Das war’s. Diesmal mit: Känguruhpenis, schönen Rechten und häßlichen Linken

  1. Januar 2018

Im Autoradio hab ich Radio Corax eingeschaltet.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Ich höre die­ses „Freie Radio“ aus Hal­le gele­gent­lich, aus­schließ­lich auf Fahr­ten mit den Kin­dern. Es ist natür­lich kein „frei­es“, son­dern ein manisch angst­be­setz­tes lin­kes Pro­gramm, das dort gebo­ten wird.

Aus der Selbstbeschreibung:

Das Pro­gramm wird von cir­ca 300 Men­schen in ihrer Frei­zeit oder ihrem Prak­ti­kum erstellt. Freie Radi­os agie­ren mit einem eman­zi­pa­to­ri­schen Anspruch im Sin­ne gesell­schaft­li­cher Gleich­heit und indi­vi­du­el­ler Frei­heit. Ihr Ziel ist es, allen Men­schen in die­sem Sin­ne den Zugang zum Rund­funk zu ermög­li­chen. Freie Radi­os arbei­ten aktiv am Abbau von Dis­kri­mi­nie­run­gen und stel­len die­sen das Modell der kon­kur­renz­frei­en, soli­da­ri­schen Asso­zia­ti­on entgegen.

Typi­sche Auto­fahr­fra­ge: „Wir schal­ten mal Corax ein, ja? ich wet­te, daß es gera­de um Oury Yal­loh geht! Wer wet­tet dage­gen?“ Die Dage­gen­wet­ter ver­lie­ren meistens.

Und doch mag ich es. Ich lie­be die „anti­fa­schis­ti­schen Nach­rich­ten“, ich lie­be es, wie mei­ne Kin­der den übli­chen Mode­ra­to­ren­ton („äh“, öh“, „also sozu­sa­gen“, „soza­gen“, „Hmm… weeß ick ooch nicht“, „naja, also, naja“) nach­ah­men, und ich lie­be die lan­gen Vor­trä­ge über Marxismus/ Bourgeoisie/ Kapitalismus/ Neoliberalismus.

Heu­te schal­te ich ein und bin mit­ten in einem Refe­rat, das eine Frau mit einer klas­sisch ost­deut­schen, aber nicht-säch­si­schen Stim­me vor­trägt: „.. die­ses beschis­se­ne Sys­tem abzu­schaf­fen, das muß unse­re Agen­da…“ Kräht die Jüngs­te von hin­ten: „Sofort erkannt! Ange­la Merkel!

– – –

  1. Janu­ar 2018

Den Medi­en­kon­sum unse­rer Kin­der zu regeln ist für uns mit­tel­schwer. Bekannt­lich kann nach den ers­ten und prä­gen­den fünf, sechs Jah­ren nicht mehr viel „erzo­gen“ wer­den. Danach gilt es allen­falls, als Mar­kie­run­gen Grenz­pfäh­le ein­zu­hau­en und hier und dort Türen ein­la­dend zu öff­nen. Unse­re Kin­der haben uns nie fern­se­hend erlebt und nie eine Smart­phon­schei­be betrach­tend. Inso­fern gibt es für sie die eine Welt (die häus­li­che, meist behag­li­che, für­sorg­li­che), die kaum an der Strip­pe hängt, und die ande­re (stres­si­ge, her­aus­for­dern­de), die eben­das lau­fend tut.

Unse­re Kin­der befin­den sich zwangs­läu­fig dazwi­schen. Sol­che Rege­lun­gen wie „hal­be Stunde/Tag TV im Vor­schul­al­ter” oder Zeit-die-du-wöchent­lich-im-Inter­net-ver­brin­gen-darfst-Depots hat­ten wir nie. (Ich wüß­te auch gar nicht, woher die Zeit dafür käme?).

Und doch gibt es immer wie­der gewis­se… Ertap­pun­gen. Kind woll­te „kurz mal die mails abru­fen“. Eine hal­be Stun­de spä­ter betre­te ich das Zim­mer, auf­ge­ru­fen ist ein Bericht über das Dschun­gel­camp. Kind erschrickt und macht flat­ter­en­de Hand­be­we­gun­gen mit der Maus.

„Ah, Dschun­gel­camp! Wür­dest Du Dir das gern mal anschau­en?“ – „Nee!! War Zufall, ich woll­te eigent­lich nur…“

Ist schon gut. „Gucken die das, in Dei­ner Klas­se?“ – „Klar. Alle.“

Gut. Schlecht. Dumm jeden­falls, wenn das Kind völ­lig unin­for­miert wär. Nichts gegen Hin­ter­welt­ler­tum, aber nie­mals erzwungenes.

„Dann klick doch noch mal zurück, mich inter­es­siert das. Les mal vor!“

Kind (es hat ein ech­tes Qua­li­täts­me­di­um auf­ge­ru­fen, suedddeutsche.de) liest:

„Wenn Mat­thi­as Man­gi­a­pa­ne, der mit sei­nem Lebens­part­ner durch diver­se Rea­li­ty-TV-For­ma­te tin­gelt, sagt “Ich wür­de Kän­gu­ru­pe­n­is auf jeden Fall essen, ich hat­te schon ganz ande­re Sachen im Mund”, dann jubi­lie­ren auch die Bild-Zei­tung und alle Trink­spiel-affi­nen Zuschau­er. “Penis!” Und ex. Die Opfer die­ser media­len Kon­di­tio­nie­rung soll­ten aller­dings auch nicht ver­schwie­gen wer­den. Nata­scha Och­sen­knecht nennt sie beim Namen (nach­dem sie frei­mü­tig dar­über geplau­dert hat, dass sie mit­nich­ten nur auf “Toy­boys” ste­he, aber total ger­ne küs­se): “Oh Gott, mei­ne Kin­der – schei­ße, hab’ ich vergessen.”

Das Kind quält sich ein wenig beim Vor­le­sen. Es weiß ja, daß ich gleich fra­gen wer­de, was „toy­boys“ heißt, was „und ex“, und war­um Kin­der hier wohl mit „schei­ße“ asso­zi­iert wer­den usw, usf.

Aber genau hier wird unser bei­der Auf­merk­sam­keit abge­lenkt. Inmit­ten der Lesung star­tet auf sueddeutsche.de näm­lich ein Video mit zwei Haupt­per­so­nen, die ech­ter und hüb­scher, dabei (noch) mit­leid­erre­gen­der und defi­ni­tiv wür­di­ger aus­se­hen als die Toy­boy­spe­zia­lis­tin und ihre x‑fach ope­rier­te Kon­kur­ren­tin im Urwald­la­ger. Mit­ten in die­se Kän­gu­ruh­pe­nis-Toy­boy-und- Schei­ße-Geschich­te ploppt näm­lich ein Wer­be­vi­deo von SOS-Kin­der­dorf. Es geht um Joy und Grace, zwei schwar­zen Mäd­chen, denen es nicht so gut geht.

Wir schau­en das kur­ze SOS-Video. Ich :„Okay, jetzt lies wei­ter. Es war ja span­nend, gell?“ Kind will nicht und muß nicht.

Ich begin­ne mit einer leich­ten Ver­ständ­nis­fra­ge: Wie hängt wohl die­ses Dschun­gel­camp mit die­sen Kin­der­dör­fern zusam­men? – „Weiß nicht…vielleicht… wegen der Känguruhs?“

Kind schaut mich gequält an. Ich schaue gequält zurück. Ich weiß es auch nicht.

– – –

  1. Janu­ar 2018

Wer nach einem plas­ti­schen Bei­spiel für „Ersatz­hand­lun­gen“ such­te: hier! Seit Mona­ten schwelt der Streit über Eugen Gom­rin­gers Gedicht Ave­ni­das. Die­ser Tage ist die, mit Ver­laub, zutiefst infan­ti­le Debat­te vom Feuil­le­ton in die Haupt­nach­rich­ten geschwappt. Ich bekom­me mitt­ler­wei­le einen Aus­schlag, wenn ich deut­sche Radio­spre­cher mit vor Andacht zit­tern­der Stim­me das Mam­mut­werk („muche­res“: wer war noch nicht auf Major­ka?) zitie­ren höre.

Also noch mal Gomm­rin­gers inkri­mi­nier­tes Werk:

avenidas/avenidas y flores/flores/flores y mujeres/avenidas/avenidas y mujeres/avenidas y flo­res y muje­res y/un admirador.

(Alleen/Alleen und Blumen/Blumen/Blumen und Frauen/Alleen/Alleen und Frauen/Alleen und Blu­men und Frau­en und/ein Bewunderer)

Wor­um geht‘s? Irgend­wel­che lin­ken „Stu­die­ren­den“ fan­den das Gedicht sexis­tisch. Es degra­die­re Frau­en zu Objek­ten. Das Pro­blem:  Das Poem war (vor Jah­ren!) auf eine Außen­wand der Ali­ce-Salo­mon-Hoch­schu­le (mal gucken, hier kann man u.a. einen „Mas­ter Kin­der­schutz“ erwer­ben) gemalt wor­den. Nun wur­de ent­schie­den: In ein paar Mona­ten soll es gegen ein ande­res wert­vol­les Gedicht aus­ge­tauscht werden.

Jetzt gehen alle Kul­tur­schrei­ber ab wie geseng­te Säue. Der Femi­nis­mus bedroht die Kunst­frei­heit. Bei­spiel­haft einer von unge­zähl­ten Bei­trä­gen zu dem „Skan­dal“, hier aus dem Hau­se des sonst kern­haft femi­nis­ti­schen Bezahl­sen­ders Deutschlandfunk:

Dabei ist die­ses Gedicht alles ande­re als sexis­tisch. Es ist ein unschul­dig-schö­nes Gedicht, außer­dem ein Schlüsselwerk…

Es geht noch moral­keu­li­ger, näm­lich im sel­ben Beitrag:

Ali­ce Salo­mon, die Namens­ge­be­rin der Hoch­schu­le, hät­te sich im Grab umge­dreht. Wegen ihrer jüdi­schen Abstam­mung wur­de die deut­sche Sozi­al­re­for­me­rin von Men­schen ins Exil getrie­ben, die Bücher ver­brann­ten, weil sie glaub­ten, so die eige­ne Bevöl­ke­rung vor dem ver­meint­lich bösen Wort schüt­zen zu können.

Nun dre­hen sie alle durch. Alle, die #metoo, den Brü­der­leauf­ruhr, Frau­en­quo­ten etc.pp. voll gerecht­fer­tigt fan­den, sehen nun die „Kunst­frei­heit“ emp­find­lich befleckt. Par­don, Kunst?

Ein Schrei / Auf­schrei / Laut­schrei / es schreit/ sprengt / ver­hallt / Luft / hei­ße Luft/ Kein­schrei / hecheln /heucheln

Das wäre mein Sekun­den­werk. Wer weiß, viel­leicht ist es anno 2023 reif für die Wand?

– – –

  1. Janu­ar 2018

Bei Had­mut Danisch  habe ich den nun aka­de­misch bestä­tig­ten  Beleg dafür gefun­den, was empi­risch längst erwie­sen ist: Rech­te sind im Schnitt schö­ne­re Men­schen als Lin­ke. Geschenkt.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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Kommentare (21)

Der Gehenkte

25. Januar 2018 09:21

"Unsere Kinder haben uns nie fernsehend erlebt und nie eine Smartphonscheibe betrachtend."

Da hat der Posener also doch recht?

https://starke-meinungen.de/blog/2018/01/24/das-elend-der-ethnopluralisten/

Gustav Grambauer

25. Januar 2018 13:36

"'... dieses beschissene System abzuschaffen, das muß unsere Agenda …' Kräht die Jüngste von hinten: 'Sofort erkannt! Angela Merkel!'"

O-Ton Merkel, frsich vom WEF,

https://www.youtube.com/watch?time_continue=5&v=jTAooBNNfcI

es wäre ein Aufwacherlebnis, wenn die jemals "besch...en!" sagen würde. Der Duktus ist ja auch steril: kein geistiger Tonus (und damit keine Authentizität), kein Esprit, nicht einmal die Spur eines dramatischen Aufbaus, stattdessen das verschrobene Bemühen um Leichte Sprache. Wenn ich diese Logikferne höre bzw. lese, kann ich auch nicht mehr glauben, daß diese Frau jemals in Physik promoviert, ja auch nur Abitur abgelegt hat. (Gefunden bei PI:)

"Das Land aus dem ich komme, in dem ich Bundeskanzlerin bin hat Schwierigkeiten und hat diese Polarisierung im Land, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht hatten. Herausgefordert durch zwei Ereignisse, die im Grunde auch Ausdruck der Globalisierung sind – einmal durch die Eurokrise, die wir jetzt inzwischen gut bewältigt haben. Und dann durch die Herausforderung der Migration in den letzten Jahren.

...

Die Frage, was kann ich* jetzt noch verteilen und was investiere ich in die Zukunft beschäftigt uns zum Teil sehr in unseren Gesprächen. Wir wissen, wenn wir das Wohlstandsversprechen für alle, in der Zeit der Digitalisierung leisten wollen – auch für unsere Menschen in Deutschland – dann bedeutet das, wir brauchen eine soziale Marktwirtschaft 4.0, nicht nur eine Industrie 4.0. Und das heißt, wir müssen uns auch mit der Frage beschäftigen: Wie nehmen wir alle mit? Und ich glaube, dass das eine der drängenden Fragen der Länder, die selbst gespalten sind (ist, sie) sind weniger in der Lage multilateral zu agieren, kooperativ zu agieren, sondern die Gefahr, dass sie sich in sich zurückziehen ist sehr groß.

(* das empathisch-projektive Ich, das wahrscheinlich von Psychiatern in ihren Patientengesprächen einmal als linguistische Figur entwickelt und dann von Typen wie Löwenzahn-Lustig viral verbreitet wurde - und welches heute in der akademischen Konversation niemandem mehr als Infantilismus auffällt, - G. G.)

...

Wir haben im Grunde die sunnitisch-schiitischen Konflikte vor unserer Haustür, wir haben den IS vor unserer Haustür, unser Nachbar ist Afrika – nur wenige Kilometer getrennt von den südlichen Teilen Europas. Syrien ist der Nachbar von Cypern. Das heißt, die Tatsache, dass Europa außenpolitisch nicht der aktivste Kontinent war, sondern wir uns oft auf die Vereinigten Staaten von Amerika verlassen haben – die sich aber jetzt auch mehr auf sich konzentrieren – muss uns dazu bringen zu sagen, wir müssen jetzt mehr Verantwortung übernehmen.

...

Wir sind mitverantwortlich für die Entwicklung des afrikanischen Kontinents, wir sind mitverantwortlich für die Frage, wie geht`s im Irak weiter. Wir sind mitverantwortlich für die Frage, wie geht es in Libyen weiter.

...

Nur noch wir selbst und der andere ist – erstens die Fremden, zum Schluss sind`s die Gruppen einer Gesellschaft, die ausgegrenzt werden. Und deshalb hab ich auch so begonnen, dass es sehr wichtig ist, dass wir die Lehren aus der Vergangenheit richtig ziehen.

...

Sie müssen jeden Menschen einzeln sehen, das ist mühselig. Aber solange sie die Individualität jeder Person nicht in den Mittelpunkt stellen und schon ihr Vorurteil haben, wenn jemand vor ihnen steht ohne, daß sie noch ein Wort mit ihm gesprochen haben, ist das Einfallstor für die (?) Rechtspopulismus da."

Aber bin mir sicher: nicht wenige OberstudienrätInnen mit Schwerpunkt Deutsch haben diese Geisterfahrerin in den lingusitischen Trümmern des einstigen Volkes der Dichter und Denker gewählt!

- G. G.

Roi Henry

25. Januar 2018 15:51

Das ist ja witzig. Keine Bezahlschranke. Die Gelegenheit muß ich unbedingt wahrnehmen, um erstens Frau Kositza für ihren gewohnt heiteren Beitrag zu danken, um zweitens sowohl @Der Gehenkte für Ihre geistig wohl durchdrungenen aber nicht immer literarisch hoch qualitativen Kommentare zu beglückwünschen als auch meine verstorbenen Großmütter und natürlich @Franz Bettinger zu grüßen.

Die Kommentare der mich aber ein wenig mehr interessierenden Beiträge waren leider schon geschlossen. Zum Beispiel @Caroline Sommerfeld, die Sie es so fein mit Begriffen haben. Die Trennung von Sachverhalten und Meinungen zu diesen Sachverhalten wäre dann mein Steckenpferd. Ich bin auch durchaus der Meinung, daß wir gerade nach dem bevorstehenden Finale wieder gute Philosophen und Kommentatoren benötigen. In diesem Sinne, herzliche Grüße an die SiN-Gemeinde. Und désolé für den launigen Kommentar. Hinter einer Bezahlschranke wäre er nicht passiert.

heinrichbrueck

25. Januar 2018 16:23

Merkel, etwas unfrisch: "Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, daß die Einlagen sicher sind."
In den Köpfen der Wähler wird verstanden: Die Einlagen sind sicher.
Und wer unterscheiden kann, ist Rechtspopulist. Immer gegen das Eigene. Auch sprachlich; bis zur Vermischung. Sie sagt den wahren Grund nicht, aber das Köpfchen des westlichen Demokraten versteht die ausgefeilte Sprache, sonst würde das System nicht wie gewollt funktionieren.

Seemann

25. Januar 2018 17:07

Thema Medienkonsum, ich schalte weder Radio noch TV Gerät ein. Mir reicht schon was man notgedrungen im Internet liest. Der KIKA-Kanal gibt jetzt Tipps, wie Migranten einen BH öffnen sollen usw. Man glaubt man ist im Irrenhaus,doch wo ist der Ausgang?

John Haase

25. Januar 2018 19:58

@ Der Gehenkte
"Danke" für den Link. Wieder ein paar Minuten meines Lebens, die mir niemand mehr zurückgibt.

Die völlige Schamlosigkeit des geistigen Mittelmaßes ist immer wieder ein verstörender Anblick.

Tony

25. Januar 2018 20:23

Ja, das mit den Medien und den Kindern ist so eine Sache. Insbesondere nach der besonders gelungenen Herzblattsendung, bei dem man die Alterung des Protagonisten im Zeitraffer erleben durfte. Nur doof, daß ausgerechnet dann die Realität in Kandel zuschlagen mußte.

Ich lasse meine Tochter - noch im Grundschulalter - regelmäßig Artikel ihrer Wahl aus der Zeitung, aus echtem Papier, raussuchen. Welche das ist, können Sie sich wohl denken. Natürlich musste sie bei dem Kommentar von Birgit Kelle "Für immer 17" hängenbleiben. Also las sie ihn vor.

Wir besprechen grundsätzlich das Geschriebene. Was möchte die Autorin mitteilen? Welcher Wörter und Sprachmittel bedient sie sich? Aufgefallen war ihr natürlich sofort der Hinweis auf den Kinderkanal. Verwunderung machte sich breit, sie hielt kurz inne, und meinte nur kurz; "KiKa ist aber doof, ich geh jetzt basteln." Ach ja, die Kleinen...

Fredy

25. Januar 2018 21:42

Ich meide nicht nur jeden Monitor und jeden Lautsprecher. Meine Kinder haben mich auch nie ein Buch lesen sehen.

"Im Übrigen, mein Sohn, lass dich warnen! Es nimmt kein Ende mit dem vielen Bücherschreiben und viel Studieren ermüdet den Leib."

Aus der heiligen Schrift, meine Lieben.

KlausD.

26. Januar 2018 09:56

Oury Jalloh … daß dieser Mensch aus Sierra Leone (vorbestraft wegen Drogenhandel, Asylantrag abgelehnt) in einer Dessauer Polizeizelle zu Tode kam (Hitzeschock) ist nun mittlerweile 13 Jahre her. Nach dieser langen Zeit und dem ständigen linksgrünen Tamtam wird vielleicht mancheiner gar nicht (mehr) wissen, welcher Anlaß für den Polizeigewahrsam überhaupt vorlag. Stark alkoholisiert belästigte er Frauen, die in ihrer Not die Polizei um Hilfe riefen. Kaum zu bändigen in seiner Rage wurde er gefesselt und in der Zelle am Boden fixiert. Dann wurden im Polizeirevier leider Fehler gemacht: Kleidung unzureichend untersucht, Sprechanlage leise gestellt, zu spät nachgesehen. Der größte Fehler war, nicht gleich danach intern den Fall zu untersuchen und die Schuldigen angemessen zu bestrafen.

Stil-Bluete

26. Januar 2018 14:22

'Die Bezahlschranke' (fem.): Wie schön, immer noch findet ein findiger Wort-Schöpfer im deutschsprachigen Raum Genugtuung. Das gewaltigeste Wortgetüm, welches ich aus der Neuzeit kenne und das ohne Anglizismen auskommt:

'Gebühren-Einzugszentrale (des öffentlichen
Rundfunks)-Gebühren' (kurz GEZ-Gebühren,
Rundfunkbeitrag, Beitragsservice)

(P.S. Bedaure,, dass Kommentare nicht mehr mit Minimalfunktionen zu gestalten sind.)

@ G. G.
Verstehe über '4.0' Bahnhof. Der Zug fährt einfach durch. Wohin? 'Es fährt ein Zug nach Nirgendwo...'

Isarpreiss

26. Januar 2018 21:12

Zum Thema Medienkonsum: Frau Kositza, Sie haben uns ja vor einiger Zeit sehr nützliche Kinderbuchempfehlungen gegeben ( https://sezession.de/24076/vorlesen-ein-leitfaden ).

Können Sie auch Bücher mit Gedichten empfehlen? Meine beiden kleinen Kinder lieben Gedichte und Reime, aber leider gibt mein Bücherregal dazu gar nichts her.

antwort kositza:

Bei echt kleinen Kindern möchte ich im Ernst diese beiden Pixibücher empfehlen, es sind goldige Reime, echte „Volksweisen“.

"Petersilie, Suppenkraut" und
"Jakob ist ein Zottel"

Etwas älteren Kindern, vielleicht ab fünf, kann man natürlich den alten Strwwelpeter und auch die jüngere DDR-Version desselben vorlesen.

Und ca. ab der zweiten (oder vierten? Je nach poetischer Empfänglichkeit) Klasse so was wie diese Bilderbücher: "Der Handschuh", "Herr von Ribbeck" oder "Der Taucher".

Isarpreiss

26. Januar 2018 22:20

Herzlichen Dank für die schnelle Antwort und die Hinweise. Die beiden Pixibücher habe ich gleich bestellt.

Susann

27. Januar 2018 10:37

Sehr geehrte Frau Kositza, nach meinem Empfinden schwingt bei ihrer Formulierung der "klassisch ostdeutschen, aber nicht sächsischen Stimme" ein leicht herablassender Unterton mit. Verwenden Sie "Stimme" im Sinne von Dialekt oder wie ist das zu verstehen? Die Trennung in den Köpfen ist leider immer noch eine Tatsache in den älteren Jahrgängen, aber gerade bei den Rechtskonservativen fände ich derlei besonders enttäuschend.

Kositza: Liebe Susann, Sie klingen glatt wie eine, die zufällig auf diese Seite gestoßen ist. Stimmt aber gar nicht, gell? Ersetzen Sie "Stimme" durch "Zungenschlag" und vergessen Sie Ihre Mutmaßungen!

Simplicius Teutsch

27. Januar 2018 19:22

Sehr geehrte Frau Kositza,
(- ich begleite als wohlwollender Beobachter sezession von Anfang an -)
lassen Sie sich bitte durch das aus einer unterstellenden Schublade hervorgeholte "Empfinden" von @Susann nicht provozieren bzw. verärgern. - Oder trügt mich mein sensibler, sozialer Spürsinn? In welche Ecke will man Sie da beiläufig stellen? - Ich sage mal nicht, wie ich den Kommentar von @Susann "empfinde".

Susann

27. Januar 2018 23:56

Hallo Simplicius Teutsch, ich sage mal frei heraus, wie ich ihren Kommentar "empfinde": gestelzt und schleimig.

Utz

28. Januar 2018 09:17

Ich möchte mich Simplicius Teutsch anschließen.

Zum Thema Vorurteile "älterer Personen" gegen den Osten: da unterschätzt jemand die Rechtskonservativen gewaltig: Wir sind vielleicht nicht politisch korrekt, aber nicht blöd.

Ein persönliches Beispiel: Als wir nach dem Mauerfall im Stadion zum ersten mal ostdeutschen Mannschaften begegneten, skandierten wir oft "baut die Mauer auf", wenn die Gegner unserer Meinung nach unfair spielten. Natürlich wußten wir, daß die auch nicht unfairer waren als unsere Mannschaft, aber man mußte ja seinem Frust Luft verschaffen. Damals gab es genug Leute, die das aus Gründen der politischen Korrektheit bemängelten, was uns aber egal war, weil wir darauf vertrauten, daß jeder weiß, daß im Stadion andere Gesetze gelten. Seit Pegida würde es mir nicht mal im Traum mehr einfallen, "baut die Mauer auf" zu rufen, wenn Dresden, Crimmitschau oder Weißwasser zu Gast ist, weil ich unendlich dankbar dafür bin, daß wir den Osten haben.

KlausD.

28. Januar 2018 10:18

@Simplicius Teutsch
Die Frage bleibt trotzdem: Was ist eine klassisch ostdeutsche, aber nicht sächsische Stimme? Andersherum stellt jeder ehemalige DDR´ler auf Anhieb fest, ob sein Gegenüber aus dem Westen oder Osten der jetzigen BRD kommt, nicht nur anhand der Sprache. Die Menschen hier haben so ihre Erfahrungen gemacht mit den "Besserwessis", den arroganten Siegertypen, die glaubten, den Hinterwäldlern erstmal Kultur beibringen zu müssen und sie "ganz nebenbei" gnadenlos ausgenutzt und benachteiligt haben. Und sind da sehr hellhörig und empfindlich geworden. Aber die Zeit schreitet voran und selbstverständlich trifft dieses Verhalten nicht auf alle Westdeutschen zu, insbesondere nicht auf diejenigen, die hier heimisch geworden sind und zusammen mit den Menschen hier leben und wirken.

Simplicius Teutsch

28. Januar 2018 11:20

Zu @Utz,
ich kann ein Beispiel aus meinem Bekanntenkreis bringen, wo ein „Wessi“ vor Jahren, nach dem Mauerfall, immer gerne grenz-wertige Witze gegen „die Ossis“ gemacht hat. Und er war und ist ein echt witziger Typ. - Doch was ist das Ergebnis: Er hat schließlich eine sächsische „Ossi-Tante“ geheiratet und mit ihr zwei Kinder.

Zu @KlausD.
Da will ich Ihnen – als „Wessi“ - gar nicht widersprechen. Aber mir geht es in meiner Replik auf @Susann ganz konkret um den völlig unangebrachten Rempler gegen Frau Kositza. So habe ich es halt „empfunden“. Nicht nur „Ossis“ sind „hellhörig und empfindlich“, sondern gelegentlich auch „Wessis“.

- Und dabei möchte ich es jetzt auch belassen. Ende von meiner Seite aus.

KlausD.

28. Januar 2018 13:56

@Simplicius Teutsch
Doch nochmal kurz zur "klassisch ostdeutschen, aber nicht-sächsischen Stimme". Diese gibt es so natürlich nicht. Aus westdeutscher Sicht ist diese ganz grob vielleicht bestenfalls als eine nicht westdeutsche Stimme zu identifizieren, was aber ziemlich nichtssagend ist. Das differenzierte Stimmengewirr der einzelnen Regionen in Ost ist genauso vielfältig wie in West, meist schon unterschiedlich von Kreis zu Kreis oder Stadt zu Stadt. Ich war in einem deutschlandweiten Unternehmen mit Geschäftsstellen/Filialen selbst in kleinsten Regionen beschäftigt und konnte so feinste sprachliche Unterschiede feststellen. Z.B. sprechen die Hallenser anders als die Merseburger, die wiederum anders als die Naumburger, die Dessauer anders als die Köthener (je ca. 20 km entfernt) usw. Es gibt auch kein einheitliches sächsisch, so wenig wie es ein einheitliches norddeutsch gibt ...

In der DDR gab es einen bekannten Liebhaber der deutschen Sprache, der humoristisch deren Besonderheiten aufs Korn nahm, Hans Georg Stengel, hier ein Vortrag von ihm zum sächsischen Signalsystem, viel Spaß ...

https://www.youtube.com/watch?v=9H5D1dCTVrM

Stil-Bluete

29. Januar 2018 10:15

Das Gemeinsame des Ossi-Landes: Der Stallgeruch, egal welche Haustiere im Stall versammelt sind/waren (Schwalben und Schmeissfliegen gehören auch dazu, letztere aber weniger treu), das öffnet sich auch historisch bedingt, zum angrenzenden Polen und Tschechien wie bei den Schleswig-Holsteinern zum Dänischen. Dann gibt es noch die West-Ost-Sprachlinie zum Niederdeutschen, die aber viel älter ist als die Trennung zwischen Ost- und Westdeutschland. Älter sind auch die unsichtbaren Affinitäten der gewesenen echten Ostdeutschen auch dann noch, wenn sie sich in der zweiten und sogar dritten Generation zufällig begegnen und sich unerklärte Nähe herstellt.

@ KlausD.
Mit dem Hinweis auf Hans Georg Stengel haben Sie mir eine große Freude bereitet. Der Harald Schmidt des Ostens. Ebenbürdig. Da gibt es auf You-tube Gott sei Dank noch viel zu entdecken. Mit welcher Feinheit und Freiheit des Geistes und der Sprache er das System komplett zu umgehen verstand und die Zuschauer auf alle politischen Anspielungen mitnahm, ist ganz große Klasse. In Zeiten der Zensur sollte man Ungeübte auf ihn als großen Lehrmeister hinweisen.

Thorsten B

29. Januar 2018 12:13

@Fredy "Ich meide nicht nur jeden Monitor und jeden Lautsprecher. Meine Kinder haben mich auch nie ein Buch lesen sehen." - falls Sie damit eine Ridikülisierung der Aussage "Unsere Kinder haben uns nie fernsehend erlebt und nie eine Smartphonscheibe betrachtend." erzeugen wollen so lege ich hier Veto ein.
Freilich ist dieser Satz idealsiert aber sollte übermässiger TV Konsum Kindern sicher nicht vorgelebt werden und wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht und sieht wie viele Menschen nur noch auf die mobilen Endgeräte starren und jegliche Achtsamkeit verloren haben ist dies erschreckend und ein umso tragischeres Vorbild für die Kinder.
Ich lehne auch das Abrufen und Beantworten der elektronischen Post auf den mobilen Geräten ab - erstens wird man wegen der kleinen Bildschirme und der Ablenkung nie mit Qualität antworten können und zweitens - und das brauchen Kinders besonders als Vorbild - wird sich dann keine Struktur einstellen: Jetzt gehe ich spazieren und jetzt lese und beantworte ich meine Nachrichten.
Das ist das Problem mit den mobilen Geräten - nicht die Ablehnung eines Bildschirms an dem man konzentriert arbeitet oder eines Lautsprechers aus dem man Musik hört; bei Büchern sollten wir unsern Kindern so viele Türen wie möglich öffnen - ich selbst nehme mir die Zeit komplexere Bücher mit meinen Kindern gemeinsam zu lesen.
Und genau dieser Krititk, das die mobilen Geräte unsere Struktur zerstören und durch das immer-erreichbar-sein die Qualität unserer Äusserungen zu dem um uns herum schon zum Überfluß existierenden bedeutungslosen Massenbrei verkommen lassen schliesse ich mich an - das sollten wir unseren Kindern vorleben; ganz wie Lucius De Geer in Helipolis sein Mobiltelefon abgibt als er sich für die Freiheit entscheidet.

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