Das englische Pendant Human Resources sieht den Menschen gar als beliebigen Roh- und Ausgangsstoff wie Erdöl oder Schweinehälften.
Die Klage der Inhumanität wird wohl nicht erst seit den Zeiten des Manchester-Kapitalismus immer wieder gegen Unternehmen und Unternehmer erhoben. Zwar hat sich seit jenen finsteren Epochen manches zum Besseren gewandelt, doch zu klagen gab und gibt es immer was. Doch der ständige Kampf um kürzere Arbeitszeiten, höhere Löhne oder irgendwelche betrieblichen Zusatzleistungen führt nicht in das Zentrum.
Das eigentlich beklagenswerte Faktum ist, daß der Mensch in der ökonomischen Perspektive ausschließlich funktional betrachtet und solcherart instrumentalisiert wird: Zielgruppen gilt es daraufhin zu analysieren, wie sie dazu gebracht werden können, noch mehr Geld für die Produkte des Unternehmens auszugeben – ganz gleich, ob sie sich dafür verschulden oder in sonstige Abhängigkeiten begeben. Lieferanten sind daraufhin abzuklopfen, ob sie nicht zu noch günstigeren Konditionen liefern können – ganz gleich, ob sie damit vielleicht in die Pleite getrieben werden. Beschäftigte werden als Kostenfaktor daraufhin abgeschätzt, ob sich hier und da nicht Einsparpotenziale ergeben – ganz gleich, ob sie Familie haben oder ein Häuschen abbezahlen müssen. Insofern man es als zentrale Zielsetzung eines Wirtschaftsunternehmens betrachtet, Gewinne zu erwirtschaften, ist eine solche Vorgehensweise durchaus schlüssig. Unter humanen Gesichtspunkten betrachtet aber ist das barbarisch. Wer Menschen wie Schrauben behandelt, hat den Boden der Humanität verlassen. Vor diesem Hintergrund können Unternehmen eigentlich keine Verbündeten der rechten Sache sein, die es sich ja in besonderer Weise zur Aufgabe macht, das Humane zurückzugewinnen und vor den Auswüchsen der Globalisierung zu schützen.
Natürlich wird kein Unternehmen von sich sagen: Wir pflegen das Selbstbild des eiskalten Machers und Rechners, der über Leichen geht. Im Gegenteil – man pflegt ein gänzlich anderes Selbstbild: eines, in dem es gehörig menschelt. Man wünscht sich zufriedene Mitarbeiter, Menschen, die glücklich sind mit dem, was sie im Unternehmen tun und ihr Tun als sinnerfüllt leben; Menschen, die am Arbeitsplatz ungeahnte Potenziale entdecken, heben und entfalten können und ihren Arbeitgeber wie eine zweite oder gar erste Familie betrachten, in der alle fair, offen, freundlich und transparent miteinander umgehen.
Besonders penetrant wird diese Strategie in den großen Internetfirmen gepflegt. Dave Eggers hat diese Maskerade in seinem Roman „The Circle“ auf durchaus unterhaltsame Weise entlarvt und gezeigt, daß die scheinhumanen Werte wie Transparenz und Offenheit letzten Endes nur der Machterweiterung und der Gewinnmaximierung dieser Unternehmen dienen. In gewisser Weise waren die Kapitalisten alten Schlages trotz 16-Stunden-Tag und Hungerlöhnen bedeutend humaner als die heutigen Internetfirmen es sind – sie täuschten niemanden über ihre wahren Absichten. Und sie missbrauchten menschliche Werte nicht zur Verschleierung ihrer Ziele. Die betonte Lockerheit und Coolness von Leuten wie Mark Zuckerberg hingegen ist scharfes Kalkül – wer ihnen die lauteren Absichten abnimmt, sitzt schon in der Falle.
Natürlich will ich nicht bestreiten, daß es auch heute noch Unternehmer gibt, denen ihre Beschäftigten wirklich am Herzen liegen; die selbst leiden, wenn sie jemandem entlassen müssen, weil die Geschäfte nicht laufen; die gern helfen, individuelle Notlagen von Beschäftigten zu lindern. Doch ich ahne, daß dieser Unternehmertyp, der ein zutiefst konservatives und menschenfreundliches Welt- und Menschenbild hat, im Aussterben begriffen ist.
An seine Stelle tritt etwas anderes: der Rechner, der zugleich ein Gaukler und Verführer ist. Wie sehr vorgetäuschte Humanität und nüchternes ökonomisches Kalkül sich heute miteinander verbinden, zeigen Unternehmer wie George Soros, die Milliarden in wohltätige Stiftungen und NGOs pumpen, die sich für eine forcierte Massenmigration einsetzen und dies als Akt der Nächstenliebe verkaufen. Die Welt kauft ihnen genau das ab, sieht und lobt sie als wahre Philanthropen und Vorbilder für menschenfreundliches Handeln. Daß hinter der scheinbaren Humanität ein ganz anderes und durchaus nicht menschenfreundliches Geschäft betrieben wird, will man nicht sehen. Doch was wäre, wenn es diesen Stiftungen tatsächlich nur darum ginge, die Sache der Globalisierung voranzutreiben – also nationale, soziale, kulturelle, sprachliche, ethnische und steuerliche Handelshemmnisse abzubauen und den freien Fluss von Menschenströmen, Kapital, Dienstleistungen, Technologien und Rohstoffen zu ermöglichen, um letzten Endes überall auf dem Planeten die kostensenkende Gleichförmigkeit durchzusetzen? Das wäre die größtmögliche aller Täuschungen – das Inhumane im Zeichen der Humanität durchzusetzen.
Was ist zu tun? Unternehmen, die sich der konservativen Sache verpflichtet fühlen, müssen mit gutem Beispiel vorangehen. Sie müssen ein gänzlich anderes Verhältnis zu Beschäftigten, Lieferanten und Kunden entwickeln und vorleben. Natürlich dürfen sie dabei nicht aufhören, wirtschaftlich zu denken. Doch das Wirtschaftliche kennt nicht nur die eine Ausrichtung auf die Gigantomanie der Globalisierung, es kennt unendliche viele Facetten, in denen noch menschliche Maßstäbe gelten. Regionalität in Erzeugung und Vermarktung gehört ebenso dazu wie soziales, kulturelles und ökologisches Engagement vor Ort. Bezieht man Rohstoffe von außerhalb, ist auch dort auf die Einhaltung der eigenen Werte zu achten. Vor allem aber pflegt man das Eigene – und zwar nicht im oberflächlichen Sinne eines bloß hippen und gerade inflationär werdenden Heimatbegriffs, mit dem heute Schindluder getrieben wird. Heimat ist kein Trend, sondern der Wurzelgrund des Menschlichen. Das den Entwurzelten auch unter den Unternehmern klarzumachen, wäre eine echte Aufgabe. Die Rückgewinnung der Begriffe ist wichtiger denn je.
Utz
Danke für diesen Artikel. Ich bin mit allem einverstanden, nur die Lösungen im letzten Absatz erscheinen mir ungenau und nicht gut umsetzbar.
Das System hat die Menschlichkeit nicht deshalb verloren, weil die Akteure unmenschlich wären, sondern weil sich das aufgrund der Dynamik des Systems so ergibt. Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich vermute eine Unzahl von Unternehmern standen schon vor der Wahl, die unmenschlichen Methoden mitzumachen, oder einer feindlichen Übernahme tatenlos zuzusehen. Deren Moral lautet dann folgendermaßen: "Wir machen diese unmenschliche Behandlung unserer Zulieferer, Arbeiter, etc. jetzt mal mit, damit wir konkurrieren können. Möglicherweise würde es ohne uns diesen Menschen sonst noch schlechter gehen. Außerdem spenden wir dafür für diesen oder jenen guten Zweck."
Der Ausweg Regionalität ist zwar auf den ersten Blick sympathisch, hat aber letztlich dasselbe Problem. Die weltweit agierenden Player lassen sie zu, solange die Regionalgeschäfte klein wie eine Fliege sind, bestenfalls ein bißchen lästig, aber keine großen Gewinne abfließen.
Am vielversprechendsten erscheint es mir immer noch da anzusetzen, wo man einen spürbaren Leidensdruck legitim thematisieren kann: mit einer Ablehnung der Massenmigration. Die Demos in Kandel, Pegida, all die entschiedenen "Neins" zu den Zumutungen der Nebenwirkungen dieser unmenschlichen Globalisierung.