Janosch Steuwer: »Ein Drittes Reich, wie ich es auffasse«. Politik, Gesellschaft und privates Leben in Tagebüchern 1933–1939

Janosch Steuwer: »Ein Drittes Reich, wie ich es auffasse«. Politik, Gesellschaft und privates Leben in Tagebüchern 1933–1939, Göttingen: Wallstein 2017. 611 S., 49.90 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

His­to­ri­ker Janosch Steu­wer (Jahr­gang 1983) hat aus sei­ner Dis­ser­ta­ti­on ein viel­ver­spre­chen­des Buch edie­ren las­sen. Inter­es­sant klingt zunächst vie­les: Steu­wer hat rund 140 weit­ge­hend unver­öf­fent­lich­te Tage­bü­cher von Pri­vat­per­so­nen aus den Jah­ren 1933 bis 1939 aus­ge­wer­tet, um pri­va­te Ein­sich­ten über die­se ein­schnei­den­de Wen­de­zeit aus­zu­wer­ten, jen­seits von diplo­ma­ti­schen Noten, pro­mi­nent insze­nier­ter Lite­ra­tur und his­to­rio­gra­phi­scher Rück­schau. Er hät­te eine Fund­gru­be eröff­nen können!

Die Wer­tung »Pustekuchen!«dürfte non­cha­lant die­sen Anspruch kon­ter­ka­rie­ren. Denn: Weder Steu­wers Sys­te­ma­tik noch sei­ne Spra­che über­zeu­gen. Hier hat sich jemand an sei­nem Fleiß, sei­ner Beflis­sen­heit und der offen­kun­di­gen Fül­le des Mate­ri­als über­ho­ben! Das Ver­zeich­nis über »Quel­len und Literatur«führt über 1000 Bücher und Arti­kel auf. Wer könn­te die­se Fül­le sich­ten, gül­tig ein­ord­nen? Steu­wer nicht.

Sein Anspruch war, zwei­er­lei zu zei­gen: ers­tens: wie die Deut­schen »in der stil­len Kam­mer« auf die Her­aus­for­de­run­gen des NS reagier­ten; zwei­tens: inwie­fern die­se Reak­ti­ons­wei­sen das Regime präg­ten. Steu­wer ist es vor lau­ter wis­sen­schaft­lich-zer­streu­ter Betu­lich­keit nicht gelun­gen, sei­ne Erkennt­nis­se aus den Tage­bü­chern nutz­bar zu machen, es gibt hier nicht mal Fak­si­mi­les eini­ger Tagebuchseiten!

Nicht nur, daß sei­ne Arbeit für den »inter­es­sier­ten Laien«wegen Erman­ge­lung eines roten Fadens unles­bar ist, auch in wis­sen­schaft­li­cher Hin­sicht ist sie unge­nü­gend. Glas­kla­re Zita­te ver­wei­sen auf eine Fuß­no­te, die »So etwa …« anlau­tet, sprach­lich wird hun­dert­fach gepatzt, ver­wurs­tet wird (ohne kun­di­ge Zuord­nung) alles, was in den Zeit­raum oder das Metier paß­te. Reprä­sen­ta­ti­ve Text­pro­be: »Flucht, Ver­haf­tung, Fol­ter und Tod sind die offen­sicht­lichs­ten und exis­ten­ti­ells­ten For­men, in denen der Beginn der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Herr­schaft erlebt wur­de.« Haben die Wall­stein-Leu­te eigent­lich ein Lektorat?

Janosch Steu­wers »Ein Drit­tes Reich, wie ich es auf­fas­se« kann man hier bestel­len .

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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