben, eine Möglichkeit zum langsamen Übergang zum Antiamerikanismus. Und das Establishment hat jetzt überall auf der Welt die Möglichkeit, sich um die Interessen des eigenen Landes zu kümmern, auch da wo sich die Transatlantiker anderes wünschen. Man traut sich sogar in der UNO gegen die USA zu stimmen. Die Polen pfeifen auf die Washingtoner antirussische Einheitsfront und wollen mit den ukrainischen Bandera-Faschisten nichts mehr zu tun haben. Die Deutschen unterstützen Northstream II., TTIP ist tot, usw. usf..

Gustav Grambauer

17. Januar 2018 11:14

Max

Bingo. Sehr feine Analyse. Mein Reden. MAGA ist MASA, "S" steht für "Small", ein simpler Orwellismus. Der globale Prädiktor muß den American Way of Life an die Wand fahren, denn der Planet, den er ja als sein Eigentum betrachtet, ginge zugrunde, wenn 7 Mrd. Menschen je zwei Yukon Denalis in der Garage haben wollten. Dem steuert die "Elite der Elite" (also diejenigen auf der Ebene Kissinger und darüber) nicht mit "globaler Klimapolitik" sondern mit "Dreckslöcher sind Dreckslöcher und werden immer Dreckslöcher bleiben" entgegen - viel unaufwendiger, viel billiger und unterm Strich immer noch viel emissionsärmer als "Entwicklungspolitik mit Zuckerbrot und Peitsche", auch viel ehrlicher. Die Full Spectrum Dominance, die aus dieser (libertären) Perspektive gesehen im Kern sowieso nur eine unästhetische und vor allem teure Form eines Erziehungsprogramms in der Tradition von Lessing ist, ist sowieso nicht mehr zu halten, weg damit. Sie sagen es: Darwin Award. Als Korrektiv wird die weiße Rasse minim weniger indoktrinär unterdrückt, damit deren gbildetere Teile wieder stärker als inzidente Ordnungsmacht gegenüber der Dritten Welt auftreten können, aber dies geschieht sehr vorsichtig dosiert, nur in sehr kontrolliertem Rahmen und jederzeit reversibel. Auch dabei muß man die Janusköpfigkeit sehen: darwinistisch gesehen haben die verfetteten Yankees als Masse eine ganz schlechte Position, und Trump würde zusätzlich am liebsten sogar in Nordamerika selbst das ganze Schulsystem schleifen, wozu braucht ein amerikanisches Kind eine Schule wenn es sich keinen Privatlehrer leisten kann.

Sowohl die U. S. A. (off America, mit Doppel-f, ein seehandelsrechtliches Konstrukt allein 2017 mit 20,5 Billionen Schulden offiziell) als auch die - älteren - U. S., die von Trump zu dessen Inkassobüro ausgebaut werden, werden nur als eine Fußnote in die Zivilisationsgeschichte eingehen.

Sehe Trump trotzdem sehr positiv, allein weil er ein neuer Player am Tisch der alten aufklärerischen Zinker ist und auch wenn mir der Nexus Freimaurer-Jesuiten natürlich bewußt ist. Trump muß, um sich Gewicht zu verschaffen, auch Elemente strotzender Gesundheit in sein Programm einbauen, wobei der Krieg gegen die pc ja nur eines aus einer ganzen Palette ist. Die damit notgedrungen in Gang gesetzte psychologische Eigendynamik in Richtung Souveränität und Freiheit werden seine Meister nicht kontrollieren können, so wie die "Zinker" ihrerseits einen Riesen-Fehler mit der Freischaltung des www gemacht hatten, das bereits heute niemand mehr kontrollieren kann.

Der Clou ist, daß Trump der eigentliche Globalist und die WAS"P"-Satanisten die Provinzialisten sind, Besitzstandswahrer, die ihre Privilegien nicht nur nicht abgeben sondern in einem Illuminaten-Weltstaaat erst so richtig ausspielen woll(t)en, und zwar gegen die Interessen der - wohlverstandenen - globalen Elite. Zentralgewalt und Partikulargewalt - heute im globalen Maßstab, über alle hiesige anderslautende ideologische Schaumschlägerei hinweg. Aus der Sicht, sagen wir, eines Kissinger oder z. B. einer Yellen sind die Obamas, Clintons, Merkels und Macrons nur ungehorsame Kinder. In deren nicht von aufklärerischer Toleranz geprägtem Verständnis gehören ungehorsame Kinder hart gezüchtigt, und so wird es geschehen.

Ruhe vor dem Sturm ...

- G. G.

Der_Juergen

17. Januar 2018 11:18

@Max

Was Sie schreiben, hat vieles für sich. Manche Ihrer Gedanken sind recht originell und nicht von der Hand zu weisen.

Zum Thema Trump würde man auch gerne mal einen Kommentar von @Gustav Grambauer lesen, der dessen Wahl ja bereits im September 2016 kategorisch angekündigt hatte und dem deshalb von einigen Foristen hellseherische Fähigkeiten oder zumindest Insiderkenntnisse unterstellt wurden. Im Moment sieht es ja so aus, als nehme die Karriere des Emporkömmlings schon bald ein unrühmliches Ende. "You did not foresee that in your prophecy, did you, professor Grambauer"?, könnte man da den Grafen Krolow aus Polanskis "Tanz der Vampire" nachäffen.

Der_Juergen

17. Januar 2018 14:24

@Gustav Grambauer

Da haben Sie meinen Wunsch nach einer Stellungnahme zu Trump ja bereits vorauseilend erfüllt, noch ehe er hier erschienen war. Danke für diesen luziden Kommentar, der wieder einmal zeigt, dass Sie einer der kenntnisreichsten und begabtesten Sezessionisten sind.

Cacatum non est pictum

17. Januar 2018 17:30

@Der_Juergen

"Zum Thema Trump würde man auch gerne mal einen Kommentar von @Gustav Grambauer lesen, der dessen Wahl ja bereits im September 2016 kategorisch angekündigt hatte und dem deshalb von einigen Foristen hellseherische Fähigkeiten oder zumindest Insiderkenntnisse unterstellt wurden."

Ich lese die originellen, tiefschürfenden Beiträge von Gustav Grambauer auch immer gern, obwohl ich sie gelegentlich nicht bis ins letzte Detail verstehe. Oft enthalten sie mystisch umwehte Andeutungen, die einen Nichtanthroposophen schon mal ratlos zurücklassen. Ob in diesem Fall seine Interpretationen und jene von Max zutreffen, wird die Zeit erweisen. Zu wünschen wäre es. Momentan bin ich eher skeptisch gestimmt und sehe uns in Westeuropa einem Höllenfeuer entgegengehen. Daß Trump - und sei es nur indirekt - daran etwas ändern wird, liegt außerhalb meiner Vorstellungskraft.

Ich habe übrigens vor kurzem eine Literaturempfehlung beherzigt, die Sie vor Monaten hier im Forum abgegeben hatten, und mir Stephen Mitford Goodsons Buch über die Geschichte der Zentralbanken in der nun erschienenen deutschen Fassung besorgt. Die Lektüre ist lohnenswert, auch wenn ich das meiste bereits gewußt habe. Wirklich interessant ist vor allem der kausale Zusammenhang zwischen zentralbankemittiertem Zinsgeld und dem Niedergang ganzer Völker, den Goodson herstellt und bestens belegt. Daß außerdem die großen Kriege, Revolutionen und Putsche der letzten 300 Jahre nahezu ausschließlich auf das Wirken der Hochfinanz zurückgehen - eine der zentralen Aussagen Goodsons - habe ich neulich in einem SiN-Beitrag so ähnlich formuliert, ohne seinerzeit das Buch gelesen zu haben.

Und deshalb ist mein Optimismus auch stark begrenzt. Die Herren der Welt halten ihren Daumen auf den allermeisten Regierungen. Solange wir ihnen nicht ihr Machtinstrument - das Schuldgeldsystem - aus der Hand schlagen, werden die Völker in Zukunft von nationaler Souveränität nur träumen können.

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