Wie zu erwarten war, würdigte keine Zeitung ihn und sein Werk.
Für uns gehört er zu jenem Kranz an Professoren, die sich in den politisch aus heutiger Sicht nachgerade eingefrorenen siebziger und achtziger Jahren rechts äußerten, wissenschaftlich isoliert weiterarbeiten mußten und keine universitären Netzwerke ausbilden konnten: Willms, Diwald, Arndt, Kaltenbrunner und eben Hepp, der als Verfasser des berühmt-berüchtigten Werkes “Die Endlösung der deutschen Frage” einen geradezu halsbrecherischen Wurf wagte.
Unser Autor Dr. Thor v. Waldstein hat uns aus Anlaß des Jubiläums ein Interview zur Verfügung gestellt, das er 1987 mit Hepp führte und unter dem Titel “… als würde der deutsche Wald das deutsche Volk überleben” veröffentlichte. Wir rufen es mit einem kräftigen Geburtstagsgruß in Erinnerung – leicht gekürzt an den Stellen, die durch die Wiedervereinigung gründlich überholt sind.
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v. WALDSTEIN: Sie haben zum ‚Handbuch der Deutschen Nation’ einen Beitrag über ‚Die Endlösung der Deutschen Frage‘ beigesteuert. Das klingt wie die Fanfare des letzten Gerichts…
HEPP: Ich gestehe, daß ich mit diesem Titel provozieren wollte. Mit dem Wort ‚Endlösung‘ assoziiert man in Deutschland ja das Schlimmste, und ich habe das Reizwort bewußt gewählt, um diese Assoziation zu wecken. Ich hatte aber nicht die Absicht, zu historischen Vergleichen einzuladen. Im Gegenteil: ich denke, es wird langsam Zeit, daß wir uns auf die ‚Deutsche Frage‘ konzentrieren.
Heute sind die Deutschen dabei, sich selbst zu diskriminieren und einen sanften Völkermord an sich selbst zu vollziehen. Die Lösung der Deutschen Frage haben sie vertagt; sie möchten sie anscheinend der Zukunft überlassen. Daß diese Zukunft bereits begonnen hat, wird kaum registriert. Ich hielt es daher für nötig, auf gewisse Entwicklungen hinzuweisen, die – zu Ende gedacht – dazu führen, daß sich die ‚Deutsche Frage‘ von selbst erledigt, wenn nicht hier und jetzt etwas dagegen unternommen wird.
v. WALDSTEIN: Welche Entwicklungen meinen Sie damit?
HEPP: Nun, ich denke an die demographische Entwicklung in der BRD. Wir haben bekanntlich seit Jahren weltweit die niedrigsten Fruchtbarkeitsziffern, zur Zeit 1,3 Geburten pro Frau, statt der zur Selbsterhaltung erforderlichen 2,1 Geburten. Seit 1971 sind etwa 3 Mio. weniger Deutsche geboren worden als gestorben sind. Wenn die Fruchtbarkeit bleibt, wie sie ist, werden im Jahre 2020 nur noch 43 Mio. und im Jahre 2030 nur noch etwa 38 Mio. Deutsche in der Bundesrepublik leben.
Selbst unser Bundeskanzler, der doch wirklich ein sonniges Gemüt hat und bei jeder Gelegenheit versichert, es gehe nun wieder aufwärts, hat diese Entwicklung wiederholt als eine „Katastrophe“ bezeichnet. Er hat dabei vermutlich vor allem an die sozialen und ökonomischen Folgen des Bevölkerungsrückgangs gedacht, die vor vier Jahren von der ‚Arbeitsgruppe Bevölkerungsfragen‘ in ihrem Bericht aufgelistet worden sind. Das ist trotz aller Bagatellisierungsversuche insgesamt ein sehr eindrucksvolles Dokument, das eine Ahnung dessen vermittelt, was da alles auf uns zukommen könnte.
Die politischen Konsequenzen sind von der Arbeitsgruppe allerdings ausgeklammert worden. Von der ‚Endlösung der Deutschen Frage‘ ist in ihrem Bericht nicht die Rede. Da die Konkursverwalter des Deutschen Reichs die Deutsche Frage gerne als eine Aufgabe der ‚Zukunft‘ hinstellen, hören sie es sicher nicht gerne, wenn man jetzt nichts gegen den herrschenden Trend unternimmt. Das eben versuche ich in meinem Artikel auseinanderzusetzen.
Wenn man unter der Deutschen Frage das Ensemble der Probleme versteht, die durch die Zerstörung des Deutschen Reiches entstanden sind, kann man in der Tat sagen, die Endlösung der Deutschen Frage sei bei der laufenden Bevölkerungsentwicklung nur noch eine Frage der Zeit.
Da ist auch das Problem der Wiedervereinigung. Wenn wir die deutschen Bevölkerungsverluste weiter wie bisher durch fremde Einwanderer ‚kompensieren‘, die wir nicht assimilieren können, wird sich die Gemeinsamkeit der ‚Kultur‘ und ‚Herkunft‘, die doch angeblich die beiden ‚Staaten in Deutschland‘ noch immer miteinander verbindet, immer mehr verflüchtigen, da immer mehr Einwohner einer künftigen ‚multikulturellen Gesellschaft‘ BRD immer weniger mit der deutschen Kultur und der deutschen Geschichte zu tun haben. Von ‚Wiedervereinigung‘ könnte dann keine Rede mehr sein. Und dann ist da noch das Berlin-Problem. Auch diese Frage erledigt sich infolge des Bevölkerungsschwundes und der Einwanderung von Ausländern von selbst. West-Berlin ist bereits auf dem Weg zur multikulturellen und polyethnischen Welt-Stadt, die nur noch darauf zu warten scheint, vom Warschauer Pakt vereinnahmt zu werden.
Das wäre also – in dürren Worten – meine These von der Endlösung der Deutschen Frage, die uns unweigerlich ins Haus steht, wenn der Geburtenrückgang der Deutschen nicht rückgängig gemacht wird. Ich bin weder ein Hellseher, noch bin ich ein Prophet. Ich habe nur die laufende Entwicklung zu Ende gedacht.
v. WALDSTEIN: Wo sind Ihres Erachtens die Ursachen für diese Bevölkerungsentwicklung zu suchen?
HEPP: Die Zunft der Bevölkerungswissenschaftler ist sich heute darin einig, daß die Ursachen des Geburtenrückgangs ein Syndrom bilden, das sich aus vielen Faktoren zusammensetzt. Ich will Sie nicht mit den sehr komplizierten (und trockenen!) Einzelproblemen der demographischen Forschung langweilen.
Für eine Gegenstrategie, die ja bei den Ursachen ansetzen müßte, ist die Einsicht wichtig, daß die meisten Einzelfaktoren in einem merkwürdigen ‚Syndrom‘ zusammenhängen, das man in der Soziologie unter dem Kürzel ‚Modernisierung‘ zusammenfaßt. Ich halte dieses Kürzel nicht für das Gelbe vom Ei, aber es deutet an, daß die Hauptursachen des neuen deutschen Geburtenrückgangs unter jenen ‚sozialen Errungenschaften‘ zu suchen sind, auf die unsere Politiker besonders stolz sind, insbesondere unter denen, mit denen wir in der ‚Ära der Reformen‘ beglückt worden sind.
Ich habe dafür die Formel vom ‚sozialen Aufstieg in die nationale Dekadenz‘ angeboten, um darauf hinzuweisen, daß der glanzvolle ‚Wiederaufstieg‘ nach dem Krieg eine dunkle Kehrseite hat.
v. WALDSTEIN: Welchen Einfluß hat der Bevölkerungsrückgang auf den ethnischen Charakter der Deutschen?
HEPP: Ach, wissen Sie, das ist sehr schwer zu sagen. Da müßte man zunächst wissen, wie der ethnische Charakter der Deutschen heute überhaupt beschaffen ist. Haben sie denn einen Charakter? Und gar noch einen ethnischen? Ich selber fühle mich außerstande, einen typischen Bundesrepublikaner noch von einem Dänen zu unterscheiden. Ihren Charakter – so sie je einen gehabt haben – müssen die Deutschen wohl schon vor längerer Zeit abgelegt haben.
v. WALDSTEIN: Aber es gibt doch zweifellos Zusammenhänge zwischen dem Geburtenrückgang bei den Deutschen auf der einen und der wachsenden ‚Überfremdung‘ unseres Landes auf der anderen Seite?
HEPP: Aber gewiß! Ich bin der Letzte, der leugnen würde, daß da ein fataler Zusammenhang besteht. Seit Jahren weise ich geradezu monoton auf die schlichte Tatsache hin, daß die ‚Ausländerpolitik‘ der Bundesregierung nur vor dem Hintergrund des deutschen Bevölkerungsrückgangs zu verstehen ist. Die ‚Wanderungspolitik‘ ist aus der Bonner Perspektive die einzig mögliche Strategie zur Verhinderung der Folgen des deutschen Geburtenrückgangs.
Diese Strategie ist langfristig angelegt. Jede Kritik, die sich auf die derzeit bestehenden Verhältnisse einschießt, geht daher am Kern der Sache vorbei. Die ‚eingeweihten‘ Ausländerpolitiker wissen so gut wie ihre Kritiker von rechts, daß derzeit nur 37% der Ausländer überhaupt erwerbstätig sind, während ihre Arbeitslosenquote 15% beträgt, daß ihr Beitrag zum Bruttosozialprodukt der BRD heute niedriger ist als ihr Verbrauch, daß also morgen durchaus nicht “alle Lichter ausgingen, wenn die Ausländer uns heute verlassen würden”, aber sie wissen auch, daß wir in Zukunft auf die Einwanderer angewiesen sein werden, wenn wir nicht auf die ‚schönen Errungenschaften des Fortschritts‘ verzichten wollen.
Das ist die Quintessenz der sogenannten Integrationspolitik. Alles andere ist ideologischer Schaum. Der “humanitäre” Cant, der aufgeboten wird, um diese Politik in der Öffentlichkeit zu verkaufen, dient in erster Linie dem Zweck, den unartikulierten Widerstand der schweigenden Mehrheit zu brechen und die phrasengläubigen Intellektuellen jener Einheitsfront zuzuführen, in der sich alle wohlverstandenen Interessen dieser Republik, vom Armutsgewerbe bis zum Großkapital, zusammenfinden.
Für so naiv und ahnungslos sollten wir selbst eine überzeugte Liberale wie die Ausländerkommissarin der Bundesregierung nicht halten, daß wir ihr unterstellen, sie glaube allen Ernstes, was sie sagt. Ich bestreite nicht, daß die ‚lntegrationspolitik‘ von einer Woge humanitärer Begeisterung getragen wird, was die Allparteienkoalition der Menschenfreunde aber wirklich zusammenhält, sind Interessen, nicht Ideale: auf der einen Seite die Angst vor der Facharbeiterlücke, vor dem Konsumentenausfall, vor dem Zusammenbruch des Wohnungsmarktes usw., auf der anderen Seite die Sorge um die Arbeitsplätze im ‚sozialen Geschäfte‘ und die Hoffnung auf gewinnbringende ‚soziale Probleme‘.
Was die Angst vor den sozialen und ökonomischen Konsequenzen des deutschen Geburtenrückgangs betrifft, so ist sie alles andere als irrational. Ich kann auch den Versuch, sie durch eine gezielte ‚Wanderungepolitik‘ zu vermeiden, an sich nicht unvernünftig finden. Aus sozio-ökonomischer Sicht ist die ‚Wanderungspolitik‘ immer noch besser als gar keine Bevölkerungspolitik. Auch ein Gegner der laufenden Wanderungs- und Integrationspolitik kann die ökonomischen und sozialen Folgen des Bevölkerungsrückgangs nicht ignorieren.
Wenn die deutsche Bevölkerung weiter zurückgeht wie bisher, haben wir zweifellos mit den größten Schwierigkeiten, in Teilbereichen mit katastrophalen Folgen zu rechnen. Denken Sie nur an die Überalterung, von der der Geburtenrückgang begleitet ist.
Wenn im Jahre 2030 auf eine Geburt drei Beerdigungen entfallen, werden 28% der Bevölkerung über 65 Jahre, 35% über 60 Jahre und etwa die Hälfte über 50 Jahre alt. Ich will jetzt gar nicht von den Problemen der Alterssicherung reden, über die ja wenigstens schon öffentlich diskutiert wird, wenn auch im üblichen Ton der Beschwichtigung. Ich bitte Sie, sich die allgemeine Stimmung in einem solchen Altersheim oder Sterbehaus vorzustellen! Es ist wirklich lachhaft, wenn uns unsere Beschwichtigungsmeister glauben machen wollen, in einer solchen vergreisten Gesellschaft nähme die Risikofreudigkeit und die lnnovationsbereitschaft zu. Oder denken Sie an die Machtbasis unseres Staates, die natürlich ebenfalls von der Quantität seiner Bevölkerung abhängig ist. Ich will nur einen Teilausschnitt erwähnen: das Problem der Verteidigung.
Aufgrund des Geburtenückgangs wird sich die Zahl der Wehrdienstfähigen im Jahr 1997 gegenüber dem Jahr 1983 etwa halbiert haben. Ohne Sondermaßnahmen wird sich der Friedensumfang der Bundeswehr nicht mehr halten lassen; das Heer wird auf ein Drittel seiner Brigaden verzichten müssen; die Luftwaffe wird einzelne fliegende Kampfverbände auflösen müssen, und bei der Marine werden zwischen 20–30% der Seekriegsmittel für die Nord- und Ostsee entfallen.
Da aus den künftigen Jahrgangsstärken auch mit Sondermaßnahmen nicht einmal eine Streitkraft von 300.000 Mann zusammengebracht werden kann, muß sich die Bundesrepublik Deutschland nach 1995 auf die NATO-Verbündeten oder gar auf ihre ‚friedenspolitische Glaubwürdigkeit‘ verlassen, falls sie ihre Altersheime nicht mit türkischen Janitscharen schützen kann.
v. WALDSTEIN: Nehmen wir einmal an, daß uns die NATO beschützt. Aber was wird bei einer solchen Entwicklung aus Berlin? Wie sehen Sie die Zukunft Berlins?
HEPP: Kein Zweifel: Berlin ist bereits auf den Hund gekommen… Tatsächlich hat Berlin zwischen 1964 und 1982 544.000 Deutsche verloren; das entspricht etwa der Einwohnerzahl von Bremen. Dagegen hat die Ausländerbevölkerung im selben Zeitraum um 260.000 – 300.000 zugenommen.
Die deutschen Bevölkerungsverluste sind also zu mehr als der Hälfte von Ausländern ‚kompensiert‘ worden. Wenn der deutsche Geburtenrückgang in Berlin weitergeht, wird Berlin verstärkt auf Ausländereinwanderung angewiesen sein.
Wir haben heute in Berlin einen Ausländeranteil von 13%. Das entspricht dem durchschnittlichen Ausländeranteil, der von der Bundesregierung in der BRD erst im Jahr 2000 erwartet wird. Bei der Bevölkerung unter 15 Jahren ist der Anteil in Berlin jedoch schon bei 24% angelangt, und wenn Sie die Geburten etwa des Jahres 1981 anschauen, dann sind schon 32% der Neugeborenen Ausländerkinder. Das bedeutet, daß sich in einer Generation, also in rund 25 Jahren, das ethnische und kulturelle Klima der einstigen Reichshauptstadt auch ohne jede weitere Zuwanderung von außen beträchtlich verändert haben dürfte. Und da bei rückläufigen Bevölkerungszahlen in Westdeutschland der Nachschub an Deutschen in Zukunft sicherlich abnehmen wird, kann man sich ausrechnen, was auf Berlin zukommt.
Da tickt also eine Zeitbombe, die schon in allernächster Zeit krepieren dürfte. Die DDR kann sich natürlich nichts Besseres wünschen als eine instabile Lage in West-Berlin. Wenn dort erst Nationalitätenkonflikte ausgefochten würden, würden sicherlich immer mehr Deutsche abwandern, weil sie dieses Klimas überdrüssig sind. Da fehlt dann nur noch ein Regierender Bürgermeister, der die Vier Mächte zu Hilfe ruft, und wir hätten ein Super-Beirut mitten in Europa, am Eisernen Vorhang. Die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung in West-Berlin ist ja, wie sich an dem Asylantenproblem gezeigt hat, gleich Null. Nirgendwo wird deutlicher, wie sehr die Lage Deutschlands auch in dieser Hinsicht noch immer von der Ausgangssituation des verlorenen Weltkriegs geprägt ist.
v. WALDSTEIN: Wie erklären Sie sich, daß man in der BRD nur auf Einwanderung setzt und – etwa im Gegensatz zur DDR – keine anderen bevölkerungspolitischen Initiativen ergreift?
HEPP: Die Bundesregierung weiß genau, daß es nur ein Mittel gibt, um den deutschen Geburtenrückgang zu stoppen oder rückgängig zu machen, nämlich eine pronatalistische Bevölkerungspolitik. Sie geniert sich aber schon, das Wort ‚Bevölkerungspolitik‘ auch nur in den Mund zu nehmen, obwohl sie mit ihrer ‚Wanderungspolitik‘ natürlich auch Bevölkerungspolitik treibt.
In der Öffentlichkeit wird zur Erklärung dieser seltsamen Phobie auf die Belastung der Deutschen durch die Bevölkerungspolitik des Dritten Reichs verwiesen. Diese stupide Erklärung wird schon dadurch widerlegt, daß sich die Deutschen in der DDR seit Jahren klar zu einer “geburtenfreundlichen” Bevölkerungspolitik bekennen.
Die Erklärung für die unterschiedliche Reaktion der beiden Regierungen ist einfach. Die DDR ist eben kein liberaler Staat. Ein “sozialistischer” Staat, in dem das ‚Gemeinwohl‘ vor dem individuellen Glück und der individuellen Seligkeit rangiert, hält sich natürlich auch für berechtigt, in die ‚Freiheitssphäre‘ des ‚Individuums‘ einzugreifen, wenn es der Plan oder das Staatsinteresse erfordert.
Während die Bundesregierung bei jeder Gelegenheit versichert, die Heiligkeit des Schlafzimmers sei die oberste Maxime ihres Handelns (und dabei Kondome anpreist, Sexualkundeunterricht erteilen läßt und die Geburtenkontrolle mit Steuergeldern subventioniert!), hat ein ‚sozialistischer Staat‘ wie die DDR keine Skrupel, “in das Schlafzimmer seiner Bürger hineinzuregieren”.
Ein ‚liberaler‘ Staat muß sich im Fall eines Zielkonflikts zwischen dem “Gemeinwohl” und dem “Wohl des einzelnen Bürgers” schon aus ideologischen Gründen auf die Seite des Individuums schlagen. Man hat insofern zu Recht gesagt, eine geburtenstimulierende Bevölkerungspolitik sei mit den obersten Werten unseres Verfassungssystems unvereinbar. Daneben ist in der Parteiendemokratie aber auch die Abhängigkeit des Gesetzgebers von der Gunst des Gesetznehmers zu beachten. Es wäre ganz undenkbar, daß der Deutsche Bundestag Gesetze beschließt wie sie vor kurzem etwa in Rumänien verkündet worden sind.
Ein Verkaufsverbot für Kontrazeptiva oder die Androhung der Todesstrafe für Abtreibung im Wiederholungsfall wären bei uns einfach nicht durchzusetzen. Wenn in der BRD die Abtreibung wirksam verboten würde, wären auf einen Schlag alle bevölkerungspolitischen Probleme gelöst. Wir hätten dann kein Geburtendefizit mehr. Aber selbstverständlich könnte die Abtreibung bei uns gar nicht wirksam verboten werden, weil der liberale Staat nicht fähig ist, die Einhaltung seiner Gesetze gegen den Willen der Bevölkerungsmehrheit durchzusetzen.
“Liberal” ist die “liberale Demokratie” ja nur, wo sie ohnmächtig ist. Und das ist hier offensichtlich der Fall. Beim Vergleich von DDR und BRD wird also eine konstitutionelle Schwäche des “liberalen Rechtsstaats” sichtbar, die allzuwenig beachtet wird. Dieser Staat ist einfach nicht in der Lage, die Selbsterhaltung seines Staatsvolkes zu garantieren. Wenn seine Bürger in den Gebärstreik treten, steht er vor der Alternative, den Nachlaßverwalter seines Volkes zu spielen oder – von außen neue Bürger zu importieren.
v. WALDSTEIN: Wie schätzen Sie in diesem Zusammenhang das umstrittene Asylrecht im Grundgesetz der Bundesrepublik ein?
HEPP: Am Asylrecht zeigt sich die Schwäche des liberalen Staats von einer anderen Seite, die bei der BRD allerdings besonders ausgeprägt ist. Es gibt auf der ganzen Welt keine Verfassung mit einem einklagbaren, absoluten und individuellen Grundrecht auf Asyl, das mit Art. 16 GG vergleichbar wäre. Nach Ansicht des Bundesinnenministers gewährt dieser Artikel jedem der 5 Mrd. Erdbewohner “ein verbrieftes Recht zumindest auf vorübergehenden Aufenthalt in der BRD”.
Zurückzuführen ist diese Großzügigkeit auf den Gründungsakt der Bundesrepublik Deutschland, die so konzipiert wurde, daß sie das Gegenteil eines normalen Nationalstaates sein sollte. Wir haben eine Verfassung, die weniger für das deutsche Volk als für die Menschheit entworfen wurde. Die BRD sollte quasi die Außenstelle eines nicht existierenden Weltstaates sein. Nicht von ungefähr sind im Grundgesetz die “Deutschenrechte” etwa im Vergleich zur Weimarer Reichsverfassung ganz in den Hintergrund getreten.
Auch sind die ethnischen Charakteristika des “Staatsvolkes“ mit Art. 3 GG bewußt suspendiert worden, sodaß man sagen könnte, für Einwanderer könnte es gar keine bessere Verfassung geben als diese Menschheitsverfassung des Grundgesetzes. Verfassungsrechtlich ist die BRD schon immer eine “polyethnische Gesellschaft” gewesen. Neu ist nur, daß jetzt mit scheinbar ganz harmlosen Phrasen plötzlich Ernst gemacht wird.
Wir tappen in eine Falle, die schon lange aufgestellt ist. Das Grundgesetz zeigt nun, was in ihm steckt. Es ist halt doch die “Verfassung der Niederlage”. Wenn der zitierte Minister meinte, die Väter des Grundgesetzes hätten mit dem Art. 16 GG einen Wechsel ausgestellt, den die Söhne und Enkel nicht mehr einlösen könnten, hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Enkel sollten diesen unhaltsamen Zustand umgehend ändern. Sie könnten sich dabei auf die “Erklärung der Menschenrechte” in der französischen Verfassung vom Juni 1793 berufen, wo es heißt: “Eine Generation hat nicht das Recht, die künftigen Generationen ihren Gesetzen zu unterwerfen” (Art. 28).
Ich zweifle allerdings, ob das hilft, denn die andere Seite hat schließlich die Menschlichkeit gepachtet und kann mit genug alten und neuen Menschenrechtskonventionen dagegenhalten. Ein Unmensch, wer daran erinnern würde, daß Völker auch an ihrer ‚Menschlichkeit‘ zugrunde gehen können.
v. WALDSTEIN: Wie beurteilen Sie die Bonner Integrationsmodelle für Ausländer? Ist die Integration überhaupt durchführbar?
HEPP: Von welcher Integration reden Sie? Integration ist doch laut Politik ein “zweiseitiger Prozeß”, von dem die Deutschen und die Ausländer betroffen sind. Wenn man die regierungsamtlichen Verlautbarungen liest, fragt man sich, wer da eigentlich in was integriert werden soll.
Sicher ist bislang nur, daß das ursprüngliche Konzept der “Assimilation” der Ausländer ad acta gelegt wurde. Kein Mensch hat noch den Ehrgeiz, aus den Ausländern Deutsche zu machen. Dieses Ziel ist mittlerweile als “Kulturrassismus” durchschaut. Wenn ich recht sehe, sind zur Zeit eigentlich nur noch zwei Konzepte in der Diskussion. Einerseits wird der “melting pot” einer “new nation” anvisiert: Deutsche und Ausländer sollen jeweils auf störende Eigentümlichkeiten verzichten und sich auf der höheren oder niedrigeren Ebene einer ganz neuen Nation à la USA zusammenfinden. Andererseits wird die Idee einer “multikulturellen Gesellschaft” propagiert, nach der die verschiedenen “Ethnien” mit ihren Kulturen gleichberechtigt in einem Staatsverband zusammenleben sollen.
Dieses Modell, das sich im Libanon so trefflich bewährt hat, wird zur Zeit als der Stein der Weisen betrachtet. Das Assimilationskonzept mußte aufgegeben werden, weil sich die Ausländer gegen den Verlust ihrer ethnischen und kulturellen Identität stets entschieden zur Wehr gesetzt haben. Sie haben in der weitaus überwiegenden Mehrheit gar keine Lust, Deutsche zu werden. Die meisten lehnen es auch ab, in einer “neutralen” Kultur von “Emanzipation und Coca Cola” und in einem charakterlosen “Völkerbrei” unterzugehen.
Nach allen Umfragen steht die Bewahrung der nationalen, ethnischen und kulturellen Identität auf der Wunschliste der Ausländer an erster Stelle. Den letzten Rang nimmt die Erwerbung der deutschen Staatsangehörigkeit ein. Unter diesen Umständen räume ich allenfalls dem Konzept der “multikulturellen Gesellschaft” eine gewisse Realisierungschance ein, und auch das nur unter der Bedingung, daß man die Einwanderer nicht zwingt, auf ihre angestammte Staatsangehörigkeit zu verzichten.
Ein gewisser Widerstand gegen dieses Konzept ist eigentlich nur noch von den eingeborenen Deutschen zu erwarten, die nicht bereit sind, sich in ihrem eigenen Land zu einer nationalen Minorität degradieren zu lassen. Da aber die Massenmedien und die gesellschaftlich relevanten Gruppen bereit sind, das Konzept der “multikulturellen Gesellschaft” mitzutragen, ist von deutscher Seite nicht mehr mit ernstlichen Störungen zu rechnen. Die Chancen für die – wenn auch nur partielle – Verwirklichung der ersten Weltrepublik der Geschichte stehen also gar nicht schlecht. Eine ganz andere Frage ist natürlich, ob es in dieser Republik so friedlich zugehen wird wie ihre Protagonisten glauben.
v. WALDSTEIN: Bei den Grünen und Teilen der SPD wird seit Jahren ein Ausländerwahlrecht gefordert. Wie würde sich das auf die “politische Kultur” und die Demokratie in der Bundesrepublik auswirken?
HEPP: Ein Ausländerwahlrecht im strengen Sinn, also ein aktives oder passives Wahlrecht für Fremde, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, wäre im Lichte der europäischen Rechtsgeschichte eine absolute Perversität, und zwar gleichgültig auf welcher “Ebene” es eingeräumt würde. Ich würde das auch behaupten, wenn aus dem Grundgesetz das Gegenteil herauszulesen wäre. Solange es keinen Weltstaat gibt, können in einem Staat nur Staatsbürger wahlberechtigt sein.
Die politischen Rechte sind im modernen europäischen Verfassungsstaat an die Staatsbürgereigenschaft gebunden. Das hat seine guten Gründe, die ich hoffentlich nicht aufzuzählen brauche. Der Staatsrechtler Otto Kimminich hat einmal Iakonisch festgestellt, ein Staat, der Ausländern das Wahlrecht gewähre, gebe seine Existenz auf. Daß Parteien, die solches fordern, im Bundestag sitzen, zeigt, welche Stunde geschlagen hat. Ich verkenne allerdings nicht, daß nicht nur bei uns eine Neigung besteht, die Rechtsfigur des Staatsbürgers zu demontieren.
Diese Demontage geht Hand in Hand mit der wachsenden Einmischung supranationaler Organisationen in die klassischen Bereiche nationalstaatlicher Souveränität. In der BRD kommt diesem Druck von außen aber noch ein innerer Erosionsprozeß entgegen. Indem die “Integrationspolitiker” den klassischen Status des Ausländers zum “verfestigten Aufenthaltsstatus” ausgebaut haben, um möglichst viele Fremde möglichst lange im Lande zu halten, hat sich neben der normalen Staatsbürgerschaft eine Degenerationsform herausgebildet, eine Art “Sozialbürgerschaft”, die durch bloßes Absitzen erworben werden kann. Sie stellt die Betroffenen in sozialer Hinsicht den Staatsbürgern mindestens gleich, privilegiert sie zum Teil sogar.
Zur vollen Staatsbürgerschaft fehlt den “Sozialbürgern” eigentlich nur noch das Wahlrecht und die Wehrpflicht. Sofern sie die zeitliche Voraussetzung erfüllen, was bei mehr als der Hälfte der Ausländer in der BRD der Fall ist, könnten sie der restlichen Rechte und Pflichten durch einen Einbürgerungsantrag teilhaftig werden.
Trotzdem sind bisher nur verschwindend wenig Ausländer dazu bereitgewesen. Auch bei der sogenannten zweiten Generation ist die Einbürgerungsbereitschaftzum Kummer der Integrationsideologen äußerst gering. Sie fühlen sich hier als Gäste und pfeifen offenbar auf die Mitgliedschaft in einer nationalen Wegwerfgesellschaft, die sie ja ohnehin in “sozialer” Beziehung bereits gleich behandelt und deren Repräsentanten sie bei jeder Gelegenheit als “Mitbürger” titulieren.
Da die Gründe, die für ein Ausländerwahlrecht geltend gemacht werden, ebenso unschlüssig sind wie das Paradox des “ausländischen Mitbürgers”, lohnt es sich nicht, sich damit auseinanderzusetzen. Man sollte sich lieber fragen, welche wirklichen Motive sich hinter den vorgeschobenen Begründungen verstecken. Und da stellt sich heraus, daß sich vor allem die Parteien für dieses Ziel einsetzen, die sich nach den vorliegenden Umfragen über die politische Orientierung der Ausländer Gewinn an Wählerstimmen und Mitgliedern erhoffen, also die “ausländerfreundlichen” Linksparteien.
Vermutlich würden aber die Blütenträume der Linken im Endeffekt gar nicht reifen, denn bereits heute verlangen die meisten Ausländer nicht nur eigene Kandidaten in deutschen Parteien (87% der Türken), sondern spezielle Ausländerparteien (59% der Türken).
Man braucht sich nur die Mehrheitsverhältnisse und die Ausländeranteile in den Großstädten anzusehen, um sich vorstellen zu können, was das für die ‚politische Kultur‘ der BRD bedeuten würde. Es ist durchaus wahrscheinlich, daß sich – wenigstens in Städten oder Bezirken, wo eine bestimmte Nationalität dominiert – auch ideologisch unvereinbare Richtungen zu einer antideutschen Interessenallianz zusammenschließen würden.
Als “überlebenswichtige” Koalitionspartner könnten solche Ausländerparteien im Bündnis mit Roten und Grünen praktisch alles durchsetzen, was heute von inländerfeindlichen Ausländerblättern wie “Die Brücke” (Saarbrücken) gefordert wird. In manchen Bezirken, wo sie die Mehrheit der Wähler stellen, hätten die Ausländer freie Hand. Hier würden sie schon bald über die Deutschen herrschen und die Stadtkultur nach ihrem Belieben verändern.
Nach allen historischen Erfahrungen mit Parteiendemokratien im multikulturellen und polyethnischen Milieu wäre es blauäugig anzunehmen, daß eine liberal-demokratische und föderative Verfassung von der Art des Grundgesetzes die Spannungen aushalten würde, die in einem ethnisch heterogenen Staat notwendig entstehen.
So grundverschiedene Staatsrechtler wie Carl Schmitt und Hermann Heller waren sich darin einig, daß eine Demokratie nur funktionieren kann, wenn sie jenseits aller ideologischen und sozialen Unterschiede eine gewisse Gleichartigkeit ihrer Bürger unterstellen kann. Auch die formale Gleichheit der Demokratie setzt eine – natürlich stets relative – “substantielle” Homogenität voraus. Ist diese Voraussetzung nicht gegeben, eskalieren harmlose Auseinandersetzungen um die Verteilung des sozialen Kuchens leicht zum Rassenkonflikt, der dann oft in den Bürgerkrieg mündet.
Die “guten Menschen”, die uns diese Suppe einbrocken wollen, wären einer solchen Lage schwerlich gewachsen. Sie würden vermutlich als erste von der Szene verschwinden. Die “politische Gangart” würde zweifellos härter werden. Mit einem Wort: wäre ich ein Links- oder Rechtsextremist, ich würde um der “politischen Kultur” willen für das Ausländerwahlrecht plädieren.
v. WALDSTEIN: Von offizieller Seite ist im Zusammenhang mit der Asyl- bzw. Ausländerdebatte oft von der historischen Hypothek die Rede, die die Deutschen durch eine permissive Ausländerpolitik zu tilgen hätten. Was halten Sie von diesem Argument?
HEPP: Das ist kein Argument, sondern ein Erpressungsversuch. Es gibt in der Bundesrepublik eine Intelligentsia, die schon lange “amerikanische Zustände” herbeisehnt, weil sie glaubt, eine Demokratie sei keine Demokratie, solange sie noch nicht bewiesen habe, daß sie nicht nur “soziale” oder “konfessionelle”, sondern auch “rassische” Unterschiede ignoriert. Da es bislang in der BRD keine Rassenprobleme gab, hat in ihren Augen die künstliche “Demokratie aus Amerika” ihre Feuerprobe noch nicht bestanden. Die “wahre Demokratie” konnte nur im Sandkasten der “politischen Bildung” und in den Medien durchgespielt werden. Da hat sie allerdings schon lange existiert. In Fernsehsendungen wie “Sesamstraße” wurde das Konzept der multirassischen Gesellschaft medial schon simuliert, als es hier noch gar nicht virulent war.
Und nun haben wir endlich die Gelegenheit, unsere Medienträume in die Praxis umzusetzen! Dank der Asylanten können wir endlich eine echte Demokratie à la USA realisieren! Dieser rein ideologische Ehrgeiz der Musterschüler der Demokratie wird von den deutschen Linksintellektuellen noch mit der Forderung verquickt, wir hätten der Welt zu zeigen, daß wir “aus der Vergangenheit gelernt” haben und gegen jeglichen “Rassismus” immun sind.
Uns kann er damit nicht imponieren. Unsere Generation, die keinen .luden auf dem Gewissen hat, sollte die Toten ihre Toten begraben lassen und das Ausländerproblem der Gegenwart mit derselben Kaltblütigkeit behandeln wie die jungen Engländer oder Franzosen. Uns kann niemand erpressen!
v. WALDSTEIN: Ist es nicht ein Anachronismus, daß westdeutsche Politiker auf multirassische Gesellschaftsmodelle setzen, während überall auf der Welt andere Völker – gerade auch als Gastarbeiter in fremden Staaten – um die Wahrung ihrer nationalen Identität kämpfen?
HEPP: Ich bin kein Geschichtsphilosoph, weiß also nicht, was heute zeitgemäß ist, aber sehr skurril erscheint mir jedenfalls das Verhalten der Grünen, die sich im Bundestag für die Erhaltung der ethnischen Identität der Tibeter, Sintis und anderer Randvölker einsetzen, aber gleichzeitig alle Deutschen als Neonazis beschimpfen, die für das deutsche Volk nichts anderes verlangen als “ethnische Identität”. Die Grünen geben sich völkisch für andere und antivölkisch in eigner Sache: ein hübsches Beispiel für die typisch deutsche Schizophrenie. Auf ihre Weise scheinen sie die weltweite Mode des “Regionalismus” und des “Dudelsackaufstandes” mitzumachen. Bei näherer Betrachtung zeigt sich freilich, daß sie an “ethnischen Minderheiten” nur insofern interessiert sind, als sich mit ihrer Hilfe stabile politische Ordnungen auflösen lassen.
Politisch betrachtet sind die meisten “Graswurzelbewegungen” tatsächlich nur Symptome des Zerfalls von Nationalstaaten. Die wenigsten sind politisch rechts einzuordnen. Wenn man von ein paar Romantikern absieht, ist das Prinzip der “ethnischen Identität” von der Rechten auch selten als Selbstzweck vertreten worden.
Ich darf im übrigen daran erinnern, daß das Prinzip der Selbstbestimmung für alle nationalen Minoritäten eigentlich eine Erfindung der Versailler “Friedensordnung” war, und ich habe erhebliche Zweifel, ob sich dieses “Prinzip” in Europa wirklich politisch bewährt hat. Jedenfalls haben die großen Deutschen immer höhere Ambitionen gehabt als die bloße Bewahrung der kulturellen und ethnischen Identität. Die verstand sich eher von selbst. Nach meiner Überzeugung kann es sich in der BRD ohnehin nicht um “Bewahrung” handeln. Wenn ich mir diese “deutsche Kultur” von heute ansehe, dann gibt es für mich da eigentlich sehr wenig, was ich erhalten und gegen Überfremdung verteidigt wissen möchte.
Was nicht ist, kann nicht erhalten werden. Und was man nicht hat, kann man auch nicht verlieren. Nicht ob wir die (an sich schon recht befremdende!) Nachkriegszivilisation, diesen Endzustand einer Kultur, gegen einen frischen Wind von außen halten können, ist deshalb für mich die Frage, sondern ob wir überhaupt noch den Willen haben, wieder etwas aus uns zu machen.
Was mich an der sogenannten Ausländerpolitik der BRD vor allem stört, ist ihre unpolitische Tendenz. Man will weder die nationale Eigenständigkeit behaupten, noch wagt man den imperialen Ausgriff auf eine neue Ordnung Europas, eine große politische Form. Stattdessen träumt man sich in Menschheits- und Menschlichkeitsphantasien hinein, eine zutiefst unpolitische Haltung. Diese “Politik” ist eigentlich das Gegenteil von Politik. Sie hat das Ausländerproblem auf seinen sozialen Bodensatz reduziert.
Wenn Sie die einschlägigen Untersuchungen meiner Kollegen lesen, stellen Sie fest, daß die deutschen Soziologen sich hauptsächlich dafür interessieren, ob und inwiefern sich die Badezimmerausstattung eines Ausländers noch von der eines Deutschen unterscheidet, welche seelischen Wehwehchen Ausländer durchzustehen haben, wenn sie in der Straßenbahn einem “Ausländerfeind” begegnen, und was dergleichen Mätzchen mehr sind. Da fehlt jede politische Dimension.
Auch die “Politiker” betrachten das Problem aus der Perspektive von Sozialarbeitern. Insgesamt hat man den Eindruck, die Bundesrepublikaner seien zu schlapp, um das Fremde mit der freundlichen Entschiedenheit eines selbstbewußten Volkes zurückzuweisen, aber gleichzeitig auch zu schwach, um es zu assimilieren. Sie scheinen sich als das ohnmächtige Objekt eines Schicksals zu fühlen, dem man sich eben zu beugen und anzupassen hat. Peinlich ist nur, daß sie ihre Anpassungskämpfe auch noch als Politik bezeichnen müssen.
v. WALDSTEIN: Vom Establishment wird die Wanderungs- und lntegrationspolitik gerne als “Politik ohne Alternative” dargestellt. Welche Alternative schlagen Sie vor?
HEPP: Die bevölkerungspolitische Alternative zur Wanderungspolitik der Bundesregierung wäre – bereits gesagt – eine pronatalistische Bevölkerungspolitik, die sich aber nicht auf Familienpolitik oder Steuerpolitik mit diesen oder jenen kleinen Zugeständnissen an kinderreiche Familienbeschränken dürfte, sondern vor allem die Wertordnung und die Mentalität der Deutschen verändern müßte.
Wenn wirklich etwas erreicht werden soll, käme man nicht daran vorbei, einige der “sozialen Errungenschaften” in Frage zu stellen, die für den Geburtenrückgang in erster Linie verantwortlich sind. Indirekte Eingriffe in die “Freiheitssphäre”, in das sakrosankte Schlafzimmer des deutschen Spießers, wären nicht zu vermeiden. Sie sind bei der laufenden Entwicklung nicht weniger legitim als die massive Intervention des Staates in Sachen Umwelt, Gesundheit und Sicherheit.
Das generative Verhalten ist eben heute keine rein private Angelegenheit mehr, in die sich der Staat nicht einmischen darf, denn die Zeiten sind vorbei, da die Bevölkerung sich von selbst reproduzierte. Solange der einzelne Bürger noch ein privates Interesse an Kindern qua Arbeitskräften oder Garanten seiner Altersversorgung hatte, und solange es die perfekten Methoden der Geburtenkontrolle noch nicht gab, brauchte sich der Staat um den Bestand des Staatsvolkes keine Sorgen zu machen. Er konnte die Reproduktion dem “freien Spiel der Kräfte” überlassen, weil dieses Spiel in Wirklichkeit gar nicht frei war.
Heute ist es frei, und – siehe da – es kommt prompt zu einem Zielkonflikt zwischen “Staat” und “Gesellschaft”. Das verständliche Streben der Bevölkerungsmehrheit nach Entlastung von einer Kinderaufzucht, deren Kosten privatisiert werden und deren Nutzen sozialisiert wird, kollidiert mit dem Staatsziel der Erhaltung des notwendigen Bevölkerungsbestandes.
Wenn der Staat unter solchen Umständen das “Gesamtinteresse” wahren will, muß er entweder die Kinderaufzucht in eigene Regie übernehmen oder ihre Rahmenbedingungen so gestalten, daß es auch für das nüchtern kalkulierende Individuum wieder vorteilhaft ist, Kinder in die Welt zu setzen.
Über das Instrumentarium, das dem modernen Staat für solche Zwecke zur Verfügung steht, brauche ich mich nicht auszulassen. An Vorschlägen ist kein Mangel. lm Prinzip ist auch alles höchst einfach: Man braucht nur das erwünschte Verhalten positiv und das unerwünschte negativ zu sanktionieren, just wie in Sachen Umweltschutz auch.
In der Praxis einer Parteiendemokratie ist eine solche Politik freilich nur durchzusetzen, wenn in der Bevölkerung noch ein Sinn für überindividuelle Verpflichtungen und eine Bereitschaft zu Opfern für die ‚Gemeinschaft‘ vorhanden ist. Daß man den “Gemeingeist” bei den Deutschen auch heute noch mobilisieren kann, scheint die Kampagne gegen das Waldsterben bewiesen zu haben. Wenn etwas Vergleichbares zur Revitalisierung des deutschen Volkes geschähe, wäre die Bataille noch nicht verloren. Einstweilen sieht es allerdings so aus, als würde der deutsche Wald das deutsche Vol‘ überleben.
Teufel
"Was die Angst vor den sozialen und ökonomischen Konsequenzen des deutschen Geburtenrückgangs betrifft, so ist sie alles andere als irrational."
Das halte ich fuer grandiosen Quatsch. Da ist man den Verkaeufern der Entrassung auf den Leim gegangen. Wenn die Bevoelkerung zurueckgeht, dann skaliert einfach das gesamte System runter. Und wuerde man den Deutschen lieber pauschal 1000 Euro pro Kind geben, anstatt es an die auslaendischen Invasoren zu verplempern, die ja selber nur weiter die Kassen belasten, ohne jede Aussicht auf Aenderung, dann wuerden sich die Geburtenraten schnell stabilisieren.