Birgit Kelle ist eine feste Kandidatin, wenn bei Talkshows eine konservative Position zu den Themen Gender und Feminismus besetzt werden soll. Und sie ist in dieser Rolle eine Granate! Wer nun dachte, zum Thema Gender Mainstreaming sei alles gesagt, hat Kelles neues Buch GenderGaga nicht gelesen. Kelle zerrt groteske und kostspielige Details aus diesem Netzwerkexperiment hervor, die schier unglaublich sind. Dies ist keine bittere Abrechnung – Kelle macht aus dem anstrengenden Gleichstellungswirrwarr ein buntes Spaßtheater in elf Akten.
Die Publizistin und vierfache Mutter entlarvt bereits den Grundgedanken der Genderei als glatten Kollisionskurs mit dem Feminismus. Dabei sitzen Genderlobbyisten und Frauenrechtler – oft in Personalunion – in ein und demselben ideologischen Kutter. Nur: wie kann einerseits nach Frauenquoten und ‑förderung gerufen und gleichzeitig behauptet werden, Geschlecht sei ein Konstrukt und die Zuweisungen männlich/weiblich nichts als eingeübte und gesellschaftlich aufgezwungene Rollen? »Wo Gleichstellung draufsteht, ist Frau drin« heißt eines der Kapitel, ein anderes fragt ironisch: »Ist Gott ein Nazi?« und führt den pittoresken Genderdiskurs innerhalb nicht nur der »Queer-Theologie«, sondern selbst etablierter katholischer und evangelischer Instanzen vor: Eine EKD-Professorin hält Paulus für einen »frühen Gender-Theologen«, und die Katholische Hochschule in Berlin hat nun ein eigenes Institut für »Gender und Diversity«. Im Kapitel »Ein Puff für alle im Lehrplan« läßt sich Birgit Kelle auf den gendergerechten Sexualkundeunterricht ein. Was sie zutage fördert, über‑, besser: unterbietet alles, was man aus diesem Dunstkreis bereits läuten hörte.
Zwischen Bereichen, die man bei aller Heiterkeit der Darstellung als bedrohlich empfinden kann, hat Birgit Kelle auch Niedlichkeiten eingestreut: In einem Leitfaden hat sich das Gleichstellungsbüro Düsseldorf angeschickt, zur Tilgung gewisser Wörter, die uns unbedacht über die Lippen gehen, aufzurufen: die »Heulsuse« soll werden zur »Person, die viel weint«, »Not am Mann« soll zur neutralen »Notlage« werden,»Fußgängerzone« zur»Flaniermeile«. Auch die »Milchmädchenrechnung« steht auf dem Index. Daß Kelles Buch eine (notwendige!) Schrift zur Massenaufklärung ist und kein mit äußerster Eleganz verfertigter Besinnungsessay, sollte klar sein. Drum muß man die wirbelnde, teils überschäumende Polemik und den triumphalen Sprachduktus (»bitteschön«,»wow«, »meine Herren«, »geht doch!«) mögen oder wenigstens aushalten: Kelle ist ein Energiebolzen – langweilig wird es nie!
Die Autorin läßt es auch keineswegs bei der bespöttelnden Zurschaustellung von Aberwitzigkeiten bewenden. Sie analysiert und stellt im Schlußwort kräftige Forderungen: »Das Volk ist der Souverän, und dieses Volk hat Gender Mainstreaming nie verlangt oder legitimiert. Es ist Zeit, daß das Volk widerspricht.« Wer je in Diskussionen über den Genderkomplex um ein Argument verlegen war oder dem ein schlagendes Beispiel fehlte: hier wäre nachzuschlagen. Nach der Lektüre könnten Tränen kullern – vor Lachen oder Weinen?
GenderGaga von Birgit Kelle kann man hier bestellen.