1. Meine Thesen zum Islam (i. f.: W) verstehen sich als eine prononciert politische Analyse der Ursachen, Hintergründe und möglichen Folgen der islamischen Masseneinwanderung nach Europa, insbesondere Deutschland. Die Thesen versuchen, in zugespitzter Form den irreführenden Worthülsen in diesem Lande („Kampf gegen den Terror“, „Multikultur“, „Toleranz“, „Integration“ etc.) die wesentlichen Fakten entgegenzuhalten und historische Zusammenhänge in Erinnerung zu rufen, die in der öffentlichen Debatte regelmäßig unter den Tisch fallen.
Die Thesen erheben keinen religionswissenschaftlichen Anspruch; ebenso wenig können und wollen sie schon aufgrund ihres knappen Umfangs einen kulturkritischen Vergleich europäischer und orientalischer Lebens- und Wirtschaftsformen oder eine vertiefende Darstellung des Nahostkonflikts darbieten.
Schon von daher sehe ich keine Veranlassung, auf jeden Einzelpunkt der umfassenden Antithesen von Siegfried Gerlich (i.f.: G) in extenso einzugehen.
2. Die antithetische Stellung von G zu W besteht nur zum Teil (siehe i.e. unten Ziff. 3 ff.). Gerlichs Kapitalismuskritik im Lichte der Gedanken Max Webers und Reinhold Oberlerchers (G 1.4) wird von mir ebenso geteilt wie die Darstellung „der zu einer erpressbaren Schuldkultur herabgesunkenen Leitkultur Europas“ (G 3.2).
Nichts anderes gilt für die zutreffende Schilderung der wachsenden Konflikte zwischen Muslimen und Juden in Deutschland (G 4.9) sowie die sich stetig verschärfende Sicherheitslage deutscher Frauen in den Innenstädten (G 6.3).
Soweit Gerlich auf die deutschen Amtskirchen Bezug nimmt, bin ich mit ihm betreffend die protestantische Kirche (G 7.3) vollständig einer Meinung (W 11); hinsichtlich der katholischen Kirche (G 7.2) bleibe ich skeptisch (W 11 + 15), ob ein ohne Frage wünschenswertes Renouveau des römisch-katholischen Geistes realistischerweise noch zu erwarten steht.
3. Was ich bei Gerlich vermisse, ist die Benennung des Hauptfeindes, also desjenigen, der dafür die Verantwortung trägt, „daß die Islamisierung in einer kulturell erschütterten und nihilistisch erschöpften Gesellschaft neue einfache Gewissheiten verbreiten könnte“ (Rolf Peter Sieferle, Das Migrationsproblem, Waltrop/Berlin 2017, S.134).
Und diesen fruchtbaren Boden für die Islamisierung haben nicht die Moslems geschaffen, sondern das von den US-Amerikanern vor knapp 73 Jahren installierte und über mehr als zwei Generationen in (West-) Deutschland in seiner Perfidie kontinuierlich ausziselierte Politsystem des Liberalismus.
Nicht die nomadische Lebensweise des „Kameltreibers Mohammed“ (G 3.2) oder die „kulturelle Misere des Islam“ (G 1.1), sondern das anything goes des Westens hat bewirkt,
- daß die Deutschen keine Kinder mehr in die Welt setzen,
- daß die Deutschen ihre Großväter als Verbrecher anzusehen sich anmaßen,
- daß der Stolz auf das Eigene und die Achtung vor dem Erbe der Vorfahren zerstört sind,
- daß die Deutschen sich immer noch von einer verfassungsbrecherischen classe politique regieren lassen, die sie unter Begleitung medialer Rattenfängermelodien dem großen Austausch entgegenführt,
- daß die Deutschen sich von ihrem höchsten Gericht oktroyieren lassen, ein Volk habe es nie gegeben, wer für dessen Erhalt eintrete, sei „Nazi“,
- daß die Deutschen militärisch wehrlos sind,
- daß die Deutschen seit 2015 in einem Land ohne Kontrolle der Grenzen leben,
- daß nahezu alle öffentlichen Einrichtungen, von den Schulen bis zu den Universitäten, von den Kirchen bis zu den Gerichten, in einer unbeschreiblichen Art und Weise heruntergekommen und unfähig sind, ihren Aufgaben gerecht zu werden.
Und die Muslims sind auch nicht dafür verantwortlich,
- daß die Deutschen das verloren haben, was der von Gerlich ebenfalls in Bezug genommene Geschichtsphilosoph Ibn Chaldun als Asabiya bezeichnet hat: das Vermögen, welches Gemeinschaften zusammenhält und sowohl ihre Achse und ihren Lebensnerv als auch die Summe ihrer Lebensenergie darstellt und
- daß die Deutschen gar nicht mehr zu ahnen scheinen, was man mit kämpferischer Kraft, Opfersinn, Zornmut und Erbitterung des Herzens alles erreichen könnte, wenn man denn nur wollte.
Wir haben also vor allem ein hausgemachtes Immunschwächeproblem, durch das die Gefahr der Beseitigung des Eigenen durch Fremde heraufbeschworen worden ist. Oder wie Martin Lichtmesz in Fortführung von Arthur Moeller van den Bruck formuliert hat: „Die Völker gehen nicht am Islam, sondern am Liberalismus zugrunde.“
Tatsächlich besetzen die Migranten nur die Räume, die wir ohne Not freiwillig geräumt haben und weiter räumen. Eine besondere Aggressivität der Landnehmer, etwa in Gestalt einer „Radikalisierung des Islam“ (G 2.3), ist gar nicht von Nöten; die schuldstolze Ursprungsbevölkerung gefällt sich in der Rolle des Hans im Reeducationglück, der am Ende ausschließlich durch eigenes Tun oder Unterlassen alles verliert.
4. Was ich bei Gerlich weiter vermisse, ist die Berücksichtigung des außenpolitischen und militärischen Rahmens, der die Radikalisierung des Islam im 20. und 21. Jahrhundert, insbesondere im Nahen Osten, bewirkt hat (W 4).
Von den Schlachten von Tel-el-Kebir (1882) und Omdurman (1898) über das Sykes-Picot-Abkommen (1916) und die Balfour-Deklaration (1917) bis zur Bombardierung Libyens (2011) zieht sich eine Endloskette aus völkerrechtswidrigen Eingriffen des „Westens“ auf islamisches Territorium (vgl. i.e. Ernst Nolte, Die dritte radikale Widerstandsbewegung: der Islamismus, Berlin 2009, S. 86 ff.), die dort nicht nur Leben und Eigentum zerstört, sondern nicht zuletzt Haß gesät haben unter denjenigen, die der Westen als willkürliches Opfer seiner geopolitischen Interessen herabgewürdigt hat.
Das war und ist kein Huntington’scher clash of civilizations (G 3.1), sondern ein (neo-)kolonialistischer Machtmissbrauch, der Vergeltungssehnsüchte ausgelöst hat, die man nur dann nicht verstehen kann, wenn man die unendliche Blutspur des Westens im Orient nicht kennt oder nicht kennen will.
5. Was mich von Gerlich trennt, ist das seine ganze Erwiderung durchziehende Bemühen, den Islam kulturell abzuwerten. Damit begibt er sich in eine gefährliche, seinem hohen intellektuellen Niveau durchaus nicht entsprechende Nähe zu einem hohlen und politisch kontraproduktiven (W 9) Islambashing, wie es seit Jahren auf einigen rechten Netzseiten praktiziert wird.
Für eine solche Dämonisierung gibt es zunächst keine Berechtigung. Das historische und kulturelle Erbe des Islam verdient – gerade im Vergleich mit der konsumistischen Leerzivilisation der USA – Respekt und Hochachtung.
Wem es daran gebricht, der reise nach Andalusien, Persien oder Nordindien, der befasse sich mit der Geschichte der Medizin, der Bewässerungskunst und des Gartenbaus oder lese einfach in Goethes „West-östlichem Divan“. Eine solche Dämonisierung ist aber v. a., wie ich bereits 2016 in einem Streitgespräch mit Manfred Kleine-Hartlage versucht habe deutlich zu machen, zur Wiederherstellung souveräner Verhältnisse in Deutschland und Europa überhaupt nicht erforderlich.
Denn:
Der Anspruch des Eigenen, vor dem Fremden bewahrt und geschützt zu werden, ist nicht davon abhängig, ob man das Fremde als hoch- oder minderwertig einordnet. Das Fremde ist das Fremde, und nur darauf kommt es bei dem Schutz des Eigenen an.
Ob derjenige, der widerrechtlich in mein Haus eindringt und dort Raum beansprucht, gut gekleidet ist oder nicht, freundlich grüßt oder grimmig dreinblickt, well educated erscheint oder eher dümmlich daherkommt, einen IQ von 79 oder einen solchen von 131 hat, ist mir ganz gleichgültig. Er fliegt raus.
Nicht deswegen, weil er bestimmte Standards nicht erfüllt, sondern deswegen, weil es mein Haus und nicht sein Haus ist. Was zivilrechtlich zu den Befugnissen des Eigentümers zählt, nämlich das Recht, „andere von jeder Einwirkung (auf die Sache) auszuschließen“ (§ 903 BGB), gilt erstrecht auf staatsrechtlicher Ebene:
Deutschland ist unser Land, das wir von unseren Vorfahren geerbt haben. Für das Recht, daß wir Fremde von der Einwirkung auf unsere Land ausschließen, haben wir uns nicht zu rechtfertigen. Weil wir unseren Nachfahren die gemeinsame Heimat zu übergeben haben, sind wir i.ü. auch gar nicht berechtigt, die Generationenkette eigenmächtig zu zerreißen und die Nation unter fremdes Kuratel zu stellen. Und was für das Land gilt, gilt auch für das Volk.
Für dessen Fortbestand tragen wir und niemand anderes die Verantwortung. Folglich haben wir unsere ganze Kraft für die Erhaltung des eigenen Volkes einzusetzen, „und zwar nicht deshalb, weil man seine Gruppe für etwas Besseres hält, sondern weil man bei aller Hochschätzung der anderen das eigene Überlebensinteresse gewahrt sehen will und daher die eigene Verdrängung nicht begrüßen kann. Überleben heißt nun einmal genetisches Überleben.“ (Irenäus Eibl-Eibesfeldt, Der Mensch – das riskierte Wesen, München 1988, S. 186, Hervorhebung nicht im Original).
6. Der Islam gehört deshalb nicht zu Deutschland, weil er hier religiös nicht verwurzelt und kulturell für ein Menschenbild steht, das deutscher und europäischer Lebensart in vielerlei Hinsicht entgegensteht.
Wir haben daher jedes Recht, uns islamischer Herrschaftsansprüche in Deutschland und Europa mit der gebotenen Entschiedenheit entgegenzustellen: „… den Islam zu respektieren heißt, ihn ernst zu nehmen. Doch den Islam in seinem politischen Anspruch ernst zu nehmen heißt für einen guten Europäer, ihm zu widersprechen.“ (Norbert Bolz, Das Wissen der Religion, München 2008, S. 24).
Deswegen muss das andersartige islamische Lebensbild aber nicht minderwertig sein. Ganz im Gegenteil: Der Islam hat alle Berechtigung, sich gegen Forderungen zur Wehr zu setzen, er solle sich „verwestlichen“ oder eine Aufklärung nach europäischem Muster „nachholen“.
Zu Recht hat Hans-Thomas Tillschneider vor einigen Monaten (Patriotische Plattform, 1.12.2017) darauf hingewiesen, daß es patriotischen Deutschen gerade nicht darum gehen kann, einen liberalen Islam in Deutschland heranzuzüchten. Tatsächlich brauchen wir in Deutschland weder einen liberalen, noch einen orthodoxen Islam.
Wesentlich bleibt:
Es gibt keine „Integration“ des Fremden in das Eigene; „integrieren“ kann nur der multikulturelle Suppenkoch, der zusammenrührt, was nicht zusammengehört und am Ende beides, das Fremde und das Eigene, zerstört. Dieser durchliberalisierte melting pot ist der Friedhof freier Völker und historisch gewachsener Kulturen.
Die Europäer, insonderheit die Deutschen, sind gut beraten, sich in diesen Schicksalsjahren des Kontinents nicht von falschen Freunden die falschen Feinde aufbinden zu lassen; der stolze Kampf für das Eigene erfordert nicht nur Entschlossenheit, sondern v. a. politische Klugheit, die bei Deutschen so rar gesät ist, obwohl doch gerade ein Deutscher präzise definiert hat, auf was es in politicis ankommt:
Solange ein Volk in der Sphäre des Politischen existiert, muß es, wenn auch nur für den extremsten Fall – über dessen Vorliegen es aber selbst entscheidet – die Unterscheidung von Freund und Feind selber durch eigene Entscheidung und auf eigene Gefahr bestimmen. Darin liegt das Wesen seiner politischen Existenz. Hat es nicht mehr die Fähigkeit oder den Willen zu dieser Unterscheidung, so hört es auf, politisch zu existieren. Läßt es sich justizförmig oder irgendwie von einem Fremden vorschreiben, wer sein Feind ist und gegen wen es kämpfen darf oder nicht, so ist es kein politisch freies Volk mehr und einem anderen politischen System ein- oder untergeordnet. […]
Dadurch, daß ein Volk nicht mehr die Kraft oder den Willen hat, sich in der Sphäre des Politischen zu halten, verschwindet das Politische nicht aus der Welt, es verschwindet nur ein schwaches Volk.
Carl Schmitt, Der Begriff des Politischen [1927/1932], Berlin 1963, S. 50, 54.
Durendal
Das von Außen kommende Fremde kann dem Eigenen prinzipiell mindestens auf zwei Arten begegenen, nämlich als Feind oder als Gast.
Der angemessene Umgang mit dem Fremden hängt davon ab, in welche Kategorie es fällt. Um die Präsenz des Islam in Deutschland entsprechend einordnen zu können, kommt man m.E. nicht umher, sich mit dem Wesen des Islam in seinen verschiedenen Strömungen sowie den Folgen der Präsenz des Islams bzw. von Muslimen für das Gemeinwohl auseinanderzusetzen.
Das wäre die Grundlage dafür, um die nötige Freund/Feind-Unterscheidung vornehmen und dem Gemeinwohl dienende politische Entscheidungen treffen zu können.