Volker Gerhardt u.a. (Hrsg.): Jahrbuch »Politisches Denken« 2013, Berlin: Duncker & Humblot 2014. 251 S., 59.90 €
Das Jahrbuch »Politisches Denken« 2013ist bereits der 20. Jahrgang der renommierten Zeitschrift. Sie markierte vor 20 Jahren eine Zäsur, da Carl Schmitt für die Autoren offenkundig wegweisender als Theodor W. Adorno oder Max Horkheimer war.
Die aktuelle Ausgabe gliedert sich in drei Abteilungen. Neben den Aufsätzen, von denen Clemens Kaufmanns »Beobachtungen zu Henning Ottmanns ›Geschichte des politischen Denkens‹« hervorsticht, und den Rezensionen sowie Rezensionsabhandlungen lautet das Schwerpunktthema: »Vom Ende der ›geisteswissenschaftlichen Pädagogik‹«. Anlaß war der 50. Todestag Eduard Sprangers, eines der führenden Vertreter der Erziehungswissenschaften des 20. Jahrhunderts, dessen Werk zwischen Philosophie, Pädagogik und Psychologie zu verorten ist.
Der Berliner Gelehrte führte die lebens‑, geschichts- und kulturphilosophische Tradition seines Lehrers Wilhelm Dilthey weiter. Sechs Beiträge widmen sich Sprangers Bedeutung. Detlev Garz beschreibt den Niedergang der geistesgeschichtlichen Pädagogik, Gerd F. Hepp fügt einige Gedanken zum heute so drängenden Verhältnis von Ökonomie und Bildung hinzu. Herauszustellen sind die Erörterungen des Passauer Historikers Hans-Christof Kraus über die Relevanz Sprangers für den »Berliner Geist«.
Hingegen lassen die Ausführungen des Schmitt-Experten Reinhard Mehring partiell zu wünschen übrig, der in seinem Text »Spranger und die philosophische Pädagogik« die Nuancen im Verhältnis Sprangers zum Nationalsozialismus unberücksichtigt läßt. Zu grobschlächtig sind auch die Darlegungen über die Relation des Materialismus zum Nationalsozialismus. Manfred Seidenfuß’ Hinweise zu »Eduard Spranger und seine ›Gedanken über Lehrerbildung‹« und Georg Zenkerts Stellungnahme zu Sprangers Berufung auf Humboldt und dessen Reformideen runden den zentralen Abschnitt des Jahrbuchs ab.
Nicht zuletzt deshalb, weil der Band eine heute weitgehend verschüttete Traditionslinie der deutschen Geistesgeschichte wieder an die Oberfläche befördern will, ist sein Studium wärmstens zu empfehlen.
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