Der erfahrene Gymnasiallehrer und Publizist Karlheinz Weißmann ging jahrelang mit der Idee schwanger, die deutsche Geschichte für junge Leser aufzuschreiben. Er hat nun mit dem Herausgeber der Jungen Freiheit,Dieter Stein, einen finanziell potenten und inhaltlich nüchternen Verleger gefunden. Das Buch ist jüngst erschienen und liegt bereits in der 3. Auflage vor.
Die deutsche Geschichte ist darin in 24 Kapitel unterteilt, von unserem »Land in der Vorzeit« reicht sie »Bis zur Wiedervereinigung«. Die Abschnitte sind jeweils exakt zehn Seiten lang, das wirkt beinahe pedantisch – führt jedoch dazu, daß die Beschäftigung mit dem Dritten Reich nicht wie in jedem Schulbuch über die Maßen gewichtet wird.
Den zwölf erdrückenden Jahren nicht mehr Aufmerksamkeit zu schenken als beispielsweise dem »Kampf zwischen Kaiser und Papst« oder »Österreichs Kampf und Brandenburgs Aufstieg« – das ist die eine Möglichkeit, das Belastende anders zu verteilen; die andere bestünde darin, das Gewicht der Dauerpräsentation deutscher Schuld durch die Präsentation deutschen Leides und alliierter Schuld zu relativieren und die Vorkriegsgeschichte ganz anders zu erzählen: denn der Krieg hatte viele Väter, und kein Volk hat je einen verlorenen Krieg so teuer bezahlt und eine Niederlage seelisch so sehr verinnerlicht wie das Deutsche.
Weißmann umgeht diese geschichtspolitische Schlacht gewissermaßen, und dieser Weg ist gangbar, vielleicht sogar sinnvoll: Zu genau weiß er um die Wirkungslosigkeit, zu den bereits Bekehrten zu predigen, zu genau kennt er den Indoktrinationsgrad der Schüler an einem durchschnittlichen Gymnasium. Weißmanns Buch soll ja in die Breite wirken, soll die üblichen Reflexe eben nicht auslösen, die einsetzen, wenn die Begriffe »Deutschland«, »Nation« oder »Volk« fallen, kurz: Es soll den jungen Leser dort abholen, wo er vermutlich steht – weit weg jedenfalls von denen, für die Weißmann sonst schreibt.
Gelingt dem erfahrenen Autor der andere, ungewohnte Ton? Oder läuft das, was er aufgeschrieben hat, entlang einer Gliederung und Form, die er für den Geschichtsunterricht an seinem Gymnasium in der Schublade liegen hat? Wer die an »Dich« adressierten Kapitel liest, wird den »jungen Leser« zwischen 14 und 18 Jahre alt schätzen müssen: Weißmann ist kein suggestiver Erzähler, sondern ein am Detail interessierter Historiker, und diese Neigung zu den Feinheiten der Symbolkunde oder der exakten Heraldik stehen den Ansätzen zum großen Bogen im Wege. Eine Zeittafel, kapitelweise am Rande mitlaufend, wäre zweifellos nötig. Der Verlag hat einen ukrainischen Illustrator zwei Jahre lang beschäftigt – herausgekommen sind seltsam nichtdeutsche Physiognomien und Kartenbilder, die jungen Lesern kryptisch bleiben müssen: ohne Legende, ohne Relationen, fast immer ohne Orientierungspunkte.
Also: eine gute Idee, ein wichtiger Ansatz, aber unrund.
Karlheinz Weißmanns: Deutsche Geschichte für junge Leser kann man hier bestellen.