Marcel Beyer: XX: Lichtenberg-Poetikvorlesungen

Marcel Beyer: XX: Lichtenberg-Poetikvorlesungen, Göttingen: Wallstein 2015. 80 S., 12.90 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Mar­cel Bey­er las man gern. In Ellip­sen wie­der­keh­ren­des Kern­the­ma sei­ner Poe­tik­vor­le­sung ist die­se berüch­tig­te Sze­ne: Wie Elke Hei­den­reich im Früh­jahr 2014 in einer TV-Sen­dung tat, als zitier­te sie Heid­eg­ger: »Die ver­bor­ge­ne Deutsch­heit müs­sen wir ent­ber­gen …, indem wir die Juden end­lich beseitigen.«

Als sie vom Mode­ra­tor dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de, daß die­ses Zitat nicht bei Heid­eg­ger ste­he, wur­de die Lite­ra­tur­kri­ti­ke­rin zor­nig: »Doch. Doch. Doch!«und pfef­fer­te das Buch auf den Tisch. Bey­er kommt es nun vor, »als hät­te sie auf das Buch uri­niert«. Ein gerech­ter Gegen­zorn! Den Bey­er aber nun durch Wort­kas­ka­den im Minu­ten­stil hek­tisch in Wat­te wickelt und über­für­sorg­lich abdämmt. Aus­ge­rech­net hin­ter jener Kri­ti­ke­rin kommt er im Flug­zeug zu sit­zen, er kann sei­ne Wut kaum zügeln und lenkt sie ab: Auf den dum­men Typen mit Arti­ku­la­ti­ons­pro­ble­men, der hin­ter ihm in der Schlan­ge steht – die­se Null trägt natür­lich ein Thor-Stei­nar-Shirt. Auf »NPD und AfD«.

Dann, Bey­er brei­tet dies als hoch­sym­bo­li­sche Tra­gö­die aus, pas­siert das: Der mit­rei­sen­de Gefähr­te der Kri­ti­ke­rin läßt ver­se­hent­lich einen Beu­tel Bey­ers aus dem Gepäck­fach fal­len. Dar­in: »ein Buch, geschrie­ben von einem Kind Über­le­ben­der«, es ist ein Buch von Céci­le Wajs­brot. Und es fällt nun »Hin­ab. Hin­ab. Hinab.«Eine när­ri­sche, ver­stie­ge­ne Schrift. Dabei las man Bey­er mal wirk­lich gern.

Mar­cel Bey­ers XX: Lich­ten­berg-Poe­tik­vor­le­sun­gen kann man hier bestel­len.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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