Bernhard Lassahn: Frau ohne Welt. Trilogie zur Rettung der Liebe

Bernhard Lassahn: Frau ohne Welt. Trilogie zur Rettung der Liebe. Teil II – Der Krieg gegen das Kind,Waltrop: Edition Sonderwege 2014. 171 S., 14.90 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Bern­hard Las­sahn hat fol­gen­den Auf­ruf als Über­schrift für sei­ne anti­fe­mi­nis­ti­sche Tri­lo­gie Frau ohne Welt gewählt:»Frauen, liebt Män­ner! Män­ner, liebt Frau­en! Lest Frau ohne Welt!« Das ist als weg­wei­sen­de Anlei­tung zu ver­ste­hen. Anti­fe­mi­nis­ti­sche Mot­tos lau­ten näm­lich gern so: War­um Frau­en unser Unter­gang sind. Oder noch böser: Wie das ver­lo­ge­ne Geschlecht zum Herr­scher­ge­schlecht gewor­den ist. Sol­che claims sind Was­ser auf die Müh­len vie­ler: der Zahl­vä­ter, der ent­sorg­ten Män­ner, der Frau­en­quo­ten­op­fer. Jene, die unter Eti­ket­ten wie »Mas­ku­lis­ten« sich sam­meln, haben die (oft ver­ständ­li­che) Wut der Ge- und Ent­täusch­ten im Bauch. Macht sie das zu Recht­ha­bern? Lie­bens­wert macht es sie jeden­falls nicht. Es läßt sie als schnau­ben­de Ver­lie­rer mit Zor­nes­fal­ten aussehen.

Las­sahns Buch, nach Der Krieg gegen den Mann (2013, sie­he Sezes­si­on 55) Teil II sei­ner Tri­lo­gie, hebt sich in mehr­fa­cher Wei­se posi­tiv von vie­len Ver­dam­mungs- oder Jam­mer­schrif­ten des Gen­res ab. Man könn­te sagen: Der Autor denkt cum ira et stu­dio.Und er schreibt glän­zend, mit sou­ve­rä­nem Witz, der nur aus­nahms­wei­se zur Häme wird – obgleich ein gewis­ses Über­schnap­pen ange­sichts der Lage der Din­ge bis­wei­len naheläge.

Dem Schrift­stel­ler (bekannt für sei­ne Käpt’n Blau­bär-Geschich­ten) und Lie­der­ma­cher geht es in die­sem Band um den »Krieg gegen das Kind«. Er kon­sta­tiert eine poli­ti­sche und media­le Agen­da, die ers­tens der Kin­der­ver­hin­de­rung die­ne und zwei­tens alles tue, um die Lebens­be­din­gun­gen von Kin­dern »an die Bedürf­nis­se mit sich selbst beschäf­tig­ter Erwach­se­ner« anzu­pas­sen. Klingt zu dras­tisch? Nach der Lek­tü­re gewiß nicht.

Las­sahn geht mit sei­ner Ana­ly­se weit über die mitt­ler­wei­le bekann­ten Schau­stü­cke des Gen­der­zir­kus, der Sexpäd­ago­gik und der Schei­dungs­schar­müt­zel auf den Rücken von Kin­dern hin­aus. In sie­ben­und­zwan­zig kur­zen Kapi­teln wird die »staat­li­che Marsch­mu­sik« inter­pre­tiert, in deren Rhyth­mus als »Neben­ge­räusch immer die Ver­spot­tung der Fami­lie« mit­klingt. »Wenn man das Ver­hält­nis Mann-Frau iso­liert betrach­tet und dabei Kin­der und die gesam­te Fra­ge der Frucht­bar­keit aus­klam­mert, dann ver­sucht man, mit einer zwei­di­men­sio­na­len Sicht ein drei­di­men­sio­na­les Pro­blem zu lösen. Das geht nicht. So bekom­men wir nicht nur kei­ne Kin­der mehr, wir hal­ten es auch mit­ein­an­der nicht mehr aus.« Der Angel­punkt wäre hier­mit umris­sen. Wie gehen wir mit ihr um, mit die­ser »drit­ten Dimen­si­on«, die doch die Frucht der Lie­be sein soll?

Beson­ders scho­ckie­rend ist, was uns Las­sahn über die wenig bekann­ten Sei­ten der Kin­sey-Stu­di­en auf­deckt. Alfred Kin­sey, »Dr. Sex«, wird heu­te als Säu­len­hei­li­ger der Auf­klä­rung ver­ehrt. Man lobt, wie er durch die Ver­öf­fent­li­chung sei­ner Umfra­gen und Unter­su­chun­gen in Diens­ten der Rocke­fel­ler Foun­da­ti­on die Ame­ri­ka­ner und Euro­pä­er von ihrer »spie­ßi­gen« Sexu­al­mo­ral befreit hat­te. Seit­her durf­te über gehei­me Vor­lie­ben (von Homo­se­xua­li­tät bis Sex mit Tie­ren und Min­der­jäh­ri­gen) offe­ner ver­han­delt wer­den. Kin­sey hat sich in beson­de­rem Maße für die Orgas­mus­fä­hig­keit klei­ner Jun­gen inter­es­siert. In sei­nen »Stu­di­en« an 317 Säug­lin­gen und Kin­dern ermit­tel­te er, daß bereits knapp Ein­jäh­ri­ge zu bis zu »14 Orgas­men inner­halb von 38 Minu­ten« gelan­gen könn­ten, was Kin­sey »zuver­läs­sig« an Zei­chen wie Schluch­zen oder hef­ti­gem Schrei­en erkannt haben wollte.

Las­sahn inter­es­sie­ren nicht nur die Knack­punk­te und Soll­bruch­stel­len der moder­nen Auf­fas­sung von Kind­heit, er kennt auch das Gelin­gen­de und Gelin­gen­kön­nen­de. Immer­hin ist er von Berufs wegen Poet. Das macht die Lek­tü­re trotz aller Schau­der loh­nend: Hier wird verdichtet!

Zu eini­gen Details könn­te man ein­wen­den, daß Las­sahn Son­der­fäl­le unläs­sig als heu­ti­ge Nor­ma­li­tät beschreibt. Die aller­we­nigs­ten Kin­der­gär­ten besu­chen Trau­un­gen les­bi­scher Paa­re, auf deut­schen Amts­for­mu­la­ren wer­den Mut­ter und Vater immer noch nicht mit »Elter 1« und»Elter 2« bezeich­net. Aus­ge­schlos­sen ist hin­ge­gen nicht, daß sich Las­sahn bei all dem seis­mo­gra­phisch betätigt.

Bern­hard Las­sahns Frau ohne Welt kann man hier bestel­len.

 

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Nichts schreibt sich
von allein!

Das Blog der Zeitschrift Sezession ist die wichtigste rechtsintellektuelle Stimme im Netz. Es lebt vom Fleiß, von der Lesewut und von der Sprachkraft seiner Autoren. Wenn Sie diesen Federn Zeit und Ruhe verschaffen möchten, können Sie das mit einem Betrag Ihrer Wahl tun.

Sezession
DE58 8005 3762 1894 1405 98
NOLADE21HAL

Kommentare (0)