Greta Taubert: Apokalypse jetzt!

Greta Taubert: Apokalypse jetzt! Wie ich mich auf eine neue Gesellschaft vorbereite, Köln: Eichborn 2014. 288 S., 16.99 €

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

Als Gre­ta Tau­berts Opa im »Tau­send­jäh­ri­gen Reich« Schwei­ne hüte­te, konn­te er nicht ahnen, daß es mit dem Reich rasch sein Ende haben wür­de, und auch nicht, daß der Schwei­ne­stall eine Gara­ge für meh­re­re Toyo­tas sein wür­de. Welt­li­che Sys­te­me sind ver­gäng­lich, und oft kommt das Ende recht jäh. Die Enke­lin nun, ein Kind der acht­zi­ger Jah­re, hat das Gefühl, daß es bald vor­bei sein könn­te mit Toyo­ta, Schicht­creme­tor­te, Klo­duft­stein und Fitneßstudio.

Als Koloß tür­men sich vor ihr die Schre­ckens­wor­te von Wirt­schafts­kri­se, Roh­stoff­knapp­heit und Umwelt­zer­stö­rung auf. Gre­ta Tau­bert wird zur »Apokalyptikerin«:»Ich will nicht mehr fett und rosig sein«, beschließt sie, um für ein Jahr ein­zu­tau­chen in die Welt der »Prep­pers« (die sich mit­tels – oft gehei­mer – Vor­rats­la­ger akri­bisch auf den Tag X vor­be­rei­ten), der Frut­a­ri­er, Aut­ar­kis­ten, der Selbst­ma­cher, Müll­tau­cher, der Tram­per, Tau­scher und Tei­ler. Tau­bert will wis­sen, wie man mit (anti­zi­pier­tem) Man­gel umzu­ge­hen lernt. »Mei­ne Groß­el­tern wis­sen so viel mehr als ich.«

Über die­se ein­jäh­ri­ge Selbst­er­fah­rung hat die welt­rei­sen­de Schö­ne eine manch­mal ver­plau­der­te, immer amü­san­te und in jedem Fall nach­den­kens­wer­te Groß­re­por­ta­ge geschrie­ben. Sie ver­sucht sich – immer in Füh­lung mit den jewei­li­gen Exper­ten im »Anders-Leben« – im Drei-Liter-pro-Tag-Ver­brauch, sie haust mit lin­ken Pro­fi­gamm­lern, sie ernährt sich von Kräu­tern und Lin­den­blät­tern (wer hät­te gedacht, daß der »Gro­ße Steu­er-Konz« zugleich ein ver­rück­ter Papst der Urköst­ler war?), sie ent­deckt ihren Jagdinstinkt.

Tau­berts Bericht besticht durch ihre Beob­ach­tungs­ga­be; ein tüch­ti­ges Maß an Iro­nie und Selbst­iro­nie las­sen ihre aben­teu­er­li­che Tour nie beflis­sen erschei­nen. Sym­pa­thi­scher­wei­se kann sie den »bewuß­ten, ethi­schen, sen­si­blen Super­typ« nicht ab. Die­se Abnei­gung hat sie »schon aus Prin­zip lan­ge auf der Sei­te der Fleisch­esser gehal­ten.« Gele­gent­lich bricht das Pathos des Zorns auf die »hoh­len Kon­sum­zom­bies« durch: »Ihr dege­ne­rier­ten Shop­ping-Vic­tims, die ihr euch jeden Tag selbst zum gol­de­nen Opfer­kalb macht! Wie ihr euch freut über 30 Pro­zent mehr im Nutella-Glas!«

Zwei Gesichts­punk­te hat die Autorin außer acht gelas­sen: Ers­tens klap­pen ihre Expe­ri­men­te alle­samt nur im Rah­men eines funk­tio­nie­ren­den Staats­we­sens (das unter ande­rem grenz­über­schrei­ten­des Rei­sen, Infor­ma­ti­ons­be­schaf­fung, Eigen­tum garan­tiert), und zwei­tens packt sie den Not­stand allein an sei­ner mate­ri­el­len Wur­zel. Könn­te sein, daß der Kol­laps sich aus ande­ren Grün­den speist.

Gre­ta Tau­berts Apo­ka­lyp­se jetzt! kann man hier bestel­len.

Ellen Kositza

Ellen Kositza ist Literatur-Redakteurin und Mutter von sieben Kindern.

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