Sonntagsheld (71) – Der Bannon-Maréchal-Komplex

Die Revolution sagt: ich war, ich bin, ich werde sein.

Stark (viel­leicht zu stark?) beach­tet vom poli­ti­schen Feuil­le­ton konn­te der ehe­ma­li­ge Chef­stra­te­ge Donald Trumps, Ste­ve Ban­non in den ver­gan­ge­nen Tagen sei­ne Vor­stel­lun­gen zu einer neu­en rechts­po­pu­lis­ti­schen Stif­tung präsentieren.

Der Hin­ter­ge­dan­ke ist sim­pel, aber geni­al: Ähn­lich wie z.B. die Open Socie­ty Foun­da­ti­ons des Mil­li­ar­därs Geor­ge Sor­os mas­siv zum Pro­fes­sio­na­li­sie­rungs­grad der außer­par­la­men­ta­ri­schen Akti­vi­tä­ten der eta­blier­ten Eli­ten bei­tra­gen, soll Ban­nons in Brüs­sel ansäs­si­ge The Move­ment Foun­da­ti­on infra­struk­tu­rel­le Unter­stüt­zungs­ar­beit für den popu­lis­ti­schen Wider­stand in Euro­pa leisten.

Ein bereits for­mu­lier­tes Kern­ziel sei­ner Arbeit zudem: Ein gro­ßer popu­lis­ti­scher Par­tei­en­block, der bei der kom­men­den Euro­pa­wahl ein Drit­tel der Par­la­ments­sit­ze erobern und so den par­la­men­ta­ri­schen Betrieb mas­siv stö­ren und beein­flus­sen soll.

Es ist eine Visi­on, die – bei allen Beden­ken, die bei jeg­li­cher Ein­fluss­nah­me von jen­seits des Atlan­tiks ange­ra­ten sind – zur rech­ten Zeit kommt, sie reiht sich ein in eine Dyna­mik, die sich zwangs­läu­fig aus den momen­tan vor uns lie­gen­den Mühen der Ebe­ne ergibt: Anfang des Monats stell­te die fran­zö­si­sche Ex-Front-Natio­nal-Poli­ti­ke­rin Mari­on Maré­chal das künf­tig von ihr gelei­tet Insti­tut für Sozial‑, Poli­tik- und Wirt­schafts­wis­sen­schaft in Lyon vor.

Ab Okto­ber sol­len hier jun­ge Fran­zo­sen in allem aus­ge­bil­det wer­den, was man als rech­ter Nach­wuchs­po­li­ti­ker braucht: Des­in­for­ma­ti­on und Lea­der­ship, euro­päi­sche Geschich­te und Gesell­schafts­tanz um nur einen klei­nen Teil des Cur­ri­cu­lums zu nennen.

Zwei Pro­jek­te, ein Ziel: Die euro­päi­sche Neue Rech­te beginnt sich zu pro­fes­sio­na­li­sie­ren. Auch die­se Pro­fes­sio­na­li­sie­rung ist natür­lich ein Weg, der in zwei Rich­tun­gen füh­ren kann, bei­de füh­ren einst­wei­len raus aus der gesell­schaft­li­chen Mar­gi­na­li­sie­rung, eine davon weist auf die frei­wer­den­den Plät­ze an der Sei­te der alters­schwa­chen Volksparteien.

Die ande­re aller­dings führt hin zu einem neu­en rech­ten Selbst­be­wusst­sein und einer damit ver­bun­de­nen Ver­ant­wor­tungs­ethik: Wenn wir davon aus­ge­hen, dass wir mit unse­rer meta­po­li­ti­schen Arbeit letzt­end­lich real­po­li­ti­schen Erfolg haben wer­den, wird der ohne­hin schon gro­ße Bedarf an welt­an­schau­lich gefes­tig­ten, gut aus­ge­bil­de­ten und cha­rak­ter­lich zuver­läs­si­gen Kadern und ent­spre­chen­den Struk­tu­ren in abseh­ba­rer Zeit in unge­ahn­tem Aus­maß anwachsen.

Ban­non und Maré­chal tun also gut dar­an, auf der einen Sei­te die Aus­bil­dung jun­ger Akti­vis­ten zu insti­tu­tio­na­li­sie­ren und auf der ande­ren Sei­te pro­fes­sio­nel­le Netz­wer­ke und Spe­zia­lis­ten zur Ver­fü­gung zu stel­len um dem Gramscia­nis­mus des drit­ten Jahr­tau­sends gewach­sen zu sein.

Wie erfolg­reich die zwei mit ihrem jewei­li­gen Pro­jekt sein wer­den bleibt abzu­war­ten, ich beob­ach­te einst­wei­len inter­es­siert von Hal­le aus und schi­cke zur Unter­stüt­zung den obli­ga­to­ri­schen Lorbeerkranz.

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Kommentare (12)

AlexSedlmayr

30. Juli 2018 09:05

Das Entscheidende wird es sein jetzt Europa in den Blick zu nehmen. Während der Fokus jetzt zwar erst einmal auf der Bayern-Wahl in den wenigen verbleibenden Monaten liegt, so dürfte doch die Europa-Wahl im kommenden Jahr angesichts der Überrollung, die uns von internationaler Seite seit Jahren bedroht, eine womöglich sogar entscheidendere Größe sein.

Neben der weitverbreiteten Ignoranz vieler deutscher Wähler gegenüber der europäischen Ebene, werden wir in unserem eigenen Lager durch die Ansicht geschwächt, das Wählen und Nutzen des Europäischen Parlaments, der Europäischen Union würde zu deren Machtverfestigung beitragen. Der schädliche Einfluss dieser Leute muss ebenso ernst genommen werden, wie der von Aufrufern zum Nichtwählen vor den Bundestagswahlen.

Ob wir es wollen oder nicht ist Deutschland in diesen Organisationen verflochten von dort werden uns Zumutungen zugestellt oder aber dorthin werden essentielle Fragen inzwischen durch die Bundesregierung ausgelagert (europäische Lösungen), um das dortige Nichtstun oder den ideologischen Zuspruch das Beibehalten des Status Quo zu rechtfertigen.

Wenn die Rechten nicht zur Wahl gehen, dass haben uns der Großteil der Linken Parteien mit ihrer gesinnungsethischen Mobilisierung weit voraus, werden es die Linken trotzdem tun und sie werden dann auf weitere Jahre die Arbeitsweise der Union (zu unseren Ungunsten) bestimmen.

Es muss klar sein, dass unser Schicksal ob wir wollen oder nicht mit der EU auf mittlere Sicht verflochten sein wird und es muss klar gemacht werden, dass die EU ein Vehikel für die Nationalstaaten sein kann, dass Europa nicht per se der Feind ist, sondern uns zum Feind gemacht wurden durch die Okkupation des EU-Apparats durch Globalisten. Es sollte daher unser Ziel nicht Zerstörung der Institutionen sein, sondern wir müssen sie für uns beanspruchen, statt uns bockig zurückzuziehen. Die international verständliche Parole für das kommende Jahr müsste also lauten: Reclamation Day.

Statt nur zu reagieren wird es Zeit den (meta)politischen Kampf mit Macht ins Haus derjenigen zu tragen, die die Nationen bedrohen. Wir wollen und müssen es für uns fordern und mit den dortigen über die Jahre akkumulierten Mitteln ließe sich problemlos eine Strategie entwerfen, die diesmal wirklich im gesamteuropäischen Interesse ist und die Festung Europa über den ganzen Kontinent ausrollt und letztlich keine Schwachstellen mehr lässt.

Womöglich unterschätzen die AfD und ihre Wähler diesen wichtigen Schauplatz des politischen Kampfes im kommenden Jahr. Ich hoffe die Sezession wird ihr Ihriges tun, um das Bewusstsein für die Wichtigkeit der Eroberung des europäischen Parlaments zu schaffen, wie sie Bannon erkannt hat.

wodantok

30. Juli 2018 10:44

Auf das die Götter diesem Vorhaben gütig gegenüberstehen!

centurio

30. Juli 2018 10:59

Schön ironisch geschrieben. Bannon wird nicht nur in Amerika, sondern auch in Europa nicht gebraucht. In den USA pendelt seine Beziehung zur Alt-Right-Bewegung zwischen plumper Anbiederung und Distanzierung hin und her. Ernst nimmt den Schwätzer dort keiner mehr. Die europäischen Rechtsparteien tun gut daran, sich den Gleichschaltungsbemühungen dieses amerikanischen Mainstream-Populisten zu entziehen.

Caroline Sommerfeld

30. Juli 2018 11:36

Ach dann doch entschieden lieber Mut zur Sezession als "Kader" ... Aber ich weiß schon, dieses ästhetische Urteil entstammt einer alten Welt, in der uns "Chefstrategen" zuwider sein durften.

Was mich verwirrt hat, als ich die ersten Berichte zu Bannons "Bewegung" las: der will keine "ethnic nationalists" dabeihaben, hieß es. Näheres fand ich nicht ausgeführt dazu, also ob er in der üblichen Kantenscherenmanier nur Alte Rechte meint (wenn ja, wozu davon abgrenzen? Die interessiert sein Movement eh einen feuchten Kehricht), oder womöglich unsereinen?
Civic nationalism läuft wohl nicht so glatt in Europa, wie Bannon in seiner amerikanischen Wunschprojektion annimmt.

Andreas Walter

30. Juli 2018 16:41

Wie man eine unerwünschte Bewegung und Partei einsackt.

In dem man ihr das verschafft, was ihr fehlt, wonach sie giert, eben das was ihr andere vorenthalten. Reichweite, mediale Aufmerksamkeit. Bis es irgendwann so erscheint, als seien diese Netzseiten ein Sprachrohr dieser Partei, Bewegung.

Frage mich, ob die AfD das schon bemerkt hat, welche Rhetorik auf diesen Seiten teilweise immer mehr gefahren wird. Oder geht das nicht anders. Nein, ich meine damit nicht die Sezession, sondern eher andere, auch in der Sprache bereits anders geartete Netzseiten. Zwischen Abgrenzung und Abwertung gibt es nämlich einen Unterschied. Habe darum auch den Eindruck, dass manche dieser Netzseiten ein anderes Ziel verfolgen, das sich mit deutschen Interessen nur bedingt deckt. Wobei auch ich ja nur von meinem Eindruck und auch Vorstellungen ausgehe. Bilde ich mir dieses Überschiessen also nur ein, oder hat sich die Rhetorik tatsächlich verschärft, und ist das überhaupt nötig?

ALD

30. Juli 2018 18:07

Bannon und seine Idee von einer weißen judeo-christlichen Welt (inklusive Rußland) gegen die sich neu zusammenfügende "Axe" der "alten Zivilisationen" aus China, Iran und Türkei ist der absurde Ausdruck seines mangelnden Wissens und der zum Scheitern verurteilte Konstruktionsversuch eines gemeinsamen europäisch-amerikanischen Feindes, mit dem irrsinnigen Ziel das zu verhindern, was nur durch eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes zu verhindern wäre; die schrittweise, kooperative Aussöhnung der Völker auf der eurasischen Landmasse auf der Basis nationalstaatlicher Strukturen und vernünftigem Handel.

Wer Hoffnungen auf den Dummschwätzer Bannon und seine abstrusen Pläne für Europa setzt, muß ziemlich verzweifelt sein, Herr Wessels. Der schwächste Sonntags"held" bisher muss ich leider sagen....

Da scheint Aufmunterung vonnöten...daher: einen wirklichen Helden (wenn auch rein fiktiv) möchte ich auch Ihnen nochmal vorstellen. Der AfD (AllesFürDeutschland)-MANN springt in die Bresche um Deutschland zu retten! Heikle Spezialeinsätze in feindlichem Gebiet mit größter Sorgfalt vollführt sind seine Spezialität. Nichts kann ihn mehr aufhalten und niemand kann ihn stoppen.
hier schon mal seine Bewerbung für einen der nächsten Lorbeerkränze aus Halle:
https://www.youtube.com/watch?v=tougUCOpUqo&t=1s

Solution

30. Juli 2018 19:00

Vorsicht bei Bannon. Für mich ist er ein Pseudo-Rechter. Das gilt übrigens mittlerweile auch für den FN und andere. Sie ignorieren die biologischen Grundlagen des Menschen. Sie werden im günstigsten Fall das Verhängnis nicht aufhalten, allenfalls etwas abbremsen können.

Es ist schon merkwürdig: Je mehr uns die Realität bestätigt und je mehr nur
noch durchgreifendere Lösungen helfen können, umso weichgespülter werden sie.

Franz Bettinger

30. Juli 2018 22:04

Ich bin auf Seiten Wessels. Ich denke, jede Hilfe - und sei sie auch nur monetärer Art, ja sogar jede Querfront - ist recht, solange sie uns nicht korrumpiert. Wir können es uns nicht leisten, wählerisch zu sein.

Max Piccolomini

30. Juli 2018 22:29

Könnten wir uns vielleicht darauf verständigen, das Wort "Rechtspopulismus" incl. sämtlicher Ableitungen fürderhin nicht mehr zu verwenden (jedenfalls nicht in affirmativem Verstande)? Und "Desinformation" als Ziel rechter Bildungsarbeit - das ist nun wirklich daneben. Da hilft Ihnen auch der zu erwartende Hinweis auf eine "tief versteckte und mehrfach gebrochene Ironie" nichts. Mit Verlaub.

W. Wagner

31. Juli 2018 09:41

Kann eine Gegenaufklärung nicht auch ohne Bannon gelingen?
Ein Beispiel: Gestern titelte die ZEIT, dass die Opposition in Italien Innenminister Salvinis Rücktritt fordere, weil dieser ein Mussolini-Zitat brachte. Auf meinem Smartphone wurde dieser Text den ganzen Tag über unter den vier wichtigsten Meldungen angezeigt. Doch in Italien selbst spielt das Thema nun wirklich keine Rolle. Das interessiert ein paar Medien wie La Repubblica, aber Salvini eben wirklich nicht. Er und die Regierung sitzen fest im Amt.
Gegen solche ZEIT-Meldungen müsste unmittelbar eine Gegendarstellung erfolgen - auf welcher Internetseite auch immer. Braucht es dafür erst die Arbeit eines Bannon?

AlexSedlmayr

31. Juli 2018 12:34

Bannon mag ein Schwätzer sein, aber die gesamteuropäische Perspektive hat er erkannt. Jetzt wo Coups in einigen Staaten stattgefunden haben oder politische Verschiebungen voranschreiten, müsste man die Gelegenheit der bald stattfindenden Europa-Wahl dafür nutzen, um die Handlungsspielräume auch international zu vergrößern, auch in dem man sich weiter vernetzt.

Die Akteure, die sich jetzt in den Vordergrund drängen, sind womöglich zu handzahm, niedlich oder feige, aber es heißt ja nicht, dass man es Bannon, Marion, "Gesellschaftstanz" und "Desinformation" allein überlassen muss.

Dieter Rose

31. Juli 2018 18:10

. . . und Mussolini
hat aus Caesars De bello gallico
zitiert

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