Marcel Beyer las man gern. In Ellipsen wiederkehrendes Kernthema seiner Poetikvorlesung ist diese berüchtigte Szene: Wie Elke Heidenreich im Frühjahr 2014 in einer TV-Sendung tat, als zitierte sie Heidegger: »Die verborgene Deutschheit müssen wir entbergen …, indem wir die Juden endlich beseitigen.«
Als sie vom Moderator darauf hingewiesen wurde, daß dieses Zitat nicht bei Heidegger stehe, wurde die Literaturkritikerin zornig: »Doch. Doch. Doch!«und pfefferte das Buch auf den Tisch. Beyer kommt es nun vor, »als hätte sie auf das Buch uriniert«. Ein gerechter Gegenzorn! Den Beyer aber nun durch Wortkaskaden im Minutenstil hektisch in Watte wickelt und überfürsorglich abdämmt. Ausgerechnet hinter jener Kritikerin kommt er im Flugzeug zu sitzen, er kann seine Wut kaum zügeln und lenkt sie ab: Auf den dummen Typen mit Artikulationsproblemen, der hinter ihm in der Schlange steht – diese Null trägt natürlich ein Thor-Steinar-Shirt. Auf »NPD und AfD«.
Dann, Beyer breitet dies als hochsymbolische Tragödie aus, passiert das: Der mitreisende Gefährte der Kritikerin läßt versehentlich einen Beutel Beyers aus dem Gepäckfach fallen. Darin: »ein Buch, geschrieben von einem Kind Überlebender«, es ist ein Buch von Cécile Wajsbrot. Und es fällt nun »Hinab. Hinab. Hinab.«Eine närrische, verstiegene Schrift. Dabei las man Beyer mal wirklich gern.
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