Marc Stegherr: Die Renaissance der katholischen Tradition. Die Reform der Reform Benedikts XVI. und die Gemeinschaften der Tradition, Mainz: Patrimonium 2015, 603 S., 29.80 €.
Zu den wichtigen Entscheidungen während des Pontifikats Benedikts XVI. gehören das Motu proprio »Summorum Pontificium« über die Feier der heiligen Messe im klassischen Ritus und die Aufhebung der Exkommunikation der Bischöfe der Priesterbruderschaft Pius X. Diese Weichenstellungen besitzen eine lange Vorgeschichte, die bisher noch nicht zusammenhängend und in wissenschaftlicher Art und Weise aufgearbeitet worden sind. Der Slawist und Politikwissenschaftler Marc Stegherr hat nun in einer fundierten, quellen- und faktengesättigten Darstellung das Desiderat behoben.
Die Liturgiereform der 1960er Jahre verlief größtenteils vor bilderstürmerischem Hintergrund. Viele herkömmliche Altäre, ja selbst über Jahrhunderte bewährte Formen des Liturgischen erschienen nunmehr unzeitgemäß. Großartige Glaubensschätze verschwanden binnen kurzem. Gegen diesen Traditionsbruch regte sich aber auch Widerstand, den besonders die 1970 entstandene Priesterbruderschaft Pius X. artikulierte. Akribisch arbeitet der Verfasser die genauen Gründe der Auseinandersetzung mit Erzbischof Lefebvre und seinen Anhängern heraus. Diese Abspaltung blieb für den damaligen Kurienkardinal Ratzinger eine offene Wunde. Erfreulicherweise entstanden seit den späten 1980er Jahren etliche konservative Gruppierungen innerhalb der Amtskirche, etwa die Priesterbruderschaft St. Petrus und das Institut Christus König.
Die Aussöhnung mit der Piusbruderschaft erweist sich trotz des generösen Aktes des damaligen Papstes als schwierig, was nicht zuletzt mit der Ernennung des früheren Regensburger Bischofs Gerhard L. Müller zum Präfekten der Glaubenskongregation zusammenhängt. Die vollständige Integration der Piusbruderschaft in die Kirche wird, wenn sie überhaupt erfolgt, noch einige Zeit auf sich warten lassen. Noch keine Kenntnis konnte Stegherr von Papst Franziskus’ Entgegenkommen haben, indem jener im September 2015 das von Piuspatres abgenommene Beichtsakrament für »gültig« erklärte.
In seinem Schlusswort gibt Stegherr seiner Hoffnung Ausdruck, dass das Pontifikat des 2013 zurückgetretenen Kirchenoberhauptes einmal als »großes« herausgestellt werden wird. Daß eine solche Schrift nicht von einem Theologen oder kirchenamtlichen Vertreter verfaßt wird, sondern von einem traditionsverbundenen Gelehrten, der Laie ist, spricht Bände und wirft ein Schlaglicht auf die Situation von Theologie und Kirche. Man merkt jeder Zeile an, wie wichtig dem Verfasser die Renaissance von Liturgie, Glaube und Kirche aus dem Ursprung heraus ist.
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