Eine Frau – Frau Dr. immerhin, forensische Psychologin – hat ein Buch geschrieben. Ein knappes Viertel des Inhalts ist aber einem Mann, Thomas Hoof, aus der Feder geflossen, nämlich in Gestalt eines angehängten Essays mit dem beredten Titel »Der Fischer und seine Frau sind jetzt getrennte Leute«. Beide Texte tragen zur Geschlechterdebatte bei. Überläßt er, Hoof, ihr, Smith den Vortritt und hängt sich bescheiden dran? Nehmen wir stattdessen dieses blöde Sprichwort: Ein Mann – ein Wort, eine Frau – ein Wörterbuch.
Was für eine gemeine Zote! Übertragen auf Männerstreik: Er läßt sie plaudern, um dem verschnörkelten Lamento dann eine Pointe zu geben und ein paar Botschaften in Stein zu meißeln, Motto: Bitte nach Ihnen.
Frau Dr. Smith (sie schaut aus wie Andie MacDowell, ist mithin so hübsch, wie Antifeministinnen zu sein pflegen) ist in Ordnung. »Wenn Sie ein Waschlappen sind, dann ist dieses Buch nichts für Sie.« Dieser Erstsatz darf als pars pro toto gelten! Smith legt sich redlich ins Zeug für die Sache der Männer, die es wahrlich nicht leicht haben heute. Sie leisten viel und werden dennoch mißachtet und unter den Pantoffel gestellt. Es gibt vergewaltigte Männer (»Samenraub«) und solche, die sich gar ums Leben bringen, weil sie in dieser männerfeindlichen Welt (Scheidungskrieg, Kindesentzug, Diffamierung) keinen Stich mehr machen konnten. »Männer nehmen sich das Leben, damit man ihnen Gehör schenkt, doch niemand hört zu«, klagt Dr. Smith. Und: Nur noch wenige Männer fänden sich in leitenden Funktionen, die »bilden in vielen Bereichen des amerikanischen Lebens eine Minderheit.« Aus all diesen Gründen verweigerten sie sich zunehmend.
In den USA scheint der »Heiratsstreik« ein großes Thema zu sein, ein Punkt, der hierzulande unter »ferner liefen« subsummiert wird. Die Autorin führt Alltagsgespräche auf der Straße und im Netz, sie fördert dabei nichts zutage, was nicht schon (hier wie drüben) x‑fach beklagt wurde; die besten Passagen sind darum Fremdzitate. Hoof läßt seine Autorin streunen und umständlich ausholen, um selbst zum großen Schlag auszuholen: Sein siebzigseitiger Essay zählt zum krassesten, was je zum Thema Sexus/Gender geschrieben wurde. Leitmotto: Sämtliche erwähnenswerten technischen, wissenschaftlichen, philosophischen, literarischen und musikalischen Leistungen der Menschheitsgeschichte haben Männer bewerkstelligt. Ist das misogyn? Ja, schon. Ist es wahr? Meistens.
Hoof läßt seine tour de force durch den Feminismus im 19. Jahrhundert beginnen: Es gab eine »alteuropäische Ökonomik«, innerhalb derer über Jahrtausende Männer und Frauen als komplementäre Sphären zusammenwirkten »wie die rechte mit der linken Hand«. Mit der Industrialisierung habe ein traumatischer Prozeß begonnen: Der Mann ging in die Fabrik, die Frau blieb als Hüterin des Hauses zurück, »nach und nach befreit von ihren Anteilen an der Produktion« (Spinnen, Haltbarmachen etc.), für die ihr »als Ersatz die Organisation des Konsums zuwachsen sollte.«
Den Frauen sollte es gut gehen – fanden die Männer. Darum stand die erste Waschmaschine begüterten Hausfrauen bereits Anfang des 20. Jahrhunderts zur Verfügung, wohingegen Bergbauarbeiter (bis heute ein quotenfreier Berufszweig) einige Jahrzehnte länger auf den Preßlufthammer warten mußten. Zeitsprung: Unter der Vielzahl von »Gender-Forschungsobjekten«, die EU-weit zwischen 2006 und 2013 ausgerufen wurden (3,6 Milliarden Euro!), finden sich nahezu ausschließlich Frauenfördermaßnahmen.
Hoof nennt ein Beispiel: »FEM-tools. Zur gendersensiblen Gestaltung von Kettensägen«. Zum berüchtigten Gender pay gap, also zum Einkommensgefälle zwischen Männern und Frauen, schlüsselt der Autor Zahlen auf, die unerhört sind: Selbständig tätige Männer erwirtschaften hierzulande rund 4000 € im Monat, Frauen 2300 €. Niedergelassene Ärztinnen erzielen rund 60 Prozent des Einkommens ihrer Kollegen. Hoof legt nahe: Haben sie vielleicht eine andere Zielstrebigkeit, eine andere, freigewählte Zeitbudgetbildung?
Gelegentlich überzieht Hoof. Die junge Mutter klebe »an der Nutzeroberfläche ihrer Mobilteile wie die Motte am Licht« – als ob der junge Vater das nicht tue! Hoof ist Gründer des Handelsimperiums Manufactum (»Es gibt sie noch, die guten Dinge«), zugleich war er Landesgeschäftsführer der »Grünen«; beides tempi passati. Ich hatte bei Manufactum ein Set Frühstücksmesser aus Eisen, nicht rostfrei, bestellt. Die Dinger sind krass (und nicht mehr erhältlich). Das Werkzeug durchschneidet jedes Küchentuch und fährt in jede unvorsichtige Hand. Gleich diesen Messern zeigt Hoofs fulminanter Aufsatz keine monströsen Zähne. Er gleitet so soft wie beharrlich ins Fleisch. Ich habe nachgefragt: Ja, der Co-Autor ist glücklich verheiratet.
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Helen Smiths Männerstreik kann man hier bestellen.
Solution
Ich kenne persönlich eine ganze Reihe dieser "streikenden" Männer. Dieses Phänomen breitet sich auch bei uns aus: Kein Bock auf zickige Weiber, kein Bock auf Karriere, kein Bock auf gesellschaftliches Engagement, Rückzug ins Private, usw. Irgendwie gehöre ich wohl auch schon dazu.