Fritz Gerlich: Therese Neumann von Konnersreuth

Eine Rezension von Werner Olles

Fritz Ger­lich: The­re­se Neu­mann von Kon­ners­reuth, Iller­tis­sen: Media Maria 2016. 352 S., 19.95 €

Der »auf­ge­klär­te Mensch von heu­te« weiß, daß es sich bei Stig­ma­ta um psy­cho­pa­tho­lo­gi­sche Phä­no­me­ne han­delt, die sogar »milieu­be­dingt« sein kön­nen. Der Mensch des Hoch­mit­tel­al­ters, gleich ob es sich um Chris­ten, Juden oder Moham­me­da­ner han­del­te, war fas­zi­niert von dem Gedan­ken einer über­na­tür­li­chen Exis­tenz und such­te mit Akri­bie nach Erkennt­nis­we­gen, da sie ja zur Schöp­fungs­ord­nung gehör­ten. Der moder­ne Mensch hat nicht ein­mal davon eine his­to­ri­sche Kennt­nis, wie das Nach­plap­pern der Lüge vom »fins­te­ren Mit­tel­al­ter« beweist. Für den typi­schen Deut­schen fängt bekannt­lich das Den­ken bei Kant an, den er zwar nicht gele­sen hat, dafür aber um so inni­ger an ihn glaubt.

Fritz Ger­lichs Buch, 1929 erst­mals erschie­nen, ent­hält nichts Sen­sa­tio­nel­les und ist vor allem eines nicht: ein reli­giö­ses Erbau­ungs­buch. Viel eher könn­te man es für einen Kri­mi­nal­ro­man hal­ten, wenn es nicht auf Tat­sa­chen beruh­te. Ger­lich, auf­ge­wach­sen in einem cal­vi­nis­tisch gepräg­ten Eltern­haus, publi­zier­te neben sei­ner Tätig­keit im baye­ri­schen Archiv­dienst in deutsch-völ­ki­schen Blät­tern und avan­cier­te schließ­lich zum Haupt­schrift­lei­ter der Mün­che­ner Neu­es­ten Nach­rich­ten. Vom Deutsch­na­tio­na­len wur­de er als­bald zum Geg­ner des Natio­nal­so­zia­lis­mus, des­sen Tota­li­ta­ris­mus ihn abstieß. 1927 hör­te Ger­lich von The­re­se Neu­mann und beschloß, sie als Betrü­ge­rin zu ent­lar­ven. Er absol­vier­te wochen­lan­ge Besu­che in Kon­ners­reuth, um die Mys­ti­ke­rin, eine Bau­ern­magd, die seit ihrem 20. Lebens­jahr bett­lä­ge­rig und von diver­sen Krank­hei­ten bis zur völ­li­gen Blind­heit geplagt war, zu beob­ach­ten. Von ihrer Blind­heit wur­de The­re­se 1923 geheilt, am Tag der Selig­spre­chung der The­re­sa von Lisieux.

Am Tag der Hei­lig­spre­chung ihrer Namens­pa­tro­nin 1925 ver­schwand auch ihre Läh­mung. Ger­lich besuch­te sie erst­mals 1927, als in der Fas­ten­zeit The­re­ses Hän­de und Füße zu blu­ten began­nen. Im Juli 1927 wur­de sie auf Ver­an­las­sung des zustän­di­gen bischöf­li­chen Ordi­na­ri­ats von Medi­zi­nern einer zwei­wö­chi­gen Unter­su­chung unter­zo­gen. Da sie seit Weih­nach­ten 1922 kei­ne fes­te Nah­rung zu sich nahm und seit 1926 auch nichts Flüs­si­ges, kol­por­tier­ten lin­ke Zei­tun­gen und Tei­le der Ärz­te­schaft, es läge ein Fall von Hys­te­rie mit bewuß­ter oder unbe­wuß­ter Täu­schung vor.

Ger­lich ließ sich davon nicht beein­dru­cken, zumal er Zeu­ge des Erschei­nens der Stig­ma­ta war und auch bei den Visio­nen, wäh­rend derer sie – die nur den Ober­pfäl­zer Dia­lekt beherrsch­te –, ara­mä­isch sprach, zuge­gen war. Er kam zu der Über­zeu­gung, daß die über­na­tür­li­chen Vor­gän­ge echt waren. Sei­ne Kon­ver­si­on zum katho­li­schen Glau­ben war daher kon­se­quent. Bestärkt von The­re­se Neu­mann warn­te er in sei­ner Zeit­schrift Der gera­de Wegvor Hit­ler. Sei­ne Fest­nah­me und Fol­te­rung in einem SA-Kel­ler lie­ßen nicht lan­ge auf sich war­ten. In der Nacht vom 30. Juni zum 1. Juli 1934 wur­de er nach Dach­au über­stellt und dort erschos­sen. Das gol­de­ne Kreuz, daß The­re­se ihm zur Fir­mung geschenkt hat­te, trug er um den Hals, den Rosen­kranz in der Hand. The­re­se Neu­mann starb 1962 im Alter von 64 Jah­ren. Kar­di­nal Ger­hard Lud­wig Mül­ler eröff­ne­te 2005 ihr Seligsprechungsverfahren.

Im Süh­ne­lei­den der The­re­se Neu­mann liegt indes nichts Geheim­nis­vol­les, nichts, was das Den­ken über­stei­gen könn­te, da alle Ereig­nis­se sich in natür­li­chen und über­na­tür­li­chen Berei­chen abspielten.

Fritz Ger­lichs The­re­se Neu­mann von Kon­ners­reuth kann man hier bestel­len. 

 

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