Udo Ulfkotte: Gekaufte Journalisten

Eine Rezension von Christian Marschall

Udo Ulfkot­te: Gekauf­te Jour­na­lis­ten. Wie Poli­ti­ker, Geheim­diens­te und Hoch­fi­nanz Deutsch­lands Mas­sen­me­di­en len­ken, Rot­ten­burg: Kopp 2014. 336 S., 22.95 €

Über Udo Ulfkot­te mag man die Augen ver­dre­hen. Der Mann, Jahr­gang 1960, ist ein Voll­blut­jour­na­list, ges­tern schrieb er an vor­ders­ter Front für die Leit­me­di­en, lan­ge Jah­re für die FAZ, spä­ter für Gru­ner + Jahr, heu­te reüs­siert er als »unbe­que­mer Auf­de­cker« im Hoch­fre­quenz­be­reich. Mit schmis­si­gen Titeln wie SOS Abend­land, Alb­traum Zuwan­de­rung und Vor­sicht Bür­ger­krieg hat er sich als Leser­schaft ein Par­al­lel­uni­ver­sum zur Bild Zei­tung erwor­ben. Einen aka­de­mi­schen Genuß will man auch die neu­es­te Ver­öf­fent­li­chung des zor­ni­gen Viel­schrei­bers kaum nen­nen. »Unse­re Alpha-Jour­na­lis­ten haben einen tota­len Black­out … Ganz dicht schei­nen die dort nicht mehr zu sein«, so tönt es von der ers­ten Seite.

Das klingt nach extre­mer Ein­füh­lung in den Stamm­tisch­be­su­cher. Jedoch: Ers­tens nimmt die sprach­li­che Qua­li­tät von Gekauf­te Jour­na­lis­ten im Ver­lauf des Buches zu, zwei­tens sind es in der Tat haar­sträu­ben­de Zustän­de, von denen Ulfkot­te zu berich­ten weiß. Er tut es aus ers­ter Hand, und er ver­packt sei­ne wirk­lich tief­grei­fen­de Medi­en­schel­te in die Form einer Selbst­be­zich­ti­gung: Er betont wie­der­holt, daß (und inwie­fern) er über lan­ge Jah­re Teil jenes Zir­kels gewe­sen sei, den man Medi­en­ma­fia wird nen­nen dür­fen – und daß er (der bei vie­len Auf­trä­gen immer­hin sein Leben emp­find­lich aufs Spiel gesetzt hat) sich heu­te dafür schäme.

Die­ses Buch ist mit­nich­ten eine Pau­schal­wat­sche gegen die »Main­stream­m­e­di­en«, son­dern ein akri­bisch recher­chier­ter, durch aus­führ­li­che Anmer­kun­gen sowie ein Per­so­nen­re­gis­ter zusätz­lich auf­ge­wer­te­ter Sün­den­ka­ta­log aus der Feder eines Innen­sei­ters. Unter den fünf Kapi­teln ist das ers­te (»Simu­lier­te Pres­se­frei­heit: Erleb­nis­se bei Ver­la­gen«) das längs­te. Ulfkot­te berich­tet hier vor allem aus sei­ner Zeit bei der FAZ, wo er sieb­zehn Jah­re als Redak­teur im Res­sort Außen­po­li­tik ange­stellt war. Er (damals ein »eit­ler FAZ­ke«) schil­dert, inwie­fern Kor­re­spon­den­ten mit poli­ti­schen Lob­by­or­ga­ni­sa­tio­nen ver­floch­ten sind, wie US-För­der­gel­der bereit­ste­hen, um deut­sche Medi­en­nut­zer im pro­ame­ri­ka­ni­schen Sin­ne zu beein­flus­sen, wie mit Mit­ar­bei­tern ver­fah­ren wer­den kann, die sich wei­gern, mit dem Bun­des­nach­rich­ten­dienst zusam­men­zu­ar­bei­ten, und wie das »anrü­chi­ge Sys­tem« funk­tio­niert, das hin­ter Jour­na­lis­ten­prei­sen steht.

Kei­nes­falls han­delt es sich hier­bei um Ver­schwö­rungs­pro­sa: Ulfkot­te braucht kei­ne obsku­ren Netz­sei­ten zu zitie­ren, er nennt Roß und Rei­ter. Im zwei­ten, viel zu kur­zen Kapi­tel wid­met er sich anhand der bei­spiel­haf­ten Bericht­erstat­tung zu Thi­lo Sar­ra­zin und zu der Arbeits­markt­öff­nung für Rumä­nen und Bul­ga­ren (»heute-journal«,jubelnd: dies sei­en »die Preu­ßen des Bal­kans«) den Mecha­nis­men der gleich­ge­schal­te­ten Mei­nung. Für das Kapi­tel »Alpha-Jour­na­lis­ten auf Linie mit den Eli­ten« hat Ulkot­te tabel­la­risch zusam­men­ge­stellt, wel­che Vor­schrei­ber mit wel­chen ein­fluß­rei­chen Orga­ni­sa­tio­nen (Bil­der­berg, Atlan­tik-Brü­cke, Atlan­ti­sche Initia­ti­ve, Ame­ri­can Jewish Comit­tee) ver­bän­delt waren oder sind.

Frei­lich erscheint nicht rest­los alles, was hier als Skan­dal offen­bart wird, als wirk­lich skan­dal­träch­tig oder offen­ba­rungs­wür­dig. Das ist des­halb scha­de, weil dadurch die Kon­tu­ren jener Ange­le­gen­hei­ten ver­wischt wer­den, die als him­mel­schrei­en­de Miß­stän­de ange­se­hen wer­den müs­sen. Bei den auf­ge­zähl­ten Mis­se­ta­ten eines Alex­an­der von Schön­burg etwa (der »Ziga­ret­ten schnorr­te«, wie­wohl er ein Buch übers Nicht­rau­chen geschrie­ben hat; der ein­mal Hei­lig­abend mit dem 25. Dezem­ber ver­wech­sel­te und dem Ulfkot­te vor­wirft, er habe sich auf­grund sei­ner Adels­kon­tak­te »ein­kau­fen« las­sen) darf man ver­mu­ten, daß hier eine Pri­vat­feh­de aus­ge­tra­gen wird.

Auch daß die FAZ neue Bücher von FAZ-Redak­teu­ren redak­tio­nell erwähnt, wird man nicht als unred­lich emp­fin­den müs­sen; des wei­te­ren bleibt Ulfkot­te einen Nach­weis schul­dig, inwie­fern Bur­schen­schaf­ten (Mit­glie­der bei­spiels­wei­se: Mar­kus Söder, Kai Diek­mann, Rez­zo Schlauch) als rele­van­te Netz­wer­ke tätig sind. Was schlägt der Autor vor? Orga­ne der Des­in­for­ma­ti­on kün­di­gen, Staats­fern­se­hen (ARD und ZDF strei­chen jähr­li­chen 7,5 Mil­li­ar­den Zwangs­ge­büh­ren ein!) abschal­ten, den ver­ant­wort­li­chen Her­aus­ge­bern und Redak­teu­ren die Grün­de dafür schrei­ben. Viel­leicht ist auch dies ein hoff­nungs­lo­ses Unter­fan­gen: Ulfkot­te zitiert aus einer Schrift des Lon­do­ner Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­ri­ums. Dem­nach sei es gut denk­bar, daß man gar nicht mehr aus­schal­ten kön­ne. Pro­gnos­ti­ziert wird – und zwar nicht vom Buch­au­tor, son­dern von den Mäch­ti­gen aus Lon­don! –, daß um das Jahr 2035 jedes Kind mit einem implan­tier­ten Chip ver­sorgt sein werde.

Gekauf­te Jour­na­lis­ten von Udo Ulfkot­te kann man hier bestellen.

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