Anetta Kahane äußerte sich vor drei Jahren ähnlich: Es sei „die größte Bankrotterklärung“ der deutschen Politik seit der Wiedervereinigung, „daß ein Drittel des Staatsgebiets“, also das Gebiet der ehemaligen DDR, “weiß” geblieben sei.
Der aparten Wortwahl des Tagesspiegels folgend könnte man im Stil der alten Rechten getrost auch sagen: wo etliche Teile Deutschlands immer noch nicht “umgevolkt oder “umgerasst” oder “zu wenig schwarz” sind. Wer durch eine solche Sprache schockiert ist, sollte sich fragen, ob er auch ein Problem damit hat, wenn Deutsche “ohne Migrationshintergrund” als “Weiße” klassifiziert werden, womit gezielt die “Rassen”-Ebene angesprochen wird.
Das betrifft nicht nur offenbar hochneurotische taz-Schreiberinnen wie die Kurdin Sibel Schick (Sammlungen ihrer schönsten Tweets gibt es hier und hier) oder die iranischstämmige Wundertüte Hengameh Yagoobifarah (schon der Name hat eine passiv-aggressive Aura) oder diverse Antifanten-Seiten, die die “People of Color” gegen die “Weißen”, “Almans” oder “Kartoffeln” ausspielen (linksradikale “weißdeutsche” Cucks sind in vorderster Front mit dabei).
Wir finden “Rassifizierungen” (um es in der Sprache der “Antirassisten” zu sagen) dieser Art inzwischen auch in der Zeit, dem derzeitigen Zentrum dieses Trends (die gesamte Serie hier).
Fragst du Weiße beim Smalltalk nach ihren Großeltern?
Wenn du ein Kind hättest, würdest du es in eine Kita mit mehrheitlich Kindern mit Migrationshintergrund schicken – wenn es in der Nähe eine Kita mit mehrheitlich weißen Kindern gäbe?
Wischst du bei Dating-Apps tendenziell weiter, wenn die angezeigte Person nicht weiß ist? (Link)
Warum reagieren Weiße so abwehrend, wenn es um Rassismus geht? Weil sie es nicht gewohnt sind, sich mit ihrem Weißsein zu befassen, sagt die Soziologin Robin DiAngelo. (Link)
Ich wollte einen Text zur Frage schreiben, ob es rassistisches Dating gibt. Dann merkte ich: Auch ich treffe fast nur weiße Frauen. Bin ich selbst ein Rassist? … Ich liebe weiße Frauen. Das ist keine wertende Aussage, sondern eine Feststellung: Alle festen Partnerinnen, die ich in meinem Leben hatte, waren weiß. Ihre Eltern kamen aus Deutschland, ihre Großeltern auch. Woran liegt das? Und bin ich deshalb ein Rassist? Vor der Recherche für diesen Text dachte ich: Nein. Jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher. (Link)
In der Süddeutschen Zeitung:
Hört auf zu jammern, alte weiße Männer!… Warum klagen gerade die privilegiertesten Mitglieder unserer Gesellschaft plötzlich über Diskriminierung? Unser Autor, übrigens selbst ein alter weißer Mann, erklärt, warum es per Definition keinen »umgekehrten Rassismus« geben kann.
Oder im Deutschlandfunk:
“Viele reiben sich an dem Wort ‘Privileg’ ”, sagt Dardan. Privilegiert hieße aber nicht automatisch ein besseres Leben zu führen, sondern aufgrund bestimmter Merkmale keine Diskriminierung zu erfahren. “Der ‘weiße Mann’ wird nie eine Wohnung nicht kriegen, weil er ein weißer Mann ist. Oder von jemanden beschimpft werden, weil er ein weißer Mann ist.” (Link)
(Ironischerweise ebenfalls im DLF: Die Vorstellung eines Buches mit dem Titel “Wie die Deutschen weiß wurden”. Damit ist aber nicht die aktuelle Nomenklatur der “antirassistischen” Linken gemeint.)
Aber zurück zu dem Tagesspiegel-Artikel (hier ein weiteres Beispiel aus derselben Zeitung, von derselben Autorin).
Er folgt nicht nur dem Trend, autochthone Deutsche (oder auch europäischstämmige Einwanderer, die sich leichter assimilieren) als “Weiße” zu klassifizieren, sondern auch dem Trend, eine ehemals “rechtsextreme Verschwörungstheorie” zu bestätigen und wie selbstverständlich als erstrebenswertes politisches Ziel zu präsentieren:
Ihre Zahl wächst rasch: 19,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, vom Säugling bis zur Greisin, leben inzwischen in Deutschland. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt beinahe ein Viertel, nämlich 23,6 Prozent. In nur einem Jahr, zwischen 2016 und 2017, so verkündete es das Statistische Bundesamt vergangene Woche, stieg dieser Anteil um 4,4 Prozent. Gerade fünf Jahre ist es her, da zählte die Wiesbadener Behörde zum ersten Mal ein Fünftel migrantischer Bevölkerung. Überhaupt erfasst wird der „Migrationshintergrund“ seit 2005. Bis dahin kannte die Statistik nur deutsche und ausländische Staatsbürger. Seitdem zählt sie auch, wer hier lebt und entweder selbst mit ausländischer Staatsangehörigkeit geboren wurde oder mindestens einen Elternteil ohne deutschen Pass hat.
Davon ausgehend moniert die Autorin, daß die Migrationshintergründler nicht genug “Teilhabe” an der deutschen Gesellschaft hätten, und in vielen Bereichen zahlenmäßig unterrepräsentiert seien. Besonders “einfarbig” seien “Lehrerzimmer und Redaktionen” (letztere wohl derselben Medien, die derartige Artikel verbreiten):
Eine besonders schlechte Bilanz hat eine der wohl wichtigsten Sozialisationsinstanzen der Gesellschaft, die Schule: In den Klassenzimmern sitzen zwar zu mehr als einem Drittel Kinder und Jugendliche mit türkischen, polnischen, vietnamesischen oder arabischen Familien. Die sie unterrichten, haben aber nur in einem Zehntel der Fälle einen Familienhintergrund wie sie. 90 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer sind nach wie vor alteingesessene Deutsche. (…) Vielfalt spiegeln Deutschlands Lehrerzimmer jedenfalls noch nicht wider, trotz vieler Förderprogramme, trotz staatlicher und Stiftungsstipendien für migrantischen Nachwuchs an den Schulen.
Wie immer bestätigt sich die Regel: “Diversity means less white people” – “Vielfalt = weniger weiße Menschen”. Die Autorin Andrea Dernbach ist übrigens eine weiße (und wie man vermuten kann, lesbische) LGBT- und Masseneinwanderungs-Propagandistin, die schon von Hadmut Danisch und Henryk Broder gewürdigt wurde.
Attacken auf “Weiße” finden sich auch im Rahmen der (aus-)laufenden #MeTwo-Kampagne, in der Migranten ihre traumatischen Erfahrungen mit “Alltagsrassismus” beklagen, darunter so schlimme Erlebnisse, wie nach der Herkunft gefragt oder für ihr gutes Deutsch gelobt zu werden.
Warum wollen weiße Deutsche mit mir über
#metwo und Rassismus sprechen? Wird doch langsam mal Zeit, dass ihr untereinander sprecht. Ich mein Mädel, ICH kann Euren Rassismus nicht beheben. Es sind DEINE Leute die AfD wählen und Geflüchtete angreifen.Diesen
#metwo-Beitrag sollten wirklich alle Weißen in Deutschland gelesen haben – auch und insbesondere frischgebackene Migrationsforscher. Das Interview holt#Weiße dort ab, wo sie intellektuell stehen und erklärt ihnen was#Rassismus ist.Deutschland 2018: – Weiße diskutieren, ob Nicht-Weißen Rassismus widerfährt / Volljährige diskutieren, ob Minderjährige bald zum Wehrdienst müssen / Auf festem Boden Lebende entscheiden, ob Menschen auf offenem Meer ertrinken sollten
Viele weiße Männer haben einen
#blindenFleck. Wenn andere über ihre Erfahrung mit#Rassismus berichten, müssen sie sofort das Thema umdeuten – fast so als ob es ihnen körperliche Schmerzen bereitet, die Welt 5 Minuten durch andere Augen zu sehen.#MeTwo“Weißsein ist unsexy. Weißsein ist abhängig. Weiße Musik kann nichts, weißes Essen kann nichts. (…) There are no things more beautiful than Beyoncé.”, my take on
#meTwo: online in der Kolumne von@alsharqWenn mir weiße, weibliche Gender Studies Studenten erklären, dass ich einfach nicht verstehe, dass ich ständig diskriminiert werde und deswegen meine, ich hätte keine Probleme als Ausländer in Deutschland
#MeTwoBei
#MeToo war es schon extrem befremdlich, mit welchen dummen Kommentaren viele Männer glänzten, nun geht dieser Mist nahtlos bei#MeTwo weiter, wo weiße Kartoffeln eilig mitteilen, dass Rassismus ja kaum ein Thema ist.Die meisten Politiker*innen ignorieren
#MeTwo. Dies zeigt einmal mehr, dass man von einem durch weiße und männliche Politiker*innen dominierten Parlament keine positive gesellschaftliche Weiterentwicklung erwarten kann.
Hasnain Kazim schrieb im Spiegel:
Klar ist, dass man, wenn man jemanden nur wegen seiner dunklen Hautfarbe nach seiner Herkunft fragt, schon mal von vornherein signalisiert: Du bist anders, du bist nicht von hier, daher frage ich nach deinen Wurzeln.
Wenn er denn eine “dunkle Hautfarbe” hat, dann trifft das auch objektiv zu, ganz wertungsfrei gesagt. Nicht anders wird es einem Weißen in den meisten nicht-weißen Ländern ergehen, umso mehr, je homogener sie sind.
Kazim weiter:
Es nervt auch deshalb, weil viele der Befragten in Deutschland geboren sind und ihr ganzes Leben hier verbracht haben und dennoch immer wieder ihre Geschichte – und eigentlich auch: sich selbst – erklären müssen. Das zeigt, dass in den Köpfen vieler Menschen noch nicht angekommen ist, dass ein Deutscher oder eine Deutsche nicht weiß sein, dass er nicht Hans und sie nicht Maria heißen muss. In ein paar Generationen wird das hoffentlich anders sein.
Sein persönliches Problem ist offenbar im Kern, daß er als Nichtweißer in einem weißen Land, als abstammungsmäßiger Nichteuropäer in einem europäischen Land aufgewachsen ist, in einem Volk, das nicht das Volk seiner Eltern ist (der in Tokyo geborene Jared Taylor ist schließlich auch kein Japaner). Dafür können die Hänse und Marias erstmal nichts, und die Einwandererkinder ebensowenig.
Folgt man Kazim, so hat dies offenbar ein lebenslanges “genervtes” Fremdheitsgefühl in so manchem, sagen wir, Mohammed oder Hasnain erzeugt, weshalb etliche von ihnen darauf hoffen, daß im Deutschland der Zukunft mehr Mohammeds und Hasnains wie sie leben werden, und ihre Anwesenheit nichts Ungewöhnliches mehr ist, sie sich daher “nicht erklären müssen” (angeblich nach Herder die Definition von “Heimat”).
Mit anderen Worten, Kazim hofft darauf, daß Deutschland “in ein paar Generationen” weniger weiß sein wird. Warum? Damit Menschen wie er nicht mehr mit Fragen nach ihrer Herkunft genervt werden.
Das bedeutet aber, daß die Hänse und Marias zahlenmäßig weniger werden, kulturell zurückweichen oder ihre Identität grundlegend neu definieren müssen, sich also nicht mehr exklusiv als Deutsche sehen dürfen, obwohl das Land, in dem sie leben, nicht zuletzt deswegen Deutschland heißt, weil sie, die Hänse und Marias, also die Deutschen (und nicht die Pakistaner, Türken, Araber, Inder, Japaner oder auch Polen, Russen, Spanier) dort seit über 1000 Jahren leben (und wenn man ihre Ahnen, die Germanen, hinzuzählt, noch länger).
Kazim ist ein interessanter Fall, der einen eigenen Artikel oder eine eigene psychologische Studie verdienen würde. Ein pakistanischstämmiger, in Deutschland geborener Autor von eher geringer Intelligenz, der sich mit besonderem Genuß über unterentwickelte ossideutsche Höhlenmenschen lustig macht und sich dabei wohl ab und zu die eine oder andere Geschichte aus den Fingern saugt.
Berüchtigt sind auch zwei Tweets, die er an Alexander Gauland richtete:
AfD-Vize Gauland sagt: ‚Heute sind wir tolerant, morgen fremd im eigenen Land.‘ Meine Antwort: Gewöhn dich dran, Alter!
Gewöhn dich dran. Wir sind hier, werden immer mehr und beanspruchen Deutschland für uns. Ob du willst oder nicht.
Gleichzeitig scheint Kazim panische Angst vor einem “Rechtsruck” zu haben:
Das alles schmerzt, denn obwohl die Mehrheitsgesellschaft diesen Rechtsruck durchaus mit Sorge sieht, fühlt man sich von ihr oft im Stich gelassen. Sie bekommt nicht mit, mit welchem Hass wir konfrontiert sind. Äußert man das, ist man wahlweise “weinerlich”, stilisiert sich zum “Opfer” oder will nur Aufmerksamkeit. Strafanzeigen laufen fast immer ins Leere. Manche rufen zu Gelassenheit auf, aber das ist leicht gesagt, wenn man nicht betroffen ist.
Doch wir dürfen diese Drohungen nicht akzeptieren. Wer hasserfüllt redet und schreibt, der bereitet der physischen Gewalt den Weg. Und wer glaubt, dass wir das hinnehmen, uns unsichtbar machen, gar Deutschland den Rücken kehren, der täuscht sich gewaltig.
Ich werde für mein schönes, freies, tolerantes, liberales Deutschland streiten. Ich werde nicht schweigen. Ich bin 87 Prozent. Ich bin das Volk.
Wir haben hier einen offensichtlich ziemlich privilegierten Migrationshintergründler vor uns, dem immerhin der Spiegel als Plattform zur Verfügung steht, und der diese Machtposition nutzt, mit eklatanter Herablassung über große Teile der “Biodeutschen” (besonders Ostdeutsche) zu schreiben. Für Deutsche, die unwillig sind, zur Minderheit im eigenen Land zu werden, hat er nur Spott, Verachtung und Kampfansagen übrig (kein Wunder, scheint er eben diese Entwicklung aus persönlichen Gründen ja zu wünschen).
Einerseits bedient er sich einer aggressiven, fordernden, polarisierenden Sprache, andererseits klagt er über “Haß”, der ihm aus einem ihm völlig unerfindlichen Grund entgegenschlägt (womöglich von denselben Leuten, die etwa Imad Karim, Akif Pirinçci, Feroz Khan oder Serge Menga lieben und verehren).
Eine fatale Betriebsblindheit, die heute von der gesamten Kaste der linksliberalen Meinungsmacher geteilt wird, ob mit oder ohne Migrationshintergrund. Sie verkennen beharrlich, daß sie mit ihrer Arroganz jeden Tag die Eskalation und den “Haß” anheizen.
Einerseits beansprucht Kazim, Deutscher wie jeder andere zu sein (und ist beleidigt, wenn jemand etwas anderes annimmt, sei es noch so naiv und wohlmeinend), andererseits läßt er klar erkennen, daß er sich jenseits der Staatsbürgerschaft zu einem “Wir” zählt, das von den ethnischen Deutschen – den Deutschen ohne Migrationshintergrund, den “weißen” Deutschen, den eigentlichen Deutschen, die dem Land ihren Namen gaben, den Hänsen und Marias – klar unterschieden ist. Er weiß ganz genau, wo die Trennlinie verläuft, wer dazu gehört und wer nicht. Es scheint ein schmerzliches Lebensthema für ihn zu sein.
Hasnain “Geh doch” Kazim zeigt Kläuschen und Karlheinz, wo’s langgeht
Kazim ist einer von etlichen Vertretern einer migrantischen Elite, deren Protagonisten vorwiegend aus muslimischen Ländern stammen, und die eine Umdefinition und ethnokulturelle Umwandlung der deutschen Gesellschaft anstreben, die ihrer eigenen “gemischten” Identität entspricht, wobei sie sich der einen Waffe bedienen, die “mindestens so wertvoll wie Gold” ist: der “Rassismus-Klage” (Alexander Wendt).
Diese geht in der Regel mit erheblicher Feindseligkeit (vulgo “Rassismus”) gegen die Stammbevölkerung einher, insbesondere gegen jene Teile davon, die an ihrer traditionellen Identität festhalten und sich nicht “austauschen” lassen wollen. Zu dieser Elite zählen auch Namen wie Feridun Zaimoglu, Naika Foroutan, Ferda Ataman, Mely Kiyak, Deniz Yücel, Lamya Kaddor, Sawsan Chebli, Navid Kermani, Hilal Sezgin, Dunya Halali oder Hatice Akyün.
Sie alle plädieren als Einwanderer dafür, daß Deutschland endgültig zum multiethnischen “Einwanderungsland” werden soll, wobei sie teilweise auch recht konkrete “rassische” Vorstellungen haben, wie die “Deutschen” der Zukunft aussehen sollen (nämlich wie sie selber). Das bedeutet allerdings eine (implizite wie häufig auch explizite) Kampfansage an alle, die eine solche Zukunft nicht haben wollen.
Es geht nicht nur um den Anspruch: “Wir sind nun auch ihr!” oder “Wir gehören nun auch zu euch!”, sondern um eine komplette Übernahme des Ladens “Deutschland”, auf der symbolischen ebenso wie auf der demographischen Ebene: “Ihr müßt euer Wir und eure Identität nach unseren Wünschen umdefinieren und unserer Identität anpassen, ansonsten seid ihr Rassisten und Nazis.” Im Falle Kazim klingt es teilweise schon wie: “Wir sind die besseren und schöneren Deutschen gegenüber dem dunkelostischen, zurückgebliebenen Gesocks und sonstigen Nazis.”
In der Tat hat Kazim ein ganzes Buch publiziert, Post von Karlheinz, um zu demonstrieren, wie überlegen und souverän er mit dem Haß der biodeutschen Ronnys, Maiks und “Karlheinze” umgeht (Untertitel: “Wütende Mails von richtigen Deutschen”). Das Cover zeigt einen Gartenzwergschlumpf in AfD-Farben, der mit heruntergelassenen Hosen und einem Laptop auf dem Klo sitzt. Die witzig-coolen Repliken Kazims hören sich etwa so an:
Ein Zeitgenosse aus Sachsen schreibt ihm: “Du bist zugewanderter Gast in unserem Land und hast gefälligst dankbar zu sein.”
Darauf Kazim: “Nicht ich habe Ihnen dankbar zu sein, sondern Sie als Dresdner haben umgekehrt mir dankbar zu sein, weil ich immerhin schon viel länger Bürger der Bundesrepublik Deutschland bin als Sie.”
Ich nehme hier weniger Schmerz oder Angst vor “Rassisten” wahr, als ein erhebliches Geltungsbedürfnis, Rachsucht, sowie die Lust, von einer höheren Position herab ein paar Klassenmongos zu vermöbeln. Hier hat offenbar ein weltoffener, arrivierter, “toleranter” Kosmopolit ein paar dumpfe, provinzielle “Abgehängte” gefunden, auf die er einstiefeln kann.
Ich will nun beileibe nicht jede Kröte verteidigen, die unterirdische Haßmails an Kazim geschickt hat, ganz im Gegenteil. Ich wundere mich allerdings nicht darüber, daß er ein beliebter Empfänger für einschlägige Ergüsse ist. Der Haß, der ihm entgegenschlägt, ist der Haß der Ohnmächtigen und Hilflosen, die von den politisch-medialen Eliten, zu denen Kazim zählt, zur dunkeldeutschen Kulakenklasse erklärt wurden, die allenfalls das Internet oder ab und zu eine Pegida- oder Kandeldemo als Ventil zur Verfügung hat; der Hohn, den er ihnen entgegenbringt, kommt, wie gesagt, von oben herab, von der Plattform eines der mächtigsten meinungsbildenden Blätter Deutschlands. (Und wie gesagt: Man darf getrost zweifeln, ob seine Paulanergartengeschichten auch alle so stimmen, wie er sie erzählt).
Während Kazim die Ostdeutschen als Fußabstreifer und Punching Ball benutzt und ihnen gegenüber als Besserwessi auftritt, bietet seine Spiegel-Kollegin Ferda Ataman eine entgegengesetzte Strategie an:
Dass du nicht richtig deutsch bist, erkennst du daran, dass deine Integrationsfähigkeit infrage gestellt wird, wenn du einen Fehler machst. Ossis und Migranten haben deshalb viel gemein. Tun wir uns zusammen! (…) Die moralische Überlegenheit der Wessis trifft Ossis wie Muslime. Höchste Zeit also, dass wir Randgruppen enger zusammenrücken. Erste gemeinsame Maßnahmen: Witze über Wessis auf Schulhöfen verbreiten. Und dann gemeinsam die “Patriotischen Ossi-Ausländer gegen die Wessifizierung des Abendlandes” gründen, oder gleich die EAfD: die “Echte Alternative für Deutschland”. Sollen sich doch die Wessis integrieren.
Mehr als ein Versuch, geistreich und ironisch zu sein, ist das freilich nicht. Wie alle Exemplare der migrantischen Elite, argumentiert auch Ataman häufig mit doppeltem Boden. Man gehört dazu und gehört wieder nicht dazu, je nachdem, wie es rhetorisch besser paßt.
So äußerte Ataman in diesem Interview apropos Seehofer:
Ich bin ja aus Franken, aus Bayern. Ich begleite ihn sozusagen schon seit Jahren und er ist ja jetzt auch – wie ich – nach Berlin gekommen. Ich empfinde ihn eigentlich schon immer als mir recht nahestehende Person. Aber ich weiß nicht, ob wir uns irgendwann schon einmal in die Augen geguckt haben. (…) ich fühle mich ihm verbunden, weil wir eine Heimat teilen.
Ein paar Fragen später teilt sie mit, wie sie sich die Zukunft dieser im Doppelsinne geteilten Heimat vorstellt:
Wir brauchen ein klares Bekenntnis dazu, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, dass es eine vielfältige Gesellschaft hat und dass diese Vielfalt nicht verhandelbar ist.
Um diese Zukunft vorzubereiten, muß auch dreist über die Vergangenheit (und natürlich auch die Gegenwart) gelogen werden. Ataman weiter:
Wir (sic) waren übrigens schon immer ein Einwanderungsland. Das ist kein neues Phänomen. Deutschland war schon immer, auch vor dem Krieg, von Migration geprägt. Das ist der Normalzustand und keine neue Ausnahmesituation.
Im Zuge der Debatte um Özil zeigte sie allerdings ziemlich deutlich, welches “Wir” sie meint, und wie es sich zu Deutschland und den Deutschen verhält.
Viel hat’s also nicht gebraucht, bis Ataman ihre bisherige Meinung geändert hat (die bezog sich auch nur auf paranoide Kartoffeln, die dagegen protestieren, daß sie per Umvolkung zu “Fremden im eigenen Land” gemacht werden; eine Sorge, die Ataman also gar nichts angeht):
Das Argumentationsmuster dieser Eliten folgt stets den gleichen Mustern: Mal ist man Deutscher wie jeder andere, der “schon länger hier lebt”, mal ist man stolzer “Kanake” oder “Ausländer”, mal ist Deutschersein etwas, das erst entworfen und gemacht muß, und zwar im Sinne der Interessen der Migranten, die längst nicht mehr in Kategorien der Assimililation, sondern der Inbesitznahme denken und sprechen. Um ihr Ziel eines hybridisierten “Deutschland” zu erreichen, müßten sie selbst theoretisch kein Jota ihrer (ohnehin schon hybriden, auch teilentwurzelten) Identität oder ihrer ethnokulturellen Interessen opfern; die “Stammdeutschen” müßten jedoch ihre traditionelle, historische Identität und ihre ethnokulturellen Interessen zu einem erheblichen Teil aufgeben, wenn nicht gar gänzlich opfern.
Man sollte also genau hinhören: Wenn gewisse Vertreter der migrantischen Eliten “Wir” sagen, dann im Tonfall der Usurpation, Aneignung und Enteignung. “Was eures ist, ist jetzt auch unseres. Wenn es euch nicht paßt, dann geht doch!” Letzteren Satz bemüht besonders Kazim gerne in verschiedenen Varianten, den Vorwurf der Einheimischen gegen die Migranten umdrehend: “Wenn es euch nicht gefällt in unserem Land, und ihr euch nicht anpassen wollt, dann geht doch wieder nach Hause!”
Damit ist rhetorisch eigentlich schon der Punkt markiert, an dem der nächste logische Schritt räumliche Separation oder Sezession, wenn nicht Eskalation und Bürgerkrieg wären. Wenn keiner vom Platz (und es geht in der Tat um einen gemeinsamen Raum und Ort) weichen will, und den anderen auffordert, zu gehen, wenn ihm nicht paßt, wie man sich selbst verhält und was man will, sind die Diskussionen am Ende.
Tobinambur
Was uns als Rassismus verkauft wird, ist ja nur ein Teil des Versuchs der De-Individualisierung, um uns zu nur mehr numerisch unterscheidbaren Objekten der Mainstream-Abrichtung bzw. Subjekten des Konsums zu transformieren. Beispielsweise die Frage "Wo kommst Du her?", bzw. "Woher kommen Deine Eltern/Großeltern...?". Wenn ich mich für einen Menschen als Individuum, d.h. als Persönlichkeit wahrhaft interessiere, dann interessiert mich immer auch seine Herkunft, seine Geschichte, da diese (noch) zur Persönlichkeit gehört. Wenn diese Frage verboten wird, spielt Herkunft keine Rolle mehr als Eigenschaft der Person (das gleiche ist die Abschaffung des Volkes, der Nation etc.). Es sind nur noch rein aktuelle Eigenschaften relevant: Wie sehr habe ich die Eigenschaften des juste milieus. "Stets sollte man sich der größeren Zahl anpassen und nie auffällig werden." (Molière) Und bald sind auch die aktuellen visuellen oder akustischen Eigenschaften nicht mehr für die Persönlichkeitsbestimmung relevant, denn das wäre ja Lookismus. Wir werden in wenigen Jahrzehnten tatsächlich bloß noch abzählbare biologische Gegenstände sein. Transhumanisten exerzieren das ja bereits in perverser Weise vor.