Volkhard Huth (Hrsg.): Geheime Eliten?

Eine Rezension von Konrad Gill

Volk­hard Huth (Hrsg.): Gehei­me Eli­ten? (= Bens­hei­mer Gespräche 2010/11. Ver­an­stal­tet vom Insti­tut für Per­so­nen­ge­schich­te [Bens­heim] in Ver­bin­dung mit der Ran­ke-Gesell­schaft [Köln]), Frank­furt a.M.: Vitto­rio Klos­ter­mann 2014. 450 S., 86 €

Ob para­no­ider Mono­kau­sa­list oder schein­sou­ve­rä­ner Ver­klä­rer: wer sich mit soge­nann­ten Ver­schwö­rungs­theo­rien befaßt, gerät leicht in gedank­li­che Extre­me. Daß die Regie­run­gen aller zivi­li­sier­ten Län­der (nebst Wirt­schafts- und Finanz­sys­te­men) will­kür­lich von gehei­men Hin­ter­män­nern gesteu­ert wer­den könn­ten, ist eben­so ein Extrem wie die Vor­stel­lung, in »demo­kra­ti­schen Zei­ten« gehe grund­sätz­lich alles mit rech­ten Din­gen zu, sofern nur Pres­se­frei­heit und Par­la­men­ta­ris­mus über den Pfor­ten stehen.

Die Exis­tenz über­wie­gend im ver­bor­ge­nen wir­ken­der Grup­pen und Seil­schaf­ten ist eine Selbst­ver­ständ­lich­keit, denn dau­er­haf­te Macht mag auf der Ago­ra aus­ge­übt wer­den, aber sie ent­steht nicht dort. Ange­sichts der in den letz­ten Jahr­zehn­ten zuneh­mend Mode gewor­de­nen und in Bel­le­tris­tik und Film Mil­lio­nen von Men­schen welt­weit fes­seln­den Suche nach »Illu­mi­na­ten«, »Temp­lern« und ande­ren Dun­kel­män­nern ist der wis­sen­schaft­li­che Zugriff auf sol­che The­men den­noch sinn­voll. Die Lücke zwi­schen rei­ße­ri­schem, spe­ku­la­ti­vem Unfug und fach­wis­sen­schaft­lich-unzu­gäng­li­chen Stu­di­en schließt nun ein Tagungsband.

Der ers­te Band der neu­en Rei­he Bens­hei­mer Gesprä­che des auf his­to­ri­sche Sozi­al- und Eli­ten­for­schung spe­zia­li­sier­ten Insti­tuts für Per­so­nen­ge­schich­te ist zunächst eine Augen­wei­de. Eine Qua­li­tät die­ser Art in Feh­ler­frei­heit, Buch­ge­stal­tung und wis­sen­schaft­li­cher Genau­ig­keit ist kei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit mehr. Im Inne­ren erwar­ten den Leser, der durch­aus kein geis­tes­wis­sen­schaft­li­cher Fach­mann sein muß, um den Tex­ten fol­gen zu kön­nen, wie üblich stark unter­schied­li­che Beiträge.

Beson­ders hin­ge­wie­sen sei auf das kei­nes­falls iro­nisch gemein­te »Lob der Ver­schwö­rungs­theo­rie« von Lorenz Jäger, Auf­sät­ze über sich in der Nach­fol­ge der Tem­pel­rit­ter wäh­nen­de Zir­kel und Sek­ten, das mit­tel­al­ter­li­che Kar­di­nals­kol­le­gi­um als Män­ner­bund, die (ech­ten) Illu­mi­na­ten, höfi­sche Inter­es­sen­grup­pen ver­schie­de­ner Jahr­hun­der­te sowie Studentenverbindungen.

Die Auf­sät­ze sind, wie in einem Sam­mel­band unver­meid­lich, von unter­schied­li­cher Län­ge und Güte. So dis­pa­rat die Tex­te inhalt­lich auch sein mögen, die gemein­sa­me Linie ist doch sicht­bar: Das völ­lig selbst­ver­ständ­li­che Ein­ge­ständ­nis der Exis­tenz inof­fi­zi­el­ler oder unsicht­ba­rer Eli­ten einer­seits trifft auf die gelas­se­ne Rela­ti­vie­rung vie­ler Über­trei­bun­gen. Eine immer exis­tie­ren­de, sich stets erneu­ern­de Schicht kann all­zu geheim­nis­voll nicht gewe­sen sein.

Wer sich für das The­ma inter­es­siert, soll­te den Kauf trotz des hohen Prei­ses erwä­gen. Der Band ersetzt etli­che ande­re und ist, weit mehr als ein ers­ter Ein­stieg, dank der Quel­len- und Lite­ra­tur­an­ga­ben eine Brü­cke hin zur wei­te­ren Forschung.

Gehei­me Eli­ten? von Volk­hard Huth kann man hier bestel­len.

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