Udo Hildenbrand u.a. (Hrsg.): Freiheit und Islam. Fakten –Fragen – Forderungen

Udo Hildenbrand u.a. (Hrsg.): Freiheit und Islam. Fakten –Fragen – Forderungen. Anregungen und Materialien zur argumentativen Auseinandersetzung mit dem Islam, Bad Schussenried: Gerhard Hess Verlag 2016. 847 S., 34 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

»Übri­gens müs­sen Sie wis­sen«, schrieb Rai­ner Maria Ril­ke 1912 aus Spa­ni­en, »ich bin seit Cór­do­ba von einer bei­na­he rabia­ten Anti­christ­lich­keit, ich lese den Koran, er nimmt mir, stel­len­wei­se, eine Stim­me an, in der ich so mit aller Kraft drin­nen bin wie der Wind in der Orgel.« Ach, Ril­ke. Sein mau­ro­phi­les Schwär­mer­tum ist heu­te aller­dings All­ge­mein­gut. Wer argu­men­tie­rend nach den Seg­nun­gen des Islam sucht, fin­det alle­mal dies: al-Anda­lus, die fast acht Jahr­hun­der­te wäh­ren­de Epo­che ver­meint­lich »christ­lich-jüdisch-isla­mi­scher Har­mo­nie« auf der ibe­ri­schen Halb­in­sel. Kein Rei­se­füh­rer kommt ohne sol­che Ver­klä­rung aus.

Eugen Sorg, preis­ge­krön­ter Jour­na­list und Repor­ter, bringt ein wenig Ord­nung ins legen­dä­re Zau­ber­reich des fried­li­chen Mit­ein­an­ders. Der Traum vom Glanz des mau­ri­schen Spa­ni­ens gilt Sorg als einer der »Lieb­lings­my­then der gebil­de­ten Stän­de des Wes­tens«. Sorg beschreibt die gegen die »christ­li­chen Bar­ba­ren« gerich­te­ten Raub­zü­ge ara­bi­scher und spä­ter nord­afri­ka­ni­scher Trup­pen und Ban­den; wie sie 997 die hei­li­ge Pil­ger­stadt Sant­ia­go de Com­pos­te­la dem Erd­bo­den gleich­mach­ten, die Über­le­ben­den ver­sklav­ten und die Kir­chen­glo­cken zu Lam­pen für die Moschee in Cór­do­ba umschmol­zen. Hun­dert Jah­re spä­ter sorg­te ein theo­lo­gi­sches und poli­ti­sches Regel­werk für eine fort­dau­ern­de Deklas­sie­rung der im mus­li­mi­schen Spa­ni­en leben­den Juden und Christen.

Sorgs Auf­satz über »das Land, wo Blut und Honig floß« zählt zu den Glanz­punk­ten des von den bei­den Theo­lo­gen Udo Hil­den­brand und Rein­hard Wen­ner sowie dem Phi­lo­so­phen Fried­rich Rau her­aus­ge­ge­be­nen Mam­mut­werks. Er umfaßt 13 Sei­ten, also andert­halb Pro­zent die­ses buch­ge­wor­de­nen Zie­gel­steins. Wer soll das alles lesen, und vor allem: wie? Es wur­de hier ein »Fin­dex« geschaf­fen mit etwa 120 fett­ge­druck­ten Lem­ma­ta, bei­spiels­wei­se »Frau«, Chris­ten«, »Belei­di­gung«. Je dar­un­ter fin­den sich enger gefaß­te Stich­wör­ter wie (am Bei­spiel »Frau«) »Ver­bot, Grä­ber zu besu­chen«, »Geschlechts­ver­kehr mit Nicht­mus­li­min bei Feld­zug erlaubt«, »Man­gel an Intelligenz«.

Das ist flei­ßig und gut­ge­meint, aber unprak­ti­ka­bel – eine Ein­schät­zung, die auf das gesam­te Pro­jekt zutrifft. Hier wur­den reich­lich »Bei­trä­ge« (Teil I) und »Doku­men­te« (Teil II, Koran­ver­se, Hadi­the, Fat­was) zusam­men­ge­stellt und mit grö­ßer­ge­druck­ten the­ma­tisch irgend­wie pas­sen­den Zita­ten (von Hans Küng bis Karl Pop­per) abge­mischt; es gibt inner­halb der Auf­sät­ze zahl­rei­che Unter­glie­de­run­gen von A bis H, von 1. bis 9., von (1) bis (10), von I bis VII; vie­le Erkennt­nis­se wer­den dop­pelt und mehr­fach auf­ge­tischt. Es ist unterm Strich eine gigan­ti­sche, heil­los unüber­sicht­li­che Schmö­ker­kis­te. Ein ord­nen­der Redak­teur hät­te die­sem an sich lobens­wer­ten Pro­jekt einen guten Dienst erwie­sen. Wie scha­de, daß er fehlte!

Udo Hil­den­brands Frei­heit und Islam kann man hier bestel­len.

 

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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