Grob geschätzt ist es so: Von zehn Presseanfragen findet Kubitschek bei ungefähr zwei, daß sie wenigstens beantwortenswert wären. Meistens fragt er aber nach meiner Einschätzung. Ich selbst, nennen Sie es naiv, denke eher, daß jeder, der fragt, doch eine Antwort verdient hat, ausgesprochene Knallchargen ausgenommen. Summa summarum treffen wir uns (bzw. trifft Kubitschek sich) also etwa mit jedem zweiten Pressemensch, der anfragt.
Und dann ist es so: 80% dieser Leute sind ganz zugewandt. Die meisten von diesen stellen auch ganz gute Fragen. (Von dem einen öff-rechtl. Pressemenschen, den ich Götz empfohlen hatte und der dann nur so was fragte wie, “ Ohrfeigen Sie Ihre Kinder?“; „Welche Gemeinsamkeiten, welche Unterschiede sehen Sie zwischen sich und Adolf Hitler?“ hatte ich – glaub ich- schon berichtet.)
Sympathetische Lobhudeleien, wie sie zu anderen Communities zuhauf zu lesen sind, finden sich im veröffentlichten Nachgang naturgemäß sehr selten. Wer wären wir, das zu erwarten?
Es gibt also faire, mittelfaire und unfaire Berichterstattung. Es gibt journalistische Schleimer, die hinterher sich in ihrer Berichterstattung weitgehend auf die Ziegenkacke unter Kubitscheks Draußenstiefeln beschränken und andererseits solche, die im persönlichen Gegenüber eher verknöchert wirkten, aber deren Text dann doch klug war. Und viel dazwischen.
Jene öffentlich-rechtliche Dame nun war nett und klug, sie hatte ganz gute Fragen im Gepäck. Daß man zwei Stunden befragt wird und dann nur Satzfetzen vorkommen: Geschenkt – so arbeiten Journalisten.
Hier nun aber wird nicht nur beschrieben, wie in unserer Küche die Kaffeemaschine angeworfen wird. Nein, das röhrende, glucksende Kaffeemaschinengeräusch zieht sich durch den halben Beitrag. Ich suche bis heute nach der symbolischen Bedeutung, wir haben nie im Leben eine Kaffeemaschine besessen. Wir sind ja generell Maschinenvermeider. Aber: was soll’s, gibt schlimmeres.
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18. April – Ich lese zur Ergötzung ganz gern die ZEIT-Leser-Kolumne „Was mein Leben reicher macht“. Dort schreiben typische ZEIT-Menschen so nette Miniherzerwärmungen auf: Ein Araber, dessen Blick ich erst als bös empfand, trug mir meine Einkäufe ins Auto. Heute sind wir ein Paar.
Oder: Gestern war mir trübe, aber als ich das herzliche Lächeln der Frau im Auto neben mir sah, fing mein Gemüt zu tanzen an – beides rein aus dem Gedächtnis zitiert.
Was mein Leben heute reicher machte: Bei meiner allabendlichen Dauerlaufrunde überholte ich in dieser Woche, stets an unterschiedlichen Stellen, einen Typen (überholen, weil er spazierte, nicht weil ich eine solche Sportkanone bin), der sehr freundlich grüßte. Ich laufe ohne Brille und fragte mich ellentypisch: „Wer war das jetzt?“ Heute grüßte er nicht nur, sondern rief: „Frau Kositza! Wollte nur sagen, daß Ihre Arbeit großartig ist!“
Meinerseits folgte halbblindes Hirnrattern… Das muß der Sohn von Bauer X sein. Oder der neue Mann von Y? Ich halte an und smalltalke los über aktuelle Dorfgeschichten. Er sei doch der Sohn von X, oder?
Ha, nein, peinlich. Er ist einer der zahlreichen Montagearbeiter, die für ein paar Tage in der Dorfkneipe eingemietet sind. Fan unserer Arbeit. „Unter meinen Kollegen, stets wechselnd, tickt jeder so wie ich. Also, wie wir“, sagt er.
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19. April 2018 – Bekanntlich bin ich weder Feministin noch Quotenfreundin. Wenn einer klagt, es gäbe auf diesem und jenem Gebiet (von Bergbau über Glaziologie bis zum Maschinenbauwesen) „leider noch viel zu wenig Frauen“, kann ich nur schmunzeln.
Das gilt selbst für’s Eingemachte: Wann immer (und es kam reichlich vor) innerhalb unserer metapolitischen Gefilde ein Frauenmangel beklagt wurde, erröteten meine Wangen. Entweder war der Klagende naiv oder unbeweibt – meist doch beides.
Über die ewiggültige Weisheit, daß Frauen „zu den Siegern gehen“, hab ich mich schon oft & lang geäußert, so daß die Andeutung hier genügen mag.
Nun aber sind wir definitiv an einem „turn“ angelangt. Der Hörerinnenanteil an unseren Akademien steigt seit mindestens drei Jahren fortlaufend. Früher mochten es unter 50 Teilnehmern 4 oder fünf Frauen gewesen sein, mittlerweile ist es ungefähr 90:35.
Dann ist es so: Bei Antaios gehen wöchentlich zwischen acht und zwölf Manuskripte ein. (Die, meist leider, häufig abschlägig beschieden werden.) Diese Woche waren es elf. Sieben davon aus Frauenhand. Die Wende! Sieger!
Ich, die definitiv weder speziell frauenfreundlich noch umgekehrt stutenbissig ist, muß sagen: Buchvorschläge aus Frauenhand sind im Schnitt eindeutig besser. Rationaler, nüchterner, weniger sich-selbst-überhebend, nie verstrahlt, meist gutsortiert.
Dazu paßt, daß ich eben eine schülermäßig verfertigte „Kritik“ an der 18. Kaplaken-Staffel zu lesen fand. Verfaßt hat sie der Verfassungsschutz-Typ Armin Pfahl-Traughber. Mit ihm führen wir „Neurechten“ seit über zwanzig Jahren eine irgendwie einseitige Ehe.
Nun: Pfahl-Traughber begutachtet das (großartige!) Buch von Sophie Liebnitz, Tote weiße Männer lieben. Darin, gleichsam als Fazit: „Wir können sie lieben, ganz einfach, weil wir ihnen alles, was wir sind, verdanken. (…) Es sind ihre geistigen, künstlerischen, technischen und lebenspraktischen Leistungen, von denen und aus denen wir leben.“
Pfahl-Traughber mußte hier schlucken. Diese Spezies käme hier „als bewundernswerte Kulturträger vor, welche immer wieder moralisch herabgesetzt würden. Dass es aber berechtigte Einwände gegen die „alten weißen Männer“ gibt und hier differenziert geurteilt werden müsste, sieht Liebnitz nicht.“
Darf ich ein Geheimnis verraten? Herr P.-T. ist ein Mann. Er ist weiß. Er ist… Jahrgang 1963. Schon klar: Liebnitz hätte differenzieren müssen.
Durendal
Im Interesse der öffentlichen Sicherheit hoffe ich doch, dass Hr. Pfahl-Traughber die Grundlagen seiner beruflichen Tätigkeit besser beherrscht als die seines publizistischen Aktivismus. Nicht zu wissen, dass ein Essay seiner Natur nach kein Text ist, an den man das Vorhandensein "empirischer Belege" als Kriterium sinnvoll anlegen könnte, ist schon etwas peinlich.