Constantin Schreiber: Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird

Constantin Schreiber: Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird, Berlin: Econ 2017. 240 S., 18 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Con­stan­tin Schrei­ber hat eine Schwel­le über­tre­ten, über die nur weni­ge Deut­sche geschrit­ten sind: die zur Moschee. Wenn über das mus­li­mi­sche Frei­tags­ge­bet gere­det wird, denkt man­cher an »Haß­pre­dig­ten«. Schrei­ber, mit dem Grim­me-Preis aus­ge­zeich­ne­ter Jour­na­list, dach­te das nicht. Er dach­te an »Einzelfälle«und ging von einem brei­ten Spek­trum der Gebets­in­hal­te aus.

Zwi­schen Hoch­som­mer und Sil­ves­ter 2016 hat der Ara­bisch spre­chen­de Autor Frei­tags­ge­be­te in Moscheen in Ber­lin, Leip­zig, Mag­de­burg und ande­ren Städ­ten besucht. Sein Fazit: Es gibt kei­ne Band­brei­te! Was hat er gehört? Bes­ten­falls: kon­fu­se Welt­ab­ge­wandt­heit. Schlimms­ten­falls: Haß gegen Juden und Jesi­den, gegen die Demo­kra­tie. Und fast durch­gän­gig: eine War­nung vor dem Leben in Deutsch­land. In kei­ner ein­zi­gen Pre­digt (und Schrei­ber zieht noch heu­te wei­ter durch die Moscheen) hat er gehört, daß der Imam in irgend­ei­ner Wei­se »eine Brü­cke nach Deutschland«geschlagen hät­te. Es fand kei­ne Bereit­schaft zu »inter­re­li­giö­sem Dia­log«, zu »Tole­ranz«.

Zudem stellt er fest: Sämt­li­che Moscheen waren »altmodisch«eingerichtet, er fand kein Pen­dant zur zeit­ge­nös­si­schen christ­li­chen Sakral­bau­ar­chi­tek­tur (der Leser zwin­kert heim­lich!). Zu man­chen Moscheen hat­ten Frau­en kei­nen Zutritt. Schrei­ber hat die gehör­ten Pre­dig­ten hier in vol­ler Län­ge in deut­scher Über­set­zung abgedruckt.

Wie vie­le Moscheen es in Deutsch­land gibt und wie vie­le Mus­li­me, ist nicht annä­hernd bekannt. Da das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt bei der letz­ten Volks­zäh­lung auf die (frei­wil­li­ge) Fra­ge nach der Reli­gi­ons­zu­ge­hö­rig­keit kei­ne belast­ba­ren Ergeb­nis­se ermit­teln konn­te, wird nun nicht mehr gefragt. Anders als es der viel­zi­tier­te »Religionsmonitor«der Ber­tels­mann-Stif­tung nahe­leg­te (Schrei­bers Erkennt­nis­se wei­chen gele­gent­lich von die­sen beschwich­ti­gen­den Stu­di­en­ergeb­nis­sen ab), sind sehr vie­le jun­ge Leu­te unter den Frei­tags­be­tern; bei­spiels­wei­se in der Karls­ru­her Hagia-Sophia-Moschee sogar zahl­rei­che Schul­bu­ben – zur Schulzeit!

Wie kommt’s? Schrei­ber hat sich red­lich bemüht, dies und ande­res in Erfah­rung zu brin­gen, zumal TV-Talk­shows doch den Ein­druck ver­mit­tel­ten, daß wir es bei wort- und feder­füh­ren­den Mos­lems mit offe­nen und gesprächs­be­rei­ten Men­schen zu tun haben. Acht Ima­me (von 13 Moscheen) ver­wei­ger­ten das Gesprächs, meist unter Aus­flüch­ten, sel­ten mit einem direk­ten »Nein«. Schrei­ber beschreibt auch sei­ne Schwie­rig­kei­ten, mit aka­de­mi­schen Kory­phä­en der Islam­wis­sen­schaft ins Gespräch zu kom­men und einen Über­set­zer zu fin­den, der sämt­li­che Pre­dig­ten wort­ge­treu ins Deut­sche bringt.

Der Autor, Christ des Jahr­gang 1979 – nie under­co­ver, son­dern stets mit offe­nen Absich­ten, nach denen ihn inter­es­san­ter­wei­se kei­ner sei­ner reli­giö­sen Gesprächs­part­ner fragt!, unter­wegs – hat in mehr­fa­cher Hin­sicht eine mus­ter­gül­ti­ge jour­na­lis­ti­sche Arbeit vor­ge­legt: Ers­tens ist das Buch vor­aus­set­zungs­los les­bar, Schrei­ber lie­fert eine knap­pe Ein­füh­rung in Geschich­te, Rich­tun­gen und Aus­for­mun­gen des Islam. Zwei­tens sind sei­ne Repor­ta­gen klar geglie­dert: Was waren die Nach­rich­ten­the­men in der je dem Frei­tags­ge­bet vor­an­ge­gan­ge­nen Woche? Wo liegt die besuch­te Moschee, wie stel­len sich Räum­lich­kei­ten und Publi­kum dar?

Nach dem voll­stän­di­gen Abdruck der Pre­digt schil­dert Schrei­ber sei­ne Gesprä­che mit dem Imam (der nur in Aus­nah­me­fäl­len deutsch spricht, falls er über­haupt ansprech­bar ist) und anschlie­ßend mit aka­de­mi­schen Exper­ten. Schrei­ber ist ein guter Beob­ach­ter, ihm fällt auf, das tür­ki­sche Moschee­be­su­cher sich gern mit ihren Mobil­te­le­pho­nen beschäf­ti­gen, wohin­ge­gen Ara­ber dar­auf ver­zich­ten. Tür­ki­sche Pre­dig­ten hat er als deut­lich am natio­na­lis­tischs­ten erlebt.

Ein drit­ter Beleg für die Mus­ter­gül­tig­keit (nun im Sin­ne einer typi­schen Reak­ti­on) von Insi­de Islamist dies: Nach­dem Schrei­ber haßer­füll­te Pre­dig­ten gehört, mit offen­kun­dig ver­lo­ge­nen Ima­men gespro­chen und ver­nom­men hat, daß die »Weihnachtsgefahr«ein Dau­er­the­ma ist (wes­halb in Gegen­den mit hohem Migran­ten­an­teil sämt­li­cher Advents­schmuck aus den Schu­len ver­schwun­den ist), zeigt sich der Autor nicht empört oder fas­sungs­los. Nein, er ist »ernüch­tert«.

Con­stan­tin Schrei­bers Insi­de Islam kann man hier bestel­len.

 

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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