Boris Sawinkow: Das schwarze Pferd

Boris Sawinkow: Das schwarze Pferd, Berlin: Galiani 2017. 272 S., 23 €

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Boris Sawin­kows Das schwar­ze Pferd,erst­ma­lig erschie­nen 1923/24, ist die Fort­set­zung sei­nes auto­bio­gra­phi­schen Romans Das fah­le Pferd aus dem Jahr 1909: »Geor­ge«, das Alter ego des Autors, einst der gefürch­tets­te Ter­ro­rist des Zaren­rei­ches, taucht wie Sawin­kow selbst im Bür­ger­krieg der Jah­re 1920/21 über­ra­schen­der­wei­se zunächst als Oberst auf der Sei­te der Wei­ßen auf. Im zwei­ten Teil des Romans befeh­ligt er einen Trupp der »Grü­nen«, rebel­lie­ren­der Bau­ern und ent­täusch­ter Wei­ßer und Roter, die nun gegen die bol­sche­wis­ti­schen »Höl­len­bies­ter« kämpfen.

Im drit­ten Teil ist Geor­ge wie­der dort, wo er vor 20 Jah­ren begann, ein Groß­stadt­par­ti­san, der Sabo­ta­ge­ak­te und Atten­ta­te orga­ni­siert, dies­mal gegen das kom­mu­nis­ti­sche Regime. Das »fah­le Pferd« brach­te den Tod, das »schwar­ze« bringt das Gericht: Die Apo­ka­lyp­se ist nun in Gestalt eines Bru­der­kriegs über Ruß­land her­ein­ge­bro­chen. Es gibt in dem von Sawin­kow lako­nisch geschil­der­ten Infer­no kei­ne »Guten« und kei­ne »Bösen«; alle Sei­ten exe­ku­tie­ren, fol­tern und mor­den glei­cher­ma­ßen, oft bei­läu­fig oder zum Ver­gnü­gen. Nicht sel­ten ent­schei­det der Zufall, bei wel­cher Par­tei einer landet.

Immer wie­der fra­gen sich die Kom­bat­tan­ten, ob sie wirk­lich auf der Sei­te des Vol­kes und des wah­ren Ruß­lands ste­hen. Wie schon in Das fah­le Pferdwird die küh­le lite­ra­ri­sche Sti­li­sie­rung zur Mas­ke und Rüs­tung des Ich-Erzäh­lers, unter deren Schutz er sich, luzi­der Beob­ach­ter und getrie­be­ner Akteur zugleich, durch das Cha­os von »Rase­rei, Revol­te und Rausch« bewegt.

Kurz nach Erschei­nen des Romans gelang es der Tsche­ka, Sawin­kow nach Ruß­land zu locken, wo er zunächst zum Tode, dann zu zehn Jah­ren Haft ver­ur­teilt wur­de, ein Schick­sal, dem er sich jedoch 1925 durch Selbst­mord ent­zog. Eine sowje­ti­sche, unzen­sier­te (!) Aus­ga­be sei­nes kom­ple­xen, fas­zi­nie­ren­den Buches erschien 1924, ver­se­hen mit einem Vor­wort, in dem der Autor erklär­te, daß »Geor­ge« die kla­re Ant­wort ver­kannt habe, daß »das Volk« »objek­tiv« von den Roten ver­tre­ten wur­de, legi­ti­miert durch »Mil­lio­nen von Bau­ern und Arbeitern«.

Boris Sawin­kows Das schwar­ze Pferd kann man hier bestel­len.

Martin Lichtmesz

Martin Lichtmesz ist freier Publizist und Übersetzer.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)