Karlheinz Weißmann: Deutsche Geschichte für junge Leser

Karlheinz Weißmann: Deutsche Geschichte für junge Leser, Berlin: JF Edition 2015. 252 S., zahlreiche Abb., 29.90 €

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

Der erfah­re­ne Gym­na­si­al­leh­rer und Publi­zist Karl­heinz Weiß­mann ging jah­re­lang mit der Idee schwan­ger, die deut­sche Geschich­te für jun­ge Leser auf­zu­schrei­ben. Er hat nun mit dem Her­aus­ge­ber der Jun­gen Frei­heit,Die­ter Stein, einen finan­zi­ell poten­ten und inhalt­lich nüch­ter­nen Ver­le­ger gefun­den. Das Buch ist jüngst erschie­nen und liegt bereits in der 3. Auf­la­ge vor.

Die deut­sche Geschich­te ist dar­in in 24 Kapi­tel unter­teilt, von unse­rem »Land in der Vor­zeit« reicht sie »Bis zur Wie­der­ver­ei­ni­gung«. Die Abschnit­te sind jeweils exakt zehn Sei­ten lang, das wirkt bei­na­he pedan­tisch – führt jedoch dazu, daß die Beschäf­ti­gung mit dem Drit­ten Reich nicht wie in jedem Schul­buch über die Maßen gewich­tet wird.

Den zwölf erdrü­cken­den Jah­ren nicht mehr Auf­merk­sam­keit zu schen­ken als bei­spiels­wei­se dem »Kampf zwi­schen Kai­ser und Papst« oder »Öster­reichs Kampf und Bran­den­burgs Auf­stieg« – das ist die eine Mög­lich­keit, das Belas­ten­de anders zu ver­tei­len; die ande­re bestün­de dar­in, das Gewicht der Dau­er­prä­sen­ta­ti­on deut­scher Schuld durch die Prä­sen­ta­ti­on deut­schen Lei­des und alli­ier­ter Schuld zu rela­ti­vie­ren und die Vor­kriegs­ge­schich­te ganz anders zu erzäh­len: denn der Krieg hat­te vie­le Väter, und kein Volk hat je einen ver­lo­re­nen Krieg so teu­er bezahlt und eine Nie­der­la­ge see­lisch so sehr ver­in­ner­licht wie das Deutsche.

Weiß­mann umgeht die­se geschichts­po­li­ti­sche Schlacht gewis­ser­ma­ßen, und die­ser Weg ist gang­bar, viel­leicht sogar sinn­voll: Zu genau weiß er um die Wir­kungs­lo­sig­keit, zu den bereits Bekehr­ten zu pre­di­gen, zu genau kennt er den Indok­tri­na­ti­ons­grad der Schü­ler an einem durch­schnitt­li­chen Gym­na­si­um. Weiß­manns Buch soll ja in die Brei­te wir­ken, soll die übli­chen Refle­xe eben nicht aus­lö­sen, die ein­set­zen, wenn die Begrif­fe »Deutsch­land«, »Nati­on« oder »Volk« fal­len, kurz: Es soll den jun­gen Leser dort abho­len, wo er ver­mut­lich steht – weit weg jeden­falls von denen, für die Weiß­mann sonst schreibt.

Gelingt dem erfah­re­nen Autor der ande­re, unge­wohn­te Ton? Oder läuft das, was er auf­ge­schrie­ben hat, ent­lang einer Glie­de­rung und Form, die er für den Geschichts­un­ter­richt an sei­nem Gym­na­si­um in der Schub­la­de lie­gen hat? Wer die an »Dich« adres­sier­ten Kapi­tel liest, wird den »jun­gen Leser« zwi­schen 14 und 18 Jah­re alt schät­zen müs­sen: Weiß­mann ist kein sug­ges­ti­ver Erzäh­ler, son­dern ein am Detail inter­es­sier­ter His­to­ri­ker, und die­se Nei­gung zu den Fein­hei­ten der Sym­bol­kun­de oder der exak­ten Heral­dik ste­hen den Ansät­zen zum gro­ßen Bogen im Wege. Eine Zeit­ta­fel, kapi­tel­wei­se am Ran­de mit­lau­fend, wäre zwei­fel­los nötig. Der Ver­lag hat einen ukrai­ni­schen Illus­tra­tor zwei Jah­re lang beschäf­tigt – her­aus­ge­kom­men sind selt­sam nicht­deut­sche Phy­sio­gno­mien und Kar­ten­bil­der, die jun­gen Lesern kryp­tisch blei­ben müs­sen: ohne Legen­de, ohne Rela­tio­nen, fast immer ohne Orientierungspunkte.

Also: eine gute Idee, ein wich­ti­ger Ansatz, aber unrund.

Karl­heinz Weiß­manns: Deut­sche Geschich­te für jun­ge Leser kann man hier bestel­len.

 

Götz Kubitschek

Götz Kubitschek leitet den Verlag Antaios

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