Mittlerweile klären die Medien flächendeckend auf, mittlerweile wünschen staatliche Stellen einen „Gesegneten Ramadan“, mittlerweile haben wir uns an den Mundgeruch in der Straßenbahn gewöhnt – als Ausdruck des Rechtes auf freie Religionsausübung.
Alle Religionen kennen Fastenzeiten und asketische Exerzitien. Wenn man den Begriff der Religion – religio: Rückbindung – aber modifiziert oder ihn durch einen anderen ersetzt, dann werden neue Perspektiven sichtbar, dann wird auch verständlich, weshalb der Islam – die theologisch wohl schwächste aller Weltreligionen – eine solche Ausdauer haben konnte und weshalb er gerade jetzt, verbunden mit einer demographischen Explosion, sich anschickt, die Welt ein zweites Mal zu erobern.
Der Ramadan ist eine der „fünf Säulen des Islam“:
- Das Glaubensbekenntnis, die Schahada
- Das fünfmalige tägliche Gebet
- Das einmonatige Fasten während des Ramadans
- Der Haddsch, die Pilgerreise nach Mekka
- Der Zakad, die Spende an die Bedürftigen
Peter Sloterdijk hatte in seinem fulminanten Großessay Du mußt dein Leben ändern den umstürzenden Gedanken geäußert, den Begriff der Religion abzulegen. Es gibt keine Religionen, „es gibt nur mehr oder weniger ausbreitungsfähige oder mehr oder weniger ausbreitungswürdige Übungssysteme.“
Und: „Das wirklich Wiederkehrende, das alle intellektuelle Aufmerksamkeit verdient, hat eher eine anthropologische als eine ‚religiöse‘ Spitze.“ Darüber hinaus sei der Begriff kulturimperialistisch, da er nur im Westen verstanden würde und Hindus und Buddhisten schon Jahrhunderte zuvor „Religion“ ausübten, ohne diesen Begriff zu benötigen, der ihnen erst durch „Religionswissenschaftler“ aufgedrängt worden sei.
Mohammeds Genie liegt in der Vorwegnahme dieses Gedankens und in der Installation eines entsprechenden Regulariums. Betrachtet man unter diesem Gesichtspunkt die fünf Säulen des Islam – andere Pflichten, wie der kleine und der große Djihad, die Koranlektüre, das Auswendiglernen … kommen hinzu –, so erkennen wir ein ausgeklügeltes Hochintensivtrainingsprogramm. Bis auf die Schahada, die theoretisch nur ein Mal, bei der Annahme der Religion, gesprochen werden muß, die in der Realität aber tagtäglicher innerer Begleiter der meisten Muslime ist – etwa beim Bismillah vor jeder Mahlzeit, vor dem Geschlechtsverkehr etc. –, bis auf die Schahada und den Haddsch, handelt es sich um Permanenzübungen.
Vor allem das Gebet entfaltet eine enorme Macht. Alle drei Stunden circa ist der Muslim angehalten innezuhalten, sich aus der realen in die spirituelle Welt zu begeben, eine „Vertikalspannung“ zu seinem Gott aufzubauen, und dabei immer wieder die gleichen Formeln zu beten und sich mindestens 17 Mal vor dem Gott in den Staub zu werfen. Die psychomotorische Ausrichtung eines Hirns, das sich diesem Exerzitium unterwirft, ist sehr wahrscheinlich. Der physische Akt des Niederwerfens – hier erkennt man, daß Mohammed ein kluger Intuitivpsychologe war – verbindet beide Ebenen und vertieft die geistige Gravur durch körperliche Repetition. Heute ist das neuester Stand der Wissenschaft, heute nutzt man das Verfahren im Profisport, bei Rehabilitation oder bei der Gehirnwäsche.
Der Haddsch war einst ein enormer Kraftakt. Sich in einen Jet zu setzen, in Mekka zu landen, sich ein Tuch umzuwerfen, ein Selfie zu machen, dieses bei Instagramm einstellen und zwei Tage später schon wieder im Trainingslager der Nationalmannschaft zu sein (wie Mezut Özil), dürfte an der Paradiespforte eher wenig goutiert werden.
Der Haddsch war als asketisches Exerzitium gedacht, als Leidenszeit, als Zeit des Selbstrisikos. Wer einmal durch die Wüste zog, um die Kaaba zu umrunden, und dabei Hitze und Entbehrung erleiden mußte, den Tod riskierte oder den Überfall durch marodierende Banden, die gnadenlose Sonne ertrug … für den ist die Ankunft, ist das Gemeinschaftserlebnis, ist das Erreichen des Ziels wie eine Offenbarung. Man muß als moderner Mensch schon Reinhold Messner lauschen, um heutigentags noch eine Ahnung davon zu bekommen.
Selbst der Zakad ist als Übung zu beschreiben. Es geht darum, 2,5 % bis 10 % seines Einkommens an die Armen abzugeben. Die christlichen Konfessionen kennen das als Zehnt oder Kollekte. Das Opfer, die Spende, das Almosen ist seit je ein stark wirkendes Gottes-Aphrodisiakum, eine Wohlfühlmaschine und eine Verbindung zum Transzendenten. Wird sie regelmäßig eingeübt, entfaltet sie ihre abhängig machende Glückswirkung.
Unter diesen Vorzeichen ist die Funktion des Ramadan evident. Sein jährlicher Wiederholungscharakter zeichnet ihn als Exerzitium par excellence aus. Dem Haddsch vergleichbar, konnte Mohammed nicht ahnen, daß seine Jünger einst in allen Weltteilen sich umtreiben, bzw. war es Mohammed nicht bewußt gewesen, wie groß die Welt eigentlich ist.
Es gibt Indizien dafür, daß er vom Scheibencharakter der Erde und damit ihrer Endlichkeit, überzeugt war. Seine Religion ist eine Wüstenreligion, seine Welt reichte bis an den Rand der Dürre, bis an die Berge, er konnte also nicht ahnen, daß es für einen Muslim in Norwegen Probleme geben könnte, die Mekkawanderung zu leisten oder den Ramadan ohne Kompromisse zu überleben. Man hätte von Al Alim, dem Allwissenden, möglicherweise eine konkrete Anweisung für diesen Fall erwarten können …
Auf der arabischen Halbinsel teilen sich Tag und Nacht in schöner Gleichmäßigkeit von ca. 12 Stunden (± zwei) die Zeit, sommers wie winters. Trotzdem ist der Übungserfolg bedeutend. Es ist eine 30-malige Übung zur Abwehr des Zweifels, eine Überwindung des inneren Schweinehundes (pardon), ein zwar überschaubares Leid, durch seine Wiederholung aber ein sehr wirksames.
Zudem führen die Intensivierung des Gebets, die größere Offenheit für Spiritualität während des Fastens, die Freude über die Überwindung zu einer gefühlten Gottesnähe, das täglich gemeinsame Fastenbrechen stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl der Umma, die Distinktion zwischen „Wir“ und „die anderen“, zwischen mumin und kuffar, und damit die Sicherheit des Dazugehörens.
Vermutlich ist der Islam das am meisten durchorganisierte „religiöse“ System – man kann auch von Psychodesign sprechen. Seine Anhänger sind, auch als Bauern und Städter – das muß die Intention des Gründers gewesen sein – mehr oder weniger durchtrainierte potentielle Glaubenssoldaten.
Lediglich der Buddhismus kennt in einigen Spielarten ein ähnlich starkes Training, die Meditation, deren Energie freilich komplett nach innen geleitet wird, wohingegen der Islam eine extrovertierte Religion darstellt. Seine hohe Repetitivität verleiht ihm seine Macht, die er seit 1400 Jahren, trotz weitgehend kultureller Rückständigkeit, beeindruckend unter Beweis stellt. Wer all diese Entbehrungen auf sich genommen hat, für den ist es mit jedem Male schwerer, den zurückgelegten Weg kritisch zu betrachten. Es wäre dann alles umsonst gewesen …
Andreas Walter
Na ja, ich finde das Christ Sein gerade auch sehr belastend, zumal das absolute Tötungsverbot lebensbedrohlich sein kann. Wenn man dadurch also immer auf die Möglichkeit der Flucht oder auf Schutz durch weniger Geprüfte angewiesen ist. Auch andere Gebote aber sind in der globalisierten und diktatorisch gleichgeschalteten Welt gar nicht mehr zu leisten, ohne dadurch Armut und sogar Gefängnis zu riskieren. Christus hat daher entweder auch noch in anderen Dimensionen gedacht oder müsste als Gottes Sohn eigentlich bereits gewusst haben, dass die Erde begrenzt und eines Tages masslos überbevölkert sein würde. Dass das Christ Sein dadurch im Lauf der Zeit also immer schwerer, eine immer grössere Herausforderung werden würde.
Da haben es doch Juden und Mohammedaner viel leichter.
Flüchten müssen ist daher auch ein kluger Winkelzug, eine Lehre möglichst weit zu verbreiten, was eine Weile darum ja auch ganz gut geklappt hat, doch seit etwa 200 Jahren hat auch das Christentum immer mehr Konkurrenz auch durch andere Ideologien bekommen, hauptsächlich vom Marxismus, dem es auch nichts entgegenzusetzen hatte.
Für mich spielen daher Juden und Mohammedaner in einer ganz anderen Liga, die an das Christentum nicht einmal im Traum heranreicht. Christen unterwerfen sich nicht, sie liefern sich sogar mit Leib und Leben, auch das ihrer Geliebten, Gottes Willen aus. Es gibt überhaupt nichts, was damit auch nur vergleichbar wäre. Wenn also jemand Gottes Kinder sind, dann nur die Christen, und sonst niemand.
Als Christ werde ich selbst in Deutschland derzeit sowohl von den Juden, den Marxisten wie auch den Mohammedanern bedroht, verfolgt und unterdrückt, den Atheisten teilweise auch, wobei ich den Unwissenden und Dummen nicht einmal einen Vorwurf machen darf. Denn wie sagte und wusste auch schon und bat darum der Erlöser den Vater: Lukas 23:34