Ein Buch wie ein ordentlich durchwachsenes Steak! Mit diesem Urteil wäre zunächst die eine Tonart eingeführt, in der Vahlefelds Verkaufserfolg gehalten ist. Der Autor (Jahrgang 1966), polyglotter Weinkenner, Selfmademan und unter anderem »Achse-des-Guten«-Schreiber, hat von einer Publikation in einem »ordentlichen« Verlag abgesehen. Der hätte ihm wohl einige Flapsigkeit, die Uneinheitlichkeit des Stils und Tons (von keck bis ernsthaft hochgelehrt) und allerlei schiefe Sprachbilder (»hinterm Protestofen hervorholen«) nicht durchgehen lassen. Allein die hier schwerbeliebte Wendung »egal, wie« wäre mit Sicherheit einige Male getilgt worden, »Sog- und Saugwirkung« wären als redundant angestrichen worden, »Frau Dr. Merkel« wäre für unnötig befunden worden, zumal wenn »Merkel« bereits seitenlang eingeführt wurde.
Solche eher halbgeschickte Polemik und mancher Herrenwitz wären kaum nötig, um uns »hinterm Leseofen hervorzuholen«: Denn Vahlefeld ist nicht nur ein Denker, der seinen Lesern in sechs Kapiteln die politische Gemengelage (von der deutschen Sehnsucht, geführt zu werden, über den »Nazikompensationskomplex« bis zum psychopathologischen Verhalten in der als »Flüchtlingskrise« verbrämten Migrationsära) bestens sortiert auffädelt. Er schürft weit tiefer! Über mindestens zwei Punkte lohnte ein Nachdenken: Zum einen sieht er »Das linke Denken« (Kapitel III) bereits im mittelalterlichen Universalismusstreit wurzeln. Der Nominalismus habe letztlich zur modernen Redeweise von der »strukturellen Gewalt« (Johan Galtung, 1969) geführt. Vahlefeld: «Nun sind es die Rechten, die sich anschicken, die Linken mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Das etwas infantil wirkende Ätschi-bätschder Linken, dass es keine Wahrheiten und keine universalen Werte gäbe, dass jede Behauptung in ihrem kulturellen Kontext zu betrachten und jeder Wert ein sozial konstruierter sei, wenden die Rechten nun gegen die linken Werte an. Wenn alle Wahrheiten nur subjektiv sind, wenn selbst das Geschlecht zum sozialen Konstrukt mutiert, dann kann man diese Gesetzmäßigkeit auch auf die linken Wahrheiten anwenden. […] Du wirfst mir vor, Tatsachen zu leugnen? Hast du nicht behauptet, die gäbe es gar nicht? Nun, wenn alles nur konstruiert ist, dann konstruiere ich mir jetzt eben mal mein eigenes Klima, meine eigene Sprache, meine eigene Wahrheit. Das Postfaktische galt dem linken Zeitgeist lange als bahnbrechende Erfindung: Nichts ist wahr und alles ist möglich. Dieser Grundsatz progressiven Denkens reißt den linken Zeitgeist gerade in den Strudel, den er selbst geschaffen hat.« Zweitens stuft der Autor (Kapitel VI, »Eurabien«) Angela Merkel als »Großraumdenkerin« in sinistrer Nachfolge eines Carl Schmitt ein. Es sind nicht die schlechtesten Argumente, mit denen er belegt, warum die Kanzlerin mit ihrem »entgrenzten Denken« einen Herrschaftsbogen schlagen will, der den arabischen Raum umfaßt. »Entgrenzung ist am Ende die Selbstermächtigung einer globalistisch denkenden Elite, die es geschafft hat, das Pochen auf die Einhaltung bestehender Regeln bereits als Angriff auf die richtige Gesinnung umzudeuten.«
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Markus Vahlefelds Mal eben kurz die Welt retten kann man hier bestellen.