Der Soziologe Robert Hepp ist 80 – ein Interview

Der Soziologe Robert Hepp ist gestern 80 Jahre alt geworden. Wir haben 24 Stunden abgewartet:

Wie zu erwar­ten war, wür­dig­te kei­ne Zei­tung ihn und sein Werk.

Für uns gehört er zu jenem Kranz an Pro­fes­so­ren, die sich in den poli­tisch aus heu­ti­ger Sicht nach­ge­ra­de ein­ge­fro­re­nen sieb­zi­ger und acht­zi­ger Jah­ren rechts äußer­ten, wis­sen­schaft­lich iso­liert wei­ter­ar­bei­ten muß­ten und kei­ne uni­ver­si­tä­ren Netz­wer­ke aus­bil­den konn­ten: Will­ms, Diwald, Arndt, Kal­ten­brun­ner und eben Hepp, der als Ver­fas­ser des berühmt-berüch­tig­ten Wer­kes “Die End­lö­sung der deut­schen Fra­ge” einen gera­de­zu hals­bre­che­ri­schen Wurf wagte.

Unser Autor Dr. Thor v. Wald­stein hat uns aus Anlaß des Jubi­lä­ums ein Inter­view zur Ver­fü­gung gestellt, das er 1987 mit Hepp führ­te und unter dem Titel “… als wür­de der deut­sche Wald das deut­sche Volk über­le­ben” ver­öf­fent­lich­te. Wir rufen es mit einem kräf­ti­gen Geburts­tags­gruß in Erin­ne­rung – leicht gekürzt an den Stel­len, die durch die Wie­der­ver­ei­ni­gung gründ­lich über­holt sind.

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v. WALDSTEIN: Sie haben zum ‚Hand­buch der Deut­schen Nati­on’ einen Bei­trag über ‚Die End­lö­sung der Deut­schen Fra­ge‘ bei­gesteu­ert. Das klingt wie die Fan­fa­re des letz­ten Gerichts…

HEPP: Ich geste­he, daß ich mit die­sem Titel pro­vo­zie­ren woll­te. Mit dem Wort ‚End­lö­sung‘ asso­zi­iert man in Deutsch­land ja das Schlimms­te, und ich habe das Reiz­wort bewußt gewählt, um die­se Asso­zia­ti­on zu wecken. Ich hat­te aber nicht die Absicht, zu his­to­ri­schen Ver­glei­chen ein­zu­la­den. Im Gegen­teil: ich den­ke, es wird lang­sam Zeit, daß wir uns auf die ‚Deut­sche Fra­ge‘ konzentrieren.

Heu­te sind die Deut­schen dabei, sich selbst zu dis­kri­mi­nie­ren und einen sanf­ten Völ­ker­mord an sich selbst zu voll­zie­hen. Die Lösung der Deut­schen Fra­ge haben sie ver­tagt; sie möch­ten sie anschei­nend der Zukunft über­las­sen. Daß die­se Zukunft bereits begon­nen hat, wird kaum regis­triert. Ich hielt es daher für nötig, auf gewis­se Ent­wick­lun­gen hin­zu­wei­sen, die – zu Ende gedacht – dazu füh­ren, daß sich die ‚Deut­sche Fra­ge‘ von selbst erle­digt, wenn nicht hier und jetzt etwas dage­gen unter­nom­men wird.

v. WALDSTEIN: Wel­che Ent­wick­lun­gen mei­nen Sie damit?

HEPP: Nun, ich den­ke an die demo­gra­phi­sche Ent­wick­lung in der BRD. Wir haben bekannt­lich seit Jah­ren welt­weit die nied­rigs­ten Frucht­bar­keits­zif­fern, zur Zeit 1,3 Gebur­ten pro Frau, statt der zur Selbst­er­hal­tung erfor­der­li­chen 2,1 Gebur­ten. Seit 1971 sind etwa 3 Mio. weni­ger Deut­sche gebo­ren wor­den als gestor­ben sind. Wenn die Frucht­bar­keit bleibt, wie sie ist, wer­den im Jah­re 2020 nur noch 43 Mio. und im Jah­re 2030 nur noch etwa 38 Mio. Deut­sche in der Bun­des­re­pu­blik leben.

Selbst unser Bun­des­kanz­ler, der doch wirk­lich ein son­ni­ges Gemüt hat und bei jeder Gele­gen­heit ver­si­chert, es gehe nun wie­der auf­wärts, hat die­se Ent­wick­lung wie­der­holt als eine „Kata­stro­phe“ bezeich­net. Er hat dabei ver­mut­lich vor allem an die sozia­len und öko­no­mi­schen Fol­gen des Bevöl­ke­rungs­rück­gangs gedacht, die vor vier Jah­ren von der ‚Arbeits­grup­pe Bevöl­ke­rungs­fra­gen‘ in ihrem Bericht auf­ge­lis­tet wor­den sind. Das ist trotz aller Baga­tel­li­sie­rungs­ver­su­che ins­ge­samt ein sehr ein­drucks­vol­les Doku­ment, das eine Ahnung des­sen ver­mit­telt, was da alles auf uns zukom­men könnte.

Die poli­ti­schen Kon­se­quen­zen sind von der Arbeits­grup­pe aller­dings aus­ge­klam­mert wor­den. Von der ‚End­lö­sung der Deut­schen Fra­ge‘ ist in ihrem Bericht nicht die Rede. Da die Kon­kurs­ver­wal­ter des Deut­schen Reichs die Deut­sche Fra­ge ger­ne als eine Auf­ga­be der ‚Zukunft‘ hin­stel­len, hören sie es sicher nicht ger­ne, wenn man jetzt nichts gegen den herr­schen­den Trend unter­nimmt. Das eben ver­su­che ich in mei­nem Arti­kel auseinanderzusetzen.

Wenn man unter der Deut­schen Fra­ge das Ensem­ble der Pro­ble­me ver­steht, die durch die Zer­stö­rung des Deut­schen Rei­ches ent­stan­den sind, kann man in der Tat sagen, die End­lö­sung der Deut­schen Fra­ge sei bei der lau­fen­den Bevöl­ke­rungs­ent­wick­lung nur noch eine Fra­ge der Zeit.

Da ist auch das Pro­blem der Wie­der­ver­ei­ni­gung. Wenn wir die deut­schen Bevöl­ke­rungs­ver­lus­te wei­ter wie bis­her durch frem­de Ein­wan­de­rer ‚kom­pen­sie­ren‘, die wir nicht assi­mi­lie­ren kön­nen, wird sich die Gemein­sam­keit der ‚Kul­tur‘ und ‚Her­kunft‘, die doch angeb­lich die bei­den ‚Staa­ten in Deutsch­land‘ noch immer mit­ein­an­der ver­bin­det, immer mehr ver­flüch­ti­gen, da immer mehr Ein­woh­ner einer künf­ti­gen ‚mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schaft‘ BRD immer weni­ger mit der deut­schen Kul­tur und der deut­schen Geschich­te zu tun haben. Von ‚Wie­der­ver­ei­ni­gung‘ könn­te dann kei­ne Rede mehr sein. Und dann ist da noch das Ber­lin-Pro­blem. Auch die­se Fra­ge erle­digt sich infol­ge des Bevöl­ke­rungs­schwun­des und der Ein­wan­de­rung von Aus­län­dern von selbst. West-Ber­lin ist bereits auf dem Weg zur mul­ti­kul­tu­rel­len und poly­eth­ni­schen Welt-Stadt, die nur noch dar­auf zu war­ten scheint, vom War­schau­er Pakt ver­ein­nahmt zu werden.

Das wäre also – in dür­ren Wor­ten – mei­ne The­se von der End­lö­sung der Deut­schen Fra­ge, die uns unwei­ger­lich ins Haus steht, wenn der Gebur­ten­rück­gang der Deut­schen nicht rück­gän­gig gemacht wird. Ich bin weder ein Hell­se­her, noch bin ich ein Pro­phet. Ich habe nur die lau­fen­de Ent­wick­lung zu Ende gedacht.

v. WALDSTEIN: Wo sind Ihres Erach­tens die Ursa­chen für die­se Bevöl­ke­rungs­ent­wick­lung zu suchen?

HEPP: Die Zunft der Bevöl­ke­rungs­wis­sen­schaft­ler ist sich heu­te dar­in einig, daß die Ursa­chen des Gebur­ten­rück­gangs ein Syn­drom bil­den, das sich aus vie­len Fak­to­ren zusam­men­setzt. Ich will Sie nicht mit den sehr kom­pli­zier­ten (und tro­cke­nen!) Ein­zel­pro­ble­men der demo­gra­phi­schen For­schung langweilen.

Für eine Gegen­stra­te­gie, die ja bei den Ursa­chen anset­zen müß­te, ist die Ein­sicht wich­tig, daß die meis­ten Ein­zel­fak­to­ren in einem merk­wür­di­gen ‚Syn­drom‘ zusam­men­hän­gen, das man in der Sozio­lo­gie unter dem Kür­zel ‚Moder­ni­sie­rung‘ zusam­men­faßt. Ich hal­te die­ses Kür­zel nicht für das Gel­be vom Ei, aber es deu­tet an, daß die Haupt­ur­sa­chen des neu­en deut­schen Gebur­ten­rück­gangs unter jenen ‚sozia­len Errun­gen­schaf­ten‘ zu suchen sind, auf die unse­re Poli­ti­ker beson­ders stolz sind, ins­be­son­de­re unter denen, mit denen wir in der ‚Ära der Refor­men‘ beglückt wor­den sind.

Ich habe dafür die For­mel vom ‚sozia­len Auf­stieg in die natio­na­le Deka­denz‘ ange­bo­ten, um dar­auf hin­zu­wei­sen, daß der glanz­vol­le ‚Wie­der­auf­stieg‘ nach dem Krieg eine dunk­le Kehr­sei­te hat.

v. WALDSTEIN: Wel­chen Ein­fluß hat der Bevöl­ke­rungs­rück­gang auf den eth­ni­schen Cha­rak­ter der Deutschen?

HEPP: Ach, wis­sen Sie, das ist sehr schwer zu sagen. Da müß­te man zunächst wis­sen, wie der eth­ni­sche Cha­rak­ter der Deut­schen heu­te über­haupt beschaf­fen ist. Haben sie denn einen Cha­rak­ter? Und gar noch einen eth­ni­schen? Ich sel­ber füh­le mich außer­stan­de, einen typi­schen Bun­des­re­pu­bli­ka­ner noch von einem Dänen zu unter­schei­den. Ihren Cha­rak­ter – so sie je einen gehabt haben – müs­sen die Deut­schen wohl schon vor län­ge­rer Zeit abge­legt haben.

v. WALDSTEIN: Aber es gibt doch zwei­fel­los Zusam­men­hän­ge zwi­schen dem Gebur­ten­rück­gang bei den Deut­schen auf der einen und der wach­sen­den ‚Über­frem­dung‘ unse­res Lan­des auf der ande­ren Seite?

HEPP: Aber gewiß! Ich bin der Letz­te, der leug­nen wür­de, daß da ein fata­ler Zusam­men­hang besteht. Seit Jah­ren wei­se ich gera­de­zu mono­ton auf die schlich­te Tat­sa­che hin, daß die ‚Aus­län­der­po­li­tik‘ der Bun­des­re­gie­rung nur vor dem Hin­ter­grund des deut­schen Bevöl­ke­rungs­rück­gangs zu ver­ste­hen ist. Die ‚Wan­de­rungs­po­li­tik‘ ist aus der Bon­ner Per­spek­ti­ve die ein­zig mög­li­che Stra­te­gie zur Ver­hin­de­rung der Fol­gen des deut­schen Geburtenrückgangs.

Die­se Stra­te­gie ist lang­fris­tig ange­legt. Jede Kri­tik, die sich auf die der­zeit bestehen­den Ver­hält­nis­se ein­schießt, geht daher am Kern der Sache vor­bei. Die ‚ein­ge­weih­ten‘ Aus­län­der­po­li­ti­ker wis­sen so gut wie ihre Kri­ti­ker von rechts, daß der­zeit nur 37% der Aus­län­der über­haupt erwerbs­tä­tig sind, wäh­rend ihre Arbeits­lo­sen­quo­te 15% beträgt, daß ihr Bei­trag zum Brut­to­so­zi­al­pro­dukt der BRD heu­te nied­ri­ger ist als ihr Ver­brauch, daß also mor­gen durch­aus nicht “alle Lich­ter aus­gin­gen, wenn die Aus­län­der uns heu­te ver­las­sen wür­den”, aber sie wis­sen auch, daß wir in Zukunft auf die Ein­wan­de­rer ange­wie­sen sein wer­den, wenn wir nicht auf die ‚schö­nen Errun­gen­schaf­ten des Fort­schritts‘ ver­zich­ten wollen.

Das ist die Quint­essenz der soge­nann­ten Inte­gra­ti­ons­po­li­tik. Alles ande­re ist ideo­lo­gi­scher Schaum. Der “huma­ni­tä­re” Cant, der auf­ge­bo­ten wird, um die­se Poli­tik in der Öffent­lich­keit zu ver­kau­fen, dient in ers­ter Linie dem Zweck, den unar­ti­ku­lier­ten Wider­stand der schwei­gen­den Mehr­heit zu bre­chen und die phra­sen­gläu­bi­gen Intel­lek­tu­el­len jener Ein­heits­front zuzu­füh­ren, in der sich alle wohl­ver­stan­de­nen Inter­es­sen die­ser Repu­blik, vom Armuts­ge­wer­be bis zum Groß­ka­pi­tal, zusammenfinden.

Für so naiv und ahnungs­los soll­ten wir selbst eine über­zeug­te Libe­ra­le wie die Aus­län­der­kom­mis­sa­rin der Bun­des­re­gie­rung nicht hal­ten, daß wir ihr unter­stel­len, sie glau­be allen Erns­tes, was sie sagt. Ich bestrei­te nicht, daß die ‚lnte­gra­ti­ons­po­li­tik‘ von einer Woge huma­ni­tä­rer Begeis­te­rung getra­gen wird, was die All­par­tei­en­ko­ali­ti­on der Men­schen­freun­de aber wirk­lich zusam­men­hält, sind Inter­es­sen, nicht Idea­le: auf der einen Sei­te die Angst vor der Fach­ar­bei­ter­lü­cke, vor dem Kon­su­men­ten­aus­fall, vor dem Zusam­men­bruch des Woh­nungs­mark­tes usw., auf der ande­ren Sei­te die Sor­ge um die Arbeits­plät­ze im ‚sozia­len Geschäf­te‘ und die Hoff­nung auf gewinn­brin­gen­de ‚sozia­le Probleme‘.

Was die Angst vor den sozia­len und öko­no­mi­schen Kon­se­quen­zen des deut­schen Gebur­ten­rück­gangs betrifft, so ist sie alles ande­re als irra­tio­nal. Ich kann auch den Ver­such, sie durch eine geziel­te ‚Wan­de­run­ge­po­li­tik‘ zu ver­mei­den, an sich nicht unver­nünf­tig fin­den. Aus sozio-öko­no­mi­scher Sicht ist die ‚Wan­de­rungs­po­li­tik‘ immer noch bes­ser als gar kei­ne Bevöl­ke­rungs­po­li­tik. Auch ein Geg­ner der lau­fen­den Wan­de­rungs- und Inte­gra­ti­ons­po­li­tik kann die öko­no­mi­schen und sozia­len Fol­gen des Bevöl­ke­rungs­rück­gangs nicht ignorieren.

Wenn die deut­sche Bevöl­ke­rung wei­ter zurück­geht wie bis­her, haben wir zwei­fel­los mit den größ­ten Schwie­rig­kei­ten, in Teil­be­rei­chen mit kata­stro­pha­len Fol­gen zu rech­nen. Den­ken Sie nur an die Über­al­te­rung, von der der Gebur­ten­rück­gang beglei­tet ist.

Wenn im Jah­re 2030 auf eine Geburt drei Beer­di­gun­gen ent­fal­len, wer­den 28% der Bevöl­ke­rung über 65 Jah­re, 35% über 60 Jah­re und etwa die Hälf­te über 50 Jah­re alt. Ich will jetzt gar nicht von den Pro­ble­men der Alters­si­che­rung reden, über die ja wenigs­tens schon öffent­lich dis­ku­tiert wird, wenn auch im übli­chen Ton der Beschwich­ti­gung. Ich bit­te Sie, sich die all­ge­mei­ne Stim­mung in einem sol­chen Alters­heim oder Ster­be­haus vor­zu­stel­len! Es ist wirk­lich lach­haft, wenn uns unse­re Beschwich­ti­gungs­meis­ter glau­ben machen wol­len, in einer sol­chen ver­greis­ten Gesell­schaft näh­me die Risi­ko­freu­dig­keit und die lnno­va­ti­ons­be­reit­schaft zu. Oder den­ken Sie an die Macht­ba­sis unse­res Staa­tes, die natür­lich eben­falls von der Quan­ti­tät sei­ner Bevöl­ke­rung abhän­gig ist. Ich will nur einen Teil­aus­schnitt erwäh­nen: das Pro­blem der Verteidigung.

Auf­grund des Gebur­te­nück­gangs wird sich die Zahl der Wehr­dienst­fä­hi­gen im Jahr 1997 gegen­über dem Jahr 1983 etwa hal­biert haben. Ohne Son­der­maß­nah­men wird sich der Frie­dens­um­fang der Bun­des­wehr nicht mehr hal­ten las­sen; das Heer wird auf ein Drit­tel sei­ner Bri­ga­den ver­zich­ten müs­sen; die Luft­waf­fe wird ein­zel­ne flie­gen­de Kampf­ver­bän­de auf­lö­sen müs­sen, und bei der Mari­ne wer­den zwi­schen 20–30% der See­kriegs­mit­tel für die Nord- und Ost­see entfallen.

Da aus den künf­ti­gen Jahr­gangs­stär­ken auch mit Son­der­maß­nah­men nicht ein­mal eine Streit­kraft von 300.000 Mann zusam­men­ge­bracht wer­den kann, muß sich die Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land nach 1995 auf die NATO-Ver­bün­de­ten oder gar auf ihre ‚frie­dens­po­li­ti­sche Glaub­wür­dig­keit‘ ver­las­sen, falls sie ihre Alters­hei­me nicht mit tür­ki­schen Jani­tscha­ren schüt­zen kann.

v. WALDSTEIN: Neh­men wir ein­mal an, daß uns die NATO beschützt. Aber was wird bei einer sol­chen Ent­wick­lung aus Ber­lin? Wie sehen Sie die Zukunft Berlins?

HEPP: Kein Zwei­fel: Ber­lin ist bereits auf den Hund gekom­men… Tat­säch­lich hat Ber­lin zwi­schen 1964 und 1982 544.000 Deut­sche ver­lo­ren; das ent­spricht etwa der Ein­woh­ner­zahl von Bre­men. Dage­gen hat die Aus­län­der­be­völ­ke­rung im sel­ben Zeit­raum um 260.000 – 300.000 zugenommen.

Die deut­schen Bevöl­ke­rungs­ver­lus­te sind also zu mehr als der Hälf­te von Aus­län­dern ‚kom­pen­siert‘ wor­den. Wenn der deut­sche Gebur­ten­rück­gang in Ber­lin wei­ter­geht, wird Ber­lin ver­stärkt auf Aus­län­der­ein­wan­de­rung ange­wie­sen sein.

Wir haben heu­te in Ber­lin einen Aus­län­der­an­teil von 13%. Das ent­spricht dem durch­schnitt­li­chen Aus­län­der­an­teil, der von der Bun­des­re­gie­rung in der BRD erst im Jahr 2000 erwar­tet wird. Bei der Bevöl­ke­rung unter 15 Jah­ren ist der Anteil in Ber­lin jedoch schon bei 24% ange­langt, und wenn Sie die Gebur­ten etwa des Jah­res 1981 anschau­en, dann sind schon 32% der Neu­ge­bo­re­nen Aus­län­der­kin­der. Das bedeu­tet, daß sich in einer Gene­ra­ti­on, also in rund 25 Jah­ren, das eth­ni­sche und kul­tu­rel­le Kli­ma der eins­ti­gen Reichs­haupt­stadt auch ohne jede wei­te­re Zuwan­de­rung von außen beträcht­lich ver­än­dert haben dürf­te. Und da bei rück­läu­fi­gen Bevöl­ke­rungs­zah­len in West­deutsch­land der Nach­schub an Deut­schen in Zukunft sicher­lich abneh­men wird, kann man sich aus­rech­nen, was auf Ber­lin zukommt.

Da tickt also eine Zeit­bom­be, die schon in aller­nächs­ter Zeit kre­pie­ren dürf­te. Die DDR kann sich natür­lich nichts Bes­se­res wün­schen als eine insta­bi­le Lage in West-Ber­lin. Wenn dort erst Natio­na­li­tä­ten­kon­flik­te aus­ge­foch­ten wür­den, wür­den sicher­lich immer mehr Deut­sche abwan­dern, weil sie die­ses Kli­mas über­drüs­sig sind. Da fehlt dann nur noch ein Regie­ren­der Bür­ger­meis­ter, der die Vier Mäch­te zu Hil­fe ruft, und wir hät­ten ein Super-Bei­rut mit­ten in Euro­pa, am Eiser­nen Vor­hang. Die Hand­lungs­fä­hig­keit der Bun­des­re­gie­rung in West-Ber­lin ist ja, wie sich an dem Asy­lan­ten­pro­blem gezeigt hat, gleich Null. Nir­gend­wo wird deut­li­cher, wie sehr die Lage Deutsch­lands auch in die­ser Hin­sicht noch immer von der Aus­gangs­si­tua­ti­on des ver­lo­re­nen Welt­kriegs geprägt ist.

v. WALDSTEIN: Wie erklä­ren Sie sich, daß man in der BRD nur auf Ein­wan­de­rung setzt und – etwa im Gegen­satz zur DDR – kei­ne ande­ren bevöl­ke­rungs­po­li­ti­schen Initia­ti­ven ergreift?

HEPP: Die Bun­des­re­gie­rung weiß genau, daß es nur ein Mit­tel gibt, um den deut­schen Gebur­ten­rück­gang zu stop­pen oder rück­gän­gig zu machen, näm­lich eine pro­na­ta­lis­ti­sche Bevöl­ke­rungs­po­li­tik. Sie geniert sich aber schon, das Wort ‚Bevöl­ke­rungs­po­li­tik‘ auch nur in den Mund zu neh­men, obwohl sie mit ihrer ‚Wan­de­rungs­po­li­tik‘ natür­lich auch Bevöl­ke­rungs­po­li­tik treibt.

In der Öffent­lich­keit wird zur Erklä­rung die­ser selt­sa­men Pho­bie auf die Belas­tung der Deut­schen durch die Bevöl­ke­rungs­po­li­tik des Drit­ten Reichs ver­wie­sen. Die­se stu­pi­de Erklä­rung wird schon dadurch wider­legt, daß sich die Deut­schen in der DDR seit Jah­ren klar zu einer “gebur­ten­freund­li­chen” Bevöl­ke­rungs­po­li­tik bekennen.

Die Erklä­rung für die unter­schied­li­che Reak­ti­on der bei­den Regie­run­gen ist ein­fach. Die DDR ist eben kein libe­ra­ler Staat. Ein “sozia­lis­ti­scher” Staat, in dem das ‚Gemein­wohl‘ vor dem indi­vi­du­el­len Glück und der indi­vi­du­el­len Selig­keit ran­giert, hält sich natür­lich auch für berech­tigt, in die ‚Frei­heits­sphä­re‘ des ‚Indi­vi­du­ums‘ ein­zu­grei­fen, wenn es der Plan oder das Staats­in­ter­es­se erfordert.

Wäh­rend die Bun­des­re­gie­rung bei jeder Gele­gen­heit ver­si­chert, die Hei­lig­keit des Schlaf­zim­mers sei die obers­te Maxi­me ihres Han­delns (und dabei Kon­do­me anpreist, Sexu­al­kun­de­un­ter­richt ertei­len läßt und die Gebur­ten­kon­trol­le mit Steu­er­gel­dern sub­ven­tio­niert!), hat ein ‚sozia­lis­ti­scher Staat‘ wie die DDR kei­ne Skru­pel, “in das Schlaf­zim­mer sei­ner Bür­ger hineinzuregieren”.

Ein ‚libe­ra­ler‘ Staat muß sich im Fall eines Ziel­kon­flikts zwi­schen dem “Gemein­wohl” und dem “Wohl des ein­zel­nen Bür­gers” schon aus ideo­lo­gi­schen Grün­den auf die Sei­te des Indi­vi­du­ums schla­gen. Man hat inso­fern zu Recht gesagt, eine gebur­ten­sti­mu­lie­ren­de Bevöl­ke­rungs­po­li­tik sei mit den obers­ten Wer­ten unse­res Ver­fas­sungs­sys­tems unver­ein­bar. Dane­ben ist in der Par­tei­en­de­mo­kra­tie aber auch die Abhän­gig­keit des Gesetz­ge­bers von der Gunst des Gesetz­neh­mers zu beach­ten. Es wäre ganz undenk­bar, daß der Deut­sche Bun­des­tag Geset­ze beschließt wie sie vor kur­zem etwa in Rumä­ni­en ver­kün­det wor­den sind.

Ein Ver­kaufs­ver­bot für Kon­tra­zep­ti­va oder die Andro­hung der Todes­stra­fe für Abtrei­bung im Wie­der­ho­lungs­fall wären bei uns ein­fach nicht durch­zu­set­zen. Wenn in der BRD die Abtrei­bung wirk­sam ver­bo­ten wür­de, wären auf einen Schlag alle bevöl­ke­rungs­po­li­ti­schen Pro­ble­me gelöst. Wir hät­ten dann kein Gebur­ten­de­fi­zit mehr. Aber selbst­ver­ständ­lich könn­te die Abtrei­bung bei uns gar nicht wirk­sam ver­bo­ten wer­den, weil der libe­ra­le Staat nicht fähig ist, die Ein­hal­tung sei­ner Geset­ze gegen den Wil­len der Bevöl­ke­rungs­mehr­heit durchzusetzen.

“Libe­ral” ist die “libe­ra­le Demo­kra­tie” ja nur, wo sie ohn­mäch­tig ist. Und das ist hier offen­sicht­lich der Fall. Beim Ver­gleich von DDR und BRD wird also eine kon­sti­tu­tio­nel­le Schwä­che des “libe­ra­len Rechts­staats” sicht­bar, die all­zu­we­nig beach­tet wird. Die­ser Staat ist ein­fach nicht in der Lage, die Selbst­er­hal­tung sei­nes Staats­vol­kes zu garan­tie­ren. Wenn sei­ne Bür­ger in den Gebär­streik tre­ten, steht er vor der Alter­na­ti­ve, den Nach­laß­ver­wal­ter sei­nes Vol­kes zu spie­len oder – von außen neue Bür­ger zu importieren.

v. WALDSTEIN: Wie schät­zen Sie in die­sem Zusam­men­hang das umstrit­te­ne Asyl­recht im Grund­ge­setz der Bun­des­re­pu­blik ein?

HEPP: Am Asyl­recht zeigt sich die Schwä­che des libe­ra­len Staats von einer ande­ren Sei­te, die bei der BRD aller­dings beson­ders aus­ge­prägt ist. Es gibt auf der gan­zen Welt kei­ne Ver­fas­sung mit einem ein­klag­ba­ren, abso­lu­ten und indi­vi­du­el­len Grund­recht auf Asyl, das mit Art. 16 GG ver­gleich­bar wäre. Nach Ansicht des Bun­des­in­nen­mi­nis­ters gewährt die­ser Arti­kel jedem der 5 Mrd. Erd­be­woh­ner “ein ver­brief­tes Recht zumin­dest auf vor­über­ge­hen­den Auf­ent­halt in der BRD”.

Zurück­zu­füh­ren ist die­se Groß­zü­gig­keit auf den Grün­dungs­akt der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land, die so kon­zi­piert wur­de, daß sie das Gegen­teil eines nor­ma­len Natio­nal­staa­tes sein soll­te. Wir haben eine Ver­fas­sung, die weni­ger für das deut­sche Volk als für die Mensch­heit ent­wor­fen wur­de. Die BRD soll­te qua­si die Außen­stel­le eines nicht exis­tie­ren­den Welt­staa­tes sein. Nicht von unge­fähr sind im Grund­ge­setz die “Deut­schen­rech­te” etwa im Ver­gleich zur Wei­ma­rer Reichs­ver­fas­sung ganz in den Hin­ter­grund getreten.

Auch sind die eth­ni­schen Cha­rak­te­ris­ti­ka des “Staats­vol­kes“ mit Art. 3 GG bewußt sus­pen­diert wor­den, sodaß man sagen könn­te, für Ein­wan­de­rer könn­te es gar kei­ne bes­se­re Ver­fas­sung geben als die­se Mensch­heits­ver­fas­sung des Grund­ge­set­zes. Ver­fas­sungs­recht­lich ist die BRD schon immer eine “poly­eth­ni­sche Gesell­schaft” gewe­sen. Neu ist nur, daß jetzt mit schein­bar ganz harm­lo­sen Phra­sen plötz­lich Ernst gemacht wird.

Wir tap­pen in eine Fal­le, die schon lan­ge auf­ge­stellt ist. Das Grund­ge­setz zeigt nun, was in ihm steckt. Es ist halt doch die “Ver­fas­sung der Nie­der­la­ge”. Wenn der zitier­te Minis­ter mein­te, die Väter des Grund­ge­set­zes hät­ten mit dem Art. 16 GG einen Wech­sel aus­ge­stellt, den die Söh­ne und Enkel nicht mehr ein­lö­sen könn­ten, hat er den Nagel auf den Kopf getrof­fen. Die Enkel soll­ten die­sen unhalt­sa­men Zustand umge­hend ändern. Sie könn­ten sich dabei auf die “Erklä­rung der Men­schen­rech­te” in der fran­zö­si­schen Ver­fas­sung vom Juni 1793 beru­fen, wo es heißt: “Eine Gene­ra­ti­on hat nicht das Recht, die künf­ti­gen Gene­ra­tio­nen ihren Geset­zen zu unter­wer­fen” (Art. 28).

Ich zweif­le aller­dings, ob das hilft, denn die ande­re Sei­te hat schließ­lich die Mensch­lich­keit gepach­tet und kann mit genug alten und neu­en Men­schen­rechts­kon­ven­tio­nen dage­gen­hal­ten. Ein Unmensch, wer dar­an erin­nern wür­de, daß Völ­ker auch an ihrer ‚Mensch­lich­keit‘ zugrun­de gehen können.

v. WALDSTEIN: Wie beur­tei­len Sie die Bon­ner Inte­gra­ti­ons­mo­del­le für Aus­län­der? Ist die Inte­gra­ti­on über­haupt durchführbar?

HEPP: Von wel­cher Inte­gra­ti­on reden Sie? Inte­gra­ti­on ist doch laut Poli­tik ein “zwei­sei­ti­ger Pro­zeß”, von dem die Deut­schen und die Aus­län­der betrof­fen sind. Wenn man die regie­rungs­amt­li­chen Ver­laut­ba­run­gen liest, fragt man sich, wer da eigent­lich in was inte­griert wer­den soll.

Sicher ist bis­lang nur, daß das ursprüng­li­che Kon­zept der “Assi­mi­la­ti­on” der Aus­län­der ad acta gelegt wur­de. Kein Mensch hat noch den Ehr­geiz, aus den Aus­län­dern Deut­sche zu machen. Die­ses Ziel ist mitt­ler­wei­le als “Kul­tur­ras­sis­mus” durch­schaut. Wenn ich recht sehe, sind zur Zeit eigent­lich nur noch zwei Kon­zep­te in der Dis­kus­si­on. Einer­seits wird der “mel­ting pot” einer “new nati­on” anvi­siert: Deut­sche und Aus­län­der sol­len jeweils auf stö­ren­de Eigen­tüm­lich­kei­ten ver­zich­ten und sich auf der höhe­ren oder nied­ri­ge­ren Ebe­ne einer ganz neu­en Nati­on à la USA zusam­men­fin­den. Ande­rer­seits wird die Idee einer “mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schaft” pro­pa­giert, nach der die ver­schie­de­nen “Eth­ni­en” mit ihren Kul­tu­ren gleich­be­rech­tigt in einem Staats­ver­band zusam­men­le­ben sollen.

Die­ses Modell, das sich im Liba­non so treff­lich bewährt hat, wird zur Zeit als der Stein der Wei­sen betrach­tet. Das Assi­mi­la­ti­ons­kon­zept muß­te auf­ge­ge­ben wer­den, weil sich die Aus­län­der gegen den Ver­lust ihrer eth­ni­schen und kul­tu­rel­len Iden­ti­tät stets ent­schie­den zur Wehr gesetzt haben. Sie haben in der weit­aus über­wie­gen­den Mehr­heit gar kei­ne Lust, Deut­sche zu wer­den. Die meis­ten leh­nen es auch ab, in einer “neu­tra­len” Kul­tur von “Eman­zi­pa­ti­on und Coca Cola” und in einem cha­rak­ter­lo­sen “Völ­ker­brei” unterzugehen.

Nach allen Umfra­gen steht die Bewah­rung der natio­na­len, eth­ni­schen und kul­tu­rel­len Iden­ti­tät auf der Wunsch­lis­te der Aus­län­der an ers­ter Stel­le. Den letz­ten Rang nimmt die Erwer­bung der deut­schen Staats­an­ge­hö­rig­keit ein. Unter die­sen Umstän­den räu­me ich allen­falls dem Kon­zept der “mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schaft” eine gewis­se Rea­li­sie­rungs­chan­ce ein, und auch das nur unter der Bedin­gung, daß man die Ein­wan­de­rer nicht zwingt, auf ihre ange­stamm­te Staats­an­ge­hö­rig­keit zu verzichten.

Ein gewis­ser Wider­stand gegen die­ses Kon­zept ist eigent­lich nur noch von den ein­ge­bo­re­nen Deut­schen zu erwar­ten, die nicht bereit sind, sich in ihrem eige­nen Land zu einer natio­na­len Mino­ri­tät degra­die­ren zu las­sen. Da aber die Mas­sen­me­di­en und die gesell­schaft­lich rele­van­ten Grup­pen bereit sind, das Kon­zept der “mul­ti­kul­tu­rel­len Gesell­schaft” mit­zu­tra­gen, ist von deut­scher Sei­te nicht mehr mit ernst­li­chen Stö­run­gen zu rech­nen. Die Chan­cen für die – wenn auch nur par­ti­el­le – Ver­wirk­li­chung der ers­ten Welt­re­pu­blik der Geschich­te ste­hen also gar nicht schlecht. Eine ganz ande­re Fra­ge ist natür­lich, ob es in die­ser Repu­blik so fried­lich zuge­hen wird wie ihre Prot­ago­nis­ten glauben.

v. WALDSTEIN: Bei den Grü­nen und Tei­len der SPD wird seit Jah­ren ein Aus­län­der­wahl­recht gefor­dert. Wie wür­de sich das auf die “poli­ti­sche Kul­tur” und die Demo­kra­tie in der Bun­des­re­pu­blik auswirken?

HEPP: Ein Aus­län­der­wahl­recht im stren­gen Sinn, also ein akti­ves oder pas­si­ves Wahl­recht für Frem­de, die nicht die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit besit­zen, wäre im Lich­te der euro­päi­schen Rechts­ge­schich­te eine abso­lu­te Per­ver­si­tät, und zwar gleich­gül­tig auf wel­cher “Ebe­ne” es ein­ge­räumt wür­de. Ich wür­de das auch behaup­ten, wenn aus dem Grund­ge­setz das Gegen­teil her­aus­zu­le­sen wäre. Solan­ge es kei­nen Welt­staat gibt, kön­nen in einem Staat nur Staats­bür­ger wahl­be­rech­tigt sein.

Die poli­ti­schen Rech­te sind im moder­nen euro­päi­schen Ver­fas­sungs­staat an die Staats­bür­ger­ei­gen­schaft gebun­den. Das hat sei­ne guten Grün­de, die ich hof­fent­lich nicht auf­zu­zäh­len brau­che. Der Staats­recht­ler Otto Kim­mi­nich hat ein­mal Iako­nisch fest­ge­stellt, ein Staat, der Aus­län­dern das Wahl­recht gewäh­re, gebe sei­ne Exis­tenz auf. Daß Par­tei­en, die sol­ches for­dern, im Bun­des­tag sit­zen, zeigt, wel­che Stun­de geschla­gen hat. Ich ver­ken­ne aller­dings nicht, daß nicht nur bei uns eine Nei­gung besteht, die Rechts­fi­gur des Staats­bür­gers zu demontieren.

Die­se Demon­ta­ge geht Hand in Hand mit der wach­sen­den Ein­mi­schung supra­na­tio­na­ler Orga­ni­sa­tio­nen in die klas­si­schen Berei­che natio­nal­staat­li­cher Sou­ve­rä­ni­tät. In der BRD kommt die­sem Druck von außen aber noch ein inne­rer Ero­si­ons­pro­zeß ent­ge­gen. Indem die “Inte­gra­ti­ons­po­li­ti­ker” den klas­si­schen Sta­tus des Aus­län­ders zum “ver­fes­tig­ten Auf­ent­halts­sta­tus” aus­ge­baut haben, um mög­lichst vie­le Frem­de mög­lichst lan­ge im Lan­de zu hal­ten, hat sich neben der nor­ma­len Staats­bür­ger­schaft eine Dege­ne­ra­ti­ons­form her­aus­ge­bil­det, eine Art “Sozi­al­bür­ger­schaft”, die durch blo­ßes Absit­zen erwor­ben wer­den kann. Sie stellt die Betrof­fe­nen in sozia­ler Hin­sicht den Staats­bür­gern min­des­tens gleich, pri­vi­le­giert sie zum Teil sogar.

Zur vol­len Staats­bür­ger­schaft fehlt den “Sozi­al­bür­gern” eigent­lich nur noch das Wahl­recht und die Wehr­pflicht. Sofern sie die zeit­li­che Vor­aus­set­zung erfül­len, was bei mehr als der Hälf­te der Aus­län­der in der BRD der Fall ist, könn­ten sie der rest­li­chen Rech­te und Pflich­ten durch einen Ein­bür­ge­rungs­an­trag teil­haf­tig werden.

Trotz­dem sind bis­her nur ver­schwin­dend wenig Aus­län­der dazu bereit­ge­we­sen. Auch bei der soge­nann­ten zwei­ten Gene­ra­ti­on ist die Ein­bür­ge­rungs­be­reit­schaftz­um Kum­mer der Inte­gra­ti­ons­ideo­lo­gen äußerst gering. Sie füh­len sich hier als Gäs­te und pfei­fen offen­bar auf die Mit­glied­schaft in einer natio­na­len Weg­werf­ge­sell­schaft, die sie ja ohne­hin in “sozia­ler” Bezie­hung bereits gleich behan­delt und deren Reprä­sen­tan­ten sie bei jeder Gele­gen­heit als “Mit­bür­ger” titulieren.

Da die Grün­de, die für ein Aus­län­der­wahl­recht gel­tend gemacht wer­den, eben­so unschlüs­sig sind wie das Para­dox des “aus­län­di­schen Mit­bür­gers”, lohnt es sich nicht, sich damit aus­ein­an­der­zu­set­zen. Man soll­te sich lie­ber fra­gen, wel­che wirk­li­chen Moti­ve sich hin­ter den vor­ge­scho­be­nen Begrün­dun­gen ver­ste­cken. Und da stellt sich her­aus, daß sich vor allem die Par­tei­en für die­ses Ziel ein­set­zen, die sich nach den vor­lie­gen­den Umfra­gen über die poli­ti­sche Ori­en­tie­rung der Aus­län­der Gewinn an Wäh­ler­stim­men und Mit­glie­dern erhof­fen, also die “aus­län­der­freund­li­chen” Linksparteien.

Ver­mut­lich wür­den aber die Blü­ten­träu­me der Lin­ken im End­ef­fekt gar nicht rei­fen, denn bereits heu­te ver­lan­gen die meis­ten Aus­län­der nicht nur eige­ne Kan­di­da­ten in deut­schen Par­tei­en (87% der Tür­ken), son­dern spe­zi­el­le Aus­län­der­par­tei­en (59% der Türken).

Man braucht sich nur die Mehr­heits­ver­hält­nis­se und die Aus­län­der­an­tei­le in den Groß­städ­ten anzu­se­hen, um sich vor­stel­len zu kön­nen, was das für die ‚poli­ti­sche Kul­tur‘ der BRD bedeu­ten wür­de. Es ist durch­aus wahr­schein­lich, daß sich – wenigs­tens in Städ­ten oder Bezir­ken, wo eine bestimm­te Natio­na­li­tät domi­niert – auch ideo­lo­gisch unver­ein­ba­re Rich­tun­gen zu einer anti­deut­schen Inter­es­sen­al­li­anz zusam­men­schlie­ßen würden.

Als “über­le­bens­wich­ti­ge” Koali­ti­ons­part­ner könn­ten sol­che Aus­län­der­par­tei­en im Bünd­nis mit Roten und Grü­nen prak­tisch alles durch­set­zen, was heu­te von inlän­der­feind­li­chen Aus­län­der­blät­tern wie “Die Brü­cke” (Saar­brü­cken) gefor­dert wird. In man­chen Bezir­ken, wo sie die Mehr­heit der Wäh­ler stel­len, hät­ten die Aus­län­der freie Hand. Hier wür­den sie schon bald über die Deut­schen herr­schen und die Stadt­kul­tur nach ihrem Belie­ben verändern.

Nach allen his­to­ri­schen Erfah­run­gen mit Par­tei­en­de­mo­kra­tien im mul­ti­kul­tu­rel­len und poly­eth­ni­schen Milieu wäre es blau­äu­gig anzu­neh­men, daß eine libe­ral-demo­kra­ti­sche und föde­ra­ti­ve Ver­fas­sung von der Art des Grund­ge­set­zes die Span­nun­gen aus­hal­ten wür­de, die in einem eth­nisch hete­ro­ge­nen Staat not­wen­dig entstehen.

So grund­ver­schie­de­ne Staats­recht­ler wie Carl Schmitt und Her­mann Hel­ler waren sich dar­in einig, daß eine Demo­kra­tie nur funk­tio­nie­ren kann, wenn sie jen­seits aller ideo­lo­gi­schen und sozia­len Unter­schie­de eine gewis­se Gleich­ar­tig­keit ihrer Bür­ger unter­stel­len kann. Auch die for­ma­le Gleich­heit der Demo­kra­tie setzt eine – natür­lich stets rela­ti­ve – “sub­stan­ti­el­le” Homo­ge­ni­tät vor­aus. Ist die­se Vor­aus­set­zung nicht gege­ben, eska­lie­ren harm­lo­se Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Ver­tei­lung des sozia­len Kuchens leicht zum Ras­sen­kon­flikt, der dann oft in den Bür­ger­krieg mündet.

Die “guten Men­schen”, die uns die­se Sup­pe ein­bro­cken wol­len, wären einer sol­chen Lage schwer­lich gewach­sen. Sie wür­den ver­mut­lich als ers­te von der Sze­ne ver­schwin­den. Die “poli­ti­sche Gang­art” wür­de zwei­fel­los här­ter wer­den. Mit einem Wort: wäre ich ein Links- oder Rechts­extre­mist, ich wür­de um der “poli­ti­schen Kul­tur” wil­len für das Aus­län­der­wahl­recht plädieren.

v. WALDSTEIN: Von offi­zi­el­ler Sei­te ist im Zusam­men­hang mit der Asyl- bzw. Aus­län­der­de­bat­te oft von der his­to­ri­schen Hypo­thek die Rede, die die Deut­schen durch eine per­mis­si­ve Aus­län­der­po­li­tik zu til­gen hät­ten. Was hal­ten Sie von die­sem Argument?

HEPP: Das ist kein Argu­ment, son­dern ein Erpres­sungs­ver­such. Es gibt in der Bun­des­re­pu­blik eine Intel­li­gent­sia, die schon lan­ge “ame­ri­ka­ni­sche Zustän­de” her­bei­sehnt, weil sie glaubt, eine Demo­kra­tie sei kei­ne Demo­kra­tie, solan­ge sie noch nicht bewie­sen habe, daß sie nicht nur “sozia­le” oder “kon­fes­sio­nel­le”, son­dern auch “ras­si­sche” Unter­schie­de igno­riert. Da es bis­lang in der BRD kei­ne Ras­sen­pro­ble­me gab, hat in ihren Augen die künst­li­che “Demo­kra­tie aus Ame­ri­ka” ihre Feu­er­pro­be noch nicht bestan­den. Die “wah­re Demo­kra­tie” konn­te nur im Sand­kas­ten der “poli­ti­schen Bil­dung” und in den Medi­en durch­ge­spielt wer­den. Da hat sie aller­dings schon lan­ge exis­tiert. In Fern­seh­sen­dun­gen wie “Sesam­stra­ße” wur­de das Kon­zept der mul­t­iras­si­schen Gesell­schaft medi­al schon simu­liert, als es hier noch gar nicht viru­lent war.

Und nun haben wir end­lich die Gele­gen­heit, unse­re Medi­en­träu­me in die Pra­xis umzu­set­zen! Dank der Asy­lan­ten kön­nen wir end­lich eine ech­te Demo­kra­tie à la USA rea­li­sie­ren! Die­ser rein ideo­lo­gi­sche Ehr­geiz der Mus­ter­schü­ler der Demo­kra­tie wird von den deut­schen Links­in­tel­lek­tu­el­len noch mit der For­de­rung ver­quickt, wir hät­ten der Welt zu zei­gen, daß wir “aus der Ver­gan­gen­heit gelernt” haben und gegen jeg­li­chen “Ras­sis­mus” immun sind.

Uns kann er damit nicht impo­nie­ren. Unse­re Gene­ra­ti­on, die kei­nen .luden auf dem Gewis­sen hat, soll­te die Toten ihre Toten begra­ben las­sen und das Aus­län­der­pro­blem der Gegen­wart mit der­sel­ben Kalt­blü­tig­keit behan­deln wie die jun­gen Eng­län­der oder Fran­zo­sen. Uns kann nie­mand erpressen!

v. WALDSTEIN: Ist es nicht ein Ana­chro­nis­mus, daß west­deut­sche Poli­ti­ker auf mul­t­iras­si­sche Gesell­schafts­mo­del­le set­zen, wäh­rend über­all auf der Welt ande­re Völ­ker – gera­de auch als Gast­ar­bei­ter in frem­den Staa­ten – um die Wah­rung ihrer natio­na­len Iden­ti­tät kämpfen?

HEPP: Ich bin kein Geschichts­phi­lo­soph, weiß also nicht, was heu­te zeit­ge­mäß ist, aber sehr skur­ril erscheint mir jeden­falls das Ver­hal­ten der Grü­nen, die sich im Bun­des­tag für die Erhal­tung der eth­ni­schen Iden­ti­tät der Tibe­ter, Sin­tis und ande­rer Rand­völ­ker ein­set­zen, aber gleich­zei­tig alle Deut­schen als Neo­na­zis beschimp­fen, die für das deut­sche Volk nichts ande­res ver­lan­gen als “eth­ni­sche Iden­ti­tät”. Die Grü­nen geben sich völ­kisch für ande­re und anti­völ­kisch in eig­ner Sache: ein hüb­sches Bei­spiel für die typisch deut­sche Schi­zo­phre­nie. Auf ihre Wei­se schei­nen sie die welt­wei­te Mode des “Regio­na­lis­mus” und des “Dudel­sack­auf­stan­des” mit­zu­ma­chen. Bei nähe­rer Betrach­tung zeigt sich frei­lich, daß sie an “eth­ni­schen Min­der­hei­ten” nur inso­fern inter­es­siert sind, als sich mit ihrer Hil­fe sta­bi­le poli­ti­sche Ord­nun­gen auf­lö­sen lassen.

Poli­tisch betrach­tet sind die meis­ten “Gras­wur­zel­be­we­gun­gen” tat­säch­lich nur Sym­pto­me des Zer­falls von Natio­nal­staa­ten. Die wenigs­ten sind poli­tisch rechts ein­zu­ord­nen. Wenn man von ein paar Roman­ti­kern absieht, ist das Prin­zip der “eth­ni­schen Iden­ti­tät” von der Rech­ten auch sel­ten als Selbst­zweck ver­tre­ten worden.

Ich darf im übri­gen dar­an erin­nern, daß das Prin­zip der Selbst­be­stim­mung für alle natio­na­len Mino­ri­tä­ten eigent­lich eine Erfin­dung der Ver­sailler “Frie­dens­ord­nung” war, und ich habe erheb­li­che Zwei­fel, ob sich die­ses “Prin­zip” in Euro­pa wirk­lich poli­tisch bewährt hat. Jeden­falls haben die gro­ßen Deut­schen immer höhe­re Ambi­tio­nen gehabt als die blo­ße Bewah­rung der kul­tu­rel­len und eth­ni­schen Iden­ti­tät. Die ver­stand sich eher von selbst. Nach mei­ner Über­zeu­gung kann es sich in der BRD ohne­hin nicht um “Bewah­rung” han­deln. Wenn ich mir die­se “deut­sche Kul­tur” von heu­te anse­he, dann gibt es für mich da eigent­lich sehr wenig, was ich erhal­ten und gegen Über­frem­dung ver­tei­digt wis­sen möchte.

Was nicht ist, kann nicht erhal­ten wer­den. Und was man nicht hat, kann man auch nicht ver­lie­ren. Nicht ob wir die (an sich schon recht befrem­den­de!) Nach­kriegs­zi­vi­li­sa­ti­on, die­sen End­zu­stand einer Kul­tur, gegen einen fri­schen Wind von außen hal­ten kön­nen, ist des­halb für mich die Fra­ge, son­dern ob wir über­haupt noch den Wil­len haben, wie­der etwas aus uns zu machen.

Was mich an der soge­nann­ten Aus­län­der­po­li­tik der BRD vor allem stört, ist ihre unpo­li­ti­sche Ten­denz. Man will weder die natio­na­le Eigen­stän­dig­keit behaup­ten, noch wagt man den impe­ria­len Aus­griff auf eine neue Ord­nung Euro­pas, eine gro­ße poli­ti­sche Form. Statt­des­sen träumt man sich in Mensch­heits- und Mensch­lich­keits­phan­ta­sien hin­ein, eine zutiefst unpo­li­ti­sche Hal­tung. Die­se “Poli­tik” ist eigent­lich das Gegen­teil von Poli­tik. Sie hat das Aus­län­der­pro­blem auf sei­nen sozia­len Boden­satz reduziert.

Wenn Sie die ein­schlä­gi­gen Unter­su­chun­gen mei­ner Kol­le­gen lesen, stel­len Sie fest, daß die deut­schen Sozio­lo­gen sich haupt­säch­lich dafür inter­es­sie­ren, ob und inwie­fern sich die Bade­zim­mer­aus­stat­tung eines Aus­län­ders noch von der eines Deut­schen unter­schei­det, wel­che see­li­schen Weh­weh­chen Aus­län­der durch­zu­ste­hen haben, wenn sie in der Stra­ßen­bahn einem “Aus­län­der­feind” begeg­nen, und was der­glei­chen Mätz­chen mehr sind. Da fehlt jede poli­ti­sche Dimension.

Auch die “Poli­ti­ker” betrach­ten das Pro­blem aus der Per­spek­ti­ve von Sozi­al­ar­bei­tern. Ins­ge­samt hat man den Ein­druck, die Bun­des­re­pu­bli­ka­ner sei­en zu schlapp, um das Frem­de mit der freund­li­chen Ent­schie­den­heit eines selbst­be­wuß­ten Vol­kes zurück­zu­wei­sen, aber gleich­zei­tig auch zu schwach, um es zu assi­mi­lie­ren. Sie schei­nen sich als das ohn­mäch­ti­ge Objekt eines Schick­sals zu füh­len, dem man sich eben zu beu­gen und anzu­pas­sen hat. Pein­lich ist nur, daß sie ihre Anpas­sungs­kämp­fe auch noch als Poli­tik bezeich­nen müssen.

v. WALDSTEIN: Vom Estab­lish­ment wird die Wan­de­rungs- und lnte­gra­ti­ons­po­li­tik ger­ne als “Poli­tik ohne Alter­na­ti­ve” dar­ge­stellt. Wel­che Alter­na­ti­ve schla­gen Sie vor?

HEPP: Die bevöl­ke­rungs­po­li­ti­sche Alter­na­ti­ve zur Wan­de­rungs­po­li­tik der Bun­des­re­gie­rung wäre – bereits gesagt – eine pro­na­ta­lis­ti­sche Bevöl­ke­rungs­po­li­tik, die sich aber nicht auf Fami­li­en­po­li­tik oder Steu­er­po­li­tik mit die­sen oder jenen klei­nen Zuge­ständ­nis­sen an kin­der­rei­che Fami­li­en­be­schrän­ken dürf­te, son­dern vor allem die Wert­ord­nung und die Men­ta­li­tät der Deut­schen ver­än­dern müßte.

Wenn wirk­lich etwas erreicht wer­den soll, käme man nicht dar­an vor­bei, eini­ge der “sozia­len Errun­gen­schaf­ten” in Fra­ge zu stel­len, die für den Gebur­ten­rück­gang in ers­ter Linie ver­ant­wort­lich sind. Indi­rek­te Ein­grif­fe in die “Frei­heits­sphä­re”, in das sakro­sank­te Schlaf­zim­mer des deut­schen Spie­ßers, wären nicht zu ver­mei­den. Sie sind bei der lau­fen­den Ent­wick­lung nicht weni­ger legi­tim als die mas­si­ve Inter­ven­ti­on des Staa­tes in Sachen Umwelt, Gesund­heit und Sicherheit.

Das gene­ra­ti­ve Ver­hal­ten ist eben heu­te kei­ne rein pri­va­te Ange­le­gen­heit mehr, in die sich der Staat nicht ein­mi­schen darf, denn die Zei­ten sind vor­bei, da die Bevöl­ke­rung sich von selbst repro­du­zier­te. Solan­ge der ein­zel­ne Bür­ger noch ein pri­va­tes Inter­es­se an Kin­dern qua Arbeits­kräf­ten oder Garan­ten sei­ner Alters­ver­sor­gung hat­te, und solan­ge es die per­fek­ten Metho­den der Gebur­ten­kon­trol­le noch nicht gab, brauch­te sich der Staat um den Bestand des Staats­vol­kes kei­ne Sor­gen zu machen. Er konn­te die Repro­duk­ti­on dem “frei­en Spiel der Kräf­te” über­las­sen, weil die­ses Spiel in Wirk­lich­keit gar nicht frei war.

Heu­te ist es frei, und – sie­he da – es kommt prompt zu einem Ziel­kon­flikt zwi­schen “Staat” und “Gesell­schaft”. Das ver­ständ­li­che Stre­ben der Bevöl­ke­rungs­mehr­heit nach Ent­las­tung von einer Kin­der­auf­zucht, deren Kos­ten pri­va­ti­siert wer­den und deren Nut­zen sozia­li­siert wird, kol­li­diert mit dem Staats­ziel der Erhal­tung des not­wen­di­gen Bevölkerungsbestandes.

Wenn der Staat unter sol­chen Umstän­den das “Gesamt­in­ter­es­se” wah­ren will, muß er ent­we­der die Kin­der­auf­zucht in eige­ne Regie über­neh­men oder ihre Rah­men­be­din­gun­gen so gestal­ten, daß es auch für das nüch­tern kal­ku­lie­ren­de Indi­vi­du­um wie­der vor­teil­haft ist, Kin­der in die Welt zu setzen.

Über das Instru­men­ta­ri­um, das dem moder­nen Staat für sol­che Zwe­cke zur Ver­fü­gung steht, brau­che ich mich nicht aus­zu­las­sen. An Vor­schlä­gen ist kein Man­gel. lm Prin­zip ist auch alles höchst ein­fach: Man braucht nur das erwünsch­te Ver­hal­ten posi­tiv und das uner­wünsch­te nega­tiv zu sank­tio­nie­ren, just wie in Sachen Umwelt­schutz auch.

In der Pra­xis einer Par­tei­en­de­mo­kra­tie ist eine sol­che Poli­tik frei­lich nur durch­zu­set­zen, wenn in der Bevöl­ke­rung noch ein Sinn für über­in­di­vi­du­el­le Ver­pflich­tun­gen und eine Bereit­schaft zu Opfern für die ‚Gemein­schaft‘ vor­han­den ist. Daß man den “Gemein­geist” bei den Deut­schen auch heu­te noch mobi­li­sie­ren kann, scheint die Kam­pa­gne gegen das Wald­ster­ben bewie­sen zu haben. Wenn etwas Ver­gleich­ba­res zur Revi­ta­li­sie­rung des deut­schen Vol­kes geschä­he, wäre die Batail­le noch nicht ver­lo­ren. Einst­wei­len sieht es aller­dings so aus, als wür­de der deut­sche Wald das deut­sche Vol‘ überleben.

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Kommentare (14)

Teufel

21. Februar 2018 13:13

"Was die Angst vor den sozialen und ökonomischen Konsequenzen des deutschen Geburtenrückgangs betrifft, so ist sie alles andere als irrational."

Das halte ich fuer grandiosen Quatsch. Da ist man den Verkaeufern der Entrassung auf den Leim gegangen. Wenn die Bevoelkerung zurueckgeht, dann skaliert einfach das gesamte System runter. Und wuerde man den Deutschen lieber pauschal 1000 Euro pro Kind geben, anstatt es an die auslaendischen Invasoren zu verplempern, die ja selber nur weiter die Kassen belasten, ohne jede Aussicht auf Aenderung, dann wuerden sich die Geburtenraten schnell stabilisieren.

Johannes Poensgen

21. Februar 2018 13:57

Interessant an diesem Zeitdokument ist vor allem, mit welcher Selbstverständlichkeit der deutsche Konservative noch 1987 alle Übel der Bundesrepublik auf die Niederlage von 1945 zurückführt und dabei andere europäische Länder, England und Frankreich voran, ihres angeblich gesunden Nationalempfindens willen zum großen Vorbild erklärt.

Das Relikt

21. Februar 2018 14:29

Alterssicherung über alles! Erschütternd dass dieser Quatsch schon vor 30 Jahren bundesdeutscher Fetisch war.

Müßte ein ethisch nicht total verstrahlter Mensch bei der Wahl zwischen Überleben seines Volkes und "Alterssicherung" nicht stets Ersteres vorziehen? Haben nicht die Alten seit Urzeiten von der Jugend den süß-dämlichen Opfertod für den Fortbestand des Volkes gefordert - und kreisen nun seit X-Jahren nur um den Gedanken, wie sie die Jugend für ihren "verdienten Ruhestand" kannibalisieren können? Was sagt das überhaupt über ein Volk aus, wenn eine Generation von Vampiren mit aller Selbstverständlichkeit und ohne Schamgefühl Substanz und Zukunft einer tausendjährigen Kultur aussaugt? Das kann ich nicht Volk nennen.

Ich brauche keine Politiker, die Alterssicherung garantieren. Ich will Politiker die Jugendsicherung für mein Kind garantieren.

Die AfD distanziert sich munter von der IB. Klar, bei einer Wählerbasis aus gewendeten, alten Sozis und Cuckdemonkraten. Ich weiß, was passieren wird, wenn die AfD Machtergreifung feiert. Sie wird das Land mit qualifizierten Einwanderern fluten, zur Sicherung des wichtigsten Teils der deutschen Staatsräson, neben Israel, - Rente und Pflege der Butterberger. Die Grenzen werden dicht gemacht werden mit ausländischen Söldnern. Unsere Kinder werden mit den fremden Facharbeitern nicht konkurrieren können, mangels Bildung. Die Cuckservatives werden außer sich sein vor Freude, denn die Neuen werden ganz schnell Deutsch lernen und ein paar werden auch Violine spielen. Deutschland wird genauso verschwinden, wie es ohne AfD verschwinden würde. Irgendwann, wenn alle Vampire tot sind, kommen die Russen und demontieren die letzten Fabriken.

Und obiges gruseliges Zeitdokument zeigt mir auch noch, dass man den Sumpf schon hätte trockenlegen müssen, als ich gerade geboren war.

Thomas Martini

21. Februar 2018 16:02

Unglaublich, dass dieses Interview mit Robert Hepp schon 30 Jahre zurückliegt. Vielen Dank für die Veröffentlichung.

>>Dank der Asylanten können wir endlich eine echte Demokratie à la USA realisieren!<<

Hurra. Darauf am besten ein Big-Mac-Menü mit Cola und Ketchup zu den Pommes.

Nach einer solchen Lektüre fällt es nicht leicht, die Resignation abzuschütteln. Andererseits wächst die Ehrfurcht vor einem Mann wie Thor von Waldstein. Sein Buch "Die entfesselte Freiheit" lese ich zur Zeit parallel, und entdeckte heute früh während der Arbeitspause eine Stelle, wo er Robert Hepp zitiert.

Es ist so kinderleicht, dass BRD-System zu begreifen, wenn man seinen eigenen Verstand gebraucht. Es wird hier niemanden verwundern, dass Robert Hepp auf gesellschaftliche Anerkennung in der BRD verzichten muss.

Vor einigen Tagen hielt ich in meinem Tagebuch fest:

"An diesem entscheidenden Punkt kommt keiner vorbei: Wer in der BRD mitregieren will, muss bereit sein, Deutschland und die Deutschen zu verraten."

Dazu war Robert Hepp nie bereit, und das machte ihn zu einem "Rechtsextremisten". Dies wurde dem 1938 geborenen Hepp zum Beispiel von Iring Fetscher bescheinigt. Ein deutscher Politikwissenschaftler, der vor dem Krieg freiwillig in die NSDAP eintrat, nur um kurz danach so schnell wie möglich die Seiten zu wechseln, als er 1946 in die SPD [sic!] eintrat. Seine anfängliche Begeisterung für den Nationalsozialismus konnte er nach eigenem Bekunden später nur noch schwer nachvollziehen. Ausgezahlt hat es sich für den Marx-Forscher. Seine späteren Ehrungen lassen erahnen, was es braucht, um in der BRD auf dem Feld der Politik erfolgreich zu sein, u.a. erhielt er 1993 das Bundesverdienstkreuz I. Klasse.

Das war nur sechs Jahre nach diesem denkwürdigen Interview. In jener Zeit habe ich mich als ideologisch manipulierter Knabe für Michael Jacksons "Black or White" begeistert. Lieder wie "Neue Brücken", aus der Feder der Popgruppe "PUR", haben mich zutiefst bewegt.

https://www.youtube.com/watch?v=ByqHvmBA9BE

Wenn ich mir das heute anhöre, erkenne ich darin nur gefühlsduselige Propaganda für Globalismus und Umvolkung, den verlogenen Schuldkult, sowie den erbarmungslosen Kampf gegen Rechts ( = Kampf gegen das deutsche Volk).

heinrichbrueck

21. Februar 2018 16:03

Parteien und Wahlen werden abgeschafft. Danach kommt ein anderes Kultur- und Wirtschaftsmodell. Eine eigene Politik kann wieder gedacht und gemacht werden. - Die einzige Chance eines Überlebensmodells.
Alles andere, demokratische Wichtigtuerei (Ich darf wählen!), Selbsttäuschung (Meine Wahlstimme, abgegeben, macht Politik!), Menschenrechte und deren Selbstüberschätzung (aus welthistorischer Perspektive, der Dreck unter einem Fingernagel), Geldsystem (wenn Papier eingezahlt wird, kann Papier ausbezahlt werden; anstatt in Waren zu denken), wird zu einer historischen Epoche. - Ein deutsches Prinzip, ein Überlebenswille - konträr zur Welt, die eigene Entscheidungskraft nicht mehr zur Disposition steht.
Stattdessen steht die Menschheitsverbrüderung auf dem Programm. Eine starke Realität wird diese Verbrüderung überleben, eine schwache zerschellt an ihren Voraussetzungen.

Der Gehenkte

21. Februar 2018 17:41

30 Jahre ist dieses Gespräch her - bevor hier irgend jemand an einem herausgegriffenen Satz herumningelt, der sich nun nicht als realistisch erwiesen hat, sollte man doch mit Bewunderung die Durchdringungskraft dieses Mannes bemerken, der hier Dinge angesprochen hat, die selbst heute der Mehrzahl unserer Mitmenschen noch unsichtbar sind. Beeindruckend!

Im Übrigen, @ Teufel, sind in gesellschaftsanalytischen Kontexten Sätze mit dem Adjektiv"einfach" von vornherein blamiert. Ihre "einfache" These ist auch historisch nicht belegt. Aber es ist natürlich wohlfeil, einem wirklichen Vorausdenker "Fehler" nachzuweisen und "einfache" Lösungen anzubieten. Bekanntlich ist schon der Kommunismus als "das Einfache, das schwer zu machen ist", beschrieben worden.

Fredy

21. Februar 2018 19:57

Sehr weitsichtig, als die BRD aus heutiger Sicht fast noch ein Paradies war

Franz Bettinger

21. Februar 2018 20:36

@Poensgen:
Ich stimme Ihnen zu. Ich fragte mich schon immer, was Frankreich und England dazu getrieben haben mochte, diese Unmengen von Afrikanern ins Land zu lassen und es dadurch sehenden Auges vor die Hunde gehen zu lassen, siehe Liverpool oder Marseilles. Moralische Verpflichtungen ihren ehemaligen Kolonien gegenüber? Das kann ich nicht glauben. Also was? War deep state sonst wo (unmerklich) schon viel früher erfolgreich? Und jetzt erst in der brd?

@Relikt:
Volle Zustimmung! Dieser Fetisch der Alterssicherung! Diesen immer wieder durch die Medien gepeitschten (und von immer dümmer Verbildeten gierig eingesauten und regurgitierten) "Quatsch" haben Sie trefflich in Worte gegossen. Was die Substanz der AfD angeht, hoffe ich, dass Sie sich irren. Ich jedenfalls sehe zwischen den neuen Bundestags-Abgeordneten der AfD und dem Sauhaufen der anderen - anders kann man diesen Hühnerhof nicht bezeichnen - einen himmelweiten Unterschied und hoffe, dass sich viele Bürger die AfD-Reden auf youtube ansehen.

Lotta Vorbeck

21. Februar 2018 20:41

Und 30 Jahre später steht die Merkel-BRD exakt wieder an derselben Stelle, an der der moralisch total bankrotte Kohl-Staat stand, mit dem einen Unterschied freilich, daß es dem sozialistischen Wolkenkuckucksheim der BRD-Weltverbesserer nun auch noch an der zur Fortexistenz notwendigen, demographischen Basis fehlt.

kakalu

21. Februar 2018 21:07

@Teufel

„Angst… vor Konsequenzen“ ist "grandioser Quatsch"?!

Das Problem der Schrumpfung des deutschen Volkes als ein Skalierungsproblem aufzufassen, als eine lediglich qua Dreisatzrechnung zu behandelnde Problematik, erscheint mir abwegig. Es gibt viele Dinge (Infrastrukturen, kollektive Fähigkeiten, Optionsreichtum), die man nicht einfach „runterskalieren“ kann – selbst dann nicht, wenn Deutschland ein abgeschlossenes Gebilde ohne Einflüsse von außen wäre.

Aber Deutschland, oder das deutsche Volk, sind ja zweifelsfrei umgeben von anderen Staaten, Völkern und womöglich Invasoren, die nicht ohne weiteres vorhaben, unterzugehen, die teilweise eher ganz anderes im Schilde führen könnten. Da spielt es schon eine Rolle, ob man schrumpft oder wächst, ob man als ernstzunehmende Größe auftreten kann oder nicht. Durch bedenkenlose „Runterskalierung“ wird man vielleicht Gelächter ernten, aber keinen Respekt und keinen Schutz finden.

kakalu

Cacatum non est pictum

21. Februar 2018 21:57

Ein großer Wurf, dieses Interview. Danke für die Veröffentlichung.

Im Prinzip hat Hepp 22 Jahre vor Sarrazin schon alles Nötige zum Thema gesagt. Daß Sarrazins Werk im Vergleich zu dem seines Vorgängers so stark rezipiert wurde, illustriert den Mentalitätswandel der Deutschen recht gut, der seitdem stattgefunden hat: Die Frage der ethnischen Identität und der Überfremdung stellt sich angesichts der Wirklichkeit auf unseren Straßen heute offenbar viel deutlicher als noch kurz vor der Maueröffnung.

Mich hat die Zielgenauigkeit vieler Prognosen beeindruckt, die im Interview abgegeben wurden. Ich werde wohl nicht der einzige gewesen sein, der beim Lesen immer wieder zustimmend mit dem Kopf genickt hat, weil Hepps Worte Assoziationen aus der Gegenwart hervorgerufen haben. Außerdem scheint er ein Meister der pointierten Formulierung zu sein - aus seinen Äußerungen ließe sich ein ganzes Bündel gelungener Aphorismen schnüren.

@Teufel

"Das halte ich fuer grandiosen Quatsch. Da ist man den Verkaeufern der Entrassung auf den Leim gegangen. Wenn die Bevoelkerung zurueckgeht, dann skaliert einfach das gesamte System runter."

Ganz so einfach ist es in der Praxis nicht. Erstens kippt die Rentenkasse, wenn nicht mehr genügend Einzahler vorhanden sind (Herr Poensgen hat das vor kurzem in einem separaten Artikel dargestellt). Dieser Aspekt ist allerdings wohl nachrangig zu behandeln, denn heute läßt man die Sozialsysteme im Zuge der voranschreitenden Masseneinwanderung ja auch sehenden Auges vor die Wand fahren - außerdem wäre es kein Ding der Unmöglichkeit (und inzwischen sogar ein absolutes Muß), das Rentensystem zu reformieren.

Entscheidender ist meines Erachtens aber der Eckpfeiler namens Wirtschaftswachstum: In einer schrumpfenden Volkswirtschaft wird weniger konsumiert, ergo ist kein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mehr möglich. Darauf ist jedoch u.a. unser (Schuld-)Geldsystem angewiesen, das - es funktioniert nun mal nach den Regeln eines Ponzi-Spiels - andernfalls zusammenbrechen würde. Hier kommen also handfeste ökonomische Gründe ins Spiel, die man beim Thema Masseneinwanderung nicht außer acht lassen sollte.

@Thomas Martini

"Wenn ich mir das heute anhöre, erkenne ich darin nur gefühlsduselige Propaganda für Globalismus und Umvolkung, den verlogenen Schuldkult, sowie den erbarmungslosen Kampf gegen Rechts ( = Kampf gegen das deutsche Volk)."

"Black or White" fand ich damals als junger Gymnasiast auch toll. Und als ich es die Tage wieder im Radio hörte, habe ich das gleiche gedacht wie Sie: Es ist reine Lobhudelei auf Weltstaat, Völkervermischung und Ortlosigkeit; eine popmusisch inszenierte Ode an die Baumeister der Neuen Weltordnung. Gruselig.

hagustaldaz

22. Februar 2018 13:41

Dem Dank für die Wiederveröffentlichung des Interviews, dessen Bekanntheitsgrad damit wesentlich erhöht wird, schließe ich mich an. Wer auch noch die ungekürzte Originalveröffentlichung genießen möchte, kann das hier: thule-seminar.org/downloads/ELEMENTE3.pdf (ab Seite 18).

Stil-Bluete

22. Februar 2018 19:23

Dass der Schwund eines Volkes nicht auch mal positiv durchgespielt wird, bedauerlich. Nie war die Bevölkerung Deutschlands pro qkm größer als heute. Die Folge Stau, Stau, Stau, wo auch immer, im Verkehr, im Wartezimmer, in den Schulen, Kindergärten, praktisch in allen sozialen Einrichtungen. Umweltverschmutzung. Versiegelung der Böden. Hohe Staatskosten.

Gibt es ein Gesundschrumpfen?

Vor Jahren las ich ich einem wissenschaftlichen Beitrag, der dieses soziale Phänomen des Geburtenrückgangs wie ein biologisches Phänomen abgehandelt hat. Quintessenz: eine gesunde Reaktion, Reduktion auf eine aus den Fugen geratenes Wachstum, das aber leider durch den Zuzug, wie auch immer man das nennen mag, verfälscht wurde.
Dass eine Gesellschaft älter wird, ist doch nicht von Nachteil. Das ist doch angestrebt worden. Eigentlich eine schöne Aufgabe, oder nicht?
(Kann sich noch jemand an die Zeit erinnern, als Ingenieure, Experten, Fachkräfte mit hohen Abfindungen aus den Unternehmen vor dem Rentenalter entlassen wurden? Damals galt es, diese Kräfte zu Gunsten der Jüngeren auszuschalten. Heute gilt es, die Kräfte der Älteren wieder einzubinden.)
Die Rolle der Großeltern fällt mir ein, der weisen Frauen, der erfahrenen männlichen Fachkraft in Handwerk, Technik,, Ingenieurwesen. Für die sog. Geisteswissenschaftler und für die Künstler, die ja ohnehin einen Bonus haben, gilt das ja schon so lange wie möglich. Persönlichkeiten (positiv wie negativ besetzt) wie Kissinger, Soros, Heidegger, Jünger, Heesters, The Queen... fallen einem ein. Warum nun nicht in Deutschland im öffentlichen/politischen Raum, in Führungspositionen?

Der Generationenwechsel auf der Königsebene verlief zumeist blutig. (Shakespeare, griech. Tragödie).

Ein besserer Weg? Weniger Quoten zwischen Mann und Frau, mehr zwischen Alt und Jung?

Der Gehenkte

22. Februar 2018 21:50

@ Stil-Bluete

"Dass der Schwund eines Volkes nicht auch mal positiv durchgespielt wird, bedauerlich."

Natürlich ist das theoretisch durchgespielt worden. Etwa von Wolfgang Harich in "Kommunismus ohne Wachstum" und viel detaillierter von Rudolf Bahro in "Logik der Rettung" und nachfolgenden Arbeiten, theoretischen und praktischen.

https://sozialoekologie.jimdo.com/institut/rudolf-bahro/

https://seidwalkwordpresscom.wordpress.com/2017/12/05/logik-der-rettung/

https://de.wikipedia.org/wiki/Rittergut_Pommritz#%E2%80%9ELebensGut_Pommritz%E2%80%9C

Bahro war Gründungsmitglied der Grünen, wurde von den Realos aber schnell isoliert und wand sich bald ab. Einen zweiten zaghaften Versuch unternahm er kurz nach der Wende in der SED-PDS mit einer legendären Parteitagsrede, die vollkommen am Verständnis der Genossen vorbei ging.

Beide Autoren setzen, als Marxisten - Bahro wurde später radikaler Synkretist - am einzig möglichen Hebel an, den materiellen Bedingungen. Wer glaubt, über Geburtenkontrolle, finanzielle Unterstützungen oder Beschneidungen und ähnlichen Pflastern etwas Grundlegendes ändern zu können, ist naiv. Kurzfristige Korrekturen mögen damit möglich sein, aber ohne Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen, bleibt es Illusion. Politik ist hier ohnmächtig, nur Bewußtseinspolitik kann noch helfen (wenn das verstanden würde, dann hörten vll auch die nervigen Intelligenzfeindlichkeiten auf, die hier immer wieder hochkochen).

Marxistisch gesehen erklärt sich Bevölkerungswachstum nicht durch Geburtenzahl oder Einwanderung, sondern durch Arbeitsproduktivität und die (heute globale) Verteilungsungleichheit. Diese führt dann zu den genannten Phänomenen. D ist auch nicht an sich überbevölkert - problematisch ist der Grundverbrauch des je Einzelnen ... Wir könnten weniger werden, bei gleichem Grundverbrauch oder sogar wachsen, bei deutlich niedrigerem.

Bahro geht bei seiner tektonischen Bohrung sogar weit über diese Sphäre hinaus und will letztlich bei der letzten oder tiefsten Kategorie ansetzen: der Conditio Humana. Das hat sich realpolitisch als unrealistisch erwiesen - solange es das bleibt wird man sich diesen objektiven Prozessen - wozu auch die Migration zählt - unterordnen müssen.

Sein konkreter Vorschlag lag in der Regionalisierung und Tribaliserung der Gesellschaft, die sich in vielen kleinen Kommunen neu zu strukturieren hätte. Damit wäre eine massive materielle Abrüstung und eine spirituelle, künstlerische, spielerische, erotische Aufrüstung verbunden. Ohne "politischen" Eingriff wäre nebenbei auch der Konsum-Magnet abgeschaltet, der durch die Macht der globalisierten Bilderflut jeden Tag die Botschaft des "Komm!" um den Globus sendet.

Grenzen können nur ein Moratorium schaffen, aber sie werden - wie jeder Damm - irgendwann brüchig oder überspült ... es kam nur noch nicht die richtige Welle.

Übrigens war schon Malthus davon ausgegangen, daß eine Überbevölkerung zur Subsistenzwirtschaft führen müsse, weil die Leute schlicht und einfach verhungerten. Man kann die stalinsche "Agrarpolitik" der 30er Jahre ebenfalls als Bevölkerungspolitik begreifen, der Mao zeitweise folgte ...

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