Ich selbst bin mit dem „Wissen“ Mutter geworden, daß es ein Kennzeichen a) des Patriachats, b) der generellen Entfremdung sei, daß „die moderne Frau“ sich zum Gebären auf den Rücken lege (und womöglich noch Männer zuschauen läßt).
Kein anderes Säugetier würde das natürlicherweise machen! Mir war’s argumentativ und gefühlsmäßig klar. Aber: Unsere Katze hat heute wieder vor aller Augen (im Zelt, in dem die Kinder seit Wochen nächtigen) entbunden, und sie lag wieder auf dem Rücken dabei.
Unsere Jüngste: „Und verkaufen wir die alle wieder?“
„Nee, Katzen verkauft man nicht. Die verschenkt man. Außer Rassekatzen, die sind teuer.“
Spätabends kommt die Jüngste nochmal aus dem Zelt: „Weiß Du was, ich hab jetzt schon viermal gebetet. Du weißt warum, gell?“
„Nein?“
„Na, daß es diesmal Rassekatzen sind!“
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12. Mai – Wir essen nur selten gekauftes Fleisch. Von unserem Burenbock, nachdem er seine Schuldigkeit getan hatte, zehrten die fleischessenden Familienmitglieder (me not!) bis nach Weihnachten.
Dazwischen gab es Reh vom befreundeten Verlegerjäger und Wildschwein von einem anderen Jagdfreund (als großzügige Gegengabe dafür, daß wir wir unseren Zuchthasen ausgeliehen hatten). Jetzt gab es länger nichts Fleischliches. Davon, daß Ziege Emma (eine alte Dame) nächste Woche verwurstet wird, wollen die Kinder erstmal nichts hören.
Heute kamen fünf kleine Gänschen ins Haus, noch sehr lieb. Die Töchter schmusten und vergaben Namen. Wieder die Kleinste: „Ich finds komisch. Einerseits denke ich, oh wie süß, andererseits: oh, wie lecker.“
Übrigens, keine Ahnung, ob das repräsentativ ist: Unsere in den ersten Lebensjahren fleischfrei aufgewachsenen drei Kinder (nun alle ausgewachsen) sind kleiner als ich. Die anderen, die Fleischesser, sind deutlich größer. (Bei den noch nicht ausgewachsenen zeichnet es sich ab.) Ich weiß: Man sagt “länger“.
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13. Mai – Ich bin gerade mit Hausherrinnen-Pflichten beschäftigt, als ich durch’s geöffnete Fenster eine vertraute Stimme tönen höre: „HÖR ZU! ICH W I L L NICHT, DAß DU DICH GRUNDLOS WIE EIN ZAPPLER BEWEGST!!!“
Ich höre den Sohn zurückmaulen. Seine Schwester habe das auch grad getan, und, typisch, er bekäme es ab! Mein Interesse ist geweckt. Ich beobachte, wie Kubitschek gerade die Bildfläche verläßt.
Ich rutsche aus der Küche in den Garten und fordere die Kinder auf, a) die Zappeleien zu wiederholen und b) mir zu erklären, was es damit auf sich hat. Die Kinder bocken erst. „Nö! Sollen wir ja nicht! Aber JEDER macht es!“
Es braucht nur wenig Ermunterung, dann zucken Mädchen und Junge los, mit ironischen Gesichtern. Was ist das? Und – das machen „alle“?
„Nja, auf dem Schulhof“, sagt der Junge. „Alle spielen Fortnite. Immer. R. und L. und S. und Y. aus meiner Klasse sind süchtig danach.“
Aha, süchtig, werfe ich skeptisch ein.
„MAMA! Die SIND süchtig, da geht es nicht um ein, zwei Stunden am Tag, sondern um vielvielmehr!“ Wenn ich seinen langatmigen Bericht richtig verstanden habe, geht es in diesem populären „Game“ darum, möglichst viele Zombies abzuknallen und die passenden Waffen dafür zu erspielen.
Auf der Startseite der Homepage (mir begegnet ein muskelbepacktes, Multlikulti/Gender-Heer) lese ich:
Saison 4 beginnt mit einem KNALL! Je mehr du spielst, desto mehr Belohnungen bekommst du. Schließe W(!)öchentliche Herausforderungen ab, um schneller Level aufzusteigen und so zusätzliche Belohnungen wie aufrüstbare Outfits, Spraymotive sowie exklusive kosmetische Gegenstände (!!) zu erhalten.
Sohn weiter: „Und wenn Du ein bestimmtes Level erreicht hast, was leichter geht, wenn man ein bißchen Kohle investiert, kannst Du halt zur Belohnung diesen oder jenen Tanz absolvieren.“
„Mach mal. Mach mal einen … hohen Tanz, Highscore. Was man so tanzt, wenn man echt viele abgeknallt hat!“
Der Sohn macht, augenrollend. Gott, ist das daneben. Ich hab schon viel gelästert über die Generation, die nicht „gedient“ hat. Aber tiefer geht immer. Komischerweise ist der Laptop unseres Sohnes eh dauernd verschwunden. Macht nichts, es gibt so viel zu tun. Die Gänschen brauchen Brennesseln, die darf er mit dem “Schwert” abschlagen. Tanzen darf er im Rentenalter.
MartinHimstedt
Ich habe mir vor wenigen Wochen zwei Rassekatzen gekauft, sonst hätte ich sie (vielleicht) genommen.