»Von ungefähr 7000000 Vegetariern und annähernd 500000 Veganern in Deutschland ist der größte Teil unter 35, weiblich und stammt aus einem städtischen Umfeld.« Und weil diese jungen Damen in ihrem urbanen Umfeld einen erheblichen Predigereifer
entfalten, könnte man dem Jagdrechtsspezialisten Florian Asche auf den ersten Blick einen neuen Legalitätskurs unterstellen, wenn er nach seinem vorwitzigen Jagen, Sex & Tiere essen (siehe Sezession 51) nun eine Ethik für Fleischfresser zu formulieren sich anschickt.
Ausgehend von einer blumig imaginierten, doch so oder ähnlich durchaus vorstellbaren Grillfeier, die aufgrund einer pubertierenden Tierrechtsaktivistin völlig eskaliert, ist es Asche schnell um die Dekonstruktion des fanatischen Anthropomorphismus zu tun, der nicht nur die Mitmenschen vom Fleischkonsum wegmissionieren will, sondern in letzter Instanz auch die Übertragung der Menschenrechte mindestens auf Primaten fordert und seine aggressive Umsetzung in digitalen Morddrohungen gegen Zooangestellte und durch in Tierversuchen erprobte Medikamente gerettete Kranke findet. Von Aktivisten solcher Organisationen wie PETA (People for the Ethical Treatment of Animals) und der militanten ALF (Animal Liberation Front; in den USA als terroristische Vereinigung eingestuft) ganz abgesehen, die sich etwa durch die Sabotage von Hochsitzen und das »Befreien« von Farmtieren, die in freier Wildbahn in der Regel dann jämmerlich verrecken, auszeichnen.
Puristische Theoretiker werden in Asches Werk kaum eine Erfüllung finden: Der Autor betont selbst, kein Interesse am Abfassen einer wissenschaftlichen Monographie zu haben, obgleich er seinem Buch ein Literaturverzeichnis mit weiterführenden Tips von Victor Klemperer bis Deutscher Bischofskonferenz beigibt. Sein Duktus folgt eher freien Assoziationen, etwa über die geistigen Wurzeln der fanatischen Tierrechtler-Antihaltung. Es gebe eben kaum noch etwas, das auf Rebellion fokussierte Jugendliche bekämpfen könnten.
So sei nun also das Tier in allen Formen an die Stelle des nach Befreiung gierenden, edlen Wilden getreten. Da mit zur Kommunikation unfähigen Kreaturen aber schlecht moralisieren ist, wurzelt das Engagement der Aktivisten in einer Projektion menschlicher Eigenschaften und Emotionen – insbesondere des Leids – in Nutztiere hinein. Um diese wissenschaftlich unhaltbaren Argumentationen zu widerlegen, bewegt sich Asche bis in den aktuellen Stand der Neuroanatomie hinein: an den Angelhaken geratene Fische etwa können zwangsläufig keinen Schmerz empfinden, da ihnen die hierzu notwendigen Nozizeptoren fehlen. Ein lebendes Wesen an einem Metallhaken in die Höhe zu reißen, ist damit vielleicht »unmenschlich« – aber eben nicht »unfischlich«.
Wären da nicht Ärgernisse wie das Kapitel über »Vegafaschismus«, das ebenso wie andere oberflächliche Vergleiche (»Antifa-SA«, »Islamofaschismus«) die Nazikeule gegen Nazikeulenschwinger schwingt, wäre Florian Asche ein angenehm lockeres Buch zur Beruhigung zaudernder Fleischgenießer gelungen. So bleibt immerhin ein lohnender Einblick in die Argumentationsschwächen vorgeblicher Weltverbesserer und die nicht allein auf Tierrechtler beschränkte Beschreibung verklärter Bestmenschengesichter: »Es war das pure Wohlgefühl, für etwas kämpfen zu können, gegen etwas zu sein und dabei mit anderen das Schicksal zu teilen.«
Florian Asches Tiere essen dürfen kann man hier bestellen.