Gérard A. Bökenkamp: Ökonomie der Sexualität.

Eine Rezension von Claus-M. Wolfschlag

Gérard A. Böken­kamp: Öko­no­mie der Sexua­li­tät. Von der Lie­bes­hei­rat bis zur Sex­ar­beit, Mün­chen: FBV. Edi­ti­on Licht­schlag 2015. 240 S., 17.99 €

Dem Wesen der Sexua­li­tät aus öko­no­mi­scher Sicht wid­met sich Gérard Böken­kamp. Man­chen Kon­ser­va­ti­ven mag das auf­sto­ßen, nähern sie sich dem The­ma doch oft nur unter dem Aspekt der Ein­he­gung und Ver­drän­gung. Doch gera­de dies ist des Buches Ver­dienst, wirft Böken­kamp doch einen nüch­ter­nen, unro­man­ti­schen Blick auf das mensch­li­che Liebesleben.

Und er wider­legt man­ches Vor­ur­teil der kon­ser­va­ti­ven Fami­li­en­po­li­ti­ker. Das trös­tet auch über Schwä­chen des Buches hin­weg: die man­geln­de Glie­de­rung, gewis­se Län­gen und eine teils all­zu naiv vor­ge­tra­ge­ne libe­ral­indi­vi­dua­lis­ti­sche Dog­ma­tik. So miß­ach­tet der Autor, daß bei mensch­li­chen Han­dels­be­zie­hun­gen nicht immer Indi­vi­du­en mit ähn­li­cher Wirt­schafts­kraft auf­ein­an­der­tref­fen, also oft von vorn­her­ein ein Macht­ge­fäl­le existiert.

Böken­kamps auf der Öster­rei­chi­schen Schu­le basie­ren­de The­se lau­tet, daß das Han­deln des Men­schen von den Ent­schei­dun­gen gelei­tet ist, wel­che ihm höchs­tes psy­chi­sches Ein­kom­men ver­spre­chen. Was die­ses genau ist, unter­liegt unter­schied­li­chen indi­vi­du­el­len Wert­schät­zun­gen. Meist sind es Glück und Stolz. Aus die­sem Grund tre­ten Men­schen in Inter­ak­ti­on mit­ein­an­der, gehen per­ma­nent Tausch­han­del ein, von denen sie sich die Ver­meh­rung ihres psy­chi­schen Ein­kom­mens ver­spre­chen. Das betrifft bei­spiels­wei­se selbst die Abwä­gung des Kri­mi­nel­len, ob die Aus­sicht auf den Gewinn die Angst vor dem Risi­ko über­wiegt. Und das betrifft auch die The­ma­tik Lie­be und Sexualität.

Da die gesell­schaft­li­chen Bedin­gun­gen und indi­vi­du­el­len Wün­sche unter­schied­lich sind, ent­wi­ckelt sich aus der Viel­zahl der Ent­schei­dun­gen die Man­nig­fal­tig­keit der Part­ner­be­zie­hun­gen. Böken­kamp tritt dabei für die »freie Lie­be« ein. Das bedeu­tet, daß Erwach­se­ne ohne Zwang jede belie­bi­ge sexu­el­le Ver­bin­dung aus­han­deln kön­nen soll­ten, ohne daß der Staat oder Insti­tu­tio­nen restrik­tiv ein­schrit­ten. Dies betrifft neben diver­sen Fami­li­en­mo­del­len gera­de auch die Pro­sti­tu­ti­on und Pornographie.

Am span­nends­ten wird Böken­kamp, wenn er der Psy­che der mora­lis­tisch argu­men­tie­ren­den Anhän­ger von Ver­bo­ten auf die Schli­che kommt. Jene ver­su­chen näm­lich, ihnen selbst unan­ge­neh­me Emp­fin­dun­gen durch der gesam­ten Gesell­schaft auf­er­leg­te Straf­ge­set­ze aus dem eige­nen Umfeld zu ver­ban­nen. Der Staat ver­ab­schie­de bis­wei­len sol­che Geset­ze zur Beru­hi­gung von mora­lis­tisch auf­tre­ten­den Lob­by­grup­pen, ver­fol­ge aber die eige­nen Vor­schrif­ten dann oft nur halb­her­zig. Schließ­lich wis­se er, daß die Restrik­ti­on ele­men­ta­rer Lebens­im­pul­se schon in Zei­ten der Pro­hi­bi­ti­on nicht funk­tio­niert hat.

Öko­no­mie der Sexua­li­tät von Gérard A. Böken­kamp kann man hier bestel­len. 

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