Historiker Janosch Steuwer (Jahrgang 1983) hat aus seiner Dissertation ein vielversprechendes Buch edieren lassen. Interessant klingt zunächst vieles: Steuwer hat rund 140 weitgehend unveröffentlichte Tagebücher von Privatpersonen aus den Jahren 1933 bis 1939 ausgewertet, um private Einsichten über diese einschneidende Wendezeit auszuwerten, jenseits von diplomatischen Noten, prominent inszenierter Literatur und historiographischer Rückschau. Er hätte eine Fundgrube eröffnen können!
Die Wertung »Pustekuchen!«dürfte nonchalant diesen Anspruch konterkarieren. Denn: Weder Steuwers Systematik noch seine Sprache überzeugen. Hier hat sich jemand an seinem Fleiß, seiner Beflissenheit und der offenkundigen Fülle des Materials überhoben! Das Verzeichnis über »Quellen und Literatur«führt über 1000 Bücher und Artikel auf. Wer könnte diese Fülle sichten, gültig einordnen? Steuwer nicht.
Sein Anspruch war, zweierlei zu zeigen: erstens: wie die Deutschen »in der stillen Kammer« auf die Herausforderungen des NS reagierten; zweitens: inwiefern diese Reaktionsweisen das Regime prägten. Steuwer ist es vor lauter wissenschaftlich-zerstreuter Betulichkeit nicht gelungen, seine Erkenntnisse aus den Tagebüchern nutzbar zu machen, es gibt hier nicht mal Faksimiles einiger Tagebuchseiten!
Nicht nur, daß seine Arbeit für den »interessierten Laien«wegen Ermangelung eines roten Fadens unlesbar ist, auch in wissenschaftlicher Hinsicht ist sie ungenügend. Glasklare Zitate verweisen auf eine Fußnote, die »So etwa …« anlautet, sprachlich wird hundertfach gepatzt, verwurstet wird (ohne kundige Zuordnung) alles, was in den Zeitraum oder das Metier paßte. Repräsentative Textprobe: »Flucht, Verhaftung, Folter und Tod sind die offensichtlichsten und existentiellsten Formen, in denen der Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft erlebt wurde.« Haben die Wallstein-Leute eigentlich ein Lektorat?
Janosch Steuwers »Ein Drittes Reich, wie ich es auffasse« kann man hier bestellen .