(Nur kinderlose Unmenschen legen Ferien in eine derart trostlose Zeit – meine Meinung.) Daß der Papa am Flughafen mindestens einmal angesprochen wird („Sie sind doch dieser Götz Kubitschek?“), ist mittlerweile der Dauerbrenner.
Nun hocken wir dekadent auf einer Sonnenterrasse, Pizza oder Fisch in den Bäuchen, salzwassergegerbt und sonnenverbrannt. Tochter: „Wo ist denn der Papa?“ Die noch kleinere: „Dahinten. Er gibt gerade ein Autogramm.“- „Auf spanisch, oder was?“
Haha: Kartenzahlung.
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11.Februar – Eine Journalistin hatte gerade geschrieben, daß uns eine Bank die Konten gekündigt habe und amazon uns boykottiere. Na, wenn’s nur das wäre. Die Liste vervollständigen… lieber nicht, das fiele unter die Sparte „Inszenierung als Opfer“, was man uns gern andichtet. Nicht klagen, kämpfen!
Er, vor drei Tagen: „Die Restaurantbetreiber haben übrigens immer noch keine Bestätigung geschickt wegen der Tischreservierung im März. Komisch. Ich hab schon zweimal nachgefragt. Haben die wohl gegooglet?“
Ich: „Unter Kubitschek reserviert? Dumm.“ Ich google meinerseits: „Nee. Die Inhaber sind Ausländer. Also Entwarnung.“
Es gibt bekanntlich „Bauchschmerzen“, gegen die Ausländer immun sind. Reservierungsbestätigung kam heute.
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12. Februar – Am Rande werden es die meisten mitbekommen und unter Curiosa abgespeichert haben: Die Kommunale Ausländervertretung in Frankfurt/Main hat sich über zwei Apotheken beklagt, die seit Jahrzehnten unter „Mohren-Apotheke“ bzw. „Apotheke zum Mohren“ firmieren. Das sei rassistisch, beschieden diese Vertreter nicht etwa den Apothekeninhabern, sondern petzten es gleich der „Öffentlichkeit“.
Die Mohrenapothekerin hat das Logo (schwarze Frau mit Turban und großen Ohrringen) nun von ihrer Netzseite entfernt.
Die Frankfurter Neue Presse (FNP) hat heute eine Fachfrau zu diesem Auswuchs von Befehl & Gehorsam befragt. Maria Ketzmerick ist waschechter „Research Fellow“ am Zentrum für Friedens- und Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg. Sie beherrscht zudem die Jugendsprache fließend.
FNP:Viele sehen eine junge, dogmatische Verbotskultur hinter diesem Denken. Ganz widerlegen lässt sich dieses Empfinden ja nicht.
KETZMERICK: Ich finde es super spannend, dass diese Diskussion immer einen „Mir-wird-was-weggenommen“-Reflex auslöst. Aber es geht nicht darum, irgendetwas zu verbieten. Es geht darum zu sagen: „Hey, ich fühle mich verletzt“. Dieser Verbotsreflex verhindert komplett die Debatte und ist absolut narzisstisch. Ein bisschen Anstrengung muss ja wohl möglich sein, damit es anderen Menschen besser gehen kann.
Man könnte diese Worte genüßlich auseinandernehmen. Allein – sie stehen sehr gut für sich und den Horizont der Sprecherin.
Habe soeben an einer online-Umfrage der FNP teilgenommen: Ob Die Mohren-Apotheke nun auch ihren Namen ändern sollte. 24% der 800 Teilnehmer fanden ja, der Name sei offenkundig rassistisch. 71% votierten mit Nein. Super spannend.
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13. Februar – Wenn wir je nach unseren „Hobbys“ gefragt werden, tauschen wir Blicke. Meine Güte, sollten erwachsene Menschen „Hobbys“ haben?
Bevor ich Menschen mit Hobby zu nahe trete, gestehe ich, daß ich eigentlich doch eines aus meiner Kindheit gerettet habe: Kreuzworträtsel und noch vertracktere Dinge, die auf Papier zu lösen sind. (Ja, ich nehme sogar an Einsendewettbewerben teil und habe bereits dreimal einen Gewinn eingestrichen.)
Im Urlaub gönne ich mir immer eine ordentliche Packung. Das Heft liegt noch auf dem Tisch. Die Kinder kritzeln ein wenig in den ganz banalen Kreuzworträtseln rum, die ich nicht ausgefüllt habe. Gefragt wird „ohne Lug“, die richtige Antwort wäre „wahr“. Die kleinen Mädchen kommen nicht drauf.
Ich: „Ach kommt, das ist einfach: Wenn einer spricht, ohne zu lügen, dann spricht er: …?“ Schweigen, grübeln.
Ich weiter: „Was einer sagt, ist nicht verdreht oder verlogen, sondern: …?“ Die Kleinste, hochäugend: „…rechts?“ Brutal antiambivalente Kids.
Maxx
"... nicht verdreht oder verlogen, sondern: …?“ Die Kleinste, hochäugend: „…rechts?"
Kindermund tut Wahrheit kund - auf brutalstmögliche Weise; kluges Kind :-)