Asfa-Wossen Asserate: Der letzte Kaiser von Afrika. Triumph und Tragödie des Haile Selassie, Berlin: Propyläen 2014. 416 S., 24.99 €
Éloi Ficquet/Wolbert G.C. Smidt (Hrsg.): The Life and Times of Lij Yasu of Ethiopia, Münster: Lit 2014. 224 S., 29.90 €
Haile Selassie war der letzte Kaiser Afrikas. Schon zu Lebzeiten genoß der legendäre »Löwe von Juda«einen Namen als Kämpfer gegen die Annexion seines Reiches durch das faschistische Italien 1936 und 1963 als Gründervater der Organisation für Afrikanische Einigung. Die jamaikanischen »Rastafaris«(nach dem Namen Ras Tafari Makonnen, den Haile Selassie vor seiner Krönung trug) entwickelten um ihn einen eigenen Kult. Eine deutschsprachige Biographie dieser für den schwarzen Kontinent wichtigen Persönlichkeit stand aus. Erfreulich, daß diese Lücke durch seinen Großneffen, Prinz Asfa-Wossen Asserate geschlossen wird! Seit den 1970er Jahren lebt der Prinz, dessen Vater der letzte Vorsitzende des kaiserlichen Kronrates und Vizekönig von Eritrea war, in Deutschland, wo er sich als Autor vielgelobter Bücher wie Manierenoder Deutsche Tugendeneinen Namen gemacht hat.
Gerade die persönlichen Erinnerungen, mit denen Asserate sein Buch bereichert, machen die Lektüre unterhaltsam – man mag das Buch kaum aus der Hand legen, schildert es doch jenen 1892 geborenen Kaiser, der sein Land modernisierte und ihm so seine Unabhängigkeit sicherte. Haile Selassies Krönung 1930 war die einzige, die in einem Film festgehalten wurde und bei der sich noch einmal die orientalische Pracht einer Dynastie entfaltete, die ihren Stammbaum bis auf König Salomo und die sagenhafte Königin von Saba zurückführt. Dieses Kaisertum fand 1974 sein bitteres Ende, als der gebrechliche Monarch von putschenden Offizieren vom Thron gestoßen und unter Hausarrest gestellt wurde. Ein Jahr später ließ ihn der kommunistische Diktator Mengistu Haile Mariam ermorden und an einem lange unentdeckten Ort verscharren. Späte historische Gerechtigkeit wurde dem Monarchen im Jahr 2000 zuteil, als nach dem Ende des kommunistischen Regimes Tausende Äthiopier seiner feierlichen Bestattung in der Dreifaltigkeitskathedrale beiwohnten.
Das Buch ist sachlich, mit Verständnis für die Person Haile Selassies geschrieben, ohne jedoch apologetisch zu wirken. Im Gegenteil: Asserate arbeitet heraus, wie der junge Prinz Ras Tafari Makonnen im Zwist mit seinem Vetter, dem jungen Kaiser Lidj Jassu, diesen auszuschalten half, bis er schließlich 1930 selbst den Kaiserthron bestieg.
Kaiser Lidj Jassu (1897–1935) wiederum ist eine weitgehend vergessene historische Persönlichkeit. Vergessen ist, daß nicht nur die Monarchen von Deutschland, Österreich-Ungarn, Rußland und der Türkei infolge des Weltkrieges ihre Throne verloren, sondern auch dieser Kaiser. Denn Lidj Jassu, der mit 16 Jahren sein Amt antrat, suchte sein Reich im Innern zu reformieren und außenpolitisch zu positionieren. Ihm war bewußt, daß die Kolonialmächte Italien, Großbritannien und Frankreich, die Äthiopien – als letztes freies Land Afrikas – umgaben, nicht seine Freunde sein konnten. Daher setzte er auf die Annäherung an das Deutsche und das Osmanische Reich. 1916 stand Äthiopien vor dem Eintritt in den Weltkrieg auf seiten der Mittelmächte. Unterstützt vom britischen Secret Service kam es zu einer Palastrevolte und einem Bürgerkrieg, der mit dem Sieg der von der Entente unterstützten Rebellen endete.
Bis 1921 hielt der Monarch sich bei seinen Anhängern verborgen, dann wurde er inhaftiert und beim Einmarsch der Italiener 1936 ermordet. – Dieses tragische und kurze Kaisertum war unter der Herrschaft sowohl Selassies als auch der Kommunisten ein Tabu. Licht in das Dunkel dieser Biographie bringt nun erstmals ein Sammelband. Passenderweise fast zeitgleich mit der Haile-Selassie-Biographie erschienen, enthält der Band auch einen Aufsatz von Prinz Asserate, in dem er auf die Zeit des Hausarrestes von Lidj Jassu im Haus seines Großvaters eingeht.
Beide Bücher kann man hier bestellen.