Egon Flaig: Die Niederlage der politischen Vernunft. Wie wir die Errungenschaften der Aufklärung verspielen, Springe: zu Klampen 2017. 416 S., 24.80 €
Von einem Merkur-Artikel 2007, der die These von der Singularität der NS-Verbrechen als trivial herausstellt, über die heftige Auseinandersetzung mit Jürgen Habermas’ Fälschungen im Historikerstreit (FAZ, 2011) bis zu einem Beitrag in der Historischen Zeitschrift 2016, der Gedächtnispolitik als unwissenschaftlich brandmarkt, äußert der Historiker Egon Flaig couragiert Einwände gegen geschichtspolitische Korrektheiten.
Im Mittelpunkt von Flaigs neuestem Buch steht der Versuch, die Bestandteile der politischen Urteilskraft herauszuarbeiten: Geschichtliches Wirken von Menschen fordert Kosten; jede historische Errungenschaft kann verlorengehen, auch allgemein geschätzte wie Demokratie und Wissenschaft; die Ressourcen sind im Gegensatz zu menschlichen Bedürfnissen endlich; die hohe Bedeutung der Sinnqualität menschlichen Handelns ist zu berücksichtigen. Hintergrund ist der Hypermoralismus von weiten Teilen der medialen wie politischen Eliten, der vom Verfasser klar zurückgewiesen wird.
Flaig möchte den Universalismus der Aufklärung retten. Die Postulate von Wahrheit und Wissenschaftlichkeit – beide schon länger unter Beschuß der einflußreichen Gegenwartsströmungen Poststrukturalismus und Dekonstruktivismus – verteidigt er engagiert. Er setzt sich mit verschiedenen Formen des Kulturrelativismus auseinander, dessen Philosophie allen multikulturalistischen Doktrinen zugrunde liegt. Unter diesem Blickwinkel hebt er Affinitäten zwischen der faschistoiden Kolonialismus-Kritik Frantz Fanons, dem Poststrukturalismus Michel Foucaults, dem wirkmächtigen Denken des Ethnologen Claude Lévi-Strauss, der Apotheose der Differenz bei Charles Taylor und Alfred Rosenberg sowie dem neurechten Ansatz Alain de Benoists hervor.
Am Ende der Erörterungen, die sich vehement gegen die Auflösung des Politischen zur Wehr setzen, steht das praktische Ergebnis dieser kritisierten Ansätze: die traurige Realität kulturell wie religiös legitimierten Terrors der mehr und mehr zerfallenden europäischen Gemeinwesen, für die »Molenbeek« eine tragische Chiffre geworden ist. Wie sehr sich der Rostocker Emeritus in die Niederungen der Politik begibt, zeigt seine sachliche Analyse des angeblichen Unworts »Lügenpresse«, das einen wahren Kern offenbare. Abgesehen von etlichen Flüchtigkeitsfehlern (Korrektorat!) bietet Flaigs Studie Rüstzeug für alle, die sich der migrationsbedingten Zerstörung Europas entgegenstellen.
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